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ZUM PROBLEM DES „ERSTEN TRAGFLÄCHEN-FLUGES DER WELTGESCHICHTE“ OHNE UND MIT MOTOR:

Ursprünge und historische Ausläufer.

 

I: Vorbemerkungen.

Wenn man es unternimmt, die Frage nach dem „Ersten Tragflächenflug der Weltgeschichte“ zu stellen, so ist es notwendig, zuvor den Begriff „Fliegen“ zumindest in Umrissen zu klären.

Als „Fliegen“ fassen wir grundsätzlich eine spezielle Art der „Fort-Bewegung“ – insofern wird nicht zwischen dem „Gehen“, „Radfahren“ oder „Autofahren“ unterschieden.

Es handelt sich also um eine intentionale, kontrollierte und letztlich selbstbestimmte Art der Überwindung von Raum und Zeit.

 

II: Das 19. Jahrhundert – Geburt des motorlosen Fluges. Otto Lilienthals „Durchbruch“ im Jahre 1891.

Der „Traum vom Fliegen“ ist bekanntlich schon sehr alt. Geboren wurde der „Flug“ im obigen Sinne jedoch erst im 19. Jahrhundert. Betrachtet man nun konkret diesen Zeitraum, so lassen sich unter den „Pionieren“grosso modo – zunächst drei Typen unterscheiden:

a)     Die Theoretiker.

b)    Die „Hopser“, welche mit ihrem Gerät zwar für kurze Zeit den Erdboden verließen, aber nicht in der Lage waren, sich fliegend fortzubewegen.(s.d. GIBBS-SMITH 1959)

c)     Eine Mischform von a) und b).

Alle waren sie letztendlich auf der Suche nach der „Dritten Kraft“ abseits von „Schwerkraft“ und „Aerostatik“, nämlich der „Aerodynamik“.

Erst dem Deutschen  Ing. Otto Lilienthal soll im Jahre 1891 der „Durchbruch“ gelingen.(s.d. SCHWIPPS 1986)

Der erste bedeutende Vertreter der Kategorie c) war der Brite George Cayley. Er begann seine theoretischen Forschungen schon Ende des 18. Jahrhunderts und im Jahr 1849 gelang ihm sodann ein „Hopser“.

Für das Jahr 1865 ist überliefert, dass ein galizischer Österreicher namens Jan Wnek seinen ersten „Flug“ durchgeführt hat.(s.d. SKOWRONSKA 2007) Bis 1869, im Jahr seines tödlichen Absturzes, soll er regelmäßig geflogen sein. All‘ das ist jedoch nur mündlich überliefert und wird von den Liebhabern der „Harten Fakten“ in Zweifel gezogen.

Im Jahr 1874 stürmte der Franzose Felix du Temple mit seinem Fluggerät einen Hügel hinunter und machte einen „Hopser“.

Auch Ing. Otto Lilienthal begann 1891 mit einem „Hopser“(von immerhin 15 Metern!), entwickelte sich aber in der Folge rasch und konsequent.(s.d. HALLE 1976) Alsbald war er in der Lage, aus freien Stücken einen Bogen zu fliegen.

All‘ das wurde – im Gegensatz zu den Wnekschen Flügen(s.o.) –  historisch bestens dokumentiert. Der technische Stand der damaligen Fotographie spielte hierbei letztlich die Hauptrolle.

