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>> KROATISCHE EISENBAHNEN.

 

Die jugoslawische Republik Kroatien(Hrvatska) erklärte sich am 25. Juni 1991 für unabhängig und wurde umgehend in einen furchtbaren Krieg verwickelt. Dessen Folgen sind teilweise bis heute zu beobachten. Das Land besitzt eine lange und reiche Geschichte. Als politische Blütezeit wäre die Phase zwischen 1849 und 1868 anzusehen, in der „Kroatien-Slawonien“ nach der Lostrennung von Ungarn ein eigenes österreichisches Kronland darstellte. Damals begann auch der Eisenbahnbau.

Das Netz:

Nach: Offizielles Kursbuch der Kroatischen Eisenbahnen(HZ), 2006.

Der Verkehr Rijeka-Lupoglav(Verbindung Rijeka-Pula) muß bis zur Errichtung des „Cicarija-Tunnels“(ca. 14 km) mittels HZ-Autobussen abgewickelt werden. Die Strecken Karlovac - Topusko - Sisak-Capra und Osijek-Vinkovci wurden im Zuge des Krieges schwer beschädigt und sind heute noch immer unbenutzbar.

Als erste Eisenbahn Kroatiens ist die Strecke slow.Grenze-Cakovec-ungar.Grenze(s. Karte) anzusehen, welche bis 1861 errichtet wurde.(1) Diese stellt einen Teil der von der „Erzherzog Johann-Bahn“(Wien-Semmering-Triest) abzweigenden Linie Pragersko(Pragerhof)-Budapest dar.(2) Deren sozio-ökonomischer Nutzen war für das kroatische Gebiet selbstverständlich verschwindend gering.

Ein Bahnprojekt, welches Kroatien wirtschaftlich hätte aufbauen sollen, war Mitte der 1840er Jahre von Großgrundbesitzern verfolgt worden: Geplant wurde eine Pferdeeisenbahn, welche von Zagreb ausgehen und einerseits bis Sisak, andererseits bis Karlovac geführt werden sollte(„Croatische Bahn“).(3) Vor diesem Hintergrund wurde schließlich der Wunsch nach einer staatlichen Verlängerungslinie Karlovac-Rijeka geäußert. Dieses Projekt kam auch Ungarn entgegen, welches bereits seit 1836 nach einer direkten Verbindung Budapest-Zagreb-Rijeka strebte.(4)

Projekt „Croatische Bahn“(1845):

Copyright: Elmar Oberegger

Mit dieser „Croatischen Bahn“ wurden insgesamt folgende Ziele verfolgt:

1) Erschließung des fruchtbaren Gebietes südlich von Zagreb(zwischen den Flüssen Save und Kupa).

2) Herstellung eines Anschlusses des oben genannten Gebietes und der Hauptstadt an den Save/Donauverkehr.

3) Herstellung eines Anschlusses zum wichtigen Hafenplatz Rijeka.

Österreich gab natürlich in der Eisenbahnfrage dem eigenen Seehafen Triest den Vorzug(5) und erkannte ferner klar, daß der Save/Donau-Wasserweg in Richtung Orient führte. Ein dauerhafter Massen-Export von kroatischen Agrargütern in diese Richtung konnte dem Gesamtstaat nur von höchst begrenztem Nutzen sein. Somit wurde das Projekt zunächst abgelehnt. Doch bereits nach relativ kurzer Zeit konnte man sich darauf einigen, eine Lokomotiv-Eisenbahn von Zidani Most(Erzherzog Johann-Bahn) nach Zagreb und von dort weiter bis nach Karlovac und Sisak zu errichten. Damit sollte Kroatien auf hochmoderne Weise mit dem Zentrum des Staates verknüpft werden. Eröffnet wurde bis 1862 allerdings nur die Linie Zidani Most-Dobova-Zagreb-Sisak. Ein frühes wirtschaftliches Aufblühen Kroatiens wurde also aufgrund strategischer Überlegungen des Staates verhindert.

In eisenbahngeographischer Hinsicht ist Kroatien in zweifacher Hinsicht bedeutend:

1) Durch sein Gebiet führt der Eisenbahn-Korridor Ljubljana-Beograd-Griechenland/Türkei(u.a.), dessen Bedeutung allerdings im Zuge der letzten Balkankriege gelitten hat.

2) Kroatien stellt das Tor zur Adriaküste dar.

Der „Ljubljana-Beograd-Korridor“ wurde nicht in einem Stück, sondern in mehreren Abschnitten errichtet.(6) Für Kroatien(s. Karte) sind folgende von Bedeutung(in Klammer das Eröffnungsdatum der einzelnen Linien):

1) Slowen.Staatsgrenze bei Dobova-Zagreb(1862).

2) Zagreb-Sisak(1862).(s.o.)

3) Zagreb-Dugo Selo(1870).

4) Sisak-Sunja(1882).

5) Sunja-Novska-Sl.Brod(1889).

6) Dugo Selo-Novska(1897).

7) Sl.Brod-Vinkovci(1878).

