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IX: Zur Geschichte von LKW-Fernverkehr und Fern-Bus.

1)    Zur „Idee des (Straßen-)Fernverkehrs“. Straßen-Fernverkehr vor dem „LKW-Zeitalter“.

Unter „LKW-Fernverkehr“ wird hier die Zurücklegung von Strecken verstanden, die ohne Übernachtung(en) nicht zu bewältigen sind.

Wo die „Idee des Fernverkehrs“ ursprünglich entstanden ist, lässt sich nicht exakt feststellen. Somit ist auch völlig unklar, wer die historischen Urahnen unserer heutigen „Fernfahrer“ sind. Archäologische Funde beweisen lediglich, dass es schon seit ältester Zeit einen regen Warenaustausch sowohl zwischen Orient und Okzident als auch zwischen Nord und Süd gegeben haben muss:

a)     In Troja wurden Bernsteinperlen gefunden.

b)    Auf Kreta fand man nordisches Silber.

c)     Etruskische Becher fand man u.a. in Polen.

Fußte dieser Verkehr nun auf Zwischenhändlern oder legten die Händler selbst große Entfernungen zurück? Rolf L. Temming(1978: 15) gibt hierzu in seinem Buch „Illustrierte Geschichte des Straßenverkehrs“ zu bedenken:

„Es kann nur eine Frage der Zeit gewesen sein, bis aus dem über kurze Strecken gehenden Warengeschäft der Fernhandel wurde. Welcher unternehmende Handelsmann wird nicht bestrebt sein, direkt zum Produzenten zu wandern, statt von einem Zwischenhändler zu kaufen, weiß er doch aus seinem eigenen Geschäft, was die Ware verteuert?“

Die alten Handelslinien Mitteleuropas:

nach Temming 1978: 16.

Zu den „Urvätern“ des „Geregelten Straßen-Fernverkehrs“ ist mit Sicherheit Perserkönig Dareios I.(549-486 BC) zu zählen, welcher im 5. vorchristlichen Jahrhundert die Straße Ephesos-Sardes-Susa-Balylon/Kyropolis herstellen ließ(Sardes-Susa = ca. 2500 Kilometer).(s.d. KLEISS 1981) Dabei verfolgte er das Ziel, sein „Reich“ in einen „Kommunikations-Zusammenhang“ umzuformen. „Kommunikation“ ist ein wichtiges Fundament von „Herrschaft“.

Dareios I.(549-486 BC): Einer der Urväter des „Geregelten Straßen-Fernverkehrs“.

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Skizze zur „Königsstraße“:

Copyright: Elmar Oberegger

Betrieben wurde diese Linie mit berittenen Boten, welche in Etappen reisten und sich in gut ausgestatteten Rasthäusern erholen konnten. Dort fand auch der Pferdewechsel statt. Dazu der griechische Geschichtsschreiber Herodot in seinen „Historien“(V, 52 f.): „Von Tagesreise zu Tagesreise findet sich ein neues Pferd und ein neuer Bote…“. Er stellt weiters (anerkennend) fest:

„Es gibt niemanden in der Welt, der schneller als diese persischen Kuriere reist. Weder Schnee noch Regen noch Hitze noch Dunkelheit hält sie davon ab, die ihnen übertragene Aufgabe mit der größtmöglichen Geschwindigkeit zu erledigen“.

Dieses System wurde grundsätzlich von den Römern übernommen. Auch sie betrachteten ihr Reich als „Großen Kommunikationszusammenhang“: Ob nun Soldaten, Wein, Olivenöl, Getreide, Informationen – Alles wurde über größte Entfernungen befördert. Die Rasthäuser der römischen Boten nannte man übrigens „Mansiones“.(s.d. BENDER 1975)

Römisches Straßennetz unter Kaiser Hadrian:

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Auf den politischen Zerfall des Römischen Reiches folgte sodann auch der strukturelle: In der Zeit des Mittelalters begann der „Straßen-Fernverkehr“ zu erlahmen.

Erst gegen Ende des Mittelalters kam es wieder zur Etablierung von „Großen Poststraßen“ nach antikem Muster(z.B. Innsbruck-Mecheln, Antwerpen-Venedig).

Karte mit Poststraßen aus 1711:

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Diese fernverkehrsmäßige Struktur wurde in ihrer Bedeutung im 19. Jahrhundert vom Eisenbahnsystem abgelöst. Die Bahn wurde schließlich zum Monopolisten im Bereich des Landverkehrs. Diese Geltung hatte sie noch bis weit ins 20. Jahrhundert inne.

„Große Eisenbahnlinien“ durchziehen Europa: Der „Orient-Express“ bei Istanbul um 1900.

