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F: „GLEICHWOHL IST TRIEST NICHT STEHENGEBLIEBEN…“. FAHRT AUF DER NEUEN KARSTBAHN(GÖRZ-TRIEST) UND BESCHREIBUNG DER STADT TRIEST IM JAHRE 1906(Josef Rabl 1906)

I: Vom blühenden Görz hinunter nach Triest - Fahrt auf der neuen Karstbahn.

Görz ist die Hauptstadt des zum Verwaltungsgebiete „Küstenland“ gehörenden Kronlandes „gefürstete Grafschaft Görz und Gradiska“; es ist Sitz eines Fürsterzbischofes, des Landtages und zahlreicher Behörden; ferner bestehen daselbst viele Erziehungs- und Bildungsanstalten, darunter ein k.k. Obergymnasium und eine k.k. Oberrealschule, beide mit deutscher Unterrichtssprache, zahlreiche Wohltätigkeitsanstalten und humanitäre Einrichtungen.

Besonders zu erwähnen ist die k.k. Ackerbaugesellschaft, bestehend seit dem Jahre 1765, eine der ältesten Institutionen dieser Art in Österreich, welche aus eigenen Mitteln und mit Hilfe von Staatsunterstützungen zur Besserung der Agrarverhältnisse des Landes wesentlich beigetragen hat; ferners die von der Regierung im Jahre 1869 gegründete Versuchsstation zum Studium der Seidenraupenkrankheiten und der Mittel zu ihrer Bekämpfung, welche ihre Tätigkeit auch auf das Gebiet des Weinbaues ausdehnt.

Unter den zahlreichen Vereinen, welche in Görz tätig sind, seien der deutsche Schulverein und der deutsche Gesangverein hervorgehoben.

Görz ist ferner Garnison für ein Infanterie-Regiment, ein Feldartillerie-Regiment und ein Landwehr-Bataillon.

Die Stadt besitzt eine Gasanstalt und auf den Hauptstraßen und Plätzen elektrische Beleuchtung. Eine Wasserleitung liefert das vortreffliche Wasser der Kronberger Quellen.

Görz ist auch Industriestadt. Die Wasserkraft des Isonzo wird von mehreren Etablissements ausgenützt; es bestehen in Strazig eine Floretseidenspinnerei, eine Baumwollspinnerei und Weberei sowie eine Kunstmahlmühle; am rechten Ufer des Isonzo, in dem kaum ½ Stunden stromabwärts gelegenen Podgora befindet sich eine große Papier- und Cellulosefabrik, welche über 800 Arbeiter beschäftigt. Weiters befinden sich daselbst eine Türkischrotfärberei, deren Produkte in die Levante und bis Bombay gehen; eine Zündwarenfabrik, welche ebenfalls ins Ausland exportiert; zwei Kanditenfabriken, die den Obstreichtum des Ländchens verwerten und ihre Erzeugnisse weit über die Reichsgrenzen hinaus versenden; eine Seifen-, Unschlitt- und Kremortartarifabrik; zwei kleine Brauereien, eine Wachskerzenfabrik und eine Lederfabrik; eine Glocken- und Eisengießerei und viele Kunsttischlereien; die letzteren haben einen vorzüglichen Ruf und ihre Erzeugnisse werden auch im Auslande geschätzt.

Sehr lebhaft ist in Görz der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten, von besonderer Bedeutung aber der Obstexport; Frühobst, Früchte, besonders Kirschen werden im Frühjahr nach allen Richtungen versendet; auch Stein- und Kernobst, Feigen und Trauben finden guten Absatz; zur Ausfuhr gelangt aus dem Görzerlande auch viel Gemüse, namentlich Spargel und eine Menge von blühenden Gartengewächsen(Veilchen usw.).

In der Umgebung wird intensiver Weinbau betrieben. Schon zur Römerzeit war die Weinkultur im Gebiete des Isonzo sehr bedeutend.

Am Ende des Flußdefilees am Isonzo übersetzt die Wocheinerbahn(Aßling-Koblatunnel-Görz) mittels einer 220m langen gewölbten Brücke, deren Flußöffnung 85m Lichtweite besitzt, in 36, 3m Höhe über dem Nullwasser den Fluß und fährt nun in die sich weit ausbreitende Görzer Ebene, wo, teils noch im Gebiete der Gemeinde Salkano, teils in dem der Stadt Görz, die

Station Görz, 90 m, 89, 2 km von Aßling liegt. Sehr schön ist hier der Rundblick auf die die Görzer Ebene im Norden und Nordosten begrenzenden Berge. Zunächst sieht man das Görzer Kastell und das Kloster Castagnavizza, beide auf schön kultivierten Höhen gelegen.

Nach der Station durchfährt die Bahn den Castagnavizzahügel mittels eines 230m langen Tunnels, umfährt die Stadt im Osten und mündet oberhalb der Haltestelle St. Peter in die Linie der Wippachtalbahn.

Verlauf der Karstbahn:

Copyright: Elmar Oberegger

Die Linie Görz-Triest benutzt auf einer Länge von zirka 8 km das Geleise der Wippachtalhahn(Görz-Haidenschaft) und zwar von km 4, 5 bis 12, 4. Selbstverständlich ist diese Strecke durch Vergrößerung der Stationen, Errichtung von Wächterhäusern, Straßenverlegungen usw. dem voraussichtlich höherem Verkehr angepaßt worden.

Station Voljca draga, 54m, 7,4km von St. Peter. Dieselbe liegt an der Einmündung der Bezirksstraße von Ranziano in jene Görz-Haidenschaft.

