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>> KARST-BAHN. |
Der Verfasser dankt den Herren Dott. L. Steffé(Eisenbahnmuseum Trieste-Campo Marzio) und M. Marusic(Drustvo za Bohinjsko-gorisko-progo) für wertvolle Auskünfte. Die ca. 55 Kilometer lange, eingleisige „Karst-Bahn“(= „Kraska Proga“) - welche teilweise auch mit „Triester-Bahn“ bezeichnet wurde(1) - reicht von Görz(N.Gorica) bis nach Triest-St.Andrä(Trieste-Campo Marzio) und stellt den letzten Abschnitt der „Transalpina“ dar. Gewisse Autoren betrachten sie als Teil der „Wocheiner-Bahn“.(2) Der weitaus größte Teil der Bahn liegt in Slowenien(N.Gorica-Staatsgrenze bei Repentabor), der Rest in Italien(Staatsgrenze bei Repentabor-Trieste CM). Die Karstbahn: Schluß-Abschnitt der „Transalpina“(Tauern/Pyhrn-Triest).
Copyright: Elmar Oberegger Bis 1936 wurde der Abschnitt Triest-V.Opicina elektrifiziert. Seit 1948 existiert eine Zweigbahn von Kreplje nach Sezana(= Linie Wien-Triest). Ungefähr zur selben Zeit wurde die „Erzherzog Johann-Bahn“ im Bereich V.Opicina in die Karstbahn eingebunden. Der alte Ghega-Bahnhof von V.Opicina wurde daraufhin abgerissen(siehe zu diesem Umbau den Art. „Erzherzog Johann-Bahn“ dieser Enzyklopädie). Ihre Errichtung dauerte von 1901 bis 1906. Dabei wurde ein Teilabschnitt der von Görz(Gorizia C.) nach Haidenschaft(Ajdovscina) führenden „Wippachtaler Lokalbahn“(err. 1902) einbezogen(km4,5-km12,4) und hauptbahnmäßig umgebaut. Zwischen V.Opicina und Triest-Campo Marzio befindet sich der längste Tunnel(= „Revoltella-T.“, 1269 m) der Strecke. Zur Überwindung des Höhenunterschiedes zwischen Branica-Tal und Karstplateau mußte eine Steigung von 25 Promill angewendet werden. Das Gefälle zwischen Opcina und Triest beträgt ca. 24 Promill.(3) Das Längenprofil:
Copyright: Elmar Oberegger Touristisch berühmt ist bis heute der Anblick des Meeres nach Durchfahrung des Opcina-Tunnels, mit welchem der Karstkamm überwunden wurde. So schreibt z.B. Hanns Barth in seinem 1908 publizierten „Wocheinerbahn-Reiseführer“: „Hinter der Station(= Opcina-Stb., Anm.d.Verf.) folgt der 1053 m lange Opcinatunnel ... Und jetzt warte man an der rechten Fensterseite ... Wie ein erfüllter Zauberspruch liegt plötzlich der wunderschöne Golf von Triest zu Füßen. Weit hinaus blaut schimmernd das Meer ... Entzückend ist der Tiefblick auf die wie ein Spielzeug hingestellte Hafenstadt ...“(4). „Das Meer, das Meer, und der Ruf ging durch ihre Reihen“(Xenophon, Anabasis):
Copyright: Elmar Oberegger Die Karstbahn hat vor allem unter der Errichtung des „Eisernen Vorhangs“ stark gelitten: Der Abschnitt N.Gorica-Kreplje wird heute nur noch lokalbahnmäßig betrieben(Verbindung N.Gorica-Sezana, s.Karte), jener zwischen Kreplje und der italienischen Staatsgrenze stellt eine „Betriebsreserve“ dar, wo man hin und wieder einen touristischen „Museums-Zug“ antrifft. Im Bereich V.Opicina-Repentabor ist die Linie heute bereits unbefahrbar.(5) Abschnitt zwischen Repentabor und V.Opicina(2005):
Copyright: Elmar Oberegger Der seit 1936 elektrifizierte Abschnitt Triest-Campo Marzio - V.Opicina wird heute primär für den Güterverkehr genutzt. Mit zwei Zügen pro Tag ist das Aufkommen allerdings höchst gering. Bis 1981 wurde nämlich durch die südlichen Karstausläufer der sogenannte „Ringtunnel“ errichtet, welcher zwischen dem Hafengelände und der in Richtung Monfalcone/Udine führenden Geleise eine direkte Verbindung herstellte. Daneben werden zwischen Campo Marzio und Opcina immer wieder touristische Fahrten veranstaltet. Der Bahnhof Campo Marzio wurde 1960 aufgelassen. Das Gebäude beherbergt seit 1984 ein Eisenbahn-Museum. Als 1870 der jahrzehntelange Streit um die „Zweite Eisenbahnverbindung mit Triest“ einsetzte, sah man die vorgeschlagene Errichtung einer zusätzlichen Einfahrt nach Triest zunächst als überflüssig an, waren doch nicht einmal die beiden Geleise der bestehenden Südbahn(„Erzherzog Johann-Bahn“) vollständig ausgelastet.