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>> ZWEITE EISENBAHNVERBINDUNG MIT TRIEST. |
Dieser ungenaue und damit problematische Begriff stammt aus der Zeit der alten Donaumonarchie. Er bezeichnet grundsätzlich das Bestreben, neben der seit 1857 fertiggestellten „Erzherzog Johann-Bahn“(Wien-Semmering-Triest) eine neue Linie bzw. neue Linien in Richtung des österreichischen Seehafens Triest zu errichten. Historisch betrachtet war dieses Problem bereits mit dem im Jahre 1851 zwischen Österreich und Bayern geschlossenen Staatsvertrag relevant geworden. Dieser sah die Herstellung einer - wie auch immer konkret gearteten - Eisenbahnverbindung von Salzburg nach Bruck a.d. Mur(= Station der neuen Wien-Triester-Bahn) vor.(1) Aus Kostengründen blieb das Projekt jedoch unrealisiert. Nach Fertigstellung der Triesterbahn(1857) kamen sodann Konzepte auf, welche sich einerseits am böhmischen, andererseits am bayerischen Raum(via Tauern bzw. Udine) orientierten.(2) Somit müßte man eigentlich von einer „2. und 3. Eisenbahnverbindung mit Triest“ sprechen. Wenn man jedoch abstrahiert, dann ging es damals ganz einfach darum, die „Erste Eisenbahnverbindung“ mit Triest durch eine „Zweite Eisenbahnverbindung“ in Form von ein bis zwei neuen Bahnlinien zu ergänzen. Am Ende wurden - nach sehr langem „Trassen-Streit“(über 30 Jahre) - unter dem Titel „Zweite Eisenbahnverbindung mit Triest“ von 1900/01-1906/09 gleich mehrere „Neue Alpenbahnen“(Tauern-, Pyhrn-, Karawanken-, Wocheiner- und Karstbahn) errichtet.(3) Betrachten wir nun die Entwicklungsstadien des Triester Hafenplatzes: Erst bis 1883 wurde ein moderner - also v.a. mit Kränen ausgestatteter - Eisenbahnhafen(„Porto Nuovo“) errichtet. Zuvor standen sich die Schiffe am Alten Hafen(„Porto Vecchio“) ständig gegenseitig im Weg und die Ent- und Beladungsarbeiten gingen per Muskelkraft vor sich. Das alles verschlang kostbare Zeit und verminderte die internationale Konkurrenzfähigkeit. Eigentlich hätte dieser „Porto Nuovo“ bereits 1874 fertiggestellt sein sollen. Erst bis 1909/15 gelang es, einen weiteren modernen Triester Eisenbahnhafen(„Franz Joseph-Hafen“) zu errichten.(4) Historisch ist interessant, daß die Möglichkeit, sowohl Böhmen als auch Bayern eisenbahnmäßig an Triest heranzuführen, rein strukturell bereits seit dem Jahr 1874 bestand. Damals standen grundsätzlich folgende Korridore offen: 1) München-Innsbruck-Brenner-Franzensfeste-Villach-Tarvis(Tarvisio)-Laibach(Ljubljana)-Triest. 2) Prag-Budweis(C.Budejovice)St.Valentin-Selzthal-St.Veit/Gl.-Villach-Tarvis-Aßling(Jesenice)-Laibach-Triest. Die Triester Eisenbahnsituation im Jahr 1874:
Copyright: Elmar Oberegger Durch die Eröffnung der Verbindungsbahn Budweis-Wessely(Franz Joseph-Bahn) wurde dieses System vervollständigt. Die Bedeutung der Pragerhofer Zweiglinie(Pragerhof/Pragersko-Budapest) der „Südbahn-Gesellschaft“ wurde freilich durch die 1873 eröffnete, neue Staats-Verbindung Budapest-Zagreb-Rijeka(Fiume) immens geschmälert. Das war aber ein politisches und kein verkehrsmäßiges Problem. Hanns Haas hat also unrecht, wenn er in seinem Aufsatz „Triest im altösterreichischen Verkehrssystem“ schreibt: „Triest ging (...) leer aus, als Österreichs Bahnnetz zur Gründerzeit durch staatlich konzessionierte private Bautätigkeit vervollständigt wurde“(5). Der stolze Bahnhof von Innichen zwischen Franzensfeste und Lienz:
