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PROFESSOR FRANZ ANTON RITTER VON GERSTNER IN DEN USA(1838-1840): von Elmar Oberegger
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I: Vorbemerkungen. Nach dem tragischen Verlassen der Baustelle der „Budweiser Pferdeeisenbahn“(1828)(1) - welchem ein erster großer gesundheitlicher Zusammenbruch vorausgegangen war - entschloss sich Franz Anton v.Gerstner zunächst dazu, seinem greisen Vater wissenschaftlich unter die Arme zu greifen. Schon immer hatte er diesen hoch geschätzt. Er zog somit in seine Geburtsstadt Prag. Die längst geplante Herausgabe des heute berühmten „Handbuchs der Mechanik“ wurde in Angriff genommen. Zu diesem Zweck unternahm er 1829 eine neuerliche Reise nach England.(2) Dies geht auch aus dem offiziellen Zitat des ersten Bandes(1831) hervor(s. Hervorhebung): „HANDBUCH DER MECHANIK von Franz Josef Ritter v. Gerstner, aufgesetzt, mit Beiträgen von neueren englischen Konstrukzionen vermehrt und herausgegeben von Franz Anton Ritter von Gerstner. Erster Band. Mechanik fester Körper. Mit 40 Kupfertafeln, die in einem besonderen Hefte beiliegen“. Sicherlich wollte er durch diese Reise auch seinen persönlichen technischen Horizont erweitern und eine weitere berufliche Zukunft zumindest ausloten. Sein Vater starb 1832. Im selben Jahr wurde der zweite Band des „Handbuches“ publiziert; 1834 schließlich der dritte und letzte. Noch 1834 ging Gerstner an den „Goldgeschwängerten russischen Zarenhof“, um von dort aus in den Weiten Rußlands seine reichen Kenntnisse über das Eisenbahnwesen fruchtbar zu machen. Es hieß zur damaligen Zeit ja immer: In St.Petersburg sind „kompetente und tatkräftige Männer“ stets gefragt, sie könnten sich dort gut entwickeln und bestens verdienen. Gerstner ist hier aber tragischerweise einer Lüge bzw. einem Mythos aufgesessen. Der „Russische Traum“ existierte in Wahrheit längst nicht mehr. Das Vermächtnis Peters des Großen war längst versandet, steckengeblieben. Gerstner konnte zwar die „Erste Eisenbahn Russlands“ errichten, die Inangriffnahme größerer Projekte blieb ihm jedoch versagt.(3) Schließlich wurde er zum lästigen Störfaktor am Zarenhof. In der Folge ging er in die USA, wo er schließlich sterben soll. Über die Hintergründe und Strukturen dieser Reise soll hier kurz berichtet werden. Gerstner-Statue am Witebsker-Bahnhof in St. Petersburg(2010):
Copyright: Dr. Hermann Savernik In Österreich wurde und wird der große Eisenbahnpionier viel zu wenig geehrt. Statue war ihm bisher keine vergönnt, es existiert heute nur die heruntergekommene Gerstner-Büste vor dem Gebäude der ÖBB-Dion Linz.
II: Die Hintergründe der Reise. Gerstners Reise in die USA besaß mehrere Hintergründe: a) Er hatte Frau Clara Epplen von Härtenstein geehelicht und die „Flitterwochen“ standen an. b) Gerstner war am Zarenhof immer ein Außenseiter und damit das Opfer von Intrigen. Wahrscheinlich wollte er Abstand gewinnen. c) Der Zar wollte Gerstner sicherlich „hinausloben“, vorerst vom Hof entfernen. Deshalb erteilte er ihm den Auftrag, das Kommunikations-System der USA zu studieren. Über Jahre würde er damit beschäftigt sein. Seine Forschungsergebnisse sollten sodann das konkrete Vorbild für Reformen im Zarenreich sein. Gerstner selbst gibt uns allerdings keinen „höheren Grund“ für seine Reise an. Er schreibt dazu nur: „Die rasche Zunahme des Wohlstandes der vereinigten Staaten von Nordamerica hat seit vielen Jahren die öffentliche Aufmerksamkeit immer mehr in Anspruch genommen, und so hegte auch ich schon lange den Wunsch, dieses merkwürdige Land zu besuchen. Die lange Dauer der Segelschiffahrt hielt inzwischen mich, wie viele andere zurück; was man aber noch vor kurzer Zeit als ganz unmöglich erklärte, nemlich eine Dampfschiffahrt von England nach America, wurde im Jahre 1838 durch die jederzeit glücklichen und schnellen Reisen von 4 englischen Dampfschiffen ausser Zweifel gesetzt. Ich verliess am 27. October 1838 die alte Welt von Bristol aus mit dem Dampfschiffe ‘Great Western’ und kam am 15. November in der neuen Welt, und zwar in New York an“(4). Grobe Skizze zu den Reisebewegungen Gerstners in den USA:
Copyright: Elmar Oberegger Erstellt mach den jeweiligen Abfassungsorten und -daten seiner „USA-Berichte“(s.u.) sowie dem Todesdatum.
