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>> RUMÄNISCHE EISENBAHNEN. |
Der im Jahr 1878 offiziell gegründete rumänische Staat hat in seiner Geschichte mannigfache territoriale Wandlungen erfahren. Seine heutige Ausdehnung erhielt er nach dem Zweiten Weltkrieg. Damit ging auch eine sehr große Anzahl von vorher ausländischen Eisenbahnlinien in den Besitz Rumäniens über. Besonders dicht ist das heutige Netz rund um Timisoara(Temesvar, Temeschburg), also im Banater Gebiet. Insgesamt betrachtet gehört das rumänische Gesamtnetz - trotz der Auflassung einiger Lokalbahnlinien - zu den dichtesten Europas. Das heutige Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Das rumänische Netz besitzt grundsätzlich die Funktion einer Verkehrsdrehscheibe zwischen den Schwarzmeerstaaten, dem Nahen Osten und den GUS-Staaten. Aufgrund struktureller Mängel kann es dieser jedoch bis heute nicht in zufriedenstellendem Maße gerecht werden. Dieses Netz wird von den CFR(= Rumän. Staatsbahnen) betrieben. Nur ca. 34 % sind elektrifiziert, der Rest verdieselt. Da Rumänien ein ölreiches Land ist, begann die Einführung von Diesel-Lokomotiven bereits in der Zwischenkriegszeit. Die erste elektrifizierte Strecke(Ploesti-Brasov/Kronstadt) wurde 1965 dem Verkehr übergeben. Ein Dampfroß der Reihe 231 in Bucuresti(1967):
Copyright: Fritz STÖCKL, Eisenbahnen in Südosteuropa, Wien 1976, 125. Für die Zukunft ist geplant, die ca. 150 Kilometer lange Strecke von der Hauptstadt Bucuresti(Bukarest) zum Seehafen Constanta für eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h auszubauen. Die Modernisierung der ca. 59 Kilometer langen Linie von Bucuresti nach Ploesti ist bereits im Gange. Dieser Ausbau wird auch Rückwirkungen auf den Fahrpark haben. Der Ankauf von neuen Lokomotiven und Waggons ist in Planung. Obwohl sich die CFR in einer wirtschaftlich problematischen Lage befinden, sind sie ständig darum bemüht, ihr Angebot zu verbessern. Im Jahre 2003 wurden Desiro-Triebwägen angekauft, welche auch bereits in Österreich, Ungarn u.a. Verwendung finden. Während diese dort jedoch ausschließlich der Abwicklung des Nahverkehrs dienen, fungieren sie in Rumänien in der Regel als „Luxus-IC-Schnellzüge“. Titelblatt des Kursbuches 1984/85:
Int.Eisenbahnarchiv L.K. Pernegger Bezogen auf das heutige rumänische Territorium stellte die 1854 eröffnete und teils auf serbischem Staatsgebiet verlaufende Linie Oravita-Donauhafen Bazias die erste Eisenbahn dar. Ihr Zweck bestand vor allem darin, die Kohle-Transporte von Steierdorf-Anina zur Donau zu erleichtern. Bezogen auf das alte Rumänien stellte die im Jahre 1860, also noch unter osmanischer Herrschaft eröffnete Linie vom Schwarzmeerhafen Constanta(türk. Küstendje) zum an der Donau gelegenen Cernavoda die erste Eisenbahn des Landes dar. Sie umfaßte ca. 63 Kilometer. Bereits Helmuth Graf von Moltke(1800-1891), welcher zwischen 1836 und 1839 als „Instrukteur“ der osmanischen Armee tätig war, hatte darauf verwiesen, daß diese die günstigste Verbindung zwischen Constanta und der Donau darstelle. Errichtet wurde sie jedoch erst lange Zeit später, und zwar von der englischen „The Danube and Black Sea Railway and Küstendije Harbour-Comp. Ltd.