8) Vinkovci-serb.Staatsgrenze bei Tovarnik(1891).

Die „Adria-Linien“ entwickelten sich historisch unterschiedlich. Festzustellen ist, daß die nördlichen Strecken(Pula-Bahn und Rijeka-Bahnen) bereits relativ früh(1873) entstanden, während die Erschließung Dalmatiens höchst schleppend vor sich ging. Erst bis 1925 wurden Split und Sibenik über die „Lika-Bahn“(7) an Zagreb angeschlossen. Die Errichtung der „Una-Bahn“ - welche teilweise über bosnisch-herzegowinisches Territorium führt - wurde sogar erst unter Tito(1948) erreicht. Im Jahr 1967 wurde Zadar ans Netz angeschlossen.(8) (s. Karte)

Am Bahnhof von Split(1977):

Copyright: Leopold K. Pernegger

Der Grund dafür liegt in der Tatsache, daß im Kontext der Donaumonarchie Dalmatien österreichisch und Kroatien ungarisch war. Ungarn stand dem Konzept, dalmatinische Häfen per Normalspur ans Hauptnetz anzuschließen, höchst unfreundlich gegenüber. Es fürchtete nämlich um die Stellung des eigenen Seehafens Rijeka.(9) Somit begrüßte Ungarn das „76cm-Spur-Projekt“ im 1878 okkupierten und 1908 annektierten Bosnien-Herzegowina.(10) Eine zukunftsträchtige Entwicklung der an das bosnisch-herzegowinische Netz angeschlossenen Häfen Metkovic(Ploce) und Dubrovnik-Gruz war damit nämlich vorerst ausgeschlossen.

Doch Österreich hatte schon seit Mitte der 1860er Jahre den grundsätzlichen Plan, Dalmatien per Hauptbahn zu erreichen.(11) Ende des 19. Jahrhunderts wurde es schließlich ernst: Die neue Verbindung Ljubljana-Metlika(bzw. Wien-Zagreb)-Karlovac-Ogulin-Knin-Split/Sibenik sollte endlich hergestellt werden. Allerdings war hierzu die Errichtung einer Neubaustrecke durch ungarisches Gebiet(Ogulin-Lika-dalmatin.Grenze) notwendig.(12) Ungarn vermochte es schließlich, den Baubeginn bis ins Jahr 1912 hinauszuzögern. 1914 begann der Erste Weltkrieg. Endgültig fertiggestellt wurde die Lika-Linie erst bis 1925, also unter der Ägide des jugoslawischen SHS-Staates.(13)

Über die „Licka“ rollten nach dem Zweiten Weltkrieg internationale Züge, wie z.B. der „Tauern-Expreß“. Während des Krieges von 1991 bis 1995 wurde sie schwer beschädigt. Im Zuge der Instandsetzung erfolgte allerdings auch ein Ausbau. Heute wird der Verkehr Zagreb-Split mittels neuer „ICN-Garnituren“ abgewickelt.

HZ-Werbung 2006: Mit dem ICN billig zur Adria!

Copyright: HZ

Die geographisch günstigere, jedoch über Bosnien-Herzegowina führende „Una-Linie“(Zagreb-Bihac-Knin-Split/Sibenik) wird von Kroatien wenig gefördert. Dennoch ist die Einführung eines zumindest bis Knin reichenden Schnellzugverkehres in Planung.(14)

Werfen wir nun noch einen kurzen Blick auf die oben bereits erwähnten „76 cm-Eisenbahnhäfen“ Metkovic und Dubrovnik. Sie nahmen eine völlig verschiedene Entwicklung:

1) Metkovic wurde ausgebaut. Südlich entstand der neue Seehafen „Aleksandrovo“, besser bekannt unter „Ploce“ bzw. „Kardeljevo“. Diese Arbeiten wurden bereits in der Zwischenkriegszeit ausgeführt. Allerdings wurden beide Häfen erst unter Tito modern ausgebaut und normalspurig erschlossen.(15)

2) Dubrovnik - während der Donaumonarchie der Haupthafen von Bosnien-Herzegowina - wurde im Jahr aus Rationalisierungsgründen 1976 seines Eisenbahn-Anschlusses gänzlich beraubt.(16)

Als in Dubrovnik noch das Dampfroß pfiff... - Zwei Fotos:

Regionalzug im Bhf. Dubrovnik(1967).

Copyright: Stemmler. Aus: Eisenbahn 8 (1976), 112.

 

Das Heizhaus in Dubrovnik-Gruz(1967).

Copyright: Stemmler. Aus: Eisenbahn 8 (1976), 112.

