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>> SÜDBAHN-GESELLSCHAFT.

 

I: Vorbemerkungen.

Die im Jahr 1858 konzessionierte „Südbahn-Gesellschaft“ stellte das bedeutendste österreichische Privatbahn-Unternehmen dar. Ihre allgemeine juristische Geschichte ist von mannigfachen Wandlungsprozessen gekennzeichnet. Ursprünglich nannte sie sich: „k.k.priv.südliche Staats-, lombardisch-venezianische und zentral-italienische Eisenbahngesellschaft“. Ihr Sitz war grundsätzlich in Wien. In Budapest wurde in der Folge eine Generaldirektion gegründet.

Nach dem politischen Ende der Donaumonarchie existierte die Gesellschaft - wenngleich in stark beschnittener Form - weiter. Erst Ende des Jahres 1982 wurde sie als „Donau-Save-Adria-Eisenbahngesellschaft(DOSAG)“ aus dem österreichischen Handelsregister gelöscht.

Ihr weitläufiges Streckennetz zerfiel um 1900 in österreichische und ungarische Linien. Über 500 Kilometer Strecke wurden pachtweise betrieben.

Das Netz um 1900:

Copyright: Elmar Oberegger

Zu den österreichischen Linien waren zu zählen:

1) Wien-Semmering-Triest.

2) Mödling-Laxenburg.

3) Wiener Neustadt-Landesgrenze(- Ödenburg/Sopron).

4) Bruck a.d. Mur-Leoben.

5) Marburg(Maribor)-Villach-Lienz-Franzensfeste.

6) Pragerhof(Pragersko)-Polsterau(Sredisce)-Landesgrenze(- Budapest).

7) Steinbrück(Zidani Most)-Rann(Brezice)-Landesgrenze(- Sissek/Sisak).

8) St. Peter im Karste(Pivka)-Landesgrenze(-Fiume/Rijeka).

9) Nabresina(Aurisina)-Cormons-Staatsgrenze zu Italien.

10) Kufstein-Ala-Staatsgrenze zu Italien.

11) Liesing-Kaltenleutgeben(Lokalbahn).

12) Spielfeld-Luttenberg(Ljutomer)(Lokalbahn).

13) Mödling-Hinterbrühl(Lokalbahn).

 

Zu den ungarischen Linien waren zu zählen:

1) Landesgrenze bei Polsterau - Groß-Kanisza.

2) Landesgrenze bei Wiener Neustadt - Groß-Kanisza.

3) Groß Kanisza-Budapest/Uj Szöny.

4) Mezö Keresztúr-Barcs.

5) Landesgrenze-Rijeka(ca. 3 km).

6) Landesgrenze Agram(Zagreb)-Sissek.

 

II: Die Konzession vom 23. September 1858.

Schon vor der Mitte der 1850er Jahre zeigte sich deutlich, daß die im Jahr 1841 begonnene Staatsbahn-Politik nicht mehr aufrecht zu erhalten war. Den unmittelbaren Grund bildete aber nicht etwa ein Mißerfolg im Bereich des Betriebes: Das Anlagekapital hatte sich 1851 mit 2,4% und 1854 mit 3,1% zufriedenstellend verzinst. Der unmittelbare Grund lag vielmehr im Umstand, daß der Kapitalbedarf des Staates permanent angestiegen war. Somit fiel folgende eisenbahnpolitische Entscheidung: Bisherige Staats-Linien sollen verpachtet, die Errichtung neuer Strecken soll grundsätzlich von privatem Kapital gespeist werden(Konzessionsgesetz 1854).

Im Jahre 1857 wurde die noch auf Staatskosten hergestellte Linie Wien-Triest eröffnet. Sie bildete einen Teil der ehrgeizigen „Militärlinie“ Wien-Oberitalien. Für diese Strecke von Wien nach Triest interessierte sich sofort ein ausländisches Bankenkonsortium. Doch es wollte diese nicht pachten, sondern kaufen. Der Staat gab diesem Wunsch schließlich nach.

Mit obigem Konsortium wurde am 23. September 1858 ein Konzessions-Vertrag geschlossen, welcher der neuen Eisenbahnpolitik durchaus entsprach: Neben dem Erwerb der Linie Wien-Triest ging es auch um die Errichtung von Strecken, welche zwar bereits anderen Privatgesellschaften übertragen worden waren, jedoch aber noch nicht errichtet wurden. Man strebte also staatlicherseits nach einer „Großen Fusion“.

