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II: AUS DER BAUGESCHICHTE (1901-1906).

2.1. Allgemeines.

Die Überwindung der Alpen mittels eines großen Tunnels wurde in Österreich lange Zeit für unmöglich gehalten. Sowohl der „Semmering-Abschnitt“(1854) der Linie Wien-Triest als auch „Brenner-Bahn“(1867) und „Kronprinz Rudolf-Bahn“(1873) waren an einer möglichst sanften Überwindung gebirgiger Landschaften orientiert.

Ein Umdenkprozeß wurde erst in Gang gesetzt, als im Jahre 1871 der „Fréjus-Tunnel“(ca. 13 km) zwischen Frankreich und Italien eröffnet worden war. Weitere Nahrung erhielt dieser im Jahr 1882, als der ca. 15 Kilometer lange „Gotthard-Tunnel“ dem Verkehr übergeben wurde. Angesichts dieser beachtlichen technischen Leistungen entschloß sich sodann auch Österreich dazu, den über 10 Kilometer langen „Arlberg-Tunnel“ zu errichten, welcher 1884 vollendet wurde.

Die Folge war schließlich, daß das Projekt „Großer Alpen-Tunnel“ in einem völlig neuen Licht erschien: Tunnelanlagen von vier, fünf oder acht Kilometern wurden von den Technikern nicht mehr gefürchtet. Diese Gesinnung wurde von den Politikern genutzt, welche in großem Maßstab dachten.

Es ist hinreichend bekannt, daß die „Kremstal-Lokalbahn“ den Grundstein der heutigen „Pyhrn-Bahn“ darstellte. Bis 1888 war diese privat betriebene Linie bis Klaus-Steyrling verlängert worden. Ein Weiterbau durch das Gebirge, vielleicht bis Selzthal oder Liezen, wurde allerdings aus rein privatwirtschaftlichen Gründen abgelehnt. Denn im Gebirge würden sich wenig potentielle Fahrgäste befinden, darüberhinaus wurden die dortigen Rohstoffe bisher ohnehin zum Bahnhof Klaus-Steyrling herangebracht.

Für jeden, der die große verkehrspolitische Perspektive einnahm, fehlten zwischen Klaus und Selzthal „nur“ ca. 42 Kilometer Strecke. Einzuschalten wäre freilich ein im Vergleich kurzer Tunnel durch den Bosruck(ca. 5 km), welcher jedoch angesichts der bereits bestehenden Nord-Süd-Verbindung St.Valentin-Kleinreifling-Selzthal(Rudolfsbahn) eingleisig angelegt werden könnte. Die bestehende Kremstal-Lokalbahn könnte in eine Hauptbahn umgebaut werden und würde sodann ein Sprungbrett in Richtung Süden darstellen. Letzten Endes würde also eine Bahn entstehen, welche den Weg zwischen Böhmen und Triest gegenüber der Kleinreiflinger Route erheblich zu verkürzen imstande wäre. Die Herstellung der Linie Linz-Selzthal erschien also für den Politiker als relativ leichte Aufgabe. Auch der Techniker gab sich zuversichtlich.

Doch die Realität sah am Ende ganz anders aus: Die Verwirklichung dieser „nur“ ca. 42 Kilometer langen Bahnstrecke kam dem Staat überaus teuer zu stehen. Besonders die Errichtung des „Bosruck-Tunnels“ wurde schließlich zum technischen, finanziellen und humanitären Fiasko. Darüber wird im nächsten Abschnitt ausführlich berichtet. Hier sollen vor allem die übrigen technischen Großleistungen skizziert werden, welche im Zusammenhang mit der Herstellung der Pyhrnbahn zwischen Klaus und Selzthal vollbracht wurden.

Zunächst einmal galt es, einen günstigen Eintritt ins Tal der Steyr zu erreichen, welche ja späterhin auch zu überbrücken sein wird. Während die alte Kremstal-Bahn auf ihrem Weg nach Klaus den Hungerbichl(Hungersbühel) östlich umfuhr, so mußte ihn die neue Bahn mittels Tunnel durchbrechen, um an höherer, d.h. günstigerer Stelle weiter verlaufen zu können. Die Errichtung eines neuen Klauser Bahnhofes war damit unumgänglich.

Angesichts der hohen Lage der Trasse mußte das Steyrtal unter Einschaltung mehrerer Kurz-Tunnels(Post-, Schloß- und Fiedlerbrunn-Tunnel) überwunden werden. Sodann war der Steyrling-Bach zu übersetzen, was durch die Errichtung einer steinernen Wölb-Brücke geschah.

