[ HOME ]        [ INHALTSVERZEICHNIS ]
 

 

 

>> EISENBAHNHAFEN RIJEKA.

 

Der Seehafen Rijeka(Republik Kroatien) war der bedeutendste Tito-Jugoslawiens. Seine größte Ausdehnung erreichte er in den 1980er Jahren.(1)

Die Skyline von Rijeka:

Copyright: Elmar Oberegger

Rijeka - die Stadt der vielen Namen: Vitopolis, Flumen Sancti Viti, St. Veit am Pflaumb(Flaum), Fiume, Reka/Rijeka.

Der Hafenplatz wurde in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg grundsätzlich dezentral organisiert und umfaßte Ende der 1980er Jahre folgende Becken:

1) RIJEKA(Eisenbahnanschluß nach Österreich/BRD und Ungarn seit 1873).

2) RIJEKA-SUSAK(Eisenbahnanschluß i.R. Zagreb/Ungarn seit 1873).

3) BAKAR(mit Eisenbahnanschluß).

4) RASA-BRSICA(Eisenbahnanschluß i.R. Norden seit 1951).

5) PULA(Eisenbahnanschluß i.R. Norden seit 1873).

Der Eisenbahnhafen Rijeka vor dem Zerfall Jugoslawiens:

Copyright: Elmar Oberegger

Folgende Staaten waren Mitte der 1980er Jahre an Rijeka orientiert:(2)

1) CSSR (57 %).

2) Ungarn (23 %).

3) Österreich (19 %).

4) Andere (1 %).

Am Haupthafen:

Copyright: Elmar Oberegger

Anfang der 1960er Jahre war es Rijeka gelungen, ihre mächtige Konkurrentin Triest - die „(Kranke) Königin der Adria“ - zu überflügeln. Interessant ist, daß das moderne Ausbau-Material(Kräne u.a.) einst via Triest angeliefert worden war.

Der in der Zeit der Donaumonarchie auf ungarischem Terrain liegende Seehafen Rijeka war im Jahre 1873 gleich zweimal eisenbahnmäßig erschlossen worden: Einerseits durch die private Südbahn(Rijeka-Pivka/Ljubljana/Prag/Wien) und andererseits durch die ungarische Staatsbahn(Rijeka-Karlovac/Budapest). Damit zog der Hafen sowohl den österreichischen(bes. Raum Wien) als auch den ungarischen Verkehr auf sich und schadete Triest schon damals erheblich. Für den österreichischen Kaufmann waren vor allem die günstigeren Tarife verlockend.

Nach dem Ersten Weltkrieg war die Lage des Hafens Rijeka höchst problematisch: Die Stadt war entlang des Rijecina/Fiumara-Kanals zwischen Italien und dem jugoslawischen SHS-Staat aufgeteilt worden. Für Jugoslawien wurde somit Susak als Hafenbecken bedeutend. Rijeka selbst war für Italien - wie Triest - grundsätzlich ein Hafen von vielen.

Erst als unter Tito Istrien u.a. italienische Gebiete militärisch erobert worden waren, konnte sich das Potential Rijekas erneut entfalten.

Der Zerfall Jugoslawiens hat dem Seehafen Rijeka schwer geschadet: Heute ist er organisatorisch de facto zerrissen und darüberhinaus von seiner eisenbahnmäßigen Nordwest-Achse geradezu abgeschnitten. Die Eisenbahnlinie Pivka-Ljubljana-Tauern/Wien ist im Besitz Sloweniens und damit für dessen Seehafen Koper reserviert. Der Güterverkehr Pivka-Rijeka ist somit höchst spärlich geworden. Selbst der Plan der Herstellung einer durchgängigen Autobahn von Postojna nach Rijeka wird - trotz kroatischer Vorarbeiten - von Slowenien in nächster Zukunft nicht unterstützt werden.

Somit bleibt für Rijeka nur die Eisenbahnverbindung nach Ungarn. Doch dieses Land schwächelt nach wie vor dahin. Die große Zeit, als in Rijeka tagtäglich viele große Seeschiffe aus- und eingingen scheint jedenfalls vorerst vorbei zu sein.

Die Urzelle des Hafens stellte der Fiumara/Rijecina-Kanal dar. Dort mündete der „Fluß aus den Bergen“(so könnte man beide Namen frei übersetzen) ins Meer. Anfangs waren die wirtschaftlichen Verhältnisse relativ bescheiden. Am Hafen traf man sowohl grobschlächtige Fischergestalten, als auch romanische „Tschitschen“ an. Dieses arme, in der nördlich von Opatija gelegenen „Cicarija“(dt. Tschitschen-Böden) beheimatete Volk verkaufte am Hafenmarkt Zund-Bündel für die Holzöfen der Bürger von Rijeka.

Der erste große Impuls zum Aufbau von Rijeka und Kvarner-Region ging von Kaiser Karl VI. aus, welcher auch für die Geschichte Triests von großer Bedeutung ist.(3) Ihm ging es vor allem darum, die Macht Venedigs im Adriaraum durch die Forcierung politischer Kunst-Projekte endgültig niederzudrücken.

