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V: Solide Straßen braucht das Land! Zu Geschichte und Wirkungen des „Good Roads Movement“(USA, ca. 1880 ff.). Europäische Straßengeschichte. Der erste echte „Highway“ der USA(1913). Weitere Entwicklung.

Das alte Verkehrssystem der USA fußte vor der flächendeckenden Ausbreitung des Eisenbahn-Systems vor allem auf dem „Fluss-Dampfer“. Das Straßennetz aber war völlig unterentwickelt. J.R. Killick schreibt dazu 1977 in der „Fischer Weltgeschichte“:

„Die hohen Transportkosten im Inland wogen zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Reichtum Amerikas an Land und natürlichen Ressourcen auf, und deshalb waren die kleineren europäischen Länder gegenüber den Vereinigten Staaten eindeutig im Vorteil. Ebenso wie in Europa versuchte man, als erstes die Schiffahrtswege entlang der Küste und auf den Flüssen durch den Bau von Straßen zu ergänzen, und die Großstädte im Nordosten wurden Anfang des 19. Jahrhunderts durch gepfla­sterte Landstraßen miteinander verbunden. Die Schwierigkeit beim Straßenbau außerhalb des urbanisierten Nordostens lag jedoch in den großen Entfernungen und der verhältnismäßig geringen Verkehrsdichte, und die Anlage neuer Verkehrswege ging dort nur langsam voran. Die Straßen im Westen wurden manchmal subventioniert wie die bekannte National Road, die vor dem Krieg von 1812 in Maryland begonnen wurde, bald die Appalachen überquerte, sich bis zum Ohio erstreckte und bis 1850 schließlich Vandalia in Illinois erreichte. Aber oft waren es nur von den Gemeinden angelegte, mit Holzbrettern oder Stämmen befestigte Straßen, die rasch reparaturbedürftig wurden und im Winter häufig nicht befahren werden konnten. Abgesehen von ihrer lokalen Bedeutung, besonders im Osten, konnten Straßen nicht genügen, um das Landesinnere wirklich zu erschließen“(: 128 f).

US-Strassenszene der alten Zeit:

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Die „National Road“ stellte also die erste Hauptverkehrsstraße(= „Highway“) der USA dar, war jedoch in seiner Reichweite beschränkt und unterentwickelt.(s.d. RAITZ 1996; SKY 2012)

Verlauf der „National Road“:

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National Road: Die Casselman-Brücke(Maryland) im Jahr 1933.

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Betrachtet man die heutige, oft hoch-traurige Stellung des Radfahrers auf den Straßen, so ist man in der Tat verwundert, dass es gerade die US-Radfahrer waren, welche sich Ende der 1870er-Jahre anschickten, immer lautstarker für die Anlage von „Soliden Straßen“ zu plädieren. Das große Vorbild war Europa mit seinem im Vergleich hochentwickelten Straßennetz.

Im Mai 1880 wurde in Newport(RI) offiziell das „Good Roads Movement“(s.d. HILLES 1958) gegründet, welches auch eine offizielle Zeitschrift herausgab.

Ein „Good Roads-Magazine“ aus 1892:

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Der europäische Straßenbau war vor allem in Frankreich, Deutschland und Österreich hoch entwickelt. Von den dortigen Bewohnern wurde das gute Straßennetz durchaus geschätzt. In Böhmen brachten sich die Bauern sogar eifrig in den Straßenbau ein, welcher vom gestrengen Blick der Staatsingenieure überwacht wurde. Franz Josef von Gerstner(1756-1832) führt dazu 1823 in einem Bericht aus:

Die Bauern entlang einer neu zu errichtenden Straße würden also vom Staat während ihrer alljährlich wiederkehrenden, naturgegebenen „Freien Zeit“ zur Mitarbeit an deren baulicher Entstehung herangezogen. Doch kein Murren war hier zu hören, denn –

„Die Anreiner fügen sich den ... Vorstellungen der Kreisämter umso bereitwilliger, weil ... allen Landbauern der Vortheil einleuchtet(= Hervorhebungen d.Verf.), daß sie auf der gemachten Straße zu jeder Zeit im Winter und im Sommer, selbst bei der ungünstigsten Witterung, wo im Felde nichts gearbeitet werden kann und alle anderen Wege verdorben sind, ihre landwirtschaftlichen Produkte in die Städte führen, sonach zu ihrem Verkaufe die günstigsten Marktpreise benützen, von der anderen Seite die Feldbestellung mit ihren Bezügen(= hier i.S. „Zugtiere“, Anm. d. Verf.) zur gehörigen Zeit verrichten und ebenso auch für alle übrigen landwirtschaftlichen Geschäfte die angemessene Eintheilung treffen können“.