Otto Lilienthal(1848-1896):

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Lilienthal führte jedoch nicht nur praktische Versuche durch, sondern hielt seine Erfahrungen und Erlebnisse in der Luft von Beginn an auch schriftlich fest. Dazu folgendes Zitat aus seinem Aufsatz „Ueber meine diesjährigen Flugversuche“ aus der „Zeitschrift für Luftfahrt“ von 1891:

„In meinem Aufsatze ‚Ueber Theorie und Praxis des freien Fluges‘, welcher in Heft 7 und 8 dieser Zeitschrift veröffentlicht wurde, habe ich bereits darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, nicht nur theoretischen Calculen nachzuhängen, sondern wo möglich mit praktischen Flugversuchen sich zu beschäftigen, um dadurch ein ergiebiges Mittel in die Hand zu bekommen, auch die verborgensten Eigenschaften des Luftwiderstandes noch auszukundschaften und uns dienstbar zu machen … Der Apparat, dessen ich mich bediente, hatte die Gestalt ausgebreiteter Vogelflügel. Der Flügelquerschnitt nach der Flugrichtung war parabolisch gekrümmt und hatte eine Pfeilhöhe, die an jeder Stelle ein Zehntel der Breite betrug. Es war darauf gerechnet worden, dass durch die beim Fluge entstehenden Durchbiegungen die Pfeilhöhe auf ein Zwölftel der Breite, oder noch weiter, herabsinken würde. Die Flügel waren jedoch so steif, dass ihre Krümmung sich nicht veränderte. Es zerschlug sich hierdurch ihre vorteilhafte Anwendung bei stärkeren Winden, die nach den gemachten Erfahrungen eine schlankere Flügelkrümmung benöthigen … Die Beschaffenheit des Terrains ist bei diesen Versuchen von grossem Einfluss. Wie schon gesagt, finden die Bewegungen stets gegen den Wind statt. Wenn nun der Absprung von einem schroffen Abhänge erfolgt, so sind die Erscheinungen wesentlich andere, als wenn man auf einem geneigten Terrain abwärts springt. Vor dem Abhang bilden sich in dem Winde Wirbel und an dem Bord des Abhanges hat häufig der Wind eine steil aufwärtssteigende Richtung. Wenn man nun nach dem Rande des Abhanges zu bei horizontal gehaltenen Flügeln einen Anlauf nimmt, so gelangt man im Moment des Absprunges in die aufwärts strömende Windschicht, was sich allemal fühlbar macht und bei stärkeren Winden oft zur Folge hat, dass man plötzlich um mehrere Meter gehoben wird. Es ist mir auch vorgekommen, dass ich nach dem Ab-, Sprunge vom Winde angehoben und durch eine plötzliche Steigerung des Windes nach dem Abhänge zurückgeworfen wurde, den ich schon in der Luft um einige Meter überschritten hatte. Ebenso ist es vorgekommen, dass bei einem Sprung durch plötzliche Zunahme des Windes inmitten der durchflogenen Strecke eine Verzögerung fast bis zum Stillstand eintrat … Einige Aenderungen, die ich während der Uebungszeit an dem Apparate vornahm, belehrten mich, dass in der Formgebung solcher Flugflächen der Schwerpunkt für ihre Brauchbarkeit zu suchen ist, auch erhielt ich dadurch die Andeutung, durch welche Art von Verbesserungen die Stabilität und Tragfähigkeit der Flugflächen sich vergrössern lässt. Ich kann jedoch hierauf erst näher eingehen, nachdem ich meine Versuche in dieser Richtung fortgesetzt und vervollständigt habe“.

Angesichts dessen wird man in der Tat zur Aussage verleitet: Sowas kann wirklich nur ein Deutscher schreiben…

Imposant und v.a. historisch bedeutsam ist aber, dass sich hier jemand anschickt, konsequent eine ganz „Fremde Sprache“ zu erlernen, nämlich die „Hieroglyphen der Lüfte“.

Oder anders gesagt: Ein Musiker sitzt vor einem völlig fremden Instrument und ist bestrebt, dieses dauerhaft zu „be-herrschen“.

Lilienthal in der Luft:

Aus: BÖLKOW 1990.

Dass Lilienthal am 9. August des Jahres 1896 tödlich abstürzte, ist allein der Ungunst der aerodynamischen Verhältnisse zuzuschreiben als einem mangelnden „Know-How“. „Abstürze“ kommen auch heute noch vielfach vor.