Copyright: Elmar Oberegger Teil der volkswirtschaftlich leider bedeutungslos gebliebenen Relation München-Triest(1873). Jedoch befanden sich beide Korridore im Besitz verschiedener Privatgesellschaften. Ferner war der Triester Hafenplatz noch nicht für den modernen Verkehr ausgebaut.(s.o.) Wahrscheinlich war letzterer Punkt dafür ausschlaggebend, daß man staatlicherseits gar nicht daran dachte, mit den diversen Privat-Gesellschaften in spezielle „Tarif-Verhandlungen“ einzutreten. Somit blieb die oben dargestellte Struktur volkswirtschaftlich unfruchtbar. Die Linie über den Brenner blieb eindeutig die Bahn Venedigs, Böhmen wickelte seinen Verkehr nach wie vor via Hamburg ab. Zu erwähnen ist, daß mit der Realisierung der oben genannten Korridore eigentlich jener Plan umgesetzt wurde, welchen der damalige Handelsminister Bernhard von Wüllerstorf-Urbair im Jahre 1866 vorgelegt hat. Die Errichtung einer „Tauern-Bahn“ wäre seiner Argumentation nach nicht von staatstragender Bedeutung und damit „Ländersache“ gewesen.(6) Das Problem „Zweite Eisenbahnverbindung mit Triest“ im Eisenbahn-Memorandum von Wüllerstorf-Urbair(1866):
Nach der Kartenbeilage von: B.v.Wüllerstorf-Urbair, Ein Eisenbahnnetz für die österreichische Monarchie, in: Österreichische Revue 1866, S. 22 ff. Erzherzog Johann-Bahn seit 1857 existent, Brenner-Bahn 1866 i. Bau, Relationen Franzensfeste-Villach und Prag-Enns-Laibach i. Planung. Die Lösung des „Triester (Eisenbahn-)Problems“ ging also höchst schleppend und damit volkswirtschaftlich ungünstig vor sich. So glaubte man z.B. in „Meyers Konversations-Lexikon“(Leipzig) im Jahre 1889 gar nicht mehr an die Umsetzung der großen Eisenbahnpläne.(7) Ferner wurden naheliegende Möglichkeiten nicht erkannt, der geplante Ausbau des Hafens verspätete sich um ca. 10 Jahre. Bereits 1879 war Triest von Venedig überrundet worden.(8) Letzten Endes setzte Österreich auf die Errichtung von teuren „Direkt-Linien“ durch das Gebirge.(s.o.) Im Jahr 1918/19 zerfiel der Staat.
Anmerkungen: 1) Vgl. Reichsgesetzblatt 31 (1852). 2) Vgl. Hermann STRACH: Allgemeine Geschichte der österreichischen Eisenbahnen seit 1897. In: GDÖU V/1, S. 1 ff. Hier: S. 39 und S. 44. 3) Nach STRACH a.a.O.(S. 38) beginnt der Begriff genau an dieser Stelle historisch in hohem Maße problematisch zu werden. Aus rein pragmatischen Gründen behält er ihn jedoch dennoch bei. Vgl. zum Gesamtproblem den Art. „Transalpina“ in dieser Enzyklopädie. 4) Vgl. dazu den Art. „Eisenbahnhafen Triest“ in dieser Enzyklopädie. 5) Hanns HAAS: Triest im altösterreichischen Verkehrssystem. Ein eisenbahngeschichtlicher Versuch. In: Festschrift F. Kreissler. Hrsg. v. R. Altmüller u.a. -München 1985, S. 91 ff. Hier: S. 95. 6) Vgl. Bernhard von WÜLLERSTORF-URBAIR: Ein Eisenbahnnetz für die österreichische Monarchie. In: Österreichische Revue 1866, S. 22 ff. HAAS a.a.O. irrt sich also schon wieder, wenn er zum „Reichsbahn-Konzept“ von Wüllerstorf-Urbair sagt: „Dieser Ausbauplan wurde nur höchst unvollkommen oder in Varianten verwirklicht, die Triest wenig nützten“(S. 94). 7) Unter „Triest“(Bd. 15) lesen wir, daß von Triest zwei Bahnen ausgehen würden(Erzherzog Johann-Bahn und Hrpelje-Bahn). Ferners: „...alle anderen Projecte(Lacker Bahn, Predil- und als Fortsetzung die Tauernbahn) scheitern an den technischen Schwierigkeiten und den Kosten“(S. 840). 8) Vgl. dazu den Art. „Eisenbahnhafen Venedig“ in dieser Enzyklopädie.
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