Am Kvarner faßte er folgendes ins Auge:

1) Errichtung eines Seehafens in Rijeka.

2) Errichtung einer bedeutenden Kriegshafen-Anlage im Raume Kraljevica/Bakar.

Am 15. November 1725 traf der Kaiser selbst am Ort des Geschehens ein, um den Fortgang der Arbeiten zu begutachten. Vier Tage später erklärte er Rijeka zum „Freihafen“.

Maria Theresia führte das Werk ihres Vaters weiter. Der Kronprinz(Joseph II.) stellte schließlich klar, daß das Kvarner-Gebiet für Ungarn von besonderer Bedeutung sei. Es sei geradezu dazu prädestiniert, ein „Ungarisches Triest“ darzustellen. Angesichts dessen wurden Rijeka, der Bakar-Bezirk und Vinodol am 9. August 1776 offiziell als „Hafen-Distrikt“ deklariert. Im Jahre 1779 wird Bakar „Freistadt“.

Alle diese hochtrabenden Pläne fanden jedoch vor dem Hintergrund des nicht zu ignorierenden Sachverhaltes statt, daß das Mittelmeer seit der Entdeckung der „Neuen Handelswege“(Amerika, Indien) ein Krisengebiet darstellte.

Während Triest auf Kosten Venedigs in der Tat künstlich aufgebaut werden konnte, so waren die Effekte am Kvarner - trotz Anstrengungen - eher gering. Allein Rijeka schnellte über die Jahre nach vorne und verlangte schließlich nach einem Eisenbahnanschluß.

Kraljevica - der einst geplante Kriegshafen - war um die Jahrhundertwende bereits ein Fall für die Archäologie. Dragutin Hirc berichtet 1902:

„Hier waren einst sehr bedeutende Docks, und die entsprechenden, von der Natur gegebenen, äußerst günstigen Anlagen sind noch vorhanden, aber vollkommen vernachlässigt, die großen Schiffbaumagazine sind verfallen und zum Theil auf Abbruch verkauft worden, die schiffbaukundige einheimische Arbeiterschaft ausgewandert“.

Aber:

„Von den im Jahre 1720 von Carl III.(VI.) hergestellten Hafenbauten ist das Meiste noch erhalten, die vielen an den Quais zum Vertrauen angebrachten eisernen Kanonen, desgleichen die Ruinen eines Festungswerkes beim Jesuitenkloster erinnern daran, daß man damals die commercielle und strategische Wichtigkeit dieses Vorhafens der Bucht von Buccari(= Bakar, Anm.d.Verf.) wohl erkannt hatte“(4).

Auch der großartige Naturhafen Bakar blieb lange Zeit ein verschlafenes Nest: Das wirtschaftliche System hing maßgeblich am sogenannten „Margarethen-Markt“, welcher einmal im Jahr veranstaltet wurde und 3 Tage dauerte. Nur zu dieser Zeit war der Hafen mit Schiffen angefüllt und der Geschäftsgeist erblühte. „Zwei Tage darauf“, berichtet Hirc 1902, „ist es in dem Städtchen wieder vollkommen still, eine Woche noch spricht man von all der Herrlichkeit, dann versinkt alles wieder in den traumhaften Zustand, die Bucht, welche die größte Flotte beherbergen könnte, liegt wieder verlassen da, die Magazine sind leer, die breiten Quais einsam, die Häuser bröckeln weiter ab und verfallen“(5).

Bakar:

Copyright: Elmar Oberegger

Die Kvarner-Region und Rijeka erlangten also ihren größten wirtschaftlichen Aufschwung während der Ära Tito. Daran erinnern bis heute Straßennamen, Gedenkstätten und Bauwerke. Der Bezug zum Kommunismus als „Ideologie“ war für die einfachen Bewohner dabei wahrscheinlich schon immer nebensächlich.

 

Anmerkungen:

1) Vgl. Sava VASILJEVIC: Der Transitverkehr durch Jugoslawien und jugoslawische Seehäfen. -Beograd(Dem Verfasser zur Verfügung seit 1980).

2) Vgl. Sava VASILJEVIC: Der Transitverkehr durch Jugoslawien und jugoslawische Seehäfen. -Beograd 1984, S. 15.

3) Vgl. Geza KENEDI: Fiume und sein Bezirk. In: Ungarn 3. -Wien 1893(Österreich-Ungarn in Wort und Bild), S. 563 ff.; ferner den Art. „Eisenbahnhafen Triest“. In: Zur Eisenbahngeschichte des Alpen-Donau-Adria-Raumes. Hrsg. v. Elmar Oberegger. -Internet 2006.

4) Beide Zitate aus Dragutin HIRC: Das croatische Küstenland. In: Ungarn 7. -Wien 1902(Österreich-Ungarn in Wort und Bild), S. 306 ff. Hier: S. 320 f.

5) HIRC a.a.O., S. 326 f.

 

Copyright: Elmar Oberegger 2006.