Letzten Endes hat Lilienthal v.a. mit seiner Publikationstätigkeit die weitere Entwicklung der „Flugtechnik“ massiv beeinflusst.

 

III: Der „Erste Motorflug“. Die Wright-Brothers(USA, 23.06.1905).

Die Idee des „motorisierten Fluges“ ist bereits relativ alt. Das Hauptproblem war hier immer das Gewicht des Motors. Gemeinsam mit dem Piloten musste man diesen in die Luft befördern können. Doch „Leichte Motoren“ gab es lange Zeit nicht. Eigentlich sind diese – historisch betrachtet nur das Resultat der „Luftfahrt-Forschung“.

Schon im Jahre 1864 erhielt der Russe Nicolas A. Teleshov das Patent für eine „Dampfbetriebene Flugmaschine“ großen Ausmaßes. Doch dabei blieb es.

Dem finnischen Russen Alexander Mozhayskiy gelang im Jahre 1884 zumindest ein Hopser mit seinem „Dampfmaschinen-Flugzeug“.

Alexander Mozhayskiy(1825-1890):

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Der Franzose Clement Ader entwickelte ab 1882 für die Armee den ersten Prototyp für ein Motorflugzeug. Im Jahr 1890 machte er damit einen Hopser. Er kam nicht voran. 1897 wurde ihm dann gekündigt.(s.d. LISSARAQUE 1990)

Im Jahr 1899 soll der USA-Deutsche Gustav Whitehead seinen „Ersten Motorflug“ unternommen haben. Weitere sollen 1901 und 1902 gefolgt sein.

Gustav Whitehead(1874-1927):

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Aufgrund mangelnder historischer Überlieferung ist jedoch bis heute nicht zu 100% klar, dass dies stimmt. Der Luftfahrthistoriker John Brown ist jedenfalls bis heute zu 100% davon überzeugt, dass Whitehead der „Vater des Motorfluges“ ist.(s.d. BROWN 2015)

Im Sommer des Jahres 1903 machte der Deutsche Karl Jatho einen  „Hopser“ von ca. 20 Metern.

Ende dieses Jahres bahnte sich in den USA sodann der „Durchbruch“ an(s.d. ASH 1974):

Orville Wright führte am 17. Dezember 1903 einen „Hopser“ von ca. 37 Metern durch, welchen sein Bruder Wilbur mit aller Strenge historisch dokumentierte.

Der „Wright-Hopser“ von 1903:

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Die Sache endete ganz ohne „Crash“. Auf diese Information legten die Brüder ganz besonderen Wert, deutete dieser Umstand doch bereits auf „Kontrolle“ hin. Übrigens waren die Wrights überzeugte „Lilienthalianer“. Seine Texte wurden genau gelesen und in der Praxis beachtet.

Die Gebrüder Wright in der Hall of Fame:

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Am 20. September 1904 wurde der erste Vollkreis geflogen, am 23. Juni 1905 sodann ein Rundflug von ca. 40 Kilometern(!) durchgeführt –

Das „Fliegen mit Motor“ war damit erlernt!

 

IV: Blériot, die „Reimser Flugwoche“(1909) und die ersten „Post- bzw. Passagierflüge“.

Im Jahr 1909 überflog der Franzose Louis Blériot mit einem Motorflugzeug zum ersten Male den Ärmelkanal und setzte damit – trotz Crash-Landung(!) – einen sehr bedeutenden historischen Meilenstein.(s.d. CHARTIER 1992)

Louis Blériot(1872-1936):

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Die Maschine des Louis Blériot:

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Naturgemäß wurden nicht nur friedfertige Menschen Zeugen dieses Ereignisses:

Zunächst sprach man allgemein (und naiv) von „Post-Beförderungen“ im Sinne der „Völker-Freundschaft“, bald aber auch von der Beförderung von Bomben. Im Herbst 1910 überquerte dann auch ein Luftschiff zum ersten Mal den Ärmelkanal

Nach Blériots Leistung von 1909 verloren aber auf jeden Fall die „Zweifler“ gegenüber dem „System Tragfläche“ an Boden.