III: Der endgültige Bruch mit dem Zaren(1839). Für die Hypothese, Gerstner hätte mehr Abstand gewinnen wollen, als dem Zaren lieb sein konnte, spricht vor allem die Tatsache, daß er in den USA sofort damit begann, „Forschungs-Berichte“ an die „Alte Welt“ zu schicken. Er wollte also nicht warten, bis das „Magnum Opus“(s.o.) irgendwann vollendet sei. Inzwischen wäre sein Name mit Sicherheit schon völlig in Vergessenheit geraten. Er wollte präsent sein und damit permanente Publicity. Gerstner ließ sich nicht so einfach „entsorgen“. Publiziert wurden seine Berichte u.a. in der Preußischen Staatszeitung. Der erste Bericht datiert vom 15. Januar 1839 und wurde in Boston verfasst. Der Zar verfolgte diese Entwicklung mit Argwohn und entschloss sich schließlich dazu, mit Gerstner zu brechen. Dies passierte wohl im Mai 1839. Denn am 1. Juni 1839 setzte der Zar zwei seiner Höflinge in Richtung USA in Marsch(„Melnikov/Kraft-Mission“), welche mit derselben Aufgabe betraut wurden wie Gerstner.(5) Als Gerstner von dieser Mission erfuhr, erlitt er einen neuerlichen gesundheitlichen Zusammenbruch. Eine derartige Erniedrigung hatte er wohl nicht erwartet. Sein großes Forschungswerk legte er auf Eis. Sein Assistent Ing. Ludwig Klein solle sich zukünftig darum kümmern. Aber er resignierte nicht und publizierte im August 1839 alle seine Berichte in Form eines Sammelbandes. Dort wurden auch Adressen angegeben, über die man mit dem Autor direkt in Kontakt kommen konnte. Gerstner - auf dem Gebiet des Eisenbahnwesens mittlerweile eine Kapazität von Weltgeltung - suchte einen neuen Job. Eine Rückkehr nach Europa plante er dabei gar nicht fix ein. Möglicherweise strebte er nach der Funktion eines „Eisenbahn- bzw. Kommunikations-Konsulenten“, welcher zwar in den USA lebt, jedoch aber für europäische Auftraggeber tätig ist. Vielleicht hatte er hierbei Preußen im Auge. In einem Bericht vom 15. Juni 1839 betont er immerhin sein „Deutschtum“.(6) Ob er allerdings damals bereits davon informiert war, dass der Zar mit ihm brechen würde, ist fraglich.
IV: Die „USA-Berichte“(1839). Titelblatt der Gerstnerschen USA-Berichte(1839):
Nun soll ein kurzer Einblick in die Gerstnerschen Forschungsberichte gegeben werden. Wir beginnen mit folgenden allgemeinen statistischen Angaben bezüglich des US-Eisenbahnwesens(7): 1830 umfaßte das Netz der USA ca. 64 Kilometer, 1835 bereits ca. 1283 Kilometer und 1840 - zum Zeitpunkt des Todes Gerstners - soll es bereits ca. 4436 Kilometer ausmachen.(s. Statistik) Das Wachstum des Eisenbahnnetzes in den USA 1830-1840:
nach: Enzyklopädie RÖLL Als „Erste Eisenbahn“ der USA wäre übrigens eine kleine Materialbahn in Quincy(Mass.) anzusehen, welche bereits 1826 eröffnet wurde. Hier wurde sie nicht verzeichnet. Das Netzwachstum in den USA (1830-1900):
nach: Enzyklopädie RÖLL „ ... die Americaner müssen ... mit Recht als jene Nation angesehen werden, die bisher vollkommen begriffen hat, dass Eisenbahnen nichts anderes als ‘sehr gute Strassen’ sind, und dass nur durch deren Einführung die zwei grössten inneren Feinde eines ausgedehnten Reiches, ‘der Raum und die Zeit’ mit Erfolg bezwungen werden können“(Gerstner 1839). Der Vergleich zu den Verhältnissen in Österreich:(8) 1832: ca. 128 km 1845: ca. 728 km Der Vergleich zu den Verhältnissen im Zarenreich:(9) 1838: ca. 27 km 1848: ca. 329 km Jeder aufmerksame Beobachter des damaligen Weltgeschehens - und dazu zählte Gerstner ohne Zweifel - musste sich angesichts des großen Wachstums des US-Netzes die entscheidende Frage stellen: WIE KANN DAS