Folgende Eisenbahnen waren Teil der Konzession:

1) Wien-Semmering-Triest, samt Zweiglinien(Mödling-Laxenburg und Wiener Neustadt-Ödenburg).

2) Marburg-Villach.

3) Steinbrück-Agram-Sissek mit Zweigbahn Agram-Karlstadt(Karlovac).

4) Verona-Bozen-Brixen-Innsbruck-Kufstein.

Angesichts der Kapitalkraft des Bankenkonsortiums gelang die „Große Fusion“ bereits bis 1. Januar 1859: Gemeinsam mit der „Lombardisch-Venezianischen-Eisenbahngesellschaft“ und der „Kaiser Franz Joseph-Orientbahngesellschaft“ bildete dieses fortan die „k.k.priv.südliche Staats-, lombardisch-venezianische und zentral-italienische Eisenbahngesellschaft“. Das neue Unternehmen bezog seinen Sitz in Wien.

Die Dauer der Konzession wurde mit 90 Jahren festgesetzt, und begann offiziell am 1. Januar 1865. Der Staat hatte sich das Recht auf Einlösung der Gesellschaft gesichert.

 

III: Vorgeschichte und Inhalt der „Baseler Konvention“(1859-1875).

Die Geschichte verlief anders als vorgesehen: Nach der Schlacht von Solferino(24. Juni 1859) kam es zur Abtretung der Lombardei. Dies zog natürlich mannigfache juristische Probleme nach sich. Seit 1859 lagen folgende Linien auf fremdem Terrain:

1) Magenta-Mailand(Milano)-Peschiera.

2) Mailand-Camerlata-Como.

Hinzu kam noch eine Reihe gültiger Konzessionen.

Der Eisenbahnbau blieb angesichts dessen jedoch nicht stehen: Bis 1860 wurde die Linie Nabresina-Cormons-Udine-Casara vollendet. Damit war die Verbindung Wien-Venedig hergestellt. Bis 1861 wurden die Linien Pragerhof-Gr.Kanisza-Stuhlweissenburg(Székésféhervar)-Budapest/Uj Szöny errichtet.

Die lombardischen Bahnen wurden in der Folge von Mailand, die österreichischen von Wien aus verwaltet. Man befand sich letzten Endes innerhalb eines Schwebezustandes.

Die neue Situation erforderte also die umgehende Formulierung neuer Statuten, welche am 20. Juni 1862 rechtlich wirksam wurden. Die Gesellschaft besaß seither gleichzeitig drei verschiedene Bezeichnungen:

1) „k.k.priv. Südbahn-Gesellschaft“(für die österreichischen Belange).

2) „Lombardisch- und zentralitalienische Eisenbahngesellschaft(für die italienischen Belange), und:

3) „Vereinigte südösterreichische, lombardische und zentralitalienische Eisenbahn-Gesellschaft“(für die allgemeinen Belange).

In der Folge konnten nachstehende Linien eröffnet werden:

1) Marburg-Villach.

2) Agram-Karlstadt(Karlovac).

3) Ödenburg-Gr.Kanisza.

Doch die juristische Organisation der Gesellschaft war in höchstem Maße bedenklich. Man arbeitete bereits an einer Erneuerung der rechtlichen Verhältnisse, als im Jahre 1866 Venetien für Österreich verlorenging.

Auch angesichts dessen blieb der Bahnbau nicht stehen: Im Jahre 1867 wurde die „Brenner-Bahn“ von Innsbruck nach Bozen eröffnet, im Jahr darauf die Linien Gr.Kanisza-Barcs und Bruck a.d. Mur-Leoben. Bis 1871 wurde die Strecke Villach-Lienz-Franzensfeste fertiggestellt. Im Jahre 1873 konnte die Bahn von St. Peter nach Rijeka dem Verkehr übergeben werden.

Erst mit der „Baseler Konvention“ vom 17. November 1875 wurde die Frage der inneren Ordnung der Gesellschaft geklärt. Endlich wurde die Trennung des österreichischen Netzes vom italienischen beschlossen. Gefördert wurde dieser Schritt durch den Plan Italiens, zum Staatsbahn-System überzuwechseln. Am 1. Juli 1876 war die Trennung vollzogen.

In der Folge trug die Gesellschaft den Namen „k.k.priv. Südbahn-Gesellschaft“.

 

IV: Vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Ende.

