[ HOME ] [ ZURÜCK ] | |
V: Die Tauernbahn(1909) - Ein wahrer Glücksfall für Salzburg!
Die Tauernbahn von Schwarzach-St.Veit(Salzburg) bis Spittal-Millstättersee(Kärnten), welche aufgrund von Bauproblemen im Südabschnitt erst 1909(anstatt 1906) eröffnet wurde, stellt in der Tat einen großen Glücksfall für Salzburg dar - dessen Transitbedeutung in Richtung Süden wurde geradezu revolutioniert. Errichtet wurde sie im Kontext des Staats-Programms „Neue Alpenbahnen“.(1) Seit 1880 war in Österreich wieder das „Staatsbahnsystem“ üblich. Verlauf der Tauernbahn:
Copyright: Elmar Oberegger Diese Linie befindet sich schon seit Jahrzehnten i. Umbau. Eine endgültige Karte kann erst nach dessen Vollendung gezeigt werden.
Die Tauernbahn im Kontext:
Copyright: Elmar Oberegger
Rein volkswirtschaftlich betrachtet war diese Tauernbahn für die Belange der Monarchie ziemlich unnötig. Heute möchte man das gar nicht mehr glauben. Schon der oben bereits erwähnte österreichische Handelsminister Wüllerstorf-Urbair verzichtete in seinem weitsichtigen „Eisenbahn-Memorandum“ aus 1866 auf ihre Errichtung als „Reichsbahn“.(2) Kosten und Nutzen erschienen ihm offenbar in einem unausgeglichenen Verhältnis. Das „Problem Tauernbahn“ sah er wohl als reine „Ländersache“ an.(3) Daß Wüllerstorf-Urbair das Gebirge an sich gefürchtet hätte, kann man allerdings nicht behaupten. Denn schon 1866(!) trat er für die Errichtung eines „Arlberg-Tunnels“ ein. Der Verkehr Süddeutschland/(West-)Böhmen-Triest sollte aber via Brenner und Gesäuse abgewickelt werden. Somit wurde das Tauernmassiv in der Folge schließlich mit Eisenbahnen umgürtet, jedoch aber nicht direkt erschlossen. Die eisenbahnmäßige Umgürtung des Tauernmassivs:
Copyright: Elmar Oberegger
Doch schon 1868 beschäftigte sich der Staat offiziell mit dem Problem „Tauernbahn“ und von da an soll diese Frage nicht mehr zur Ruhe kommen. Im Rückblick kann man die Argumente für die Errichtung einer Tauernbahn(4) wie folgt zusammenfassen: a) Nostalgie-Argument: Die „Tauern-Linie“ gehe immerhin bis in die Römerzeit und das Mittelalter zurück. Erst im „Eisenbahnzeitalter“ sei ihre Bedeutung geschwunden. Hier waren offenbar regionale Interessen ausschlaggebend. b) Triest-Argument: Triest befindet sich deshalb in der Krise, weil zuwenig günstige Eisenbahnverbindungen bestehen. Die „Eisenbahn“ also als „Allheilmittel“ für Triest, welches 1868 noch über keinerlei moderne Hafenanlagen verfügte. Diese wurden erst bis 1882/83 verwirklicht. Das erste Argument ist für jeden verantwortungsvoll denkenden Menschen völlig ohne Belang. Das zweite geht - schon seit 1874 - völlig an den Tatsachen vorbei. Triest war ab 1874 optimal in das Eisenbahnnetz der Monarchie eingebunden, dazu existierten gute ex-territoriale Zugangslinien. Wirtschaftsfördernde „Tarif-Maßnahmen“ durch den Staat blieben aber aus. In anderen Hafenstädten wäre man jedenfalls über eine solche eisenbahnmäßige Integration froh gewesen. Triest im Eisenbahnsystem der Monarchie 1874:
Copyright: Elmar Oberegger
Triest besaß damals aber - wie oben bereits gesagt - noch keine modernen Hafenanlagen. Der „Porto Nuovo“ sollte zwar 1874 fertiggestellt sein, seine vollständige Errichtung dauerte aber noch bis 1883(!). In Triest dauerte Ende des 19. Jahrhunderts die Be- und Entladung eines großen Hochsee-Schiffes mehr als zwei Wochen. In Hamburg brauchte man dafür aber nur 36 Stunden.(5) Ansichtskarte aus Triest(1903):
Privatarchiv G.Bartke, Dt.Wagram
Der moderne „Porto Nuovo“ wurde sodann von den Triestiner Wirtschaftsleuten übrigens höchst zögerlich angenommen. Der Zeitzeuge Franz X. Neumann-Spallart schreibt dazu 1882: „Mit betrübter Miene blicken wir auf die drei mächtigen Bassins; statt sie mit einem Walde von Masten bedeckt zu sehen, sind an den Moli regelmässig nicht mehr als drei bis vier grosse Seeschiffe, die langsam und gemächlich geladen oder gelöscht werden, und daneben eine Anzahl kleiner Fahrzeuge für Cabotage und Fischerei, Trabakeln, Barken und wie sie sonst noch benannt werden, von denen man sich unwillkürlich sagen muss, dass für solche Schiffe doch offenbar nicht die Bassins mit 8 bis 13 Metern Tiefe und die aus Quadern kostspielig erbauten Molis und Quais bestimmt