NUR SEIN? Und in diesem Zusammenhang soll er einst im Gespräch mit einem einfachen Wagenbauer in Philadelphia ein „Schlüssel-Erlebnis“ haben, welches wir nun näher ins Auge fassen wollen. Gerstner schreibt darüber: „Ich besuchte in Philadelphia einen Wagenbauer, der wegen seiner Geschicklichkeit allgemein bekannt ist, bisher aber noch kein Vermögen erwarb, indem er Alles auf fortwährende Versuche in Abänderung der Construcstion der Eisenbahn-Wagen verwendete. Können Sie eine grössere Bestellung übernehmen? fragte ich den Mann. - O ja, ich übernehme eine Bestellung von 20,000 Dollars und noch weit mehr, und verlange blos bei Ablieferung der Wagen Bezahlung in Wechseln auf 6 Monate Zeit - Aber wie wollen Sie diess anstellen, ohne bar Geld zu besitzen? erwiderte ich. - Nichts leichter als dieses, war die Antwort. So wie ich nämlich den Contract abgeschlossen habe, gehe ich in ein grosses Holz-Depot und suche mir den ganzen Bedarf von Holz und Bretern aus; der Holzhändler gibt mir auf blosse Vorweisung des Contractes Credit für wenigstens 8 Monate, innerhalb welcher ich die Bestellung ausführe. Auf gleiche Art erhalte ich Eisen, Leder, Messing und was ich sonst benöthige gegen Credit von 8 Monaten. Nun bedarf ich aber noch baar Geld, um jede Woche meine Arbeiter zu bezahlen; ich stelle einen Wechsel aus, den ein oder zwei Freunde indossiren und welchen ich bei der Bank verkaufe; so arbeite ich ruhig fort, und wenn ich nach Ablieferung der Wagen mit Wechseln auf 6 Monat Zeit bezahlt werde, so rechne ich mit dem Holzhändler und allen Andern ab, und bezahle sie mit den empfangenen Wechseln. Der Holzhändler selbst, fuhr der Mann fort, hat seinen Lagervorrath bei weitem nicht bezahlt, er erhielt das Holz aus dem Innern des Landes von Waldbesitzern, welchen die Banken schon Vorschüsse darauf machten, wie man im Walde zu fällen anfing; derselbe Fall ist bei dem Eisenhändler und allen Anderen, die mir creditiren; sie geben mir Waaren auf Credit, welche sie selbst noch nicht bezahlten, die ersten Erzeuger haben aber bereits von den Banken bedeutende Vorschüsse hierauf erhalten“(10). Der Wagenbauer zieht sodann gleich im Anschluß einen interessanten Vergleich zwischen Alter und Neuer Welt: „So geht es hier mit allen Geschäften, wir unternehmen Alles auf Credit; wer hier etwas gelernt hat, thätig und rechtschaffen ist, findet Credit und Geld, um jedes vernünftige Geschäft durchzuführen. Zuweilen geschieht es, dass die Speculation fehl schlägt und der Unternehmer Banqueroute macht, dann gleicht er sich mit seinen Creditoren aus, gibt ihnen, was er hat, und beginnt von Neuem. Es gibt Leute, welche vier- bis fünfmal in ihrem Leben fallirten, jedesmal neu anfingen und immer wieder Credit fanden, weil man sie als thätige und rechtschaffene Leute kannte; manche derselben hatten zu Ende ihres Lebens ein bedeutendes Vermögen, andere blieben arm. Die Banken und übrigen Creditoren verschmerzen einzelne Verluste sehr leicht, weil die Masse ihrer Geschäfte so gross ist, dass sie im Ganzen genommen doch immer nur gute Gewinne machen. So geht es bei uns in der neuen Welt; in der alten Welt, sagt man, sei Alles auf einen bleibenden soliden Fuss eingerichtet, und darum fände ein junger fähiger und thätiger Mann keine Unterstützung, wenn ihm das baare Geld fehlt, darum würden so wenig Unternehmungen ausgeführt, weil nur diejenigen, welche man für ganz sicher und gewiss hält, Aufnahme finden; allein die Erfahrung soll dort zeigen, dass man auch hierbei sich manchmal verrechnet, und weil die Masse der Geschäfte