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Zum Problem „Straßen-Verkehr“ bemerkt Oskar Hoffmann um 1900(: 13 f.):

„In den hochkultivierten Ländern Europas … findet sich ein weit ausgedehntes und wohlverzweigtes Netz gut gepflegter Landstraßen, das wohlgeeignet wäre, auch einem internationalen Verkehr … durch Wagen zu dienen, wen eben für diesen Zweck nicht bessere Kommunikationsmittel vorhanden wären. In der Tat ist auch das Landstraßennetz für den weiten Wagenverkehr geschaffen worden und ist auch in seiner heutigen Vollkommenheit ein Erzeugnis der letzten 150 Jahre. Denn wenn man auch in Deutschland seit dem 13. Jahrhundert sorgfältiger befestigte Straßen zu bauen begonnen hatte, so wurden doch erst seit Mitte des 18. Jahrhunderts, nach dem Vorbilde Frankreichs, das 1720 das Corps des ponts et chaussées(Brücken- und Chausseen-Korps) gründete, in immer verstärktem Maße Kunststraßen, wie sie heute noch unser Land durchziehen, angelegt. Die Landstraßen dienen nun zwar heute nicht mehr dem weiteren Fernverkehr. Sie dienen nur dazu, den Transport der Güter aus der Umgebung der Bahnstationen zu erleichtern und haben als solche Saugadern für die Bahnen noch große Bedeutung. Übrigens sind auch die Fuhrleute mit ihren großen leinewandbedeckten Wagen … nicht ganz von den Landstraßen verschwunden. Für kleine Entfernungen bis zu 30 km etwa, können sie, wegen der Ersparnis der zweifachen Umladung noch recht gut gegen die Eisenbahnen sich halten … Ferner macht man in neuester Zeit Versuche mit elektrischen Bahnen ohne Schienen, wo nur eine Oberleitungsstromzuführung vorhanden ist, die zu ermunternden Resultaten bereits geführt haben. Sobald indessen das Automobil, heute kaum mehr als ein reines Sportwerkzeug, für den praktischen Gebrauch genügend vervollkommnet sein wird, und dieser Zeitpunkt scheint sehr nahe zu sein, wird es für schienenlose Straßenbahnen wohl kaum noch Raum geben“

Im Vergleich etwa zu den USA(s.o.) war das Straßennetz Deutschlands u.a. Ländern Europas in der Tat sehr gut ausgebaut und verlangte förmlich nach einer Bedeutungssteigerung im Verkehrsgeschehen.

 

2)    Wer waren die „Ersten Fernfahrer Deutschlands“? Hypothetische Ausführungen.

Der „Erste LKW“ mit Verbrennungsmotor war im Jahre 1896 von Daimler erzeugt worden.(s.d. REGENBERG 1997) Wohl niemand dachte damals daran, dass dieses System einst den Landverkehr revolutionieren würde.

Der „Erste LKW“ mit Verbrennungsmotor(Daimler 1896): Urahn‘ des heutigen Fernlasters.

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Im Zuge des Ersten Weltkrieges wurden in Deutschland ca. 40.000 LKWs produziert, welche allerdings angesichts der Abrüstungsbestimmungen des „Versailler Vertrages“ zum Teil abgestoßen werden mussten. Auch etwa die US-Army verkleinerte nach 1918 – allerdings aus rein praktischen Gründen – ihren LKW-Fahrpark.(s.d. RIGELE 1998: 20)

Wer aber konnte diese brauchen? Wer konnte damals überhaupt einen LKW bedienen?

Hier kamen natürlich in erster Linie jene Veteranen in Frage, welche schon im Weltkrieg mit LKWs gefahren sind. Wahrscheinlich kauften sie die abgestoßenen Fahrzeuge auf und verwerteten diese sodann gewerblich. Und dies offenbar auf der Basis von „Ich-„ bzw. „Mini-AG“ und „Selbst-Ausbeutung“. Der mächtige Gegner hieß „Eisenbahn“: Im Konkurrenzkampf hatte man hier nur dann eine Chance, wenn man schneller, billiger und vor allem flexibler war.

Ein deutscher LKW des Jahres 1918:

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Ein Führerhaus im heutigen Sinn gab es in dieser Frühzeit in Deutschland noch nicht. Im Sommer war der Fahrer vom Straßenstaub eingehüllt, im Winter war er der Kälte ausgesetzt, das ganze Jahr über aber vom Motorenlärm umgeben. Diese frühen „Kapitäne der Landstraße“ nächtigten in der Regel in billigen Kutscherkneipen an der Straße.(10)

Mütze eines deutschen „Landstraßen-Kapitäns“(teilweise in Gebrauch bis ca. 1980):

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3)    Zur Genese der „Großen Speditionen“. „Ausbeutung“ als Thema des LKW-Fernverkehrs. Statistiken zur Frage des historischen Aufstiegs des Systems.