Bald nach der Station wird das Liakflüßchen mit einer Eisenkonstruktionsbrücke von 22m Lichtweite übersetzt. Rechts von der Bahn liegt auf beträchtlicher Höhe die Ortschaft Gradiscutta, während ebenfalls auf einer Höhe, aber links der Bahn, das stattliche mit einem hohen Campanile gezierte Prvacina liegt.

Station Prvacina, 67m, 11,8km von St. Peter. Von hier hat man einen sehr schönen Ausblick auf den felsigen Cavinberg des Trnovaner Waldgebirges, der den Hintergrund der Landschaft von Prvacina bildet; östlich wird der Felsenkamm des Nanos am Rande des Birnbaumer Waldes sichtbar.

Unmittelbar hinter der Station übersetzt die Bahn den Wippachfluß mit einer Eisenkonstruktionsbrücke von 50m Lichtweite, und etwa 150m nach dieser Brücke zweigt die Linie nach Triest in südöstlicher Richtung von der Wippachtalbahn ab. Nach der Abzweigung steigt die Bahn mit zirka 10 %o bis zu dem 160m langen Tabortunnel, der den das Tal sperrenden Dornberg-Riegel durchfährt. Nach der Ausfahrt aus dem Tunnel eröffnet sich neuerdings ein imposanter Ausblick auf das Trnovaner Waldgebirge. Bald hierauf folgt die Übersetzung des Wippachflusses mit einer Eisenkonstruktionsbrücke von 50 m Lichtweite. Wegen der hier zeitweise auftretenden bedeutenden Hochwässer waren umfangreiche Uferschutzbauten und Pflasterungen erforderlich. Nach einer abermaligen Übersetzung des Wippachflusses verläßt die Bahn das Wippachtal und fährt im Branicatale an der südlichen Lehne hin, wobei sie allmählich zu einer durchschnittlichen Steigung von 25%o gelangt. Sie durchfährt an dieser Lehne den 170m langen Cuktunnel und übersetzt gleich darauf den 56m langen Viadukt der Maklavischlucht.

Station Reifenberg, 113m, 15, 5km von St. Peter. Dieselbe liegt auf dem steilen bis zu 40 Grad geneigten Nordostabhange des Großen Cuk, daher die Herstellung der Station eine Erdbewegung von 129.000 Kubikmeter erforderte. Imposant ist von dieser Station der Anblick des Trnovaner Waldgebirges; der Ort Reifenberg liegt etwa 35 m tiefer im Branicatale.

Nach der Station steigt die Bahn wieder mit 25%o; rasch hintereinander folgen hohe Dämme, Viadukte, Einschnitte und zwei kurze Tunnels. Zuerst wird der Reifenberg-Viadukt übersetzt, welcher den mittleren Teil des hohen Dammes bildet, mit dem das Petnicktal abgesperrt wurde. Der Viadukt hat vier Öffnungen zu 15m Lichtweite, dann folgt der hohe Damm, welcher mit 70m langem und 4m breitem und hohem Durchlaß die wilde Rovnjakschlucht übersetzt. Nach diesem Damme folgt der 119m lange Reifenberg Tunnel Nr. I.

Nächst diesem Tunnel wurde ein Bogen der Bezirksstraße Reifenberg-Komen talwärts gerückt, um sie nicht zweimal kreuzen zu müssen. Dann folgt der 199m lange Reifenberg Tunnel Nr. II, der bereits in festem Karstkalk liegt. Bei der Ausfahrt aus diesem Tunnel wird der Birnbaumer Wald mit dem schroff abfallenden Nanos sichtbar.

Weiterhin sind infolge der beträchtlichen Neigung des Terrains (35 Grad) starke und hohe Fußmauern aufgeführt worden; bald hierauf nähert sich die ebenfalls von Prvacina nach Triest führende Straße, welche sich bisher am Fuße des rechtsseitigen Hanges des Branicatales hinzog, der Bahnstrecke und führt knapp unterhalb (links) und parallel derselben weiter. 2km nachher übersetzt die Bahn die Straße mit einer schiefen Eisenkonstruktion von 7m Lichtweite (214m Seehöhe, 20, 1km von St. Peter), von wo an die Bahn knapp unterhalb der Straße (rechts) führt.

Nun wird der 170m lange Branicatunnel durchfahren, Bahn und Straße wenden sich dem nördlichen Talhange zu und letztere kreuzt erstere mittels einer 7m weiten gewölbten Überfahrt.

Hierauf läuft die Straße nächst der Bahn (zur Linken) bis zur Einmündung der von Haidenschaft kommenden Straße, worauf sie die Bahn oberhalb des Einfahrtsportales des St. Daniel-Tunnels übersetzt. Der Tunnel hat 531m Länge und durchbricht den Nordrand des Karstplateaus; durch ihn ist die Druckwasserleitung für die Station St. Daniel-Kobdilj aus dem 140m tiefer gelegenen Branicabache entlang des linken Tunnelwiderlagers geführt. Im Tunnel hat die Bahn 24%o Steigung. Hierauf erreichen wir die

Station St. Daniel-Kobdilj, 275m, 22, 7km von St. Peter. Vor der Einfahrt in diese Station befindet sich links der Bahn das Reservoir der Stationswasserleitung mit 1000 Kubikmeter Rauminhalt.

Nach der Station quert die Bahn die Bezirksstraße mittels einer gewölbten Brücke von 12m Lichtweite. Ein romantisches Bild gewähren von hier die Ortschaften Ober-Kobdilj und St. Daniel mit dem Trnovaner Wald im Hintergrunde. Die Bahn befindet sich nun im wasserlosen Karstterrain. Beträchtliche Gefälle kommen nicht mehr vor; 2, 5 bis 10%o auf kurze Strecken. Viele Arbeit verursachten die zahllosen oft sehr tiefen Karsttrichter (Dolinen), welche angeschüttet werden mußten. 3 km nach der Station St. Daniel-Kobdilj mußte die Bahn 700m lang auf einem 8-12m hohen Steindamme geführt werden, der 64.000 Kubikmeter Material enthält.

