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>> BRENNER-BAHN.

 

Unter diesem Begriff ist jene ca. 125 Kilometer lange, zweigleisige und elektrifizierte Eisenbahnlinie zu verstehen, welche von Innsbruck nach Bozen verläuft.(1) Errichtet wurde sie zwischen 1864 und 1867 unter der Ägide der „Südbahn-Gesellschaft“.(2) Am Brennerpaß(ca. 1370 m) befindet sich seit 1918/19 die österreichisch-italienische Staatsgrenze. Die Bahn stellt das wichtigste Bindeglied zwischen Süddeutschland und der Adria bzw. Genua dar. Der Verkehr gestaltet sich überaus massiv.

Der Verlauf:

Copyright: Elmar Oberegger

Da die Linie durch alpines Gebiet führt und auf lange Distanzen die Höchststeigung von 25 Promill vorherrscht, wurde bereits 1910 der Plan gefaßt, einen „Brenner-Tunnel“ zu errichten. Heute ist die Errichtung eines „Brenner-Basis-Tunnels“(ca. 55 km) von Patsch nach Franzensfeste vorgesehen. Im italienischen Bereich der Bahn wurden im letzten Jahrzehnt bedeutende Ausbauten(z.B. „Neuer Pflerschtunnel“) umgesetzt. Der österreichische Teil blieb grosso modo unverändert.

Das Längenprofil der alten Brenner-Bahn(1867):

Aus: Art. „Brenner-Bahn“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor Röll. -Berlin/Wien 1912 ff.

Den Auftrag zur Errichtung der Bahn hatte Karl von Etzel erhalten, dessen Linienführung strengen ökonomischen Maßstäben genügen mußte. Das Ergebnis war also keine Linie nach dem Muster der viaduktreichen „Semmering-Bahn“(Ghega), welche heute mit Recht „Welt-Kulturerbe“ ist.(3) Etzel bediente sich in der Überwindung des Gebirges vielmehr sogenannter „Kehrtunnels“, welche am Ende der Kurvenbögen angelegt wurden. Somit gelang es, unter Einhaltung eines gewissen Steigungsausmaßes(s.Längenprofil) auf relativ unscheinbare Weise Höhenmeter zu gewinnen.(4)

Langwierig gestaltete sich die durchgängige Elektrifizierung der Bahn: Bis 1928 wurde der Bereich Innsbruck-Brennersee mit dem österreichischen System elektrifiziert. Ungefähr zur selben Zeit war auch der Abschnitt Brenner-Bozen bereits elektrisch, allerdings nach italienischem System. Erst im Jahre 1934 trafen sich beide Systeme am Grenz-Bahnhof Brenner.(5)

Die Errichtung einer Eisenbahn über den Brenner-Paß war bereits im Eisenbahnplan(1836) von Professor Franz X.Riepl vorgesehen und sollte vor allem der Entwicklung der österreichischen Adriahäfen Venedig und Triest nützen. Die Zugangslinien Kufstein-Innsbruck(„Nordtiroler-Bahn“) und Bozen-Verona(„Südtiroler-Bahn“) wurden bis 1859 hergestellt.(6)

Noch kurz vor der politischen Abtrennung Venedigs und Venetiens im Jahre 1866(„Schlacht von Königgrätz“) publizierte der österreichische Handelsminister Bernhard von Wüllerstorf-Urbair ein Eisenbahnprogramm, welches die Bedeutung der Brenner-Bahn für Triest klar unterstreicht.(7)

Die Bedeutung der Brenner-Bahn für Triest innerhalb des Eisenbahnplans von Wüllerstorf-Urbair(1866):

Nach: B. Wüllerstorf-Urbair, Ein Eisenbahnnetz für die österreichische Monarchie. in: Österreichische Revue 1866, Kartenbeilage.

De facto wurde die Bahn jedoch zur engen Verbündeten des für Österreich mittlerweile ausländischen Seehafens Venedig(s.o.). Seither bilden die Begriffe „Brenner-Bahn“ und „Venedig“ einen engen Konnex, welcher immer wieder allzu unkritisch zitiert wird.(8)

Ab 1873/74 war die österreichische Eisenbahnstruktur allerdings soweit gediehen, daß auch ein Kontakt mit Triest möglich gewesen wäre. Der Plan Wüllerstorf-Urbairs war also - rein strukturell - aufgegangen.

Das strukturelle Einzugsgebiet von Triest im Jahre 1874:

Copyright: Elmar Oberegger

Doch vor allem da die Triester Hafenanlagen zu dieser Zeit noch völlig unterentwickelt waren, wurde Venedig bevorzugt. Erst 1883 wurde in Triest die erste moderne Hafenanlage fertiggestellt(„Porto Nuovo“). Übrigens mit einer Verspätung von ca. 10 Jahren. Doch auch diese Maßnahme vermochte es nicht, den Brenner-Verkehr nach Triest hineinzuleiten.(9)

Somit war die Brenner-Bahn in ihrer Geschichte stets eine „europäische Transitlinie“, welche eben österreichisches Gebiet durchquert.

Einfahrt in den „Moserwieser-Tunnel“(Nordportal):

Copyright: Elmar Oberegger

 

Anmerkungen:

1) Vgl. zum Thema grundlegend: Gerhard DULTINGER: Die Brennerbahn. Gestern-heute-morgen. 2 Bde. Thaur 1989(2).; Art. „Brennerbahn“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor RÖLL. -Berlin/Wien 1912 ff.; Peter WEGENSTEIN: Kufstein-Innsbruck-Brenner. -Wien 1988(Bahn im Bild 60).

2) Vgl. dazu den Art „Südbahn-Gesellschaft“ dieser Enzyklopädie.

3) Vgl. dazu Hermann Strach: Geschichte der Eisenbahnen Österreich-Ungarns von den Anfängen bis zum Jahre 1867. In: GDÖU I/1, S. 73 ff. Hier: S. 419.

4) Vgl. dazu den Art. „Kehrtunnel“. In: RÖLL a.a.O.

5) Vgl. dazu die faszinierende Studie von Georg SCHWACH: Schnellzüge überwinden Gebirge. -Wien 1981, S. 