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>> TSCHECHISCHE EISENBAHNEN. |
Im Jahr 1993 zerfiel die „Tschecho-Slowakei“ in zwei Staaten: „Tschechien“ und „Slowakei“. Tschechien ist zwar geographisch nicht mehr dem Donauraum zuzurechnen, gehört aber zum Einzugsbereich der nördlichen Adriahäfen. Ferner ist das Land mit der österreichischen Geschichte in hohem Maße verwoben. Historisch betrachtet besteht „Tschechien“ aus Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien, also Gebieten, welche im Rahmen der Donaumonarchie wirtschaftlich sehr wichtig waren. Dieser Umstand spiegelt sich auch im Eisenbahnwesen wider, welches ab dem 19. Jahrhundert das wichtigste Kommunikationssystem zwischen den industriellen Institutionen darstellte. Das tschechische Netz ist eines der dichtesten Europas. Das tschechische Netz:
Aus: CD-Kursbuch 04/05. Der Ausbau(160 km/h Spitze) der Linien Decin-Praha-Breclav/Breclav-Prerov-Petrovice(Staatsgrenze) wurde erst unlängst erfolgreich abgeschlossen. Die Relation Praha-C.Budejovice-Summerau wird jedoch vernachlässigt. Die Anfänge des tschechischen Netzes waren bescheiden: Bis 1832 wurde Budweis(C.Budejovice) mit Urfahr bei Linz durch eine Pferde-Eisenbahn verbunden, welche später bis Gmunden verlängert wurde. Ihre Funktion bestand im Salztransport. Böhmen war zwar mit vielerlei Rohstoffen „gesegnet“, entbehrte jedoch des „Weißen Goldes“.(1) Im Jahre 1838 wurde die sogenannte „Prag-Lanaer-Pferde-Eisenbahn“ von Prag bis zum Ufer der Klicava eröffnet, welche eine „Schwere Geburt“ darstellte und in wirtschaftlicher Hinsicht als Fehlschlag zu bezeichnen ist.(2) Mähren und Schlesien wurden von vorne herein durch eine Lokomotiv-Bahn, nämlich die „Kaiser Ferdinands-Nordbahn“, erschlossen.(3) Bis 1840 war Brünn(Brno) mit Wien verbunden, bis 1841 Olmütz(Olomouc). Im Jahre 1842 entschloß sich der Staat dazu, einen von beiden Bahnhöfen ausgehenden und über Prag(Praha) führenden „Transit-Korridor“ bis zur Staatsgrenze bei Tetschen-Bodenbach zu errichten. Transit-Korridor Brünn/Olmütz-Prag-Bodenbach(1851):
Copyright: Elmar Oberegger Als erstes Teilstück konnte im Jahr 1845 die Strecke Prag-Olmütz fertiggestellt werden. Mit der Errichtung dieser Linien(1851) wurde die wichtige Direktverbindung Wien-Brünn/Olmütz-Prag-Nordseehafen Hamburg hergestellt. Die Relation Brünn-Wien-Semmering-Triest wurde erst bis 1857 ins Leben gerufen. Doch angesichts der technischen Unterentwicklung des Triester Hafens wurde diese wenig genützt. Die Pferde-Eisenbahn Linz-Budweis wurde bis 1872/73 in eine Lokomotivbahn erster Ordnung umgestaltet und um den Zweig Gaisbach-Wartberg - St. Valentin ergänzt. Ab 1874 existierte schließlich eine via St. Valentin führende Direkt-Verbindung zwischen Prag und Triest.(4) Doch auch diese Linie wurde aufgrund des ungenügenden Entwicklungsstandes des Triester Hafenplatzes kaum genutzt. Die Lage änderte sich erst nach der Umsetzung massiver Modernisierungsmaßnahmen.(5) Relation Prag-Triest: Tauern- und Pyhrn/Gesäuse-Korridor(1874, 1906/09).
Copyright: Elmar Oberegger In Triest wurde bis 1883 der „Porto Nuovo“ errichtet, welcher bis 1909/15 um den „Franz Joseph-Hafen“ ergänzt wurde. Darüberhinaus wurden zwischen 1900/01 und 1906/09 „Neue Alpenbahnen“ hergestellt, welche den Weg Prag-Triest attraktivierten. Auf der Friedenskonferenz von St. Germain(1919) bestand die neu gegründete Tschecho-Slowakei schließlich mit Nachdruck auf der Möglichkeit der freien Benutzung des „Pyhrn-Korridors“(s. Vertragstext Kap. V, 35). Der „Eiserne Vorhang“ zerstörte diese alten Transit-Strukturen: Fortan wurde der Verkehr Wien-Hamburg via Passau abgewickelt, der tschechische Adria-Verkehr via Bratislava. Während die Linien Wien-Prag-Hamburg und Prag-Tauern-Adria heute wieder intakt sind, hat die Linie Prag-Linz-Adria noch immer nicht zu ihrer eigentlichen Bestimmung zurückgefunden. Das Hauptproblem liegt darin, daß der Abschnitt Budweis-Linz-Selzthal bis heute nicht befriedigend ausgebaut wurde.(6) Noch heute wird der tschechische Adria-Verkehr vorwiegend via Bratislava abgewickelt. Abschließend ein kurzer Überblick über die wichtigsten privaten Eisenbahn-Projekte, welche zur Verdichtung des tschechischen Netzes beigetragen haben:(7)
