[ HOME ]        [ TITELSEITE ]
   
   
 

IV: DIE KARAWANKENBAHN VON KLAGENFURT NACH ASSLING(JESENICE).

 

 

Bei dem an Stelle der ehemaligen Station Klagenfurt, Südbahn, neu errichteten Zentral-Personen- und Rangierbahnhof zweigt die Linie von der Südbahnstrecke Marburg-Franzensfeste ab. Im Osten dieses Bahnhofes zwischen der Ebentalerstraße und der Einmündung der Linie Glandorf-Klagenfurt befindet sich ein eigener Frachtenbahnhof.

 

Klagenfurt:

 

 

Copyright: Elmar Oberegger

 

Die Bahn wendet sich sofort nach dem Verlassen des Stationsplatzes Klagenfurt in einem Bogen gegen Süden und gelangt, nachdem sie eine zu St. Ruprecht gehörige Häusergruppe durchquert hat, zur

 

Station Viktring (440 m). Auf dieser kurzen Fahrt hat man eine schöne Ansicht der Stadt und der von waldigen Bergen umschlossenen Ebene.

 

Nach der Station Viktring wird die Glanfurt, der Abfluß des Wörthersees, mit einer 14 m weiten Brücke übersetzt. Hierauf wendet sich die Bahn dem Höhenzug der Sattnitz zu, indem sie parallel der Laibacher Reichsstraße mit 2 Promill Gefälle anzusteigen beginnt. Dann erreicht sie den Höhlengraben, von welchem sich ein schöner Blick gegen den Wörthersee eröffnet, und steigt durch denselben mit einer durchschnittlichen Steigung von 21 Promill auf das Sattnitzer Plateau empor.

 

Dreimal wird das Tal des Höhlengrabens von der Bahn überschritten, bis sie das Plateau der Sattnitz und auf demselben die

 

Station Maria Rain (522 m) erreicht; wir befinden uns hier auf der Wasserscheide zwischen dem Klagenfurter Becken und dem Drautale, 1 km von der gleichnamigen Ortschaft entfernt.

 

Der Bahnhof Maria Rain:

 

 

Copyright: Elmar Oberegger

 

Von hier bis zur Drau liegt die Bahn an den felsigen, steil und unvermittelt zum Flusse abfallenden tertiären Hügeln der Hollenburger Lehne und erforderte einen schwierigen Rampenbau. Die oft tiefen Seitengräben, welche diese Lehne durchqueren, werden zumeist auf hohen gegen die Bergseite hinterfüllten Dämmen übersetzt; so bei km 9,8 auf einem 35 m hohen dabei bloß 80 m langen Damme mit 34.000 kub m Inhalt.

 

Im weiteren Verlaufe wird mit Stützmauern talwärts und Wandmauern bergseits der nötige Raum für den Bahnkörper gewonnen; der bedeutendste der Seitengräben wird bei km 10,4 mittels eines 80 m langen und 28 m hohen Viaduktes (Hollenburger Viadukt), der fünf in Stein gewölbte Öffnungen hat, übersetzt.

 

Herrlich ist der Ausblick, der sich von dieser Lehnenstrecke aus entfaltet. Besonders überrascht die nach Verlassen des zweiten Einschnittes nach der Station Maria Rain unvermittelt aufgerollte Aussicht ins Rosental. Man überblickt die am südlichen Steinrande der Sattnitz gelegene Ortschaft Maria Rain, das Rosental mit dem Drauflusse ostwärts bis St. Margarethen, westwärts bis Feistritz, den Karawankenstock vom Hochobir im Osten bis zum Mittagskogl im Westen.

 

Blick auf die Karawanken:

 

 

Copyright: Elmar Oberegger

 

Der Höhenunterschied, welchen die Bahn zwischen der Maria Rainer Wasserscheide und dem Drauflusse mittels der vorerwähnten Rampe (Hollenburger Lehne) zurückzulegen hat, beträgt 84 m; unten wendet sich die Linie gegen Süden, übersetzt die von Klagenfurt dem Loiblpaß zustrebende Straße und erreicht auf hohem Damme den Draufluß, wo sie mittels einer von Steinpfeilern getragenen eisernen Brücke (zwei Öffnungen à 60 m und zwei Öffnungen à 40 m) auf das rechte Ufer hinübersetzt.