verhältnismässig so unbedeutend ist, so muss der Gewinn eines Geschäftsmannes in der alten Welt auch viel weniger als bei uns betragen, und die allgemeine Wohlfahrt des Landes muss bei weitem weniger zunehmen, als diess in der neuen Welt unter einem arbeitsamen, vorurtheilsfreien, sich wechselweise unterstützenden Volke der Fall ist“(11). In der „Alten Welt“ war der kreative, fortschrittliche Techniker - und Gerstner empfand sich als solcher(und ist auch historisch derart zu betrachten!) - stets mit Problemen konfrontiert, welche in der „Neuen Welt“ offenbar gar nicht existierten. Über diese Probleme wusste Gerstner aufgrund leidvoller persönlicher Erfahrungen genügend zu berichten. So war im Zusammenhang mit der Errichtung der Budweiser-Bahn sogar die Organisation einer „normalen Baustelle“(Spatenstich: Frühsommer 1825) zunächst höchst schwierig gewesen. Gerstner schrieb damals dazu in einem Bericht(6. Februar 1826). Verschiedenste Methoden hätten hier nicht zum gewünschten Erfolg geführt: „Die Ursache dieser Erscheinung muß auch vorzüglich noch dem Umstande zugeschrieben werden, daß alljährlich aus dem Budweiser und dem angrenzenden Taborkreise im Frühjahr und zwar gewöhnlich zu Josephi (19. März) eine Zahl von mehreren tausend kräftigen Arbeitsleuten, meistens geschickte Teichgraber, von hier in andere Provinzen und vorzüglich nach Ober- und Niederösterreich ziehen, um daselbst bis zum Spätherbste sich in Arbeit zu verdingen. Da nun diese Leute bereits lange von hier fortgegangen waren und auch vor Eintritt des Winters nicht zurückzukommen pflegen, so war ein bedeutender Mangel an Arbeitsleuten für die ganze Bauzeit des Jahres 1825 eingetreten; die Teichgrabermeister waren sämtlich fortgegangen und die wenigen Contrahenten bestanden daher aus Landsleuten, welche der Erdarbeiten meistens gar nicht kundig waren ...“(12). Um so mehr war Gerstner deshalb in den USA vom Vorhandensein eines der ersten wirklich modernen „Bagger“ beeindruckt: „Bei dem Baue der Eisenbahn von Worcester nach Springfield wird eine Erdabgrabungsmaschine(steam excavating machine) verwendet, wobei die Erde durch Dampfkraft ausgegraben, und auf die Bahnkarren geladen wird, während die ganze Maschine sich zu gleicher Zeit vorwärts bewegt. Die Arbeit der Maschine beträgt täglich 16,000 Cubikfuss“(13). Diese „Maschine“ war wohlgemerkt einerseits Instrument als auch Resultat des Finanz-Systems der USA. In Europa mußte man auf solche „Wunder-Maschinen“ noch sehr, sehr lange warten. Das Finanz-System der USA funktioniert also nicht nach dem Muster: „Hier ein Berg Geld, und wenn Du unfähig bist, das Werk bis zum Termin zu vollenden, dann wirst du entlassen“. Vielmehr basiert dieses auf Optimismus, Vertrauen und ehrlicher Leistung. Zu erwähnen ist allerdings, dass auch dieses System bis heute missbraucht wird. Das System der „Alten Welt“ hatte Gerstner besonders in Österreich und Rußland genügend kennengelernt und war natürlich vom US-System tief beeindruckt: Am laufenden Band wurden von fleißigen Leuten Träume verwirklicht; und dies noch dazu mit unsichtbarem Geld! Er schreibt dazu einmal voll Anerkennung: „Man sollte glauben, die vereinigten Staaten könnten ohne Banken oder ohne Credit gar nicht existiren, und frägt man, wodurch so viele volkreiche, gut gebaute Ortschaften in so wenig Jahren entstanden, wodurch die undurchdringlichen Waldungen in den westlichen Staaten cultivirt, wodurch die sumpfigen Ländereien am Mississippi in die schönsten Zucker- und Baumwoll-Plantagen verwandelt wurden, wodurch dieser allgemeine, überall sichtbare Wohlstand in so wenig Jahren bewirkt worden sei, so erhält man gewöhnlich zur Antwort: ‘Wir verdanken diess unsern Banken oder unserm Credit-System, denn Credit ist das erste Element der Wohlfahrt der Union!