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III: SCHAFFENSDRANG UND RÜCKSTAU. 1857 BIS 1866.

In letzterer Beziehung blieb allerdings für neue Unternehmungen vorerst nicht viel zu thun; denn das Nichteintreffen der bei manchen Bahnen gleich für den Anfang erhofften vollen Ertragsfähigkeit, die Mißhelligkeiten, welche anläßlich der Inanspruchnahme der Staatsgarantie zwischen den „jungen“ Bahnen und der Finanzverwaltung entstanden waren – hauptsächlich aber die Verdüsterung der allgemeinen Lage, verursachten eine jahrelang andauernde Rückstauung des so kräftig hervorgetretenen Schaffensdrangs.

Während der Jahre 1858-1862 wurde mit Ausnahme der Verbindungsstrecke Penzing-Hetzendorf (der Elisabeth-Bahn) gar keine, im Jahr 1863 außer der nicht zur Ausführung gekommenen Weißkirchen-Silleiner Bahn nur die Turnau-Kraluper Bahn (jetzt mit der böhm. Nordbahn vereinigt) und im Jahr 1864 die Lemberg-Czernowitzer Bahn konzessioniert. Diese Bahn war die erste, deren Staatsgarantie im Weg der Gesetzgebung festgesetzt wurde.

Das nachfolgende Jahr 1865 war wohl etwas reicher an Konzessionierungen, doch erwies sich die Mehrzahl derselben als fruchtlos, indem bloß die kurze Fortsetzungsstrecke Schwadowitz-Königshan der südnorddeutschen Verbindungsbahn, die ungarantierte Neumarkt-Braunauer Bahn (später an die Elisabeth-Bahn übergegangen) und die gleichfalls ungarantierte böhmische Nordbahn wirklich gebaut, die übrigen Konzessionen aber wieder hinfällig wurden.(5)

Während des Jahrs 1866 wurden nebst der Fortsetzungsstrecke Dux-Komotau der Aussig-Teplitzer Bahn noch die nicht zu stande gekommene Leibnitz-Eibiswalder Bahn und – ohne die damals vorübergehend sistiert gewesene verfassungsmäßige Behandlung – folgende garantierte Bahnen: Kaschau-Oderberger Bahn, von welcher 36,5 km auf österreichischem Gebiet liegen, Kaiser Franz Joseph-Bahn (Wien-Eger, Gmünd-Prag u.s.w.), Kronprinz Rudolf-Bahn (St. Valentin-Villach, St. Veit-Klagenfurt, Reifling-Amstetten, Launsdorf-Mösel) und das Ergänzungsnetz der Staatseisenbahngesellschaft(6), bestehend aus den Linien Wien-Stadlau-Brünn (-Rossitzer Bahn), Stadlau-Marchegg, Grußbach-Znaim konzessioniert.

Alle diese neuen Konzessionen mußten jedoch monatelang ruhen, bevor sie in Durchführung genommen werden konnten; denn die unheilvollen Ereignisse des Jahrs 1866 erdrückten bis spät in den Herbst hinein jeden Gedanken an neue Schaffensthätigkeit. Das unter so düsteren Aussichten zu Ende gegangene dritte Jahrzehnt des Bestands von Lokomotiveisenbahnen in Österreich brachte den letzteren übrigens, dank der allmählichen Vollendung der vorhin (zum Teil noch bei Ablauf des vorausgegangenen Jahrzehnts) konzessionierten Bahnen, einen Zuwachs von Betriebslinien in der Gesamtlänge von 2175 km, vermöge deren das österreichische Eisenbahnnetz nun schon einen Umfang von 3960 km gewann (gegen 1790 km am Schluß des Jahrs 1856, bezw. 950 km am Schluß des Jahrs 1846).

In den Zeitabschnitt von 1857-1860 fällt der Abschluß weiterer Staatsverträge über die Verbindung der österreichischen mit den Schienenstraßen der Nachbarreiche, und zwar mit Sachsen (am 30. November 1864) wegen des Anschlusses der Voitersreuth-Egerer Bahn an die böhmischen Bahnen; mit Bayern (am 20. September 1858 und 17. Juni 1863) über die Verbindungen bei Furth, Eger und Waldsassen; mit Bayern und der Schweiz (am 5. August 1865) wegen der Verbindungen Lindau-Bregenz, St. Margarethen und Rüthi-Feldkirch; mit Preußen (am 23. Februar 1861) wegen der Anschlüsse bei Oswiecim und Dzieditz, dann (am 27. August 1866) wegen der Vermehrung der beiderseitigen Eisenbahnverbindungen. Mit Italien wurde kein besonderer Staatsvertrag abgeschlossen, da die Eisenbahnfragen in den Friedenstraktaten von Zürich (1859) und Wien (1866), ferner im Handelsvertrag vom Jahr 1867 ihre Erledigung fanden.