Partie der Karstbahn:

Copyright: Elmar Oberegger

Zwischen den Orten Kopriva und Skopo, die auf flachen Hügeln liegen, wird die Bezirksstraße Prvacina-Sessana mit einer gewölbten Brüche von 10m Lichtweite Über die Bahn geführt. Hierauf folgt ein zirka 100m langer tiefer Felseinschnitt (Maximaltiefe 14m) und die

Station Dutovlje-Skopo, 277m, 29, 5km von St. Peter. Das Plateau, auf welchem diese Station situiert wurde, befindet sich teils auf einem Damme (nördlich), teils in einem Einschnitte. Hierauf durchfährt man mehrere bedeutende Felseinschnitte. 3km nach der Station übersetzt die Bahn die Straße Prvacina-Triest auf einem Damme in der Höhe von 10m. Die Durchfahrt für die Straße ist gewölbt und 6m weit.

Weiters kommt man zu dem 455m langen Doltunnel, welcher unter dem Sattel von Prelovec in einem festen grauen Kalkstein liegt; durch diesen Tunnel steigt die Bahn zu dem reizvollen, von Waldhöhen umgebenen Tale von Repen-Tabor auf.

Hier befindet sich die Betriebsausweiche Repen-Tabor, über deren Ende die Straße Prvacina-Triest mittels einer großen gewölbten Überfahrt von 16m Spannweite geführt wurde.

Der Hügel von Repen-Tabor wird mittels eines 600m langen Tunnels durchfahren, welcher an beiden Enden festen grauen Kalkstein, in der Mitte terra rossa mit Kalksteinen und Findlingen durchbricht. Beim Baue wurden zahlreiche und senkrechte Kamine angefahren, von welch letzteren einige bis in die Tiefe von 50m unter die Tunnelsohle und manche hinauf bis zu Tage reichen.

Von diesem Tunnel, 1, 8km weiter, übersetzt die Bahn mittels einer schiefen Eisenkonstruktion nächst der Haltestelle Opcina die Hauptbahnlinie Triest-Wien der k.k. priv. Südbahngesellschaft und 50m hierauf die Straße Triest- Prvacina, ebenfalls mit einer schiefen Eisenkonstruktion. Es folgt nun

Station Opcina, 311m, 38, 2km von St. Peter. Von hier ist eine Verbindung mit der Südbahnlinie geplant. Nächst der Station übersetzt die Bahn mit einer schiefen Eisenkonstruktion die Reichsstraße Opcina-Prosecco. Bald hierauf fährt man in den 1053m langen Opcinatunnel ein.

Der Opcinatunnel(Südportal):

Copyright: Elmar Oberegger

Beim Baue dieses Tunnels wurden unterirdische Hohlräume und Grotten durchfahren, von denen die eine 48, die andere 22m lang und unter der Schwellenhöhe mehr als 25m tief sind; dieser Tunnel durchbricht den Südrand des Karstplateaus und bei der Ausfahrt überrascht den Reisenden der Anblick des Meeres; eine großartige Aussicht liegt vor ihm: man übersieht die tief unten am Fuße des Karstgebirges gelegene Stadt Triest, die neuen Hafenanlagen und den ganzen anmutsvoll umgebenen Golf von Grado im Norden bis zur Punta di Salvore im Süden.

Der berühmte Meeresblick nach Ausfahrt aus dem Opcinatunnel:

Copyright: Elmar Oberegger

Nach dem Opcinatunnel beginnt die Bahn vom Karst hinabzusteigen und um den Höhenunterschied von 308m bis zu dem Bahnhofe am Meeresstrande zu überwinden, entwickelt sich die Trasse durch ein weit ausgreifendes Umfahren der Stadt Triest. Für den Reisenden beginnt nunmehr eine überaus genußreiche Fahrt; fast von allen offenen Punkten der Strecke hat man den prächtigen Überblick des Golfes, der Stadt und des Hafens. Erfrischend und erfreulich wirkt nach den Karstöden, welche der Zug kurz vorher durcheilt hatte, die üppige südliche Vegetation der Fruchtgärten in den Terrainmulden und an den Hängen, die sich von der Karsthöhe zur Stadt absenken.

Das Gefälle der Bahn beträgt 25%o. Zuerst wird das schluchtartige Carbonaratal mittels eines Viaduktes mit sechs Öffnungen von 86m Gesamtlichtweite übersetzt, wobei das Geleise 35m über der Talsohle liegt. Die beiden Abhangsrücken von Pischianze und Cologna (Sandsteinformationen) werden mittels zweier Tunnels von 486m und 696m Länge durchfahren, wobei zwischen beiden Tunnels nur 110m offene Strecke liegen.

Nach der Ausfahrt aus dem Colognatunnel entrollt sich die Aussicht auf das Zentrum und die landseitigen Bezirke von Triest. Weiterhin wechseln hohe Dämme auf mächtigen talseitigen Stützmauern mit Einschnitten, welche mit starken Wandmauern bergseits gegen die drohenden Terrainrutschungen gesichert werden mußten.

