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VI: „Way out West“ – Zur Geschichte der „Pazifikbahnen“. 1873 wurde der erste nahtlose Schienenstrang von Küste zu Küste hergestellt. Nach Alfred v.d. Leyen(1923) war es ein gewisser Dr.Barlow aus Westfield/Mass. gewesen, welcher um 1833 zum ersten Mal in einem Aufsatz die Wichtigkeit einer „Pazifik-Bahn“ in den Raum stellte. Er war damit in der Tat früh dran, stellte doch damals der „Westen der USA“ noch unerforschtes Gebiet dar. Im Jahre 1842 entdeckte General John C. Fremont sodann einen günstigen Übergang in den Rocky Mountains und in der Folge(um 1844) entwarf der Kaufmann Asa Whitney einen Eisenbahnplan. General John C. Fremont(1813-1890):
WIKI GEMEINFREI Whitney hatte klar erkannt, dass ein solches Projekt, welches sich naturgemäß lange Zeit nicht betriebswirtschaftlich rentieren würde, der staatlichen Förderung bedürfe. Diese solle durch Schenkung von Staatsländereien erfolgen. Mit größtem Eifer verfolgte er seine Vision, gab dabei eine Unsumme von Geld für Vorstudien aus und trat sogar vor dem Kongress in der Bundeshauptstadt auf. Mit Recht bezeichnet ihn also Nelson H. Loomis als „Father of Pacific Railroads“(1912). Im Jahr 1850 lässt Alfred v.d. Leyen(1923) den armen Whitney bereits sterben. Aus dem Artikel zu seiner Person(Wikipedia) geht jedoch hervor, dass er noch bis 1872 lebte. Im Jahr 1850 wurde Kalifornien zum „Staat“ erhoben und an dessen Ergebenheit gegenüber der „Washingtoner Sache“ war nie zu zweifeln. Zur territorialen Lage in den USA im Jahre 1850:
Copyright: Elmar Oberegger Ab 1855 wurde die Angelegenheit „Pazifikbahn“ neuerdings untersucht. Schließlich gelangte man zum unerschütterlichen Ergebnis, dass eine solche Eisenbahn technisch machbar sei. Erste Investoren interessierten sich bereits ernsthaft, als 1861 der Bürgerkrieg ausbrach, welcher bis 1865 dauern soll. Nichtsdestotrotz wurde am 1. Juli des Jahres 1862 vom US-Kongress der „Freibrief“(s.o.) für eine „Pazifikbahn“ erteilt. Der Grund war rein politisch: Es ging um die dauerhafte Anbindung der „Civitas fidelissima“ Kalifornien. Gemäß der US-amerikanischen Wirtschafts-Ideologie schied aber das Konzept eines „Staatsbahn-Baues“ von vorne herein aus. Somit waren es zwei Gesellschaften, die mit dem Bahnbau betraut wurden: a) „Union Pacific“(Bau von Ost nach West). b) „Central Pacific“(Bau von West nach Ost). Durchaus im Sinne Whitneys(s.o.) kam es auch zur massiven staatlichen Förderung. Diese hatte folgende Struktur: a) Landschenkung. b) Darlehen mit staatlicher Zinsbürgschaft; Rückerstattungs-Verpflichtung erst nach 30 Jahren, allerdings mit Zinsen. Somit konnte der Bau 1863 beginnen. Die neue Bahn sollte – wie im Artikel „First Transcontinental Railroad“(Wikipedia) klar festgehalten wird – von Omaha/Nebraska(von dort Eisenbahnanschluss i.R. Ostküste) bis nach Oakland/Kalif. führen. Verlauf der „Ersten Pazifik-Bahn“:
Copyright: Elmar Oberegger Als Vollendungstermin wurde offiziell das Jahr 1876 genannt. „We always go ahead“! Baustelle der „Union Pacific“ in Wyoming:
Aus: R.Heinersdorff, Die große Welt der Eisenbahn, München 1985, 226. Die westliche Baumannschaft bestand v.a. aus dem Alkohol ziemlich zuneigenden Iren, die östliche Baumannschaft v.a. aus chinesischen Arbeitern.(Vgl. dazu KRAUS 1969) Darstellung zum Thema „Die Chinesen und die Pazifik-Bahn“:
Aus: R.Heinersdorff, Die große Welt der Eisenbahn, München 1985, 212. Der Zug fährt bereits. Im unteren Bildbereich chinesische Arbeiter und US-Ingenieure(?). Bautechnisch betrachtet hatten die Chinesen den schwierigsten Abschnitt, nämlich die „Donnerpass-Passage“ zu bewältigen(s. Skizze Längenprofil). Skizze zum Längenprofil der „Ersten Pazifikbahn“:
Copyright: Elmar Oberegger Der Name „Donner-Pass“ verlangt nach näherer historischer Betrachtung: Benannt wurde dieser Übergang nicht etwa nach einer wettermäßigen Erscheinung, sondern nach George Donner, welcher mit seiner Gemeinschaft(= „Donner Party“) im frühen November des Jahres 1846 auf dem Weg zum Pazifik war. Da der Pass bereits mit Schnee versperrt war, war man genötigt, den Winter ohne viel Vorrat an Lebensmitteln an dessen Ostseite zu verbringen. Von den ca. 80 Mitgliedern überlebten nur 45. In dieser Notlage schreckte man auch vor Kannibalismus nicht zurück.(Vgl. dazu STEWART 1963) Diese „Donnerpass-Passage“ soll dann übrigens im weiteren historischen Verlauf mehrmals überarbeitet werden, zuletzt deshalb, um einen „Leistungsfähigen Asien-Verkehr“ mit Containern zu ermöglichen. Seit 2009 ist die neue Linie in Betrieb. Aufgelassene Bahntrasse am „Donner-Pass“:
WIKI GEMEINFREI Wie oben gesagt sollte die „Erste Pazifikbahn“ im Jahr 1876 fertiggestellt sein. Doch es kam angesichts des raschen Baufortschritts ganz anders. Schon Ende der 1860er Jahre standen sich die „Central Pacific“ und die „Union Pacific“ – grosso modo betrachtet – quasi gegenüber. Angesichts dessen kam es vor dem Hintergrund der „We always go ahead-Ideologie“(s.o.) zu einem denkwürdigen Ereignis der Eisenbahngeschichte: Ein Ingenieur der „Central Pacific“ wettete um 10.000 Dollar, dass seine chinesischen Arbeiter in der Lage seien, an einem Tag(28. April 1869) 10 Meilen(= ca. 16 Kilometer) Schienen zu verlegen. Er gewann. Diese Leistung war ein wahrer Rekord! Was hätte wohl Gerstner dazu gesagt? Die beiden Eisenbahngesellschaften(s.o.) trafen sich schließlich am 10. Mai 1869 offiziell nördlich des Salzsees von Utah(s.o. Längenprofil) – Die Stunde des „Goldenen Nagels“ war endlich gekommen! “Union Pacific” und “Central Pacific” treffen in Utah aufeinander – Feierstimmung!
WIKI GEMEINFREI Wie im Artikel “First Transcontinental Railroad”(Wikipedia) festgehalten wird, war damit aber noch keine lückenlose „Coast to Coast-Verbindung“ hergestellt. Erst 1873 wurde die Missouri-Brücke zwischen Omaha/Nebraska und Council Bluffs/Iowa dem Verkehr übergeben.(s.o. Karte) Zuvor diente zur Überwindung des Flusses eine Fähre. Council Bluffs/Iowa:
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Omaha/Nebraska:
WIKI GEMEINFREI Die „Feier des Goldenen Nagels“ wird bis heute am Salzsee von Utah alljährlich feierlich begangen – und dies obwohl die Strecke seit 1962 aufgelassen ist.(Vgl. COOPER 2010: 44) Der historische Verein hat für seine Zwecke ganz einfach Gleise verlegt. Im Jahre 1904 war übrigens bereits eine Abkürzungslinie mitten durch den Salzsee(= „Lucin Cutoff“) eröffnet worden. Imposant: Die Eisenbahnlinie durch den Utaher Salzsee(1904).
WIKI GEMEINFREI Zu dieser „Ersten Pazifikbahn“ gesellten sich sodann im Laufe der Zeit noch mehrere andere. Angesichts dessen, dass hier „Privatgesellschaften“ am Werk waren, welche ständig von dort nach da spekulierten, ist eine kohärente historische Darstellung höchst schwierig. Folgende Karte – angefertigt nach den Informationen bei Alfred v.d. Leyen(1923) – zeigt die Lage am Vorabend des Ersten Weltkrieges: Die „US-Pazifikbahnen“ um 1914 und ihre jew. Inhaber:
Copyright: Elmar Oberegger „Southern Pacific“(S.Francisco-New Orleans, 1881); Zusammenschluß von “Atchison, Topeka &. Santa Fe” und “Southern Pacific” in Deming(b. El Paso), 1882; “Northern Pacific”(1883); “Great Northern”(1893); “Chicago-Milwaukee-St-Paul”(1909); Pazifiklinie der “Denver &. Riverside” i.Planung. Eine lückenlose Verbindung von der Ostküste bis zur Westküste unter der Herrschaft einer einzigen Gesellschaft existierte jedenfalls schon damals nicht.
Quellen und Verweise: ANNIAN Huang(Ed.): The Silent Spikes. Chinese Laborers and the Construction of North American Railroads. -Bejing 2006. COOPER Bruce C.(Ed.): The Classic Western American Railroad Routes. –New York 2010. COOPER Bruce: Riding the Transcontinental Rails. Overland Travel on the Pacific Railroad 1865-1881. –Philadelphia 2005. HOWARD Robert W.: The Great Iron Trail. The Story of the First Transcontinental Railroad. –New York 1962. KILLICK J.R.: Die industrielle Revolution in den Vereinigten Staaten. In: Die Vereinigten Staaten von Amerika. Hrsg.v. Willi Paul Adams. –Frankfurt/M. 1977, S. 125 ff. KRAUS George: Chinese Laborers and the Construction of the Central Pacific. In: Utah Historical Quarterly 37 (1969), S. 41 ff. LEYEN Alfred: Überlandbahnen. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor Röll. –Berlin/Wien 1923. LOOMIS Nelson H.: Asa Whitney. Father of Pacific Railroads. –Lincoln 1912. STEWART George R.: Ordeal by Hunger. The Story of the Donner-Party. –New York 1963. Wiki-Artikel: „First Transcontinental Railroad“, “Transcontinental Railroad”, “Asa Whitney”, „Donner Pass“, “Donner Party”, “Union Pacific Railroad”, “Central Pacific Railroad”, “Golden Spike National Historic Site”.
Copyright: Elmar Oberegger 2012. |
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