Noch 1909 wurde die „Reimser Flugwoche“ veranstaltet: Ein öffentliches Spektakel, wo man seinen Wissensdurst stillen und Gedanken austauschen konnte.

Alles deutete schon damals in eine exakte Richtung: „Geregelter Flugverkehr“, zu welchem Zweck auch immer. Und es galt hierbei naturgemäß der Spruch: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“.

Bezüglich „Postflug“ waren die Briten sodann die Avantgardisten:

In ihrer Kolonie Indien wurde am 18. Februar des Jahres 1911 zum ersten Mal „Flug-Post“ befördert. Ein dauerhafter Verkehr wurde aber nicht eingerichtet.

Dies passierte erst 1913 in Florida/USA: Zwischen St. Petersburg und Tampa wurde eine Post- und sogar Passagier-Linie etabliert.(s.d. GLINES 1997)

Ein langes Leben hatte diese allerdings nicht und sie war von vornherein mit Mängeln behaftet. Dennoch stellt dieses Unternehmen ganz zweifellos einen historischen Meilenstein dar.

Der wirklich „Geregelte Post- und Passagierdienst“ etablierte sich erst in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg; also zu einer Zeit, als das „Flugzeug“ seine Leistungsfähigkeit schon in verschiedenster Hinsicht klar erwiesen hatte.

 

Quellen &. Verweise:

ASH Russell: The Wright Brothers. –London 1974.

BÖLKOW Ludwig(Hrsg.): Ein Jahrhundert Flugzeuge. Geschichte und Technik des Fliegens. –Düsseldorf 1990.

BROWN John: Gustave Whitehead. A short history(2015). In: www.gustave-whitehead.com

CHARTIER Sandrine: Louis Blériot. –Paris 1992.

FIEBIG Burkhard/Annegret Holtmann(Hrsg.): 100 Jahre Postflug.- Darmstadt 2012.

GIBBS-SMITH Charles H.: Hops and Flights. In: Flight 75 (1959), S. 468 ff.

GIBBS-SMITH Charles H.: The Aeroplane. An Historical Survey of its origins and Development. –London 1960.

GIBBS-SMITH Charles H.: Clement Ader. His Flight-Claims and his place in history. –London 1968.

GLINES Carroll V.: St.Petersburg-Tampa Airboat Line. World’s First scheduled Airline using winged Aircraft. In: Aviation History 5 (1997), S. 16 ff.

HALLE Gerhard: Otto Lilienthal. Flugforscher und Flugpraktiker, Ingenieur und Menschenfreund. –Düsseldorf 1976.

LILIENTHAL Otto: Ueber meine diesjährigen Flugversuche. In: Zeitschrift für Luftfahrt 1891.

LIST of Aviation Pioneers. In: Wiki-Enzyklopädie.

LISSARAQUE Pierre: Clement Ader. Inventeur d’Avions. –Toulouse 1990.

RATHJEN Walter: Historische Entwicklung des Flugzeugs im Überblick. In: Ein Jahrhundert Flugzeuge. Geschichte und Technik des Fliegens. Hrsg. v. Ludwig Bölkow. –Düsseldorf 1990, S. 8 ff.

SCHMITT Günter/Werner Schwipps: Pioniere der frühen Luftfahrt. –Bindlach 1995.

SCHWIPPS Werner: Lilienthal. Die Biographie des ersten Fliegers. –Gräfeling 1986.

SKOWRONSKA Malgorzata: Jan Wnek. –Odporyszow/Krakow 2007.

TOBIN James: Die Eroberung des Himmels. Die Gebrüder Wright und die Eroberung des Himmels. –Düsseldorf 2003.

VENZKE Andreas: Pioniere des Himmels. Die Brüder Wright. –Düsseldorf 2002.

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