Die Steyrling-Brücke:

Publikation der Fotokopie mit freundlicher Genehmigung von Herrn R.Lackner, Pyhrnbahnmuseum Windischgarsten.

Im weiteren Verlauf folgt die Brücke über den Steyrfluß.

Die Steyr-Brücke:

Publikation der Fotokopie mit freundlicher Genehmigung von Herrn R.Lackner, Pyhrnbahnmuseum Windischgarsten.

Darauf folgt die erste, bzw. untere Teichl-Brücke im Bereich des Bahnhofes von Hinterstoder(vorm. „Dirnbach-Stoder“).

Die untere Teichlbrücke:

Publikation der Fotokopie mit freundlicher Genehmigung von Herrn R.Lackner, Pyhrnbahnmuseum Windischgarsten.

Auf ihrem Weg in Richtung Süden mußte die Bahn aber auch den „Krenngraben“, den „Schalchgraben“ und den „Palmgraben“ überbrücken.

Die Palmgraben-Brücke:

Publikation der Fotokopie mit freundlicher Genehmigung von Herrn R.Lackner, Pyhrnbahnmuseum Windischgarsten.

Sodann folgt die zweite bzw. obere Teichlbrücke. Seit der vollständigen Errichtung der A9 ist diese im Bereich Lainbergtunnel-Süd gut zu betrachten.

Die obere Teichlbrücke:

Publikation der Fotokopie mit freundlicher Genehmigung von Herrn R.Lackner, Pyhrnbahnmuseum Windischgarsten.

Nun führt der Weg bis zur Station Roßleithen, wo ursprünglich die Errichtung des Bahnhofes von Windischgarsten geplant war. Von dort sollte die Bahn in Richtung Bosrucktunnel verlaufen. Doch angesichts der ungünstigen Geländeverhältnisse(Eine Höchststeigung von 25 Promill war vorgesehen) entschied der damalige Eisenbahnminister Heinrich von Wittek, daß die Trasse durch das flache Edlbachtal geführt wurde. Erst dann könne die Pyhrnbahn ihren volkswirtschaftlichen Nutzen voll entfalten. Die Höchststeigung zwischen Linz und Selzthal beträgt seither nur 19 Promill.

Diese Trassen-Verschwenkung hatte zunächst den günstigen Umstand zur Folge, daß der Bahnhof von Windischgarsten näher ans Ortszentrum heranrückte. Doch die andere Folge war, daß ein neuer, ursprünglich nicht geplanter Tunnel, nämlich der „Schacherbauer-Tunnel“ errichtet werden mußte. Dies trieb die Baukosten natürlich in die Höhe. Besonders angesichts der hohen Kosten des Bosruck-Tunnels(Voranschlag 1901: 5,550.000 Kronen. Tatsächliche Baukosten: 9,426.400 Kronen!) erschien Witteks Vorgangsweise als politisch inakzeptabel. Er nahm schließlich seinen Hut.

Heinrich von Wittek(1844-1930): Ein weitblickender Mann!

Aus: GDÖU V/1, 11.

Österreichischer Eisenbahnminister von 1897 bis 1905, später Abgeordneter  zum Reichsrat. Bis 1918 Mitglied des Herrenhauses.

Zwischen Windischgarsten und Spital am Pyhrn verläuft die Bahn durch unproblematisches Gelände, um sodann bis zum Scheitelpunkt im Bosrucktunnel anzusteigen. Zwischen dem Bahnhof Spital am Pyhrn und dem Nordportal mußte der Klammbach mittels Viadukt übersetzt werden.

Bereits im Bosrucktunnel verläßt die Trasse oberösterreichisches Gebiet, um schließlich in die Steiermark einzutauchen. Es folgt der Bahnhof Ardning, welcher sich noch an relativ hoher Stelle befindet. Die Bahn windet sich nun ins sumpfige Tal der Enns hinab und erreicht schließlich ihren Endpunkt Selzthal.

zu 2.2. Die Errichtung des Bosruck-Tunnels.

 

Quellen:

Art. „Alpenbahnen“ und „Pyhrnbahn“ in: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg.v. Victor RÖLL. -Berlin/Wien 1912 ff.

OBEREGGER Elmar: Geschichte der Pyhrnbahn(unv. Manuskript).

 

Copyright: Elmar Oberegger 2006.