Dann übersetzt die Bahn einen Sandsteinbruch mittels des Guardiella-Viaduktes, welcher zehn Öffnungen mit 130m Gesamtlichtweite hat und dessen Pfeiler bis zu 15m Tiefe im Schuttboden stecken. Auch die folgende Strecke bis zur Betriebsausweiche Guardiella führt fast ununterbrochen durch alte Steinbrüche und Schutthalden; auf dieser Strecke wird die sogenannte Opcinastraße von der Bahn unterfahren und weiterhin führt ein schiefes Eisenbetonobjekt über die steil nach Basovizza ansteigende Straße.

Die Betriebsausweiche Guardiella ist teilweise in einen alten Bergsturz aus Karstkalkschotter eingeschnitten, daher auch alle Baulichkeiten sehr tief fundiert werden mußten.

Nach Übersetzung des engen Farnetotales fahren wir in den längsten Tunnel der Strecke Görz-Triest, in den 1269m langen Revoltellatunnel ein; mit demselben wird ein bis in die Stadt hineinreichender Bergrücken, „Zum Jäger“ genannt, durchfahren. Von der Tunnellänge entfallen 900m auf einen Kreisbogen mit 400m Halbmesser.

Dann geht die Linie am rechten Ufer des Sette Fontanebaches und übersetzt diesen bald darauf mittels einem schiefen Eisenbetonobjekt. Hierauf kommt man zur

Station Rozol, 49km von St. Peter. Am Ende der Station ist für die Straße nach Cattinara eine 11m weite offene Durchfahrt mit Eisenkonstruktion hergestellt. Dann berührt die Bahn den rechts gelegenen Trabrennplatz, woselbst Blenden angebracht sind, um die Züge für die Rennbahn unsichtbar zu machen. Dann folgt der S. Giacomo-Tunnel, welcher 403m lang ist und nach welchem sich die Bahnlinie Görz-Triest der Staatsbahnlinie Triest-Herpelje anschließt, mit der sie parallel auf dem zu diesem Zwecke für ein zweites Geleise verbreiterten Bahnkörper bis in den neuen Personenbahnhof einfährt. Auf dieser Strecke werden einige Gassen und Straßen (Via dell‘Industria, Via Broletto, Via S. Marco), sowie die neue elektrische Tramwaylinie Piazza Goldoni-St. Andrea mittels Eisenkonstruktionen übersetzt. Im letzten Teile der Strecke lehnen sich auch die Linien Triest-Parenzo und die Schleppbahn Triest-S. Sabba an diese Trasse; gemeinschaftlich unterfahren sie den Paseggio di S. Andrea mittels eines gedeckten Durchlasses von 20m Lichtweite und erreichen hiermit die neue Bahnhofanlage der Staatsbahn am Meeresstrande.

Bahnhof S. Andrea, 2m über dem Meere, 52 bis 54, 1km von St. Peter. Das neue Bahnhofgebäude, in der Anlage einer Kopfstation, liegt am Ende der Linie an der Wurzel des den Leuchtturm tragenden Molo Santa Teresa. Der Bau dieses Aufnahmsgebäudes bot große Fundierungsschwierigkeiten; es mußten 2363 Piloten eingerammt und darüber eine Betonplatte in der Stärke von 1m und im Flächenmaße von etwa 3500qm gelegt werden. Auf diesem Fundamente konnte erst das Gebäude errichtet werden. Der Bahnhof kehrt die architektonische Fassade der Stadt zu; seine Zugeinfahrtshalle überspannt zwei Einfahrts- und zwei Ausfahrtsgeleise, von denen je eines der Linie Triest-Herpelje, das andere der Bahn Görz-Triest zugewiesen ist. Das überdeckte Geleise der schmalspurigen Lokalbahn Triest-Parenzo ist links an das Hauptgebäude angeschlossen. Die Zufahrtsstraße ist teilweise auf der angeschütteten Sachetta, dem Bootshafen angelegt und hat 50m Breite. Seewärts von den Bahnhofbaulichkeiten werden sich auf dem dem Meere abgewonnenen Planum die ausgedehnten Bauten des künftigen neuen Freihafens erheben.

Dem Meer abgerungen: Der neue Triester Staatsbahnhof(i.Bau).

Aus: Transalpina, Un binario per tre popoli, Monfalcone 1996, 280.

 

II: Triest und das Meer – Ein Fortschritts- und Hoffnungsgebiet.

Zwischen dem von einer vielfach gegliederten Küste begrenzten Meere und dem über üppige Gelände zu grauen Felsen emporsteigenden Karstgebirge gelegen, bietet Triest, vom Meere und vom Lande geschaut, ein überaus malerisches Bild.

Insbesondere mächtig und fesselnd kommt die Schönheit von Stadt und Landschaft von der See aus zur Geltung: Den Vordergrund füllen die Masten des Hafens und die längs diesem hinziehenden stattlichen Baulichkeiten; dahinter verbreiten sich die Häusermassen der Neustadt und der am Kastellberge aufgestaffelten Altstadt. Häuser, Villen und Gärten schmücken, terrassenförmig übereinander, den Hintergrund des Stadtbildes, der von den mannigfach gegliederten Vorstufen des Gebirges gebildet wird.

Triest, ital. Trieste, slov. Trst, liegt unter 45o 38‘ nördl. Br. und 13 o 46‘ südl. Länge. Es ist Österreich-Ungarns größter Seehafen und die bedeutendste Seehandelsstadt des Adriatischen Meeres. Die Zahl der Einwohner beträgt nach der Volkszählung vom Jahre 1900 zirka 150.000 (mit dem Stadtgebiet um 40.000 mehr); unter diesen befinden sich etwa 28.000 Slovenen und 7000 Deutsche.