Die Stunde der „Großen Speditionen“ schlug in Deutschland erst in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg: Nach der Kapitulation der Wehrmacht waren deren LKWs plötzlich herrenlos geworden und jeder konnte straflos auf diesen Fahrpark zugreifen.

Alter Wehrmachts-LKW:

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Verwerten konnte man diese LKWs natürlich nur dann, wenn man dazu in der Lage war, diese auf Dauer betriebsfähig zu halten. Etwa ein Batterie-Ladegerät war in dieser Zeit Gold wert!

Vor diesem Hintergrund kam es in weiterer Folge zum Aufbau ganzer LKW-Flotten, welche den Grundstein für die „Großen Speditionen“ darstellten. Die Eisenbahn blieb vorerst als Konkurrent erhalten, konnte aber über die Jahrzehnte erfolgreich bekämpft werden. Den hohen Preis dafür zahlten und zahlen natürlich wieder die Fahrer: Das Phänomen der „Ausbeutung“ ist bis heute ein großes Thema im Bereich des LKW-Fernverkehrs.

Ein Container-Sattelzug:

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Der historische Aufstieg des LKWs innerhalb der „Güterverkehrsleistung der BRD“ ist – wie die beigegebenen Statistiken zeigen – höchst beachtlich.

Güterverkehrsleistung in der BRD 1960-1980(in Mrd. Tonnen-Km):

nach Temming 1978: 7.

 

Güterverkehrsleistung in der BRD 2003-2007(in Mrd. Tonnen-Km):

Stat. Bundesamt BRD

Eine weitere Statistik gibt Einblick in die Lage in Österreich.

Anstieg der Güterverkehrsleistung des LKW in Österreich zwischen 1950 und ca. 2000(in Mrd. Tonnen-Km):

nach Rigele 1998: 18.

 

4)    Der „Fernbus-Verkehr“ – Ursprungsland USA. Frage des Reisekomforts.

Der „Fernbus-Verkehr“ entstand ursprünglich in den USA und ist in manchen Ländern Europas eine noch sehr junge Erscheinung. In der BRD wurde er erst 2013 etabliert, in Österreich bereits 2007, und zwar durch den IC-Bus der ÖBB zwischen Graz und Klagenfurt. In Frankreich wurde er 2012 eingeführt. Klassische Fernbusländer sind Schweden und Norwegen. In Griechenland und Irland existiert dieser Verkehr seit 1986 bzw. 1987. Im alten Jugoslawien stellte er – wie in der Schweiz – eine Ergänzung zum Eisenbahnsystem dar.

Am „Omnibus-Zentralbahnhof“ in Hamburg:

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Als erster motorbetriebener Autobus der Welt ist der sogenannte „Landauer“ von Benz zu betrachten, welcher ab 1895 erzeugt wurde.(s.d. GEBHARDT 2002) Die Durchführung von „Fernreisen“ war damals aber noch nicht üblich.

Der „Landauer“(Benz, 1895): Erster motorbetriebener Autobus der Weltgeschichte!

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Wie bereits gesagt, wurde der „Fernbus-Verkehr“ in den USA erfunden, und zwar in der zweiten Hälfte der 1920er-Jahre. Schon 1913 war der „Lincoln-Highway“ als erste „Coast-to-Coast-Fernstraße“ eröffnet worden. Ende 1926 kam es zur Eröffnung der legendären „Route 66“. Das sind aber nur zwei Beispiele für dieses neue System, welches sich neben der Eisenbahn zu entfalten begann. 

Verwirklicht wurde das Fernbus-System im Jahre 1927, und zwar vom gebürtigen Schweden Carl E. Wickman(1887-1954).(s.d. SUNQUIST 1969) Schon 1914 hatte dieser die Firma „Greyhound“ gegründet.(s.d. SCHISGALL 1985) Sein Konzept war höchst erfolgreich und so kam es über die Jahrzehnte zu einer stattlichen Expansion.

Carl E.Wickman(1887-1954: Vater des US-Fernbussystems.

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Greyhound-Station(eröff. 1939):

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Greyhound-Bus um 1965:

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Greyhound-Fahrplan(1975):

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Heutiger Greyhound-Bus:

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Wie oben bereits gesagt wurde, hielt das Fernbus-System erst relativ spät Einzug in Europa. Im hochwertigen Verkehr werden hierfür Fahrzeuge eingesetzt, welche mit Einrichtungen versehen sind, welche den Reisekomfort erhöhen sollen. Neben der Bordtoilette spielt hier die „Mini-Bar“ eine große Rolle. Mit größtem Eifer ist man also darum bemüht, den Komfort der Eisenbahnreise möglichst zu imitieren. Dass dies jedoch nicht gelingen kann, muss selbst dem oberflächlichen Betrachter klar sein.

Minibar:

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Fernbus Frankfurt/M.-Budapest:

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Copyright: Elmar Oberegger 2015.