1) „Buschtehrader-Bahn“: 1852 gegründet, 1924 verstaatlicht. Der Hauptstrang:
Copyright: Elmar Oberegger Umfang des Gesamt-Netzes schließlich ca. 500 Kilometer. 2) „Südnorddeutsche Verbindungsbahn“: Diese wurde 1856 konzessioniert und 1909 verstaatlicht. Der Hauptstrang reichte von Pardubitz(Pardubice) nach Reichenberg(Liberec). Das Gesamt-Netz umfaßte schließlich ca. 285 Kilometer. 3) „Aussig-Teplitzer-Eisenbahn“: 1858 gegründet, 1924 verstaatlicht. Der Hauptstrang reichte von Aussig(Usti n.L.) nach Teplitz(Teplice). Das Gesamtnetz umfaßte schließlich eine Länge von ca. 300 Kilometern. 4) „Böhmische Westbahn“: 1859 gegründet, 1894 verstaatlicht. Der Hauptstrang:
Copyright: Elmar Oberegger 5) „Böhmische Nordbahn-Gesellschaft“: 1863 gegründet, 1909 verstaatlicht. Der Hauptstrang reichte von Bakov(Bakov n.J.) bis Ebersbach(Sachsen). 6) „Kaiserin Elisabeth-Bahn“:(8) 7) „Kaiser Franz Joseph-Bahn“:(9) Bedeutung der Franz Joseph-Bahn und der Elisabeth-Bahn für das tschechische Netz:
Copyright: Elmar Oberegger 8) „Österreichische Nordwestbahn“: 1868 gegründet, 1908 verstaatlicht. Der Hauptstrang:
Copyright: Elmar Oberegger 9) „Dux-Bodenbacher-Bahn“: 1869 gegründet, 1892 verstaatlicht. Das Netz umfaßte die Linien Dux(Duchov) - Tetschen-Bodenbach(Decin hl.n.), Ossegg(Osek)-Komotau und mehrere Zweiglinien. 10) „Prag-Duxer-Bahn“: 1870 gegründet, 1884 verstaatlicht. Der Hauptstrang:
Copyright: Elmar Oberegger Der Verdichtungsprozeß des Netzes erhielt durch das „Lokalbahngesetz 1880“ erneuten Auftrieb. Bereits 1881 wurde ein Unternehmen namens „Böhmische Kommerzialbahnen“ gegründet. Im Jahr 1910 wurde es verstaatlicht.(10) Eine detaillierte Analyse der Geschichte des tschechischen Eisenbahnnetzes bedeutet mit Sicherheit eine Lebensaufgabe.(11) Neuer „Pendolino-Triebwagen“(vmax: 230 km/h) der CD zu Gast in Wien-Süd (2007):
Als EC 73 „Johann Gregor Mendel“(Wien-Prag-Wien). Heute existieren folgende Pendolino-Linien: Praha Holesovice-Brno-Wien Süd; Praha Holesovice-Brno-Bratislava; Praha Holesovice-Olomouc-Ostrava.
Anmerkungen: 1) Vgl. dazu Elmar OBEREGGER Elmar: Der Eiserne Weg nach Böhmen. Von der Pferde-Eisenbahn zur Summerauer-Bahn. In: Kohle und Dampf. Katalog zur oö.Landesausstellung. Red. Julius Stieber. -Linz 2006, S. 247 ff.; Art. „Österreichische Pferdeeisenbahnen“ dieser Enzyklopädie. 2) Vgl. Art. „Österreichische Pferdeeisenbahnen“ a.a.O. 3) Vgl. Art. „Kaiser Ferdinands-Nordbahn“ dieser Enzyklopädie. 4) Ermöglicht wurde diese Verbindung erst durch die Herstellung des Abschnitts Budweis-Wessely(„Kaiser Franz Joseph-Bahn“). Siehe dazu den entsprechenden Art. dieser Enzyklopädie. Ab 1867 war übrigens Westböhmen über die „Brenner-Bahn“(s. Art) mit dem Hafen Venedig(s. Art) verbunden. 5) Vgl. dazu OBEREGGER a.a.O.; Ders.: Eisenbahntransit in Oberösterreich. Geschichte und Gegenwart. In: Kohle und Dampf. Katalog zur oö.Landesausstellung. Red. Julius Stieber. -Linz 2006, S. 202 ff.; ferner die Art. „Budweiser-Bahn“, „Kaiser Franz Joseph-Bahn“, „Kronprinz Rudolf-Bahn“, „Kaiserin Elisabeth-Bahn“, „Südbahn-Gesellschaft“, „Zweite Eisenbahnverbindung mit Triest“, „Eisenbahnhafen Triest“ und „Transalpina“ dieser Enzyklopädie. 6) Vgl. dazu den Art. „Österreichische Eisenbahnen“ dieser Enzyklopädie; ferner OBEREGGER, Transit a.a.O. 7) Vgl. dazu die entsprechenden Art. bei Victor RÖLL(Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. -Berlin/Wien 1912 ff. Vgl. auch die erste Auflage des Werkes(Wien 1890 ff.) 8) Siehe dazu den entsprechenden Art. dieser Enzyklopädie. 9) Siehe dazu den entsprechenden Art. dieser Enzyklopädie. 10) Vgl. dazu Oldrich DRAHONOVSKY: Die Böhmischen Commercialbahnen(B.C.B.). In: Eisenbahn 5 (1972), S. 65 ff. 11) Vgl. zur Verkehrsgeschichte der CSSR grundlegend Josef HONS: Dejiny dopravy na uzemi CSSR. -Bratislava 1975; zur Eisenbahngeschichte Miloslav STEPAN: Prehledne dejiny ceskoslovenskych zeleznic 1824-1948. -Praha 1958.
Copyright: Elmar Oberegger 2007. |
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