Triest ist eine reichsunmittelbare Stadt und bildet mit seinem Gebiete ein selbständiges österreichisches Kronland; es ist Sitz der küstenländischen Statthalterei und eines Bischofs sowie verschiedener politischer, gerichtlicher und militärischer Behörden. Der Bürgermeister führt den Titel Podestà und ist zugleich Präsident des Landtages, als welcher der Triester Stadtrat fungiert.

Verkehr. Den Seeverkehr vermittelt eine größere Anzahl von Dampfschiffahrtsgesellschaften, unter welchen der Österreichische Lloyd und die Ungarisch-kroatische Seedampfschiffahrtsunternehmung vor allem zu nennen sind.

Für Fahrten im Hafen dienen die behördlich konzessionierten Barken nach festem Tarif.

In der Stadt verkehrt auf mehreren Linien die Elektrische Straßenbahn; außerdem gibt es im Sommer einige Omnibusverbindungen.

Von der Piazza della Caserma geht die Elektrische Bergbahn nach Opcina aus.(Gemischter Betrieb, Zahnstange und Adhäsion.)

Einspänner auf den Standplätzen nach Tarif.(Vom Bahnhof in die .Stadt 1 K.)

Nebst seiner Stellung als Seehafen und Handelsplatz hat Triest für Österreich auch noch eine nationale Bedeutung; es ist die größte italienische Stadt der Monarchie und bildet als solche einen Anziehungspunkt für das italienische Element des österreichischen Kaiserstaates; heißumstritten wird ja bekanntlich derzeit die Frage der Errichtung einer italienischen Universität in Triest: Rücksichten auf die Slovenen und Sorge vor der Irredenta stehen diesem Wunsche entgegen; die Irredentisten sind in Triest aber nur ein kleines Häuflein, und die Treue der Triestiner gegen das Haus Habsburg, welchem die Stadt ihren Aufschwung dankt, hat sich wiederholt bewährt; Triest erhielt deshalb im Jahre 1819 sogar den Ehrentitel „allergetreueste Stadt“ und hat sich dessen auch im Jahre 1848 würdig bewiesen, indem es treu zu Österreich hielt, daher auch die Venezianer einen glühenden Haß auf die „meineidige, unwürdige Schwesterstadt“ hatten, die ihres italienischen Ursprunges so gänzlich vergaß.

Die nationale Bedeutung einer Universität in Triest würde zweifelsohne eine große sein; auf den Unterrichtsanstalten beruht ja die Zukunft, von der Viele behaupten, sie gehöre in Istrien den Slaven. Die Stadt Triest besitzt derzeit nur italienische Unterrichtsanstalten, und zwar: eine Handels- und Nautische Akademie sowie eine Handelshochschule, ferner zwei Obergymnasien und zwei Oberrealschulen, eine Staatsgewerbeschule und eine große Anzahl Bürger- und Volksschulen; sowie aber der Ruf nach einer italienischen Universität in Triest ertönte, waren sofort die Slaven zur Stelle, und schon 1904 wurde der Regierung von den Parteiführern des Küstenlandes eine Denkschrift überreicht, welche unter anderem die Errichtung slovenischer Volksschulen in der Stadt Triest und ihrer Umgebung, die Errichtung slovenischer Parallelklassen am Staatsgymnasium und an der Staatsgewerbeschule verlangte.

Tatsache ist, daß die slovenische Nationalität im Küstenlande überwiegt (53% der Bevölkerung) und derselben in Triest selbst etwa ein Fünftel der Bewohner angehört; aber unbestreitbar ist auch, daß die Italiener eine höhere Kultur repräsentieren und daß von dieser Seite am ehesten jener Fortschritt in der Entwicklung des Handels- und Hafenverkehres unserer Küstenländer zu erwarten ist. dessen Ausbleiben der Regierung und allen Patrioten so viel Sorge macht.

Es ist ja eine vielbeklagte Erscheinung der letzten Jahrzehnte, daß der Triester Handels- und Hafenverkehr beträchtlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, die durch den Suezkanal, durch neue Schiffahrtslinien u.a. berechtigt waren, und die Frage, wie dem abgeholfen werden könnte, steht noch immer auf der Tagesordnung.

Gleichwohl ist Triest nicht stehen geblieben; Land- und Seeverkehr haben sich zwar langsam, doch stetig gesteigert und besonders erfreulich war der Aufschwung auf dem Gebiete der Industrie. Bis zum Beginne der neunziger Jahre hatte Triest außer den Schiffswerften des Lloyd und des Stabilimento Tecnico in San Rocco, einer Exportmühle, einer größeren und einer kleineren, nur für den Lokalkonsum arbeitenden Brauerei, einer Fischkonserven- und mehreren Makkaronifabriken keine Industrie.

Durch die zeitliche Steuer- und Gebührenbefreiung für im Gebiete von Muggia und Triest neu zu errichtende Industrien(Gesetz vom 8. Jänner 1891) wurde die Industrie ganz bedeutend gefördert. ln rascher Folge entstanden seitdem die Petroleumraffinerie in San Sabba, sodann die Triester Reisschälfabrik, die Fabrik vegetabilischer Öle, eine metallurgische und eine elektrotechnische Anlage, die Linoleumfabrik, ein Hochofen, und endlich ward durch Vereinigung des Stabilimento Tecnico mit der weltberühmten, jedoch durch sehr lange Jahre außer Betrieb gestandenen Navale Adriatica, der Schiffswerfte San Marco, der Schiffbauindustrie ein neuer, kräftiger Impuls verliehen. Daneben kam eine Reihe kleinerer Industrien zur Errichtung. Farben, Farbwurzeln und Farbholzextrakte werden erzeugt, beziehungsweise verarbeitet, ätherische Öle gewonnen. Ceresin und Vaseline fabriziert, Asphalt und Dachpappe hergestellt.

