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LKW-SCHLAFKABINE, MOTEL, KONSERVENDOSE &. CO.: Über die (historischen) Reisekulturen im System des „Automobilismus“.
I: Vorbemerkungen. Die „Reisekultur(en) des Automobilismus“ beherrschen heute zweifellos unseren Alltag, das einst übermächtige Eisenbahnsystem wurde längst an den Rand gedrängt. Diese Kultur(en) sind uns heute also derart selbstverständlich, dass es gerade deshalb(!) als interessant erscheint, den sozialhistorischen Focus einmal direkt auf diese zu richten. Der Frage der historischen Struktur-Entwicklung soll hierbei übrigens größtes inhaltliches Gewicht beigemessen werden. Im vorliegenden Beitrag sollen also – kurz gesagt – jene Bereiche des „Automobilismus“ beleuchtet werden, welche man im Eisenbahnsystem „Schlafwagen“ und „Speisewagen“ nennt. Signifikant für diese ist, dass sie in der Regel nur bei Stillstand benutzt werden können. Nur LKW-Schlafkabine und Wohnmobil stellen hier – wenn es zwei oder mehrere Fahrer gibt – gewisse Ausnahmen dar. Die LKW-Schlafkabine steht zu 100% im Zeichen der Berufs-Reise, während das Motel auch im Kontext der Bildungs- bzw. Lustreise einen bedeutenden Stellenwert besitzt. Wohnwagen und Wohnmobil dienen vor allem der Urlaubs- bzw. Lustreise. Hinzuweisen ist darauf, dass der vorliegende Beitrag angesichts mangelnder historischer Forschungs-Ergebnisse nur einen Essai darstellen kann.
II: LKW-Führerhaus mit Schlafkabine. Heinrich Büssing(1843-1929) als geistiger Vater. Das Führerhaus eines LKW dient dem Zweck, den Fahrer vor Wind, Wetter und Kälte zu schützen und damit seinen Arbeitsplatz so angenehm wie möglich zu gestalten. Die Schlafkabine dient dem Zweck, eine ausreichende Erholung des Fahrers von den Strapazen der Fahrt zu ermöglichen. LKW mit Schlafkabine:
WIKI GEMEINFREI Schlafkabine in einem LKW-Führerhaus:
WIKI GEMEINFREI Bei ungünstigen Witterungsverhältnissen kann das Führerhaus eines LKW auch als Essbereich verwendet werden. Ansonsten besteht die Möglichkeit, gleich neben dem Fahrzeug zu picknicken. Ein Fernfahrer-Picknick:
Copyright: Elmar Oberegger Das Führerhaus entwickelte sich historisch sehr spät, war man doch – übrigens wie im Falle der frühen Eisenbahn-Lokomotiven – an den Strukturen des Kutschverkehrs orientiert. Der „Erste LKW“(1896) besaß somit noch kein Führerhaus. Der „Erste LKW mit Verbrennungsmotor“(Daimler, 1896) - Noch ohne Führerhaus!
WIKI GEMEINFREI Erst nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges begann sich „Das Führerhaus“ ganz langsam zu entwickeln. Im Deutschen Reich wurden im Krieg ca. 40.000 Kriegs-LKWs gebaut, welche später zum Teil von den sachkundigen Veteranen privat, also zivil weiterbenutzt werden konnten. Man wollte damals schlicht gesagt die „Mächtige Eisenbahn“ offen konkurrenzieren, was allerdings nur unter der Voraussetzung der „Selbst-Ausbeutung“ gelingen konnte. Bis heute sind unsere „Fernfahrer“ nicht von diesem Übel befreit. Die ersten historischen Komponenten des Führerhauses waren grundsätzlich Dach und Windschutzscheibe. Auf Seitenscheiben verzichtete man noch längere Zeit. LKW mit Führerhaus im Jahre 1918:
WIKI GEMEINFREI Die Fahrt war somit vor allem im Winter sehr beschwerlich: Der Chauffeur legte sich in der Regel eine dicke Wolldecke über die Beine und heizte zusätzlich mit einem kleinen Karbid-Ofen. Diese in der Tat traurige Situation veranlasste den deutschen Unternehmer Heinrich Büssing(1843-1929) schließlich zu folgender Aussage: „Der Dienst des Fahrpersonals ist verantwortungsvoll und anstrengend, besonders bei Fahrten über längere Zeiträume, Deshalb ist es aus vielen Gründen zwingend erforderlich, für das Fahr- und Begleitpersonal die bestmöglichen Arbeitsbedingungen im Fahrerhaus, oft für lange Zeit ihre Wohnung, zu sichern“. Heinrich Büssing(l843-1929):
WIKI GEMEINFREI Aber es war am Ende nicht Büssing, welcher erstmals ein fortschrittliches Führerhaus mit „Schlafbett“ auf den Markt brachte, sondern die Firma „Henschel &. Sohn“(im LKW-Geschäft seit 1925), und zwar im Jahre 1929. Man ließ sich dieses System damals patentieren. Logo der Firma „Henschel &. Sohn“(1810-1957): Patent „Führerhaus mit Schlafbett“(1929).
