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„AUTOMOBILISMUS“: Strukturen eines (historischen) Begriffes. von Elmar Oberegger
I: Zur allgemeinen Bedeutung. Der Begriff „Automobilismus“ bedeutet als „-Ismus“ der heutigen Zeit den Sachverhalt der forcierten Benutzung eines Transportsystems, nämlich des Automobils, worunter hier grosso modo PKW und LKW verstanden werden. In den USA begann sich dieses Phänomen schon in der Zwischenkriegszeit zu entfalten, in Westeuropa erst nach 1945. Stets unterrepräsentiert war es im ehemaligen Ostblock und der 3. Welt.
II: Grundlagen und Geschichte. Das Automobil entstand historisch ohne jeden wirklich zwingenden sozio-ökonomischen Grund. Lange Zeit war es nur ein „Spielzeug für Reiche“. Dennoch bestimmt es unseren heutigen Alltag maßgeblich. Schon im 17. Jahrhundert soll es in China ein Automobil gegeben haben. In Deutschland führte Berta Benz 1888 mit einem von ihrem Gatten gefertigten Automobil erstmals eine längere Fahrt durch. Dieses Ereignis hatte aber keinerlei Auswirkung auf das Mobilitätsverhalten der Deutschen. Erst der US-Amerikaner Henry Ford begann 1913 damit, ein Automobil per Fließband, also massenhaft zu erzeugen. Andere zogen bald nach. Gute Straßen fehlten jedoch in den USA lange Zeit. 1880 wurde das „Good Roads-Movement“ gegründet, welches sich dem Ziel verschrieb, diesem Umstand entgegenzuwirken. Zuerst waren innerhalb dieser Bewegung interessanterweise die Radfahrer dominant, ab ca. 1900 dann die Automobilisten. Der erste Highway der USA war der 1913 eröffnete Lincoln-Highway. Die berühmte Route 66 soll 1926 eröffnet werden. Seit 1921 gab es für die gesamten USA ein Highway-Programm.
III: Die weitere Entwicklung – „Autobahn“, „Interstate Highway“ etc. Adolf Hitler war vom Fordschen Konzept höchst fasziniert und wollte es in Deutschland zu seiner Vollendung führen: Ein „Volks-Wagen“ für Jedermann, dazu aber auch ein Autobahn-Netz, welches es in den USA nicht gab. Beides sollte das „Deutsche Volk“ möglichst ewig an seine Herrschaft erinnern, also ein Monument sein. Als kriegswichtig wurde die Autobahn unter Hitler jedenfalls nie eingestuft: Bei Kriegsbeginn wurde der Autobahnbau eingestellt und das Projekt blieb vorerst unvollständig. Die schon damals sehr gut motorisierte US-Army fand jedoch 1945 Gefallen an den „Autobahnen“, auch wenn diese großteils noch im Rohbau waren. In Washington verabschiedete man sodann im Jahr 1956 den „Interstate Highway-Act“. Hier ging es um die Errichtung eines Autobahn-Netzes für die USA nach deutschem Vorbild. In den USA gab es massenhaft Automobilverkehr, aber noch immer kein entsprechendes Netz dafür. Für das „Phänomen Autobahn“, welches sich seit dem Zweiten Weltkrieg immer mehr ausbreitet, wurden in der Geschichte in internationaler Hinsicht vielerlei Namen und Begriffe geprägt. Als orientierungsgebender „Über-Begriff“ wäre zukünftig vielleicht „PLM-STRASSE“(= PKW, LKW, MOTORRAD) zu wählen.
IV: Zu Kritik und Zukunft des Automobilismus. Ursprünglich versprach der Automobilismus die reale und dauerhafte Gewährleistung unbegrenzter Mobilität. So wurde es z.B. attraktiv, sich am Rand der Städte ein Einfamilienhaus zu bauen und per Automobil in die Stadt zur Arbeit zu fahren. Doch je mehr Automobilisten es gibt, desto mehr Staus gibt es. Abhilfe wird hier in der Errichtung immer neuer Straßen gesucht, was den Automobilismus nur noch mehr forciert – Man trinkt heute also gewissermaßen Salzwasser, um den Durst zu stillen. Henry Ford begegnete diesem Vorwurf übrigens einst mit der lapidaren Feststellung, dass man die Städte ohnehin auflassen sollte: Die althergebrachte Stadt mit ihren oft engen Gassen würde also nicht mehr in die Moderne passen. Die Stadt wurde zwar bis heute nicht aufgelassen, in der Städteplanung kommt der Berücksichtigung des Automobilismus jedoch bereits größtes Gewicht zu, der Konflikt zwischen Fußgänger, Radfahrer und Automobilist ist längst entbrannt. Jeder, der rechnen kann, wird einsehen, dass der Krieg des Automobilismus um die unbegrenzte Mobilität (und damit gegen die Realität!), nicht zu gewinnen ist. Der Automobilismus wird ferner vom Erdölpreis bedroht. Eine über längere Zeit andauernde Verteuerung des Treibstoffs würde das System zum Erliegen bringen. Aus Erdöl wird aber nicht nur der Treibstoff gewonnen, sondern auch Plastik und Gummireifen, also zwei ganz wesentliche Komponenten der heutigen Fahrzeuge. Schon längst sucht man nach alternativen Quellen zur weiteren Speisung des Systems. Hierbei ist natürlich immer die Kosten-Nutzen-Rechnung maßgebend. Zum heutigen Zeitpunkt ist in dieser Hinsicht im Prinzip noch alles offen. Der LKW mit seinen hohen Lasten verursacht auf den Autobahnen Schäden welche nur kostenintensiv behoben werden können. Der Sinn dieses Systems wäre aus volkswirtschaftlicher Sicht entschieden in Frage zu stellen. Die Eisenbahn ist immerhin in der Lage, weitaus höhere Lasten ohne größeren Verschleiß zu befördern. Anzumerken wäre auch noch, dass eine Autofahrt statistisch gesehen für den Fahrer bzw. den Fahrgast im Vergleich zu einer Eisenbahnfahrt relativ gefährlich ist.
V: Literatur. OBEREGGER Elmar: Der Automobilismus - Eine Laune der Transportgeschichte. –Sattledt 2015. OBEREGGER Elmar: LKW-Schlafkabine, Motel, Konservendose &. Co. Über die (historischen) Reisekulturen im System des „Automobilismus" . -Sattledt 2014. |
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