(6) Folgende Aufstellung(7) gibt Aufschluß über das tägliche Güterzug-Aufkommen(Güterzüge à 280 Tonnen) zwischen 1860 und 1885: 1860: ca. 2 Züge. 1865: ca. 5 Züge. 1870: ca. 4 Züge. 1875: ca. 5 Züge. 1880: ca. 6 Züge. 1885: ca. 7 Züge. Bis 1882 wurde allerdings dem Meer im Gebiet von St.Andrä(südlich von Porto Vecchio bzw. City) ein großes Wirtschaftsareal abgerungen, welches die Urzelle des späteren „Franz Joseph-Hafen“(Ausbaustufe II im Jahr 1915 vollendet) darstellen soll.(8) Im Jahr darauf wurde zur allgemeinen Hebung des Triester Hafenplatzes der Bau einer Eisenbahnlinie von St.Andrä nach Hrpelje(= Bahnhof der Staatsbahn Divaca-Pula) beschlossen.(9) Diese wurde bis 1887 realisiert und damit auch das seit 1870 im Raum stehende Projekt einer neuen Einfahrt nach Triest(s.o.). Beide Momente - also sowohl der Hafenbau im Süden, als auch das Vorhandensein dieser neuen Einfahrt - führten schließlich zur Errichtung der Karstbahn.(s.Karte) Das „Vallone-Bahn-Projekt“, welches außerstande gewesen wäre, den neuen „Franz Joseph-Hafen“ adäquat zu erschließen, wurde fallengelassen.(10) Der Verkehr auf der Karstbahn entwickelte sich ab 1910(= Erstes Betriebsjahr der Tauernbahn) durchaus positiv. Es ist davon auszugehen, daß im Jahre 1912 ein tägliches Aufkommen von ca. 13 Güterzügen à 280 Tonnen zu verzeichnen war.(11) Der Erste Weltkrieg bereitete dieser günstigen Verkehrsbewegung allerdings ein Ende. Durch die Einführung internationaler „Adria-Tarife“ Ende der 1920er Jahre konnte jedoch die Bedeutung der Karstbahn als Güterlinie erhalten werden.(12) Der Niedergang im Bereich des Güterverkehrs kam erst ab 1945(„Eiserner Vorhang“). Die Bedeutung der Karstbahn im Bereich des Personenverkehrs wurde bereits im Jahre 1932 stark beschnitten. Damals wurde die Strecke in den Rang einer „Lokalbahn“ zurückgestuft und die Schnellzüge fortan ab Triest-Zentralbahnhof via Monfalcone nach Gorizia(Görz) geleitet.(13) Der Grund bestand darin, daß diese Linie weitaus günstigere Steigungsverhältnisse aufwies. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zwischen den Bahnhöfen Repentabor und Villa Opicina die italienisch-jugoslawische Staatsgrenze eingezogen, was zur Stillegung des Personenverkehrs führte. Jugoslawien errichtete bis 1948 eine Bahn, welche in Kreplje von der Karstbahn aus- und in Sezana in die Erzherzog Johann-Bahn einmündete. Der Sinn dieses Projektes wurde damals vor allem darin gesehen, das slowenische Netz zu arrondieren. Ein durchgehender Zuglauf Ljubljana-Pivka-Sezana-Kreplje-N.Gorica-B.Bistrica-Jesenice-Ljubljana war also fortan möglich. Nach der Fertigstellung der „Koper-Bahn“ vom Seehafen Koper(Capodistria) nach Presnica im Jahre 1967 erlangte das Teilstück Sezana-Kreplje allerdings eine zusätzliche Bedeutung: Es stellte ein Glied des via Nova Gorica und Bohinjska Bistrica(Wocheiner Feistritz) verlaufenden Koper-Jesenice-Korridors dar, auf welchem vor allem südamerikanisches Erz für die VOEST transportiert wurde. Seit dem Zerfall Jugoslawiens verläuft der Koper-Verkehr jedoch via Ljubljana. Wocheiner- und Karstbahn sind heute für den Transitverkehr grundsätzlich unbedeutend. Erst wenn die Linie Jesenice-Ljubljana-Pivka-Divaca grundlegend saniert werden muß, ist damit zu rechnen, daß die alten Linien erneut in Anspruch genommen werden. Eine wirklich große Zukunft scheint die Karstbahn jedenfalls nicht mehr vor sich zu haben.