WIKI GEMEINFREI Auf dieser Grundlage reifte die Schlafkabine im heutigen Sinn heran und begann sich ungefähr ab der Mitte der 1930er-Jahre langsam zu etablieren. Das Büssing-Projekt würde übrigens erst Jahrzehnte später umgesetzt, und zwar in Form der Marke „Büssing Commodore Unterflur“(1963). Der „Büssing Commodore Unterflur(1963)“:
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III: Die Institution „MOTOR-HOTEL“(= MOTEL), entstanden 1915 bzw. 1925 in den USA. Unter dem Begriff „MOTOR-HOTEL“, später abgekürzt mit „MOTEL“ ist eine gastronomische Institution zu verstehen, in welcher der Automobilist vor allem schlafen und gegebenenfalls auch Mahlzeiten zu sich nehmen kann.(s.d. BEGOUT 2013) Bezüglich dieser Institution variieren in der Geschichte die Namen und die Funktionen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war im deutschen Sprachraum v.a. der Name „RASTHAUS“ verbreitet. Entstanden ist das „MOTOR-HOTEL“ bzw. „MOTEL“ grundsätzlich in den USA, und zwar schon im frühen 20. Jahrhundert, als lange Autofahrten allgemein üblich wurden. Den Rahmen hierfür bildete vor allem die „Fordsche Revolution“, deren Grund-Essenz ja war: Ein Auto für den Jedermann!(s.d. v.a. WATTS 2006) Im Jahre 1913 wurde der erste Coast-to-Coast-Highway der USA(= „Lincoln Highway“) vollendet. Schon im Jahr 1915 kam es in Lowden im US-Staat Iowa zur Eröffnung des „Ersten Motels der USA“ und damit auch der damaligen Welt. Noch heute kann man dieses besuchen. Der Name „MOTEL“ soll jedoch erst 10 Jahre später offiziell auftauchen. Vor dem massiven Entstehen der Motels war sowohl das Schlafen im Auto als auch das Campen an der Straße bzw. auf bestimmten hierfür zur Verfügung gestellten Plätzen üblich. Das Campen war damals jedoch noch eher Notlösung als angenehmer Zeitvertreib. Zur „Geschichte des Campens“ sogleich. Autocamper am Seeufer:
WIKI GEMEINFREI Die „Erste Autoraststätte“, welche auch „MOTEL“ genannt wurde, war das sogenannte „MILESTONE MO-TEL“, welches im Jahr 1925 in San Luis Obispo(= US-Staat Kalifornien) entstand.(s.d. JACKSON 1993) Im Jahr 1991 wurde es geschlossen und einem anderen Zweck zugeführt. Das „Erste Motel“ der USA(1925-1991):
WIKI GEMEINFREI Das „Camping an sich“ wurde selbstverständlich von den nomadisierenden Völkern erfunden. Zu nennen wären hier etwa die Mongolen, welche hierzu sogenannte „Jurten“ verwenden. Mongolische Jurte: Dieses System ist seit frühester Zeit in Gebrauch.
WIKI GEMEINFREI Der Begründer des „Freizeit-Campings“ war der Engländer Thomas Hiram Holding(1844-1930), welcher nach vielen Reisen im Jahr 1901 einen entsprechenden Club gründete. Im Jahr 1908 wurde sein „Camper Handbuch“ publiziert. Thomas Hiram Holding(1844-1930) - Vater des „Freizeit-Campings“.