 

Bei dem Baue dieser Brücke verursachte die Herstellung des im Flußbette des regulierten Flusses stehenden ersten Brückenpfeilers besondere Schwierigkeiten. Derselbe mußte, um sicheren Bau zu erreichen, pneumatisch fundiert werden. Die Seehöhe der Brücke beträgt 437,3 m und die Höhe über dem höchsten bisher ermittelten Hochwasserstand 7,7 m.

 

Von der Draubrücke ab wendet sich die Bahn wieder gegen Westen, führt auf hohem Damm im Inundationsgebiete des Drauflusses hin und gelangt nach Übersetzung der Rosentaler Landstraße zur

 

Station Weizelsdorf (432,4 m). Hier ist die Abzweigestation für die projektierte Lokalbahn Weizelsdorf-Ferlach. Von hier eröffnet sich der Rückblick auf das mächtige Schloß Hollenburg und auf die interessante Rampenstrecke der Hollenburger Lehne. Gegen Westen sieht man den massigen Alpenkörper der Villacher Alpe (Dobrac) und links davon die pittoresken Felsspitzen des Mittagskogels.

 

In südlicher Richtung weiterziehend, erreicht die Bahn in kleiner Steigung den Ort Weizelsdorf; durch üppige Fluren und nach Übersetzung eines längeren Dammes, gelangt sie zu einem tiefen Einschnitt, der in dem mächtigen Schuttkegel des Floischachbaches liegt und von einer gewölbten Wegbrücke und einem Aquädukte überspannt wird. Der letztere führt das Wasser des Floischachbaches über die Bahn hinweg.

 

Es folgt hierauf eine steile Lehne, welcher durch Stütz- und Wandmauern der Raum abgewonnen wurde, bis zum Orte Hundsdorf. Hier vorüber tritt die Bahn an die Vorberge der Karawanken heran und erreicht mit einer Steigung von 16 Promill

 

Station Feistritz im Rosentale (481 m), woselbst sich am Eingange des Bärentales die dem Freiherrn von Helldorf gehörige Gewerkschaft befindet.

 

Gleich darauf folgt die Übersetzung des aus dem Bärentale kommenden Feistritzbaches, welcher einen tiefen Graben bildet, mittels eines 24 m über der Bachsohle geführten Viaduktes, der zwei Öffnungen mit Eisenkonstruktion von je 45 m Lichtweite und sieben gewölbten Öffnungen von je 10 m Lichtweite besitzt.

Weiterhin zieht die Bahn horizontal längs der Lehne bis Suetschach hin, wobei sich der Ausblick auf die schönen Berggestalten des Kosiak und der Ortaca eröffnet, dann tritt sie an den gewaltigen Schuttkegel des Suchabaches heran, ersteigt ihn mit 20 Promill und überschreitet den auf der Höhe desselben tief eingeschnittenen Kleinen Suchabach mit einem gewölbten Viadukt von vier Öffnungen mit zusammen 46 m Lichtweite. Dieser Bach, welcher die gesamten Wassermassen des Kocnagebietes sammelt, wird zurzeit der Schneeschmelze oder nach andauerndem Regen ein gefährlicher Wildling, den die Bahn in der respektablen Höhe von 17 m übersetzt.

 

In schwacher Steigung durchzieht die Bahn das Gelände und erreicht bei km 24,9 den Großen Suchabach, dessen Übersetzung mittels eines 93 m langen und 14 m hohen Viaduktes geschieht. Hierauf

 

Station Maria Elend (525 m), wo sich eine sehr schöne Aussicht entfaltet; man sieht das Rosental stromauf und stromab, vom Hollenburger Schlosse bis zur Ruine Rosegg und weiter gegen Westen bis zu den Vorbergen der Tauern.

 

Nach dieser Station bereitete eine Lehmterrasse mit zahlreichen Quellen und Rutschneigung dem Bahnbau sehr erhebliche Schwierigkeiten; rechts unterhalb der Bahn liegt das slovenische Maria Elend, links oben auf der Berglehne erhebt sich die vielbesuchte Wallfahrtskirche gleichen Namens. Über das Gewölbe alter Bergstürze hinführend, erreicht die Bahn den Radischgraben, welcher mit einem 43 m langen und 13 m hohen gewölbten Viadukte übersetzt wird.