“(14) Im Zarenreich und in Österreich jedoch herrschte Stillstand... Dieses System, welches der Wagenbauer aus Philadelphia klar schildert(s.o.), ist das sogenannte „Wechsel-System“, welches bereits im mittelalterlichen Europa erfunden wurde, jedoch in den USA bis heute in den verschiedensten Formen praktiziert wird.(15) Es hat eine ungeheure Kraft, besonders dann, wenn es um „Allgemeinen Aufbau“ geht. „Cash“ benötigte der Wagenbauer zum Beispiel nur zur Auszahlung seiner Arbeiter. Dass dieses System im Eisenbahnsystem auch chaotische Zustände(s. „Eisenbahn-Kriege“) hervorbringen könnte, erkannte Gerstner freilich noch nicht.(16) Wie bereits gesagt waren in den USA nicht nur die Eisenbahnen das Interessensgebiet Gerstners. Ein besonderes Objekt seiner Bewunderung war somit auch der „Erie-Kanal“, welcher den Atlantik-Hafen New York über den Hudson mit dem bis heute wirtschaftlich sehr wichtigen „Großen Seen-Gebiet“(s. Karte) in Verbindung brachte.(s. Karten) Das Gebiet der „Großen Seen“: Eigentlich ein Binnen-Meer mit höchst ungünstigem Küstenverlauf.
Copyright: Elmar Oberegger Das Ausfallstor in Richtung Atlantik ist seit 1959 der (ausgebaute) „St.Lorenz-Strom“. Der „Erie-Kanal“ ist heute nur noch von touristischer Bedeutung. Der „Erie-Kanal“ heute:
Copyright: Elmar Oberegger Gleich in seinem ersten Bericht vom 15. Januar 1839 schreibt er darüber höchst detailreich. Auch die interessante Tatsache, daß dieser aufgrund seiner Unbefahrbarkeit im Winter sehr schnell durch Eisenbahnlinien ergänzt werden sollte, faszinierte ihn. Man kann durchaus behaupten, daß aus dem „Österreicher Gerstner“ in den USA ein „überzeugter US-Amerikaner“ geworden war. Eine große Karriere war ihm aber nicht mehr vergönnt.
V: Sein Tod in Philadelphia(1840). Die Hintergründe. Bedeutende Ehrungen in den USA 1940 und 1990. Gerstner war nach seinem Zusammenbruch im Jahre 1828(s.o.) offenbar nie wieder völlig gesund geworden.(17) Dieser hatte sich kurz vor seinem Abgang von der Baustelle der Budweiser-Bahn ereignet. Damals ging er für Wochen nach Bad Ischl zur „Wasser-Kur“. Betrachtet man die - durch krankhaften Ehrgeiz ständig angeheizte - Ruhelosigkeit dieses Menschen, so liegt in der Tat der Schluss nahe, dass er bereits jahrelang am gefährlichen „Burn-Out-Syndrom“ litt. Wird dieses nicht in seiner vollen Tragweite zur Kenntnis genommen, so kann es zum Ausbruch verschiedener tödlich verlaufender Krankheiten kommen. Es ist - wie oben bereits gesagt - überliefert, daß Gerstner im Sommer 1839 erneut gesundheitlich am Ende war. Damals waren die „Konkurrenz-Ingenieure“ aus Rußland in den USA angekommen. Mit seiner inzwischen schwangeren Frau Clara reiste er damals ans Meer bei Cape May(NJ). Gerstner schwamm regelmäßig im Meer und begann gemeinsam mit seiner Frau eine neue Zukunft zu planen. Professionelle Ärzte ließ er während dieser Zeit nicht an sich heran. In Cape May entstand auch sein letzter USA-Bericht(29. Juli 1839). Im Spätsommer ging das Paar nach Philadelphia, wo es am 1. September 1839 ankam. Zunächst lebte man im Hotel, zog dann aber in ein Haus ein, welches die Ehefrau als Fundament für ein glückliches Familienleben betrachtete. Eine Rückkehr nach Europa war vorerst nicht mehr aktuell. Im November unternahm Gerstner eine letzte Eisenbahn-Forschungsreise nach Albany(NY). Clara brachte Ende 1839 eine Tochter zur Welt, welche - zur Ehrung ihrer neuen Heimatstadt - „Philadelphia“ genannt wurde. Um die Jahreswende 1839/40 wurde Gerstner schließlich ganz plötzlich wirklich ernsthaft krank und starb schließlich am 12. April 1840, also kurz vor seinem 44. Geburtstag. Seine Gattin interpretierte dies letztlich als Resultat einer „Überbeanspruchung“. Gerstner wurde am „Laurel Hill-Friedhof“ zu Philadelphia bestattet. 