“, welcher auch der Betrieb oblag. Da die Ergebnisse weit hinter den Erwartungen zurückblieben, sah man von der ursprünglich geplanten Verlängerung nach Bucuresti ab. Die Umsetzung dieses Projektes erforderte nämlich die Errichtung einer aufwendigen Donau-Brücke. Das alte Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Ungefähr zur selben Zeit wie Moltke stellten auch einheimische Fürsten Überlegungen zur Eisenbahnfrage an. Doch da die allgemeine politische Lage ungünstig war, konnten die entsprechenden Projekte nicht zur Umsetzung gelangen. Erst nach der Vereinigung der Fürstentümer Walachei und Moldau im Jahr 1859 kehrte eine gewisse Stabilität ein. So begann unter Fürst Alexander Juon Cuza die Verteilung von Eisenbahn-Konzessionen. Bis 1869 wurde jedoch nur das Projekt Giurgiu-Bucuresti umgesetzt, und zwar von der englischen „Varna Railway Company“. Diese war ursprünglich vom Sultan beauftragt worden, die Linie Schwarzmeerhafen Varna-Ruse(Rustschuk) im Gebiet des späteren Bulgarien herzustellen. Da die neue Linie Giurgiu-Bucuresti auf höchst schlampige Weise errichtet wurde, hatte man allen Grund zur Unzufriedenheit. Vielleicht kam in Rumänien schon damals der Gedanke auf, den Aufbau des Eisenbahnwesens so bald als möglich selbst in die Hand zu nehmen. Bessere Erfahrungen machte man allerdings anschließend mit einer österreichisch-englischen Gesellschaft unter Ritter Ofenheim von Ponteuxin, welche bis 1871 folgende Linien errichtete: 1) Hauptlinie Suceava-Veresti-Pascani-Roman (ca. 102 km). 2) Zweiglinie Pascani-Iasi(Jassy) (ca. 76 km). 3) Veresti-Botosani (ca. 44 km). 1874 wurde die breitspurige Bahn von Iasi bis zur Staatsgrenze bei Ungheni dem Verkehr übergeben, welche den Anschluß an das russische Netz herstellte. Bis 1875 wurden außerdem folgende Linien eröffnet, deren Länge insgesamt ca. 916 Kilometer betrug: 1) Roman-Tecuci-Barbosi-Galati(Hafen)-Barbosi-Braila-Hafen Braila-Hafen Chitila-Bucuresti. 2) Tecuci-Barlad. 3) Chitila-Pitesti. 4) Verbindungsbahn zwischen den Bahnhöfen „Tirgovesti“ und „Filaret“ in Bucuresti. 5) Pitesti-Craiova-Staatsgrenze. Die Konzession für die obengenannten Linien hatte zunächst eine preußische Gesellschaft unter Dr. Stroußberg inne. Angesichts dessen, daß Bismarck 1870/71 das mit Rumänien bis heute eng verbundene Frankreich militärisch niederwarf, kam es jedoch zu schwerwiegenden Verstimmungen, welche schließlich den Entzug der Konzession zur Folge hatten. Im Jahre 1872 wurde sie in leicht geänderter Form an die neu gegründete „Rumänische Eisenbahn-Aktiengesellschaft“ vergeben. Bereits 1880, also zwei Jahre nach der Erlangung der Unabhängigkeit, wurden die „Rumänischen Staatsbahnen“(CFR) gegründet, deren Netz in der Folge einerseits durch Kauf, andererseits durch Neubau erweitert wurde. Allein zwischen Januar 1888 und April 1910 wurden Eisenbahnlinien in einer Gesamtlänge von ca. 500 Kilometern hergestellt. Bis 1895 wurde die Hauptstadt via Cernavoda mit dem Seehafen Constanta verbunden. Die quantitative Entwicklung des alten Netzes(1860-1914):
Nach: Art. „Rumänische Eisenbahnen“, in: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor RÖLL, Berlin/Wien 1912 ff. Der erste große Entwicklungsschub fand also zwischen 1860 und 1875 statt, der zweite in der Staatsbahn-Ära. Ungefähr ab der Jahrhundertwende ist eine Stagnationstendenz zu beobachten. Die Stagnation trat sodann im Jahr 1913 ein. Um dieser entgegenzuwirken, wurde 1914 ein großes Eisenbahnprogramm erarbeitet, welches die Errichtung von Neubaulinien im Umfang von ca. 2050 Kilometern vorsah. Bis 1921 sollte es vollendet sein. Dessen Verwirklichung wurde jedoch durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vorerst verhindert.
Quellen: Art. „Rumänische Eisenbahnen“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor RÖLL. -Berlin/Wien 1912 ff. Int.Eisenbahnarchiv Leopold K. Pernegger STÖCKL Fritz: Eisenbahnen in Südosteuropa. -Wien 1975, S. 111.
Copyright: Elmar Oberegger 2006. |
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