WIKI GEMEINFREI Auch der Kontinent wurde bald von dieser Bewegung erfasst. Über die folgenden Jahrzehnte war man ständig darum bemüht, das infrastrukturelle Niveau(WC, Fließwasser etc.) der Campingplätze zu heben. Sanitäre Anlage eines heutigen Campingplatzes:
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IV: Wohnwagen und Wohnmobil. Der „Wohnwagen“ wurde im Jahr 1931 in Deutschland von Arist Dethleffs(1908-1996) als Pendant zum englischen „Reisewagen“(in Gebrauch schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts!) erfunden. Seither erlangte das „Auto-Camping“ immer größere Bedeutung. In den 1960er Jahren entstand ein eigener diesbezüglicher Industriezweig. Wohnwagen 1937:
WIKI GEMEINFREI Das „Wohn-Mobil“ ist historisch eindeutig älter als der „Wohn-Wagen“. Schon um 1910 soll in Kanada ein solches in improvisierter Form existiert haben. Das „Erste Wohnmobil Deutschlands“ dürfte bereits im Jahre 1922 das Licht der Welt erblickt haben. Serienmäßig wurde dieses freilich noch nicht erzeugt. Wohnmobil 1922(Deutschland):
WIKI GEMEINFREI Der Urvater des heutigen Wohnmobils wurde vielmehr der VW-T1, welcher ab 1950 wohnmobilmäßig adaptiert werden konnte und schließlich ab 1960 als Wohnmobil auf den Markt gebracht wurde. Der VW T 1 „Bulli“ als Wohnmobil:
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V: Zur allgemeinen Frage der Ernährung im Kontext des „Automobilismus“. Historische Wurzeln bzw. Anknüpfungen. Der Gast eines Motels isst – sofern vorhanden – in der Regel im dortigen Buffet bzw. Restaurant oder nimmt sich am Weg gekaufte Nahrung mit auf das Zimmer mit. Wenn der Fahrer eines LKWs nicht die Möglichkeit hat, in einem Rasthaus zu essen, dann besorgt er sich im nächsten Supermarkt die benötigten Nahrungsmittel oder er hat sich bereits vor der Fahrt mittels Konserven verproviantiert. Die Benutzung eines Kochers zur Herstellung einer Suppe oder eines Heißgetränkes ist durchaus nicht unüblich. Als Vorfahre der heutigen Fertigsuppen ist die auf dem ursprünglichen Rezept der „Rumford-Suppe“(1795 ff.) basierende „Erbswurst-Suppe“ zu betrachten, welche im Jahre 1867 vom Berliner Johann H. Grüneberg(1819-1872) erfunden worden ist. Benjamin Thompson v.Rumford(1753-1814): Erfinder des Prinzips „Eine Suppe für die Masse“.
WIKI GEMEINFREI Die „Rumford-Suppe“ war im Gegensatz zur Erbswurst noch keine „Instant-Suppe“! Im „Deutsch-Französischen Krieg“ von 1870/71 wurde den deutschen Soldaten die Erbswurst als „Eiserne Ration“ mitgegeben und leistete in schwierigen militärischen Phasen tatsächlich wertvolle Dienste: Das Auftreten von Hunger in der Truppe konnte wirkungsvoll unterbunden werden. Als Zuspeise zur Suppe besaß der Soldat gegebenenfalls noch das altbewährte Kommiss-Brot. Wasser hatte er in seiner Feldflasche oder dieses wurde für die Truppe von irgendwoher bezogen. War es erst gekocht, konnte es keinen gesundheitlichen Schaden mehr anrichten. Eine „Erbswurst“ mit Portionsstück:
WIKI GEMEINFREI Portionsstück und ¼ Liter Wasser zu einem Brei verrühren, diesen in heißes Wasser einrühren, eine Zeit lang kochen – Fertig! Im Notfall war der deutsche Soldat damals also gewissermaßen ernährungsmäßig autonom, was gerade im Krieg von größter Bedeutung ist. Schon die Mongolen hatten einen militärischen Vorteil dadurch, dass sie getrocknetes Fleisch in einer Rinderblase auf dem Marsch mitführten, und damit in der Lage waren, sich – wenn keine andere Nahrung zur Hand war – eine gute Suppe zuzubereiten. Die „Grünebergsche Erbswurst“(s.o.) war also direkt am Sieg über Frankreich und der darauf folgenden „Deutschen Reichs-Gründung“(!) beteiligt. Otto v.Bismarck(1815-1898):