 

Gleich nach diesem kommt die Bahn in einen tiefen, von einer gewölbten Wegbrücke übersetzten Einschnitt und gelangt aus dem Rosentale längs einer durch Bergsturz entstandenen Lehne ins Rosenbachtal, wo sofort das Bauwerk des imposanten Rosenbach-Viaduktes die Blicke auf sich zieht.

 

Nach einer scharfen Wendung kommt die Bahn auf 18 m hohem Damme zu diesem Bauwerk heran und führt auf die linke Seite des Rosenbachtales hinüber. Der Viadukt hat vier Bogenöffnungen mit à 12 m Lichtweite; an demselben schließt sich eine eiserne Brücke von drei Öffnungen à 54 m, mit welcher die tief eingerissene Rosenbachschlucht in einer Höhe von 52 m über der Bachsohle überschritten wird. Die Gesamtlänge des Viaduktes beträgt 239 m; die schlanken gemauerten Mittelpfeiler der Brücke haben vom Terrain bis zur Konstruktionsauflage eine Höhe von 40, beziehungsweise 43 m. Nach dem Viadukt durchfährt die Bahn einen 111 m langen Tunnel. Dann wendet sie nach Süden und erreicht nach 1 km die auf der obersten Talstufe des Rosenbachtales gelegene

 

Station Rosenbach (600,84 m). Hier ist der Vereinigungspunkt der Klagenfurter-Villacher-Bahnlinie der Karawankenbahn, daher auch größere Bahnhofsanlagen errichtet wurden, welche auf 15 m hohen Schüttungen angelegt sind, deren Materiale zum größten Teile dem Ausbruche des Karawankentunnels entstammt.

 

Die Aussicht, welche sich im Bahnhofe von Rosenbach darbietet, ist von besonderem Reiz; über der Schlucht des Rosenbaches und seinem schwindelnd hohen Viadukte erblickt man die waldigen sanften Hügel der Sattnitz, welche den Wörthersee vom Drautale trennt und in der Ferne blaut der Zirbitzkogl; im Osten wird das Drautal vom Hochobir scheinbar abgeschlossen; näher heran erheben sich der Sinachergupf (1580 m) und der Matschachergupf (1691 m) und gegenüber der Station steigt der Suchavrh empor. Rechts von diesem strebt das zackige Haupt des Hahnenkogls (1754 m) empor, der steil zum Rozicasattel herabsinkt, über welchem der einstige Saumweg nach Krain führt. Die Felsschroffen der Baba (1894 m) mit ihren bewaldeten Vorhöhen, die Resmenica (1721 m) mit ihren Felsstürzen, sowie die bewaldete Gradsica bilden den westseitigen Talhintergrund. Auf den Vorstufen der letzteren liegen die vormaligen Wohnhäuser der Werkmeister und Arbeiterführer, die beim Tunnelbau beschäftigt waren.

 

Von der Station zieht die Bahn in ziemlicher Steigung gegen den Tunnel empor. Das Rosenbachtal verengt sich; mächtige Einschnitte und Dämme von oft 22 m Höhe folgen einander.

 

Auf einem kleinen Hügelplateau an der Einmündung des Bärengrabens hebt sich eine kleine Kapelle schimmernd vom Hintergrunde der Waldlehne ab; sie steht in der Mitte des Friedhofes, auf dem die Opfer des Tunnelbaues ihre Ruhestätte fanden.

 

Hier fließen auch der Bärengrabenbach und der Gradsicabach zusammen; daselbst war zurzeit des Tunnelbaues eine Wehranlage errichtet, von welcher ein den Windungen des Tales folgender Rohrstrang von 800 mm Durchmesser 2 km talabwärts zum Turbinenhause und der Kraftzentrale führte, welche die für die Ventilation des Tunnels, die elektrische Bohrung und den Betrieb der Werkstätten nötige Kraft während des Baues des Tunnels lieferte. Gleich oberhalb des Wehres lag im Bärengraben die Kraftzentrale II, zu welcher eine Druckwasserleitung aus dem Bärengraben mit einer Fallhöhe von rund 80 m die erforderliche Kraft lieferte, deren Strom während des Tunnelbaues zur elektrischen Förderung und zu den Steinbrucharbeiten verwendet wurde.