Obwohl das oberwähnte Gesetz nach zehnjähriger erfolgreicher Dauer nicht mehr erneuert wurde, sind noch zwei weitere größere Unternehmungen, die Triester Jutespinnerei und die Mahlmühle der Küstenländischen Reisschälfabriksaktiengesellschaft, gegründet worden.

 

III: Rundgang durch eine durchaus lebendige und schöne Stadt.

Den Bahnhof S. Andrea verlassend, befindet man sich an der Wurzel des den Leuchtturm tragenden Molo Santa Teresa am südöstlichen Ende der Stadt. Die elektrische Bahnlinie Südbahnhof-Piazza grande-Servola führt hier vorüber. In der Richtung gegen die Stadt kommt man zum Arsenale d‘Artiglieria (Abbruch in Aussicht genommen) und rechts davon durch die Via di Campo Marzio zur Riva am alten Hafen (Porto vecchio).

Am alten Hafen, wo sich der Molo Giuseppina in denselben hin ein streckt, liegt die Piazza Giuseppina mit dem 1875 errichteten Erzstandbilde des Kaisers Maximilian von Mexiko(nach Schillings Modell) und dem Palazzo Revoltella, welches die Sammlungen des Museo Civico Revoltella einschließt(Gemälde und Skulpturen; an Wochentagen von 11-2 Uhr).

Von der Piazza Giuseppina gegen das Innere der Stadt zu kommt man zur Piazza Lipsia(Leipziger-Platz), wo sich das Gebäude der Accademia di Commercio e Nautica befindet, in welchem die beiden bedeutendsten Sammlungen der Stadt untergebracht sind: Museo Civico Ferdinando Massimiliano(naturhistorische Sammlungen, insbesondere Fauna des Adriatischen Meeres) und Museo Civico d‘Antichitá(Altertümer, zumeist aus Aquileja, und Waffen). Ersteres geöffnet Sonntag, Mittwoch, Samstag von 10-1 Uhr, letzteres täglich von 9-2. 40 h Eintritt.

Im selben Gebäude ist auch die städtische Bibliothek untergebracht(an Wochentagen von 10-1 und von 5-8 Uhr).

Von der Piazza Lipsia gelangt man durch die Via Cavana zur Piazza grande, welche gegen die Stadt zu durch den imposanten Munizipalpalast abgeschlossen wird; auf der Hafenseite befindet sich eine Parkanlage und ihr gegenüber der Palazzo del Lloyd. Vor dem Munizipalpalast steht der 1751 errichtete, mit figuralen Darstellungen gezierte Maria Theresia-Brunnen und weiter links erhebt sich das Denkmal Kaiser Karl VI.

Von der Piazza grande, auf der Stadtseite nach links, kommt man zur Piazza della Borsa; vorher links das Gebäude des Tergesteum (Basar, Börse, Kasino); auf der Piazza steht auf einer Säule das Erzstandbild Kaiser Leopold I. Das Gebäude mit der Säulenfassade ist die alte Börse, nun Sitz der Handelskammer.

Von der Piazza della Borsa bis zur Piazza della Legna erstreckt sich der Korso, die vornehmste und lebhafteste Straße der Stadt.

Vom Korso durch die rechtsseitigen Gassen(rechts in der .Richtung gegen die Piazza della Legna) erreicht man den Canal grande, den vom Hafen in die Stadt hereingeführten Meereskanal, welchen der Ponto Rosso überbrückt und an dessen Ende sich die 1827 erbaute Kirche San Antonio nuovo erhebt. Auf der Piazza del Ponte Rosso befindet sich der Obstmarkt und weiter oben am Kanale die prunkvolle serbische(greco-illyrische) Kirche.

Vom Ponte Rosso durch die Via della Posta zur Piazza della Posta mit dem neuen großartigen Postgebäude und prachtigem Brunnen. Von hier durch die Via del Cerradori in die Via Ghega und links zur Piazza della Stazione(Südbahnhof), in deren Anlagen sich das Denkmal an die 500jährige Zugehörigkeit Triests zu Österreich erhebt.

Von der Piazza della Legna links(Elektrische Bahn) erstreckt sich die breite Via del Torrente, in welche die Via Stadion(Elektrische Bahn) mündet; durch letztere gelangt man zum Giardino publico (Café, an Sonntagen Promenadekonzert); zunächst desselben Denkmal Dominico Rossettis.

Von der Piazza grande durch die Via Muda vecchia und Via Sta. Maria Maggiore gelangt man in die Via Trionfo, wo sich die Via Riccardo öffnet; in derselben sieht man einen torähnlichen Mauerrest, der von einer römischen Wasserleitung herrühren soll. Durch die Via Trionfo in die Via della Cattedrale und hinan zum Dom von San Giusto. Rechts davon das Museo lapidario mit dem Grabmale Winckelmanns.

Das Grabmal des berühmten Altertumsforschers Johann Winckelmann, der am 8. Juli 1786 in Triest ermordet wurde, befindet sich unter einer Bogenwölbung und besteht aus einem hohen Sockel mit Sarkophag und trauerndem Engel.

Der Garten, in welchem das Denkmal steht, enthält zahlreiche Inschriftsteine und Säulentrümmer aus der Römerzeit; zwischen diesen für die Geschichte von Triest bedeutungsvollen Monumenten finden sich zerstreut verschiedene exotische Pflanzen wie: Mespilus japonica, Buxus balearica, Viburnum terius etc.

Von der Terrasse vor dem Dome herrliche Aussicht auf das Meer und die Küste; bemerkenswert ist hier auch ein mächtiger schöner Zirgelbaum, der mehrere Jahrhunderte alt sein soll.