WIKI GEMEINFREI Er konnte im Krieg von 1870/71 auch auf die „Erbswurst“ vertrauen! Das Ziel der ernährungsmäßigen Autonomie des Soldaten verfolgte übrigens schon Napoleon Bonaparte, als er im Jahr 1795 einen stattlichen Preis für die Erfindung eines Behälters aussetzte, in dem flüssige oder halbflüssige Nahrungsmittel(Suppe, Eintopf) über Jahre(!) haltbar sein konnten. Dieser Ansatz war damals übrigens völlig neu. Napoleon Bonaparte(1769-1821):
WIKI GEMEINFREI Geistiger Vater der „Konserven-Dose“. Nicolas Appert erfand schließlich bis 1810 einen solchen Behälter und erhielt den Preis. Der Schwachpunkt seiner Erfindung lag lediglich in der Zerbrechlichkeit des Behälters. Nicolas Appert(1749-1841):
WIKI GEMEINFREI Erfinder der „Konservierenden Glasflasche“. Der Engländer Peter Durand(1766-1822) ersetzte das Glas schließlich relativ schnell durch Blech. Damit war die „Konservendose“ im heutigen Sinn erfunden. Vor allem beim Militär wird diese bis heute hoch geschätzt: Sie ist leicht transportabel und lässt sich über Jahre horten. Im Ernstfall ist somit immer genügend Nahrung vorhanden. Zur militärischen Bedeutung der „Konserven-Dose“ schrieb der österreichische Offizier Alfons Danzer im Jahre 1889: „Die Sorge für die Verpflegung der Armee während der Friedenszeit ist eine verhältnismäßig leicht zu erfüllende Aufgabe … Ganz anders im Kriege. Die Versammlung von einer Million Menschen und vielleicht weit darüber in einem verhältnismäßig engen Raume bringt es mit sich, dass der besetzte Landstrich in unglaublich kurzer Zeit vollends aller Subsistenzmittel entblößt wird … Es ist einleuchtend, dass bei der Wahl der Verpflegsmittel im Kriege jene den Vorzug verdienen, welche nicht leicht verderben, nicht voluminös sind und in einfacher Weise zubereitet werden können – Anforderungen, welchen die Conserven am vollkommensten entsprechen. Als solche sind in unserer Armee eingeführt: die Einbrennsuppenconserve, der Zwieback und die verschiedenartigen Fleischkonserven, und zwar das boiled beef – gekochtes Büchsenrindfleisch -, das corned beef – gepökeltes Büchsenfleisch – und die Gulyas-Fleischkonserve. Die letztgenannte Konserve spielt bei uns die wichtigste Rolle. Dieselbe wird nach dem Principe des Appert’schen Fleischkonservierungsverfahrens in der Art erzeugt, dass von dem von allen minder nährwertigen Substanzen befreiten, nur halbgar gekochten und gut gewürzten Rindfleische je 200 gr in einer Blechdose luftdicht verschlossen und hierauf die gefüllten Blechbüchsen einer hochgradigen Erhitzung zu dem Zweck ausgesetzt werden, damit das Fleisch gar gekocht und gleichzeitig jeder fäulniseregende Organismus im Fleische vollständig zerstört werde. Die von unserer Privatindustrie(= Hervorhebungen d. Verf.) in dieser Art und unter strenger militärischer Controle sorgfältig erzeugten Conserven sind nicht nur von vorzüglichem Geschmacke und hohem Nährwerte, sondern auch jahrelang haltbar, können also schon während des Friedens vorräthig gehalten werden. Der Wert der Conserven wird bedeutend steigen, wenn man sich, wie in Aussicht genommen wurde, entschließt, denselben ein Gemüse – Sauerkraut, Kartoffeln – beizugeben … Auf jeden Fall sind dieselben ein ausgezeichnetes Hilfsmittel, um vornehmlich in den Tagen der entscheidenden Kämpfe … dem Manne mehrere Portionen davon mitzugeben und ihn dadurch im Momente der höchsten … Anforderungen vor Entbehrungen zu bewahren“(: 393, 398). Essen als „Pflicht“:
aus: DANZER 1889: 229. Eher unfröhliche Soldaten im Feld. Am Rande sei hier erwähnt, dass Danzer vor dem Hintergrund der militärischen Zweckrationalität auch die Entwicklung einer „Hafer-Konserve“ für die Pferde gerne gesehen hätte.(vgl.: 398 f.) Der Benzin-Kanister lässt bereits grüßen! Danzers Ausführungen enthalten einen wichtigen Hinweis, nämlich die private Produktion der Konserve: Ein Privatbetrieb kann und konnte nicht ausschließlich nach den Bedürfnissen des Militärs produzieren, d.h. je nach Bedarf auf- oder zusperren. Vielmehr musste die Produktion permanent laufen. Das war auch im Interesse des Militärs, musste es doch seine Konserven-Vorräte über die Jahre immer wieder auffrischen. Gulasch in der Dose:
Copyright: Elmar Oberegger Eine Errungenschaft von globaler Bedeutung! Es entstand innerhalb dieses Systems also naturgemäß ein Überschuss, welcher verkauft werden musste – Und so begann die „Konserven-Dose“ im Verein mit der „Fertig-Suppe“ naturgemäß den Zivilbereich zu erobern. Fertigsuppen in der Packung:
Copyright: Elmar Oberegger Ebenso natur-gemäß fielen diese eigentlich militärischen Errungenschaften dann besonders bei den „Automobilisten“ auf fruchtbaren Boden, welche zwar keinen Krieg führen, dafür aber immerhin „kilometerweit marschieren“. Der Fernfahrer macht dies zum Broterwerb, der Wohnmobilbesitzer zwecks Lustgewinn. „Satt-fröhliche Wohnwagenbesitzer“ in freundschaftlicher Runde:
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VI: Eisenbahnfahrt und Autofahrt – Vergleich der jeweiligen Fahrtdauer. Wie eingangs bereits gesagt wurde, stehen die „Speise- und Schlafwägen des Automobilisten“ in der Regel still, während der Eisenbahnzug permanent weiterrollt. Natürlich kann man mittels Tricks diesen Zustand überwinden, indem man auf der Fahrt einen „Fahrerwechsel“ durchführt(ein Fahrer schläft also immer) oder man die Nahrung während der Fahrt zu sich nimmt. Am Ende ist es dann aber auf jeden Fall die Notdurft, welche einen Halt erzwingt und damit den Verlust kostbarer Zeit verursacht. In der Eisenbahn kann auch das gemütlich während der Fahrt erledigt werden. Wir ignorieren nun obige Tricks und vergleichen eine Eisenbahnfahrt mit einer Autofahrt auf 2000 Kilometer: a) Wir nehmen an, dass der Eisenbahnzug mit nur 50 km/h unterwegs ist. Für die Zurücklegung von 2000 Kilometern benötigt er also 40 Stunden. b) Ein PKW, der 8 Stunden mit einem Schnitt von 80 km/h unterwegs ist, legt dabei 640 Kilometer zurück. Es folgen Abendessen, Nachtruhe und Frühstück in einem Motel. Sodann wieder 8 Stunden Fahrt etc. Insgesamt benötigt er 41 Stunden für die Zurücklegung von 2000 Kilometern. Würde man auf der Reise noch eine tägliche Mittagsrast von 1 Stunde einrechnen, so käme man auf 43 Stunden. Die luxuriöse „Esso-Oase“: Werbung aus 1969.
aus: Merianführer „Thessalien“, 73 f. Aus dem Werbetext: „Etwas Kühles. Und eine kleine Rast, bevor es weitergeht. Vielleicht auch noch schnell ein Sandwich. Oder in Ruhe ein saftiges Steak mit knackig frischem Salat. ESSO Snack-Bars und Restaurants bieten vieles: vom schnellen Imbiß bis zu einem köstlichen Menü in behaglicher Atmosphäre. Die Neuen Europäer kennen diese Oasen. Denn sie finden sie überall an den großen Reiserouten – von Skandinavien bis zum Mittelmeer. Die Neuen Europäer - das sind anspruchsvolle Reisende. Mit freien Ansichten über ihr Leben, von dem sie mehr erwarten. Mehr Vergnügen, mehr Service - beim Fahren und beim Rasten. ESSO bedeutet für sie: Happy Motoring ... ein dampfender Kaffee zur späten Stunde, Entspannung in einer skandinavischen Sauna und ein umfassendes Angebot von Qualitätserzeugnissen…“.