waren“(6). Die „Triester Krise“ wurde aber auch durch die 1873 ausgebrochene und bis 1896 dauernde Wirtschaftskrise genährt. Angesichts der guten Integration Triests ins Eisenbahnnetz(s.o.) verbleibt für die Erklärung der Errichtung der Tauernbahn nur noch das militärische Argument, welches man offiziell jedoch tunlichst verschwieg, war man doch mit Italien bis 1915 offiziell verbündet. Daß sich die östliche Front Italien/Österreich nach dem Wegfall Venetiens(1866) einst am Isonzo entfalten würde, war längst klar. Und diese müsse sodann versorgt werden, natürlich unter Rücksicht auf die Belange der deutschen Verbündeten. Vor diesem Hintergrund erschien nun natürlich die Errichtung einer „Tauernbahn“ als höchst günstig. Wie stark das militärische Argument schließlich war, zeigt auch der Umstand, daß im Kontext des Staatsprojektes „Neue Alpenbahnen“ anstatt der ursprünglich geplanten „Predil-Bahn“ im letzten Moment auf Initiative der „Obersten Heeresleitung“ die „Wocheiner-Bahn“ - in gehörigem Abstand zur italienischen Grenze - errichtet wurde.(7) Predilbahn und Wocheinerbahn im Vergleich:
Copyright: Elmar Oberegger
Grundsätzlich waren für die „Tauernbahn“ verschiedene Varianten erdacht worden. Die für Salzburg besonders günstige „Gasteiner Variante“ gelangte schließlich zum Durchbruch. Die „Tauernbahn-Varianten“:
Copyright: Elmar Oberegger
Auf die Darstellung der „Rottenmanner-Bahn“, welche eigentlich nur im Dienst der „Direkten Verbindung“ Prag-Triest stand, wurde hier verzichtet. Hinzuweisen wäre in diesem Zusammenhang aber auch auf die einst geplante „Zederhaus-Variante“: Gemeinsam mit der ebenso geplanten „Gosauer-Bahn“(= Ersatz für die Pyhrnbahn) wäre der Korridor Prag-Gmunden-Triest entstanden und Salzburg im Bereich des Nord-Süd-Verkehrs mit Linz in Konkurrenz geraten.(8) Größere Aussicht auf Verwirklichung hatte dieses Projekt jedoch ohnehin nie. Tauernbahn: Gosau-Zederhaus-Modell. Gmunden als Teil des Böhmen-Triest-Transits.
Copyright: Elmar Oberegger
Spricht man heute über die „Tauernbahn“, so meint man eine große Wirtschaftslinie von europäischer Bedeutung. Es ist wirklich unvorstellbar, daß sie einst für entbehrlich gehalten wurde.(s.o.) Festzuhalten aber ist: Es hätte alles ganz anders kommen können. Unter Umständen wäre die Tauernbahn zu Zeiten der Monarchie nie errichtet worden. Tauernbahn: Bauchladen-Verkäufer im legendären „Tauern-Express“(Oostende-Salzburg-Split) (um 1972).
Aus: ÖBB-Journal 2/76, 14. Wenig später wurden die „Minibar-Wägen“ eingeführt.
Tauernbahn: Zugleitschild des Rijeka-Kurswagens des D 297 „Mostar-Dalmacija“(Stuttgart-Salzburg-Kardeljevo/Ploce) (1981).
Aus: Nachlaß Theodor Eckerstorfer
Tauernbahn: TS 314 „Paracelsus“ bei Bad Hofgastein(1978).
Aus: ÖBB-Journal 5/78, 23. TS = „Triebwagen-Schnellzug“.
Tauernbahn: Zugbegleiter des „Tauern-Express“(1987/88).
Aus: Int.Eisenbahnarchiv LKP
Die Tauernbahn - Der einst wildromantische Pfad von Salzburg in den Süden. Schnellzug auf der alten, mittlerweile aufgelassenen Pfaffenberg-Zwenberg-Brücke(Kärntner Südrampe) (1969).
Aus: Nachrichtenblatt der Generaldirektion der österreichischen Bundesbahnen 7/69, Titelb.
Anmerkungen: 1) Vgl. zur Tauernbahn Elmar OBEREGGER: Die wichtigsten Hauptbahnen. -Sattledt 2007(Zur Eisenbahngeschichte des „Alpen-Donau-Adria-Raumes“ 3), S. 10 ff. 2) Vgl. Bernhard v.WÜLLERSTORF-URBAIR: Ein Eisenbahnnetz für die österreichische Monarchie. In: Österreichische Revue 1866, S. 22 ff., bes. die Karte im Anhang. 3) WÜLLERSTORF-URBAIR(a.a.O.) unterscheidet in seinem Memorandum zwischen (staatstragenden) “Reichsbahnen“, „Länderbahnen“ und „Vicinalbahnen“. 4) Siehe dazu v.a. Hermann STRACH: Allgemeine Entwicklungsgeschichte der österreichischen Eisenbahnen seit 1897. In: Geschichte der Eisenbahnen der österreichisch-ungarischen Monarchie V, S. 1 ff. Hier: S. 43 ff. 5) Vgl. Franz X. NEUMANN-SPALLART: Oesterreichs maritime Entwicklung und die Hebung von Triest. -Stuttgart 1882, S. 45 f 6) NEUMANN-SPALLART a.a.O., S. 44. 7) Vgl. OBEREGGER, Hauptbahnen a.a.O., S. 33. 8) Vgl. zur „Gosau-Zederhaus-Variante“ Elmar OBEREGGER: Grundlinien der Eisenbahngeschichte Oberösterreichs. 1827-2008. –Sattledt 2008, S. 33.
Copyright: Elmar Oberegger 2010. |
|