Der Dom von San Giusto gehört mit dem Patriarchendom von Aquileja und der Kathedrale von Parenzo zu den kunstgeschichtlich bedeutsamsten Kirchenbauten des Küstenlandes, welche ab Typen des byzantinischen Stiles, durch altertümliche Malereien und interessanten Skulpturenschmuck, merkwürdig sind. Derselbe soll an der Stelle eines römischen Tempels stehen und entstand im XIV. Jahrhundert durch die Verschmelzung dreier aus dem VI. Jahrhundert stammender Baulichkeiten: einer altchristlichen Basilika, eines Baptisteriums und einer kleinen, byzantinischen Kuppelkirche. Das Innere ist fünfschiffig, mit Säulen, die romanische Kapitale tragen; sehr interessant ist ein Mosaikbild aus dem XI. Jahrhundert in der Halbkugel der Apsis (Maria mit Engeln und Apostel). Am Portale sind römische Reliefbüsten und am Glockenturm (XI. Jahrhundert) antike Säulen angebracht; in Zweidrittelhöhe der Fassade öffnet sich eine riesige Fensterrose.

Ober San Giusto befindet sich das Kastell, welches ungefähr die Lage des antiken Kapitols (der Römerstadt Tergeste) einnehmen soll.

Das Kastell(erbaut 1680) kann nur mit Erlaubnisschein des Platzkommandos besucht werden, bietet jedoch außer der Aussicht, welche auch an anderen Punkten genossen werden kann, nichts besonderes.

Von der Piazza della Stazione kommt man durch die Via della Stazione zum Hafen, wo rechts die Pescheria(Fischhalle) steht, ein interessantes Schaustück, wenn sie gut beschickt ist. In der Fortsetzung der Via della Stazione steht man bald am unteren Ende des Canal grande beim Ponte Verde, jenseits welchem sich die Riva Carciotti längs des Hafens weiter zieht bis zum Molo San Carlo, wo der Hauptverkehr des Seehafens konzentriert ist.

Hotels, Gasthöfe, Restaurationen, Cafés.

Gasthöfe: Hotel de la Ville(Riva Carciotti), Hotel Delorme(Via al Teatro), Hotel Europa(Piazza della Caserma), Hotel Balkan, Hotel Volpich all‘ Aquila nera, Hotel Central usw.

Restaurants und Bierhäuser: Steinfelder Bierhalle (Börsenplatz), Bergers Bierhalle (Via S. Nicolo), Bierhalle alla Borsia vecchia (Alte Börse), Pilsener Bierhalle (Via Caserma), Restaurant Wieninger (Alte Börse).

Weinstuben: Alla Bonavia (hinter dem Rathause), Al Risaldi (Canal grande), Al Pamburino und AI Buon Pastore (beide Via S. Nicolo) u.a.m.

Cafés: Café degli Specchi, Café del Municipio, Café Orientale, Café Tergesteo, Café alla Borsa, Café Francais, Café alla Stazione u.a.m.

Bäder: Mehrere Seebadeanstalten.

Theater: Es bestehen fünf Theater, welche aber im Hochsommer sämtlich geschlossen sind; das Teatro communale Giuseppe Verdi ist auch Oper.

Museen: Civico Museo Ferdinando Massimiliano (naturhistorisches Museum mit interessanter Fauna) an der Piazza Lipsia in der Accademia di commercio und das im selben Gebäude befindliche Museo d‘antichità, Civico Museo Rivoltella (Skulpturen), Museo lapidario triestino ed aquileiex (mit Winkelmanns Grab) in der Via della Cattedrale.

 

IV: Die Hafenanlagen – Geschichte, Gegenwart, Zukunft.

Triest hat zwei Häfen; der alte, südliche(Porto vecchio) ist eigentlich eine offene Reede mit mehreren Steindämmen, deren größter der oberwähnte, 1751 erbaute Molo San Carlo ist; derselbe hat eine Länge von 530m und 20m Breite; der Canal grande wurde im Jahre 1750 vollendet.

Dieser alte Hafen entsprach niemals den Anforderungen, welche an einen großen Seehandelsplatz zu stellen waren. Noch im XIX. Jahrhundert konnten große Schiffe nicht an die Molis heranfahren. „Der Hafen ist ziemlich flach“, schreibt Seume im Jahre 1802, „und nur für kleine Fahrzeuge; die größeren und alle Kriegsschiffe müssen in ziemlicher Entfernung auf der Reede bleiben, die nicht ganz sicher zu sein scheint“.

Wenige gegen die Winde geschützte Bassins mit wechselnden und ungenügenden Wassertiefen, einige Kais und einige Moli mit beschränkter Ausdehnung und Benützung, keine Apparate für das Aus- und Einladen von Waren, endlich ein Bahnhof, welcher 7m über der Gleiche der Kais und ohne Verbindung mit diesen sich befand – das war, was der alte Triester Hafen bis zu den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts dem Verkehr geboten hatte.