aus: Merianführer „Thessalien“, 73 f. Aus dem Werbetext: „Schlafen, tief und ungestört – nach acht langen Autostunden. Für die Neuen Europäer hat ESSO 2.224 komfortable Zimmer in 32 Esso Motor Hotels in 8 europäischen Ländern“. Würde der Eisenbahnzug nun ebenfalls im Schnitt mit 80 km/h unterwegs sein, so würde er 25 Stunden brauchen, also ungefähr die Hälfte der PKW-Fahrzeit. Mit 100 km/h Schnitt würde der Zug dann nur noch 20 Stunden benötigen. Der EN Wien-Bregenz ist heute im Schnitt mit ca. 80 km/h unterwegs. Auf der Strecke Wien-Salzburg fahren die Schnellzüge ca. 134 km/h; auf der Strecke Linz-Graz ca. 85 km/h; auf der Strecke Salzburg-Villach ca. 82 km/h. Das Eisenbahnsystem ist also bezüglich der Zurücklegung von Langstrecken weitaus schneller und bequemer als das Automobil. Das Automobil jedoch bietet die Möglichkeit, abseits der Hauptstecke spontan Landschaften, Dörfer oder Kleinstädte zu besuchen – allerdings nur dem, der sich „Zeit nimmt“. Das Eisenbahnsystem ist diesbezüglich ganz eindeutig schwerfälliger. Gemütliches Lesestündchen an den Ufern der „Pyhrn-Autobahn“(Sattledt-Graz-Spielfeld/Grenze) in Spital a.P.(OÖ):
Copyright: Elmar Oberegger
VII: Zum Abschluss – Kurzes Schlaglicht auf die „Fernbus-Reise“. Im Zusammenhang „Reisekulturen des Automobilismus“ sollte man natürlich auch auf das System „Fern-Bus“ nicht völlig vergessen, obgleich dessen Teilnehmer – wie in der Eisenbahn – eher als „Fahrgäste“ und nicht als „Echte Automobilisten“ zu betrachten wären. Im Grunde muss der Fernbus-Reisende auf den Komfort des Eisenbahnsystems(Speise- und Schlafwagen) völlig verzichten: Man setzt vorwiegend auf „Schlafsessel“ und „Eigen-Verproviantierung“. Dafür ist der Fahrpreis weitaus billiger als auf der Eisenbahn. Im rein privat-touristischen Bereich begegnen wir auch hier dem Picknick und der Einkehr in ein Rasthaus oder in ein Motel. Das „Fernbus-System“ stammt ursprünglich aus den USA und wurde 1927 von Carl E. Wickman(1887-1954) eingeführt. Seine Firma „Greyhound“ war im Jahr 1914 gegründet worden.
Quellen &. Verweise: BEGOUT Bruce: Motel. Ort ohne Eigenschaften. -Zürich 2013. DANZER Alfons: Unter den Fahnen. Die Völker Österreich-Ungarns in Waffen. – Prag u.a. 1889. JACKSON Kristin: The World’s First Motel upon its Memories. In: The Seattle Times(25/4/1993). SCHISGALL Oscar: The Greyhound-Story. From Hibbing to Everywhere. –Chicago 1985. SUNQUIST Nils/Martis Jerk: Eric Wickman 1887-1954. –Busskung 1969. WATTS Steven: The People’s Tycoon. Henry Ford and the American Century. –New York 2006. Wiki-Art. zum Thema „LKW-Führerhaus“, „MOTEL“, „Wohnwagen“ etc.
Weitere Bilder zum Thema:
Motel im Stil der 1950er-Jahre(USA):
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Das Lorraine-Motel(USA):
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Alte Motel-Werbung(USA, um 1930):
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Raststätte „Landzeit“ am Voralpenkreuz in Oberösterreich(2012):
Copyright: E.Oberegger
Raststätte bei Salzburg(1975):
PA LKP
Raststätte am Voralpenkreuz(B 138) in Oberösterreich(2013):
Copyright: E.Oberegger
Würstelstand an der B138(Wels-Liezen, OÖ):
Copyright: E.Oberegger
Modernes Wohnmobil:
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Moderner Wohnwagen:
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Respektables Rasthaus in Schön(B138, Oberösterreich):
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Motel in Spital/P.(B 138, Oberösterreich):
Copyright: E.Oberegger
Reiseführer „Besuchen Sie die UDSSR mit dem Auto“(um 1980):
PA LKP
„Motel-Info“(UDSSR um 1980):
PA LKP
Autocamping in der UdSSR(1980):
PA LKP
Restaurant eines UdSSR-Motels(1980):
PA LKP
Der (historische) „Sonnenhof“ im Knoten Sattledt/OÖ:
Gemeinde Sattledt
Copyright: Elmar Oberegger 2014. |
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