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IV: Die „Fordsche Revolution“. Anfang und Ende(1913-1927). Zur „GMC-Strategie“(1927 ff.). Die Lage in Deutschland - Vom „VW Käfer“ zum „Mittelklassewagen“.

Im Jahre 1903 gründete der US-amerikanische Bauernsohn Henry Ford(1863-1947) gemeinsam mit anderen Investoren die „FORD MOTOR COMPANY“(Detroit) und brachte 1908 sein „T-Modell“(s.d. McCALLEY 1994) auf den Markt, welches durch erfolgreiche Teilnahmen an Autorennen in den USA bald ein Begriff war. Schon mit 15 Jahren hatte Ford übrigens seinen ersten Verbrennungsmotor gebaut.(s.d. WATTS 2006)

Henry Ford(1863-1947):

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Zum „T-Modell“ führte Ford später allgemein aus:

“I will build a car for the great multitude. It will be large enough for the family, but small enough for the individual to run and care for. It will be constructed of the best materials, by the best men to be hired, after the simplest designs that modern engineering can devise. But it will be so low in price that no man making a good salary will be unable to own one – and enjoy with his family the blessing of hours of pleasure in God’s great open Spaces”(1922: 73).

Das „T-Modell“(= „Tin Lizzy“, „Blechliesel“):

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Im Jahr 1913 begann er damit, dieses „T-Modell“ fließbandmäßig zu erzeugen, konnte damit die Produktionskosten massiv senken und machte das Auto somit erstmals zur „Massenware“. Inspiriert wurde dieses System übrigens vom modernen US-amerikanischen Schlachthausbetrieb: Dort wird das tote Tier bekanntlich Station für Station zerlegt. Bei Ford drehte man diesen Prozess ganz einfach um.

Fordsche Fließbandproduktionen 1913 ff.:

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„Ein Griff nach der Kette, Auflegen der Schraubenmutter, ein Griff nach der Kette, Einstecken der Schraube, ein Griff nach der Kette, zwei Hammerschläge, ein Griff nach der Kette, Ansetzen des autogenen Bohrers, Funken stieben, ein Griff nach der Kette, Befestigung der Bleilamelle, Paraffinpappe, eine Hülse, ein Bündel Kerzen, eine Kurbelwelle, und immer dazwischen ein Griff nach der Kette, Handbewegung und Ergebnis, Körperhaltung und Einsatz, Mensch und Maschine, immerfort gleich. Die Motoren fertig, rattern an Probeständen“(Aus: Egon E. Kisch – ‚Bei Ford in Detroit‘ ca. 1928).

Damit wurde in der Tat eine wahre „Revolution“ eingeleitet: Schon ca. 15 Jahre nach der Einführung des Fließbandes bei Ford besaß bereits jeder fünfte US-amerikanische Stadtbewohner ein Automobil.(vgl. NEUBAUER 1994: 120)

Insofern könnte Henry Ford als „Erster Automobil-Kommunist der Weltgeschichte unter kapitalistischen Voraussetzungen“ begriffen werden.

Ein Widerspruch? Es wäre jedenfalls höchst interessant gewesen, was Karl Marx über Ford geschrieben hätte. Der National-Sozialist Hitler war vom Ford-Konzept jedenfalls vollends begeistert. Dazu später.

Fest steht: Mit Ford gewann zum ersten Mal eine „Laune der Transportgeschichte“ wesentlich an historischer Kraft. Bequem, aber volkswirtschaftlich relativ unnötig.

Den Automobil-Treibstoff konnte man in den USA übrigens zuerst nur in der Apotheke kaufen, ungefähr zeitgleich mit der Fordschen Revolution kam es jedoch zur Errichtung von Tankstellen bzw. eines Tankstellen-Netzes.

Dabei hatte Ford ursprünglich weniger die Städter als Kunden im Auge gehabt, als vielmehr die klassischen US-Farmer. Christian Rapp schreibt(l998: 25):

„Ford dachte bei seinen Kunden bekanntlich an die zahlreichen Farmer, deren Wohnsitze keinen Eisenbahnanschluß hatten und die gewisse technische Fertigkeiten vom Umgang mit Landmaschinen mitbrachten, um auch ein Auto selbst zu warten und gegebenenfalls zu reparieren“.

Der Vorteil zum Pferdefuhrwerk bestand schlicht darin, dass ein abgestellter PKW keine Energiezufuhr benötigt, während ein im Stall eingestelltes Zugtier immer eine Mindestmenge an Nahrung zu sich nehmen muss, um nicht zu verhungern.

Ford hatte übrigens seine frühen T-Modelle mit einem Vergaser ausgestattet, der sowohl Mais-Schnaps als auch Benzin vertrug.(3)

Für die Bauern bestand der Vorteil darin, dass sie diesen Maisschnaps selbst herstellen konnten, also in einem bestimmten Maß autark waren. Der Erdölindustrie hatte Ford immer misstraut und wollte sein System zunächst nicht auf dieser fußen lassen. Unabhängigkeit wäre ihm viel lieber gewesen.