Gerstner schließt seine Ausführungen zum Thema mit den Worten ab:

„Diesen so glücklich getroffenen höheren Einleitungen verdankt Böhmen seit einer kurzen Reihe von Jahren bereits über 300 gebaute Chausseemeilen(2300 km)“(4).

Gerade in Böhmen erwies sich also ganz deutlich, wie eng gute Infrastruktur mit wirtschaftlichem Erfolg zusammenhängt. Das Eisenbahnsystem konnte hier ferner ganz problemlos auf ein bereits hochentwickeltes Straßensystem aufbauen.(5)

Die Mitglieder des „Good Roads Movement“ kämpften in den Folgejahren auf allen möglichen Ebenen für die Herstellung guter Straßen in den USA. Nicht wenige waren auch als Lokalpolitiker tätig.

Um 1900 begann sich allerdings eine Trendwende innerhalb der Bewegung abzuzeichnen: Die Radfahrer verloren zugunsten der „Automobilisten“ an Einfluss. Der „Fordschen Revolution“(s.o.) kam dies sicherlich zugute.

Die erste große Frucht der Lobbyarbeit der Automobilisten war die Herstellung des „Lincoln-Highway“, welcher von New York bis San Francisco reichte, also die erste straßenmäßige „Coast-to-Coast-Verbindung“ darstellte.(s.d. WALLIS 2007) Eröffnet wurde er im Jahr 1913 und damit ausgerechnet im selben Jahr, in dem Henry Ford in seinem Automobilwerk auf „Fließbandproduktion“ umstellte.

Verlauf des „Lincoln Highways“:

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Lincoln Highway: Am legendären „Donnerpass“.

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Im Jahr 1915 wurde die Herstellung des großartigen „Dixie-Highway-Systems“(s.d. HOSKINS 1918) in Angriff genommen.

Karte des „Dixie-Highway-Systems“:

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Partie des „Dixie-Highway-Systems“:

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Das Ziel der allgemeinen Verbesserung des US-Straßen-Systems wurde sodann im Jahre 1916 erstmals in feste Formen gegossen(„Federal Aid Road Act“ vom 1. Juli d.J.) – Ein großer Erfolg für das „Good Roads Movement“! Bis 1926 wurde der Plan eines stattlichen „US-Highwaynetzes“ vorgelegt.

Geplantes Highway-Netz für die USA(1926):

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Im selben Jahr kam es zur Eröffnung der „Route 66“(Chicago-Santa Monica), welche durch den Hit „Get your Kicks on Route 66“(Nat King Cole 1946) internationale Bekanntheit erlangte.(s.d. WALLIS 2008)

Verlauf der Route 66:

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Die Route 66 zwischen Oatman und Kingman:

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Nat King Cole(1919-1956): “Get your Kicks on Route 66”(1946).

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Im Güter-Fernverkehr bestand der Vorteil des Highway-Systems vor allem darin, Waren direkt von A nach B transportieren zu können. Damit gelang es nicht selten, die Transportdauer auf der Eisenbahn zu unterbieten.

MACK-LKW aus den 1920er-Jahren:

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Wie den beigegebenen Fotos zu entnehmen ist, stellen bzw. stellten diese Highways noch wenig entwickelte Autostraßen dar.

Erst mit der Errichtung der „Interstate Highways“ ab Mitte der 1950er Jahre wurde in den USA ein wirklich hochwertiges Autostraßen-Netz hergestellt.(s.d. HANLON 1997)

 

 

Copyright: Elmar Oberegger 2015.