Im Gegensatz zur „Kaiser Ferdinands-Nordbahn“ stellte die „Südbahn-Gesellschaft“ in der Tat kein Erfolgsunternehmen dar. So wurde z.B. nicht einmal ein Gleis der erworbenen doppelgleisigen Strecke von Wien nach Triest vollends ausgenutzt.

Besonders der Bahnbau in Italien hatte die Gesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten gebracht. Vermehrt wurden diese im Jahr 1879, als die einst garantierte Steuerfreiheit endete.

Damit brach eine Phase des Feilschens und Verhandelns an, welche bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges dauerte. Danach war die Gesellschaft ruiniert.

Die Antwort auf die Frage, warum der Staat die „Südbahn-Gesellschaft“ nicht aufgekauft hat, könnte wie folgt beantwortet werden: Sie war nichts Anderes als ein schwächelnder Koloß, also kein „Schatz“ wie die Kaiser Ferdinands-Nordbahn. Hinzuweisen ist besonders darauf, daß der Staat um die Jahrhundertwende zur Verwirklichung der „Neuen Alpenbahnen“ große Summen investieren mußte. Somit erschien es vorerst als günstig, die Gesellschaft zu lenken, anstatt aufzukaufen. Besonders in tariflicher Hinsicht wurde Druck ausgeübt. Man kann jedoch mit Sicherheit behaupten, daß die „Südbahn-Gesellschaft“ früher oder später verstaatlicht worden wäre, wenn die Donaumonarchie Bestand gehabt hätte. Doch der Erste Weltkrieg ging verloren.

Aufgrund der Friedensbestimmungen von St. Germain(1919) fiel der weitaus größte Teil(70%) des Netzes den Nachfolgestaaten zu. Auch das „Rollende Material“ wurde aufgeteilt. Die Schulden des Unternehmens mußte allerdings der österreichische Staat tragen.

Die „Südbahn-Gesellschaft“ existierte rechtlich nur in Österreich und Ungarn weiter. Am 30. Juni 1932 erfolgte die Eingliederung der verbliebenen ungarischen Linien ins Netz der MÁV. In Österreich wurde die Gesellschaft im Jahr 1923 in „Donau-Save-Adria-Eisenbahngesellschaft(DOSAG)“ umbenannt. Den Betrieb auf deren Strecken hatten die Staatsbahnen(BBÖ) zu besorgen.

Im Jahre 1966 wurde der DOSAG der AG-Status aberkannt. Anfang 1970 wurde sie liquidiert. Am 17. Dezember 1982 erfolgte schließlich deren Löschung aus dem österreichischen Handelsregister.

 

V: Fotos zum Thema.

Das Direktorium im Jahre 1904:

Aus: R.HEINERSDORFF, Die k.u.k. Eisenbahnen 1860-1914, Wien 1994, 34.

 

Der Wiener Südbahnhof um 1875:

Aus: R.HEINERSDORFF, Die k.u.k. Eisenbahnen 1860-1914, Wien 1994, 33.

 

Werbe-Plakat 1898:

Int.Eisenbahnarchiv L.K. Pernegger

 

Viadukt bei Prävali(Prevalje), Linie Marburg-Villach-Franzensfeste:

Copyright: Leopold K. Pernegger

 

EC-Zug bei Cilli(Celje) auf dem Weg nach Steinbrück(Zidani Most):

Copyright: Elmar Oberegger

 

Knoten Steinbrück(Zidani Most):

Copyright: Elmar Oberegger

 

Quellen:

Art. „Südbahn(Österreich)“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor RÖLL. -Berlin/Wien 1912 ff.

DIENES Gerhard M.(Hrsg.): Die Südbahn. Vom Donauraum bis zur Adria. -Graz u.a. 1987.

DIETRICH Herbert u.a.: Die Südbahn und ihre Vorläufer. -Wien 1994.

DULTINGER Josef: Die Erzherzog Johann-Bahn. -Rum 1985.

Geschichte der Eisenbahnen der österreichisch-ungarischen Monarchie. Bde.I-VI. -Wien u.a. 1898 ff.

Int.Eisenbahnarchiv L.K. Pernegger

RAUTER Dietmar/RAINER Herwig: Ein Verkehrsweg erschließt die Alpen. Kärntner- und Pustertalbahn. -St. Michael 2004.

WEGENSTEIN Peter: Die Semmering-Gebirgsbahn. -Wien 1979(Bahn im Bild 10).

 

Copyright: Elmar Oberegger 2006.