 

Am Bärengraben vorüber gelangt die Bahn in den Gradsicagraben, der gleich anfänglich mit einer 20 m hohen Eisenbrücke übersetzt wird und kurz darauf zwischen malerischen Talwänden zum Nordeingange des Karawankentunnels.

 

Eine 1044er-Lokomotive der ÖBB ist im September 2004 gerade im Begriff, in den Karawankentunnel einzutreten:

 

 

Copyright: Elmar Oberegger

 

Sie zieht den IC 211 „Sava“(Villach-Beograd) nach Jesenice, wo aufgrund des anderen Stromsystems in der Republik Slowenien ein Lokwechsel vorgenommen werden muß. Im slowenisch-kroatischen Grenzgebiet - nämlich in Dobova - wird sich dieser Vorgang wiederholen.

 

Dieser zweitgrößte Tunnel der neuen Alpenbahnen ist zweigleisig und steigt mit 3 Promill auf einer Länge von 3770,3 m bis zum Kulminationspunkt, woselbst er die Höhe von 637,46 m erreicht und nach einer 267,3 m langen horizontalen Strecke mit 6 Promill nach der Südseite abfällt.

 

Er durchbricht die mittlere und obere Trias. In raschem Wechsel folgten Dolomite mit Tonschiefereinlagerungen, rote Werfener Schiefer mit Gipsbeschlägen, grauer Kalkstein, dolomitischer Kalk mit Kalzitadern, endlich schwarzer bituminöser Schiefer, wobei schwache Gasausströmungen zu konstatieren waren und bunte Breccie, welche Schichten von dem Tunnel durchfahren werden. Eine wesentliche Erschwernis der Arbeit bot der durch die ganze Tunnelstrecke andauernde mehr oder minder reichliche Wasserzufluß. Der ganze Tunnel mußte ausgemauert werden.

 

Der erste Spatenstich am Karawankentunnel wurde am 21. Juni 1902 an dessen Nordseite in Gegenwart des Eisenbahnbaudirektors Sektionschef Karl Wurmb vorgenommen. Die Tunnelarbeiten waren an die Firma Bauunternehmung E. Groß & Co. vergeben worden. Im November 1904 verunglückten durch schlagende Wetter eine Anzahl Tunnelarbeiter, von denen 14 getötet wurden.

 

Aus dem Südportale des Tunnels tritt die Bahn in das hier enge Tal der Wurzener Save. Gegenüber erheben sich die Felsgebilde der Mezakla (Mrzalka der Spezialkarte); zu beiden Seiten der Bahn breiten sich die Baubetriebsanlagen aus, welche die Durchbohrung des Karawankentunnels erforderte. Bald wird nun die Reichsstraße Tarvis-Laibach mittels einer eisernen Brücke von 7 m Weite und 5,2 m Höhe übersetzt. Hierauf haben wir den Ausblick auf die Karawankenkette und auf ihren höchsten Gipfel, den Hochstuhl, 2239 m hoch.

 

Die Bahn übersetzt die Staatsbahnlinie Villach-Laibach(die Linie Tarvisio-Jesenice wurde Ende der 1960er Jahre aufgelassen, Anm. d. Hrsg.) auf hohem Damme mittels einer gewölbten Brücke von 60 m lichter Weite und tritt 20 Promill fallend, zunächst knapp an die Save heran, um, nach Durchfahrung einer S-Kurve, an die bestehende eingleisige Staatsbahnlinie Tarvis-Villach(s.o., Anm. d. Hrsg.) anzuschließen, mit welcher sie parallel verläuft, den Aßlingbach mit einer 19 m weiten eisernen Brücke übersetzt und in die 1378 m lange

 

Station Aßling (579 m) einmündet.

 

Bahnhofsalltag in Jesenice(früher: Aßling):

 

 

Copyright: Leopold K. Pernegger

 

Ende der zweigleisigen Bahn von Rosenbach-Aßling. Beginn der eingleisigen Wocheinerbahn.

 

 

>> weiter nach Süden.

 

 

Aus: Josef Rabl: Illustrierter Führer auf der Tauernbahn und ihren Zugangslinien. Ein Führer auf den neuen Alpenbahnen. -Wien/Leipzig 1906(Hartleben’s Illustrierter Führer 57), S.114-120.; S.143.