Weitere Fotos zum Thema:
Der Aufstieg zum Karst-Plateau: Reifenberg-Viadukt.
Aus: GDÖU V/1, 121.
Bahnhof Stanjel(St.Daniel) am Karstplateau:
Aus: GDÖU V/1, 122.
Von hier aus war die Errichtung einer Linie nach Postojna(Adelsberg) geplant.
Südportal des touristisch bedeutenden Opcina-Tunnels(1053 m):
Copyright: Elmar Oberegger
Pischianze mit Tunneleingang:
Aus: GDÖU V/1, 124.
Guardiella-Viadukt:
Aus: GDÖU V/1, 125.
Dampfzug in der Station Guardiella(Fahrtrichtung Opcina):
Aus: Transalpina. Un binario per tre popoli. -Monfalcone 1996, 67.
Anmerkungen: 1) Vgl. die Karte im Art. „Tauernbahn“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg.v. Victor RÖLL. -Berlin/Wien 1912 ff. 2) Vgl. Hanns BARTH: Wocheinerbahn. Aßling-Görz-Triest. -Wien 1908(Reiseführer auf den neuen österreichischen Alpenbahnen 3); Richard HEINERSDORFF: Die k.u.k. privilegierten Eisenbahnen der österreichisch-ungarischen Monarchie 1828-1918. -Wien u.a. 1975, S. 125. Im „Technisch-commerziellen Bericht über die zweite Eisenbahnverbindung mit Triest(Wien 1901)“ ist die Rede von der „Wocheinerbahn mit directer Fortsetzung nach Triest“. Siehe zur Wocheinerbahn den entsprechenden Artikel dieser Enzyklopädie. 3) Einen lebendigen Eindruck von (Dampf-)Betrieb und Strecke vermittelt der hervorragende Videofilm „Transalpina-Saga II“(Rosental 1991). Hinsichtlich Streckenbeschreibung siehe den entsprechenden Abschnitt in Elmar OBEREGGER(Hg.): Transalpina. Von der Donau bis nach Triest. Ein Reader. -Internet 2006 ff. 4) BARTH a.a.O., S. 22.; Vgl. auch Alois LENZATTI: Tauernbahnführer. Von München zur Adria. -Klagenfurt 1913(2), S. 86.; Josef RABL: Illustrierter Führer auf der Tauernbahn und ihren Zugangslinien. -Wien/Leipzig 1906, S. 225. Siehe zum Thema auch OBEREGGER a.a.O. 5) Nachzuweisen ist allerdings, daß noch lange nach 1945 ein via Repentabor verlaufender Verkehr bestand. Siehe Transalpina. Un binario per tre popoli. -Monfalcone 1996, S.196. 6) Vgl. Hermann STRACH: Allgemeine Geschichte der österreichischen Eisenbahnen seit 1897. In: GDÖU V/1, S. 1 ff. Hier: S. 40, 49. 7) Vgl. die Zahlen bei Technisch-commerzieller Bericht a.a.O., S. 68. 8) Vgl. dazu Roberto CASANOVA: Nascita e sviluppo delle ferrovie a Trieste e nell’area giuliana e isontina durante il periodo asburgico. In: Transalpina. Un binario per tre popoli. -Monfalcone 1996, S. 107 ff. Hier: S. 116 f. 9) Vgl. dazu den Art. „Hrpelje-Bahn“ dieser Enzyklopädie. 10) Vgl. dazu den Art. „Vallone-Bahn“ dieser Enzyklopädie. 11) Das insgesamte Güteraufkommen auf der Tauernbahn umfaßte 1912 670.000 Tonnen. Vgl. Art. „Tauernbahn“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor RÖLL. -Berlin/Wien 1912 ff. Dazu kam allerdings noch der Verkehr via Pyhrn und Gesäuse, dessen Umfang wohl dieselbe Menge umfaßte. 12) Vgl. Drago MATKOVIC: Entwicklung und Probleme der Hafenstadt Triest. In: Der Donauraum 6 (1961), S. 269 ff. Hier: 270 f. 13) Vgl. Roberto CASANOVA: Cronologia della Transalpina. In: Transalpina. Un binario per tre popoli. -Monfalcone 1996, S. 35 ff. Hier: S. 50.
Copyright: Elmar Oberegger 2006. |
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