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V: Der laute Ruf nach „Privatbahnen“(1840). Antwerpen-Lokeren–Gent, die „Erste schmalspurige Dampfbahn des Kontinents“(1845). Zu den Quantitativen Entwicklungsphasen des Netzes - Staatsbahn und Privatbahn von 1860 bis 1910. Die größte Ausdehnung des Netzes nach dem Ersten Weltkrieg.

Im Jahre 1839 schreibt Franz Anton v.Gerstner noch recht idealistisch über das(damals noch gar nicht abgeschlossene) „Belgische Staatsbahnprojekt“:

„Die belgischen Eisenbahnen sind … eine durchaus populäre grossartige Anstalt, welche den Beifall des Volkes und jedes Gebildeten im Lande finden musste; die belgischen Bahnen haben der Regierung Erleich­terungen im Militärtransporte gegeben, deren Wichtigkeit vorzüglich in den letztern Jahren von grösster Bedeutung war; die belgischen Bahnen tragen im Einklange mit der grossen Idee ihrer Gründung zwar nur die Kapitalszinsen und den Amortisationsbetrag, aber der Staatsschatz hat indirekt durch Ver­mehrung des Verkehrs bei allen Consumptions-Steuern, bei den Strassenzöllen, bei der Briefpost gewonnen; der wichtigste Gewinn aber war jener, welchen der grosse Gründer dieser Bahnen beabsichtigte, nämlich die Nation mit einander in innige Berührung zu bringen, und sie gleichsam in eine grosse Familie zu vereinigen, bei welcher der jetzige belgische Nationalwahlspruch: „L'union fait la force“ zur Wahrheit wird“(19).

Auch an anderer Stelle betont er, dass die „Belgischen Staats-Bahnen“ betriebswirtschaftlich kostendeckend arbeiten: „… so erfüllen die belgischen Bahnen ihre Aufgabe, sich selbst zu erhalten, ohne der Staatskasse zur Last zu fallen“(20).

Doch es gab alsbald mächtige Kritiker im politischen System Belgiens:

Schon 1840(!) wurde mit lauter Stimme festgestellt, dass man mit dem „(volks-)wirtschaftlichen Gesamtergebnis der Staatsbahn“ unzufrieden sei und man im Eisenbahnbau fortan auch auf privates Kapital setzen müsse. Hierbei ging es in erster Linie um die Herstellung von Zweig-Linien, das Belgische Kreuz samt Ergänzungslinien blieb jedoch als Projekt unangetastet.

Das „Privatbahn-Projekt“ ging in dieser Form durch, und konnte sich bereits grundsätzlich auf das alte „Konzessionsgesetz“ vom 19.Juli 1832(s.o.) stützen.

Die erste Bahn, welche vor dem Hintergrund dieses Gesetzes konzessioniert wurde(1842), war jene von Antwerpen nach Gent(via Lokeren), welche rein aus Kostengründen(!) schmalspurig(1150mm) ausgeführt wurde(später auf Normalspur umgebaut!). Dies war die „Erste schmalspurige Dampfbahn“ des Kontinents(1845).(21)

Bahnhof Lokeren(Linie Antwerpen-Gent):

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Im Jahre 1850 waren bereits 14 Konzessionen erteilt, 1859 bereits 23, durch das „Privatbahn-System“ ging es also in der Netzentwicklung rasch bergauf. In der Folge kommt es zu einer Parallel-Existenz zwischen Staats- und Privatbahn.

Zwischen 1835 und 1860 kam es jedenfalls im Schnitt zur Eröffnung von ca. 70 Eisenbahnkilometern im Jahr(s. Statistik).

Allgemeine Eisenbahnstatistik von 1860 bis 1910:

Nach: Art. „Belgische Eisenbahnen“, in: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg.v. V.Röll, Berlin/Wien 1912 ff.

Schon ab 1880 war ein gewisser „Sättigungsgrad“ erreicht.

Im Jahr 1860 überragt das Privatbahnsystem das Staatsbahnsystem deutlich, beginnt dann 1870 zu triumphieren, doch dann setzt – wohl einem internationalen Trend folgend - sein unaufhörlicher Niedergang(1880) ein, welcher in der Statistik klar hervortritt(s. Statistik).

Staatsbahn und Privatbahn in Belgien 1860-1910:

Nach: Art. „Belgische Eisenbahnen“, in: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg.v. V.Röll, Berlin/Wien 1912 ff.

Das Belgische Netz ist für die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg letzten Endes durchaus als wohldurchwachsen zu bezeichnen(s. Karte).

Das Belgische Netz um 1914:

Copyright: Elmar Oberegger

Doch erst nach dem Ersten Weltkrieg, als „Deutsche Gebiete“ an Belgien fielen, dürfte das Belgische Netz seine größte historische Ausdehnung(5090km) erreicht haben.

Das Gebiet „Deutsch-Ostbelgien“ mit Eisenbahnnetz:

Copyright: Elmar Oberegger

Die „Venn-Bahn“ war grundsätzlich „Belgisches Hoheitsgebiet“. Seit 1989 ist diese stillgelegt.

Das Belgische Netz 1928(mit Venn-Bahn im Osten):

Copyright: Elmar Oberegger

Die bedeutendsten Privatbahnen in Belgien vor 1914 waren:

a)    Belgische Nordbahnen.

b)    Chimaybahn.

c)     Gent-Terneuzen.

d)    Mecheln-Terneuzen.

e)     Hasselt-Maeseyk.

f)       Lokalbahn Taviers-Embresin(schmalspurig).

g)    Belgische Lokalbahngesellschaft(= „Société Nationale des Chemins de fer Vicinaux“).

Heute werden die Belgischen Eisenbahnen fast ausschließlich durch die SNCB/NMBS(= „B-Rail“) betrieben und verwaltet.