1940 wurde sein Grabstein durch die „Railway and Locomotive Historical Society“ restauriert. 1990 wurde durch dieselbe Gesellschaft der alte Grabstein beseitigt und durch einen neuen, aus Granit gefertigten, ersetzt. Die Festrede war eindrucksvoll. 1997 erschien sein großes „USA-Handbuch“, welches durch seinen Assistenten Ing. Ludwig Klein 1842/43 publiziert worden war, in englischer Übersetzung. Deutsche Fassung: Ludwig KLEIN(Hg.): Franz Anton Ritter v. Gerstner-Die innern Communicationen der Vereinigten Staaten von Nordamerica. Nach dessen Tode aufgesetzt, redigirt und herausgegeben von Ludwig Klein. 2 Bände. -Wien 1842/43. Engl. Ausgabe: Frederick C.GAMST(Ed.): Early American Railroads. Franz Anton Ritter von Gerstner’s Die inneren Communicationen(1842-1843). -Stanford 1997.
VI: Anmerkungen. 1) Zu den Hintergründen siehe etwa Elmar OBEREGGER: A Brief History of the „Budweiser Pferdeeisenbahn“(Horse-Drawn-Railway Budweis-Linz-Gmunden). –Sattledt 2010. 2) Vgl. Bruno ENDERES: Die „Holz- und Eisenbahn“ Budweis-Linz. Das erste Werk deutscher Eisenbahnbaukunst. –Linz 2007(Nachdruck),S. 11 f. 3) Siehe dazu Elmar OBEREGGER: Professor Franz Anton von Gerstner(1796-1840), der Vater des russischen Eisenbahnwesens. Die „St. Petersburg-Pawlowsker-Bahn“(1837). –Sattledt 2010. 4) Bericht aus Boston vom 15. Januar 1839, in: Franz A. GERSTNER: Berichte aus den Vereinigten Staaten von Nordamerica. Über Eisenbahnen, Dampfschiffahrten, Banken und andere öffentliche Unternehmungen. –Leipzig 1839, S. 1 ff. Hier: S. 1. 5) Vgl. Frederick C.GAMST(Ed.): Early American Railroads. Franz Anton Ritter von Gerstner’s Die inneren Communicationen(1842-1843). –Stanford 1997, S. 30. 6) Vgl. Bericht aus New Albany im Staate Indiana vom 15. Juni 1839. In: USA-Berichte a.a.O., S. 35 ff. Hier: S. 46. 7) Vgl. dazu v.a. George H. DRURY: The Historical Guide to North American Railroads. -Waukesha 2000.; William D. MIDDLETON u.a.(Hrsg.): Encyclopedia of North American Railroads. -Bloomington 2007. 8) Siehe Art. „Österreichische Eisenbahnen“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor Röll. -Berlin/Wien 1912. 9) Siehe Art. „Russische Eisenbahnen“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor Röll. -Berlin/Wien 1912. 10) Bericht aus Louisville in Kentucky vom 5. Juni 1839. In: USA-Berichte a.a.O., S. 30 ff. Hier: S. 30 f. 11) Bericht aus Louisville in Kentucky vom 5. Juni 1839. In: USA-Berichte a.a.O., S. 30 ff. Hier: S. 31 12) Zit. b. ENDERES a.a.O., S. 43. 13) Bericht aus Augusta in Georgia vom 15. April 1839. In: USA-Berichte a.a.O., S. 14 ff. Hier: S. 17 14) Bericht aus Louisville in Kentucky vom 5. Juni 1839. In: USA-Berichte a.a.O., S. 30 ff. Hier: S. 30. 15) Vgl. dazu etwa Karl WALKER: Das Geld in der Geschichte. -Lauf 1959.; Wolfgang ZÖLLNER: Wertpapierrecht. - München 2006(15). 16) Vgl. dazu etwa den Art. „Vereinigte Staaten“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor Röll. -Berlin/Wien 1912. 17) Vgl. zu den folgenden Ausführungen Early American Railroads a.a.O., S. 28 ff.
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