 

Da der österreichisch-deutsche Adria-Verkehr besonders seit dem Zerfall Jugoslawiens von Slowenien gezielt nach Koper gelenkt wird, ging das nordwestliche Hinterland für den kroatischen Seehafen Rijeka dauerhaft verloren. Rijeka war ja in diesem Bereich stets auf das slowenische Netz angewiesen gewesen. Deshalb orientiert sich Kroatien schon seit Jahren an Ungarn. Vor diesem Hintergrund ist das Projekt der Hochleistungs-Strecke Rijeka-Zagreb-Staatsgrenze bei Botovo zu betrachten, welches demnächst umgesetzt werden soll. Schon in jugoslawischer Zeit hegte man übrigens einen ähnlichen Plan.(17)

Trotz dieses ehrgeizigen Neubau-Projektes wäre es sinnvoll, das Stromsystem auf der heutigen Strecke zwischen Zagreb und Rijeka zu vereinheitlichen. Bereits bis 1972 war dieser Abschnitt mit dem italienischen „3000 V Gleichstromsystem“ elektrifiziert. Doch in der Folge kam die Idee auf, das „25 kV/50 Hz Wechselstromsystem“ einzuführen, welches auch in Serbien verwendet wird. Der Krieg(1991-1995) unterband jedoch die Vollendung dieses Projektes. So muß bis heute in S.Moravice ein zeitraubender Traktions-Wechsel durchgeführt werden.(18)

Schnellzug in Zagreb-Hbf.: Bespannt mit Wechselstrom-Lok.

 

Copyright: Leopold K. Pernegger

In den letzten Jahren wurden viele kroatische Loks modernisiert.

 

In Kroatien wird heute ferner die Errichtung eines „Cicarija-Tunnels“(ca. 14 km) geplant, welcher die Istrianer Linie einst mit dem Hauptnetz verbinden soll.(19)

Das Projekt „Cicarija-Tunnel“:

Copyright: Elmar Oberegger

 

Anmerkungen:

1) Vgl. dazu Helena BUNIJEVAC: Sto cetrdeset pet godina zeljeznice u Hrvatskoj - Prva pruga bila sagradena u Medimurju. In: EuroCity 1 (2005), S. 4 ff.

2) Vgl. dazu die Art. „Erzherzog Johann-Bahn“ und „Südbahn-Gesellschaft“ dieser Enzyklopädie.

3) Vgl. zur „Croatischen Bahn“ Herbert DIETRICH u.a.: Die Südbahn und ihre Vorläufer. -Wien 1994, S. 27.

4) Vgl. dazu den Art. „Ungarische Eisenbahnen“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor RÖLL. -Berlin/Wien 1912 ff.

5) Triest wurde bis 1857 mit Wien verknüpft. Erst im Jahre 1859 wurde die Zweiglinie Pivka(= Erzherzog Johann-Bahn)-Rijeka konzessioniert(Fertigstellung: 1873). Siehe dazu die Art. „Südbahn-Gesellschaft“ und „Rijeka-Bahnen“ dieser Enzyklopädie.

6) Vgl. dazu Helena BUNIJEVAC: Geschichte der Eisenbahn in der Gespanschaft Brod-Posavina. In: EuroCity Winter 02.; ferner den Art. „Jugoslawische Eisenbahnen“ dieser Enzyklopädie.

7) Vgl. dazu den Art. „Lika-Bahn“ dieser Enzykopädie.

8) Vgl. Fritz STÖCKL: Eisenbahnen in Südosteuropa. -Wien 1976, S. 26.

9) Vgl. dazu STÖCKL a.a.O., S. 19.

10) Vgl. dazu den Art. „Bosnisch-herzegowinische Eisenbahnen“ dieser Enzyklopädie.

11) Vgl. dazu Bernhard v. WÜLLERSTORF-URBAIR: Ein Eisenbahnnetz für die österreichische Monarchie. In: Österreichische Revue 1866, S. 22 ff. s.bes. die Karten-Beilage.

12) Bis 1928 wurde Ostarije zum Knoten in Richtung Süden ausgebaut. Vgl. Helena BUNIJEVAC: Povijest zeljeznice u ogulinskom kraju - Spojnica izmedu kontinentale i obalne Hrvatske. In: EuroCity 1 (2003), S. 82 ff.

13) Sie ging dort übrigens als „Teuerste Eisenbahn der Welt“ in die Geschichte ein. Vgl. dazu Helena BUNIJEVAC: Najskuplja zeljeznica na svijetu. In: EuroCity 3 (2003), S. 80 ff.

14) Vgl. dazu den Art. „Bosnisch-herzegowinische Eisenbahnen“ dieser Enzyklopädie.

15) Vgl. dazu den Art. „Eisenbahnhafen Ploce“ dieser Enzyklopädie.

16) Vgl. Eisenbahn 8 (1976), S. 102.

17) Vgl. Die ÖBB in Wort und Bild 2 (1972), S. 45.

18) Vgl. EuroCity 1 (2003), 85.

19) Vgl. zu diesem ehrgeizigen Tunnel-Projekt v.a. Vlatka SKORIC: Tunel ce spojiti Istru s ostalom Hrvatskom. In: EuroCity 1 (1994), S. 33 ff.; Tomislav IVEZIC/Nikola MATIC: Osnovne znacajke zeljeznickog spoja sa Istrom. In: Zeljeznica u teoriji i praksi 1-2 (1994), S. 3 ff.

 

Copyright: Elmar Oberegger 2006.