Hierzu kam noch die Ungunst des Hafenplatzes überhaupt. Bei Außenwinden aus Südost bis West flutet die See mit ihrem mitunter enorm hohen Wellengange fast 100 Seemeilen in den offenen Golf herein. So z. B. wütete am 9. und 15. Februar 1904 in Triest ein Schirokkosturm, der die größten Verheerungen anrichtete. Haushohe Wellen wälzten sich über die Kaimauern und prallten bis an die Häuser an; der Tramwayverkehr mußte an mehreren Stellen unterbrochen werden. Von den an den Moli ankernden großen Schiffen „Venus“, „Graf Wurmbrand“, „Leda“ und „Dubrownik“ rissen die Ketten; der Isoladampfer „Isolano“, der an der Riva dei Pescatori vertaut war. wurde durch einen heftigen Anprall an das Ufer stark beschädigt. Der Poladampfer „Arsa“ riß sich los und trieb gegen den Leuchtturm, wo er so heftig an den Regierungsdampfer „Porer“ geschleudert wurde, daß der letztere am Bug Schaden litt. Im Molo San Carlo wurden zwei dicke, steinerne Säulen, die zum Vertäuen der Schiffe dienten, an der Wurzel abgebrochen. Im Freihafen wurden die Kaimauern in einer Länge von 30m sowie Kräne und Gleise stark beschädigt. Die nach Miramar führende Straße und das Seelazarett San Bartholomä litten durch die Hochflut.

Bei einem Borasturme, der am 28. und 29. Dezember 1890 in Triest herrschte, wurde eine Handelsbarke auf der Reede von ihren Ankerketten abgesprengt und ins Meer getrieben. Ein Teil der Bemannung konnte gerettet werden, während vier Matrosen mit der scheiternden Barke untergingen.

Solche Vorkommnisse weist die Chronik der Seeunfälle für den Hafen von Triest in unverhältnismäßig großer Zahl auf.

Um dem Triesterplatz die Konkurrenz mit den neueren Seeplätzen Europas zu ermöglichen, ließ die Regierung in der Zeit von 1868-1883 mit einem Kostenaufwande von 20 Millionen Gulden die nordöstliche Hälfte der Reede in einen geschlossenen und völlig ausgerüsteten Hafen umwandeln, den Porto Nuovo.

Aus der geradlinigen Ufermauer des neuen Hafens treten vier Moli hervor und bilden drei geräumige Bassins, welche gegen die Winde von außen durch einen im offenen Meere stehenden und mit der Uferlinie parallel laufenden Damm abgeschlossen werden. Das dritte Bassin hat die spezielle Bestimmung, dem Petroleumhandel zu dienen und hat mit Rücksicht auf die Feuergefährlichkeit des Artikels eine von den übrigen Hafenteilen isolierte Lage. Mit der Herstellung sämtlicher Bauten wurde die Südbahngesellschaft betraut.

Die Hafenanlage hatte auch die Tieferlegung des alten Bahnhofplateaus sowie den Bau eines neuen Bahnhofes erheischt, welcher sich nunmehr teils auf der Stelle der alten, teils auf den gewonnenen Anschüttungsflächen erhebt.

Der neue Hafen bietet der Schiffahrt zur Benützung: Lagerflächen längs der Uferlinien in der Ausdehnung von 26, 10ha; drei Moli, welche breit genug sind, um Warenschuppen, Geleise und Straßen aufzunehmen; eine Kaientwicklung von 2800m Länge(ohne den Hafendamm); drei große Bassins mit einer Wasserfläche von zusammen 35, 55ha, welche eine Minimalwassertiefe von 8, 5m unter dem Nullpunkt besitzen; es wurde damals berechnet, daß der neue Hafen allein einen jährlichen Warenverkehr von 1,680.000t zu bewältigen vermag.(In Triest sind im Vorjahre 1186 ausländische Dampfer mit 1,730.673 Tonnengehalt eingelaufen.)

Das gewaltige Werk, auf welches wohl auch das stolze Wort der Friesen: „Deus mare, Frise litera fecit“, in freier Übertragung; „Gott hat das Meer, der Mensch die Ufer dazu gemacht“ angewendet werden kann, war anfänglich für sieben Jahre Bauzeit veranschlagt, infolge ungünstiger Verhältnisse nahm es jedoch einen Zeitaufwand von sechzehn Jahren in Anspruch.

Die Solidität der geschaffenen Bauten wurde durch die große Springflut des Jahres 1879 erprobt, die an dem Hafendamm spurlos vorübergegangen ist und den Wasserspiegel des Bassins kaum zu trüben vermochte.

Eine noch umfassendere Erweiterung des Triesterhafens steht schon für eine nahe Zukunft in Aussicht. Die Regierung projektiert mit Rücksicht auf den Verkehrszuwachs, den man sich von der Tauernbahn erwartet, eine neue Hafenanlage bei San Andrea, deren Kosten sich auf ungefähr hundert Millionen Kronen belaufen sollen und welche mit großer Beschleunigung zur Durchführung gelangen wird.

Es hat anläßlich dieses neuen, großartigen und kostspieligen Hafenbauprojektes nicht an Stimmen gefehlt, welche die an die Tauernbahn für Triest geknüpften Erwartungen als viel zu weitgehend bezeichneten. Als Hindernisse eines größeren Aufschwunges des Triester Hafens und Handelsverkehres sind bisher bezeichnet worden:

Die nicht ausreichenden Eisenbahnverbindungen mit dem Innern der Monarchie, die hohen Eisenbahnfrachtsätze, die geringe Ausfuhrfähigkeit von Naturprodukten des Binnenlandes sowie die starke Konkurrenz der norddeutschen Häfen und des von der ungarischen Regierung wirksam unterstützten Hafens Fiume.

Von mancher Seite ist auch der Triester Kaufmannschaft Mangel an weitblickendem Unternehmungsgeist vorgeworfen worden, das ist aber heute hoffentlich nicht mehr wahr, wenn es überhaupt einmal Berechtigung hatte. Allerdings bildet der Handel die schwache Stelle von Triest und nur von seiner kräftigeren Entwicklung ist die Beseitigung des derzeit bestehenden Mißverhältnisses zwischen Import und Export zu erwarten.