Die „Automobil-Revolution“ warf in den Städten naturgemäß bald das bis heute drückende „Parkplatz-Problem“ auf. Ford verspürte aber keinerlei Veranlassung, darauf großartig zu reagieren, sah doch seine Meinung zum „Phänomen Stadt“ grundsätzlich wie folgt aus: „Städte sind dem Untergang geweiht; wir werden das Problem der Städte lösen, indem wir die Stadt verlassen“(zit.b. RIGELE 1998: 21). Die Stadt als „Zentrum“ sei nach Ford also angesichts der „Neuen Mobilität“ ein zunehmend anachronistisches Phänomen.

Während Ford also „Nein“ zur Stadt sagte, so sagte der deutsche Erfinder Engelbert Zaschka(1895-1955) ein klares „Ja“ zu dieser: Im Jahr 1928 präsentierte er der Öffentlichkeit ein „Dreirädriges Falt-Automobil“(Höchstgeschwindigkeit: ca. 50km/h), welches von zwei Personen innerhalb von nur fünf Minuten zerlegt und sodann in der Wohnung verwahrt werden konnte. Genausolang dauerte der Zusammenbau. Da sich aber die Produktionskosten als zu hoch darstellten, setzte sich dieses System nicht durch.(s.d. FRANKE-BRANDAU 1993)

Engelbert Zaschka(1895-1955):

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Das deutsche „Falt-Auto“(Zaschka 1928):

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Um die Mitte der 1920er-Jahre begann das „Konzept Ford“ an Zugkraft zu verlieren, im Jahr 1927 wurde die Produktion des „T-Modells“ eingestellt. Die Bedürfnisse der Kundschaft hatten sich über die Jahre geändert.

Zuerst war man stolz und glücklich gewesen, überhaupt ein Auto zu besitzen. Als aber dann die Zahl der Autobesitzer wuchs, musste man die „vereinheitlichende Kraft“ des Fließbandes zur Kenntnis nehmen. Man wollte somit plötzlich nicht nur einfach ein Auto, sondern ein „Schöneres Auto“(als etwa der Nachbar).

Diesen Wunsch nahm nun die „General Motors-Company“(GMC) gerne auf, welche durch Alfred P. Sloan(1875-1966) zu einem straffen Konzern ausgebaut worden war.(s.d. JACOBS 1992) Christian Rapp schreibt dazu(1998:26):

„Entscheidend für das Konzept von GM war die Entwicklung einer Produktpalette mit verschiedenen Preisklassen(von den billigeren Typen wie Chevrolet, Pontiac und Oldsmobile bis zu Buick und Cadillac) und der Umstieg auf häufige Modellwechsel ... Sloan ging davon aus, daß, nachdem Ford für eine Grundausstattung mit Automobilen gesorgt hatte, es nun mehr gelte, möglichst viele Einkommensschichten zu erfassen und kaufkräftiger gewordene Kunden auf teurere Produkte aus demselben Haus umzulenken“.

Alfred P. Sloan(1875-1966):

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Zwischen 1913 und 1927 kam es also in den USA zu einer qualitativen Um-Definition des „Wertgegenstandes Auto“, deren Grundzüge bis heute eigentlich unverändert sind.

In Deutschland wurde erst 1924 bei Opel das Fließband eingerührt.(s.d. BARTELS 2000) Das produzierte Auto nannte sich schlicht „Laubfrosch“.

Der „Laubfrosch“ von Opel(produziert von 1924-1931):

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Durchaus von der „Fordschen Revolution“ beeinflusst, planten die Nationalsozialisten sodann die Umsetzung des „Volkswagen-Systems“. Kriegsbedingt konnte sich dieses jedoch nicht entfalten. Zur Realisierung des Systems kam es somit erst in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Stichwort ist hier: „VW Käfer“.(s.d. WIERSCH 2005)

Ein VW „Käfer“, Baujahr 1950: Klein, aber mein.

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Ab ca. 1960 setzte dann zusätzlich der Trend in Richtung „Mittelklassewagen“ ein, also gewissermaßen einer Synthese aus Limousine und Kleinwagen. Von dieser „Mittelklasse“ spaltete sich dann später die „Kompaktklasse“ ab.

Der „Autobianchi Primula“(1964-1970): Kompaktklasse.

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Peugeot 504(1968-1975): Mittelklasse.

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VW „Golf“(1974 ff.): Kompaktklasse.

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VW „Passat“(1973 ff.): Mittelklasse.

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Massenmotorisierung in Jugoslawien - Der „Zastava 750“(Fiat-Lizenz) um 1959.

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Den beachtlichen Aufschwung des Automobilismus im Bereich des Verkehrsgeschehens innerhalb der BRD zeigen die beigegebenen Statistiken.

Personenverkehrsleistung in der BRD 1960-1980(in Mrd. Pers.-Km):

nach Temming 1978: 7.

Anteile der Verkehrsarten am gesamten Personenverkehr 2002(in %):

Stat. Bundesamt BRD

Eine weitere Statistik gibt Einblick in die Lage in Österreich.

PKW-Besitz in Österreich zwischen 1950 und ca. 2000(Stück):

nach Rigele 1998: 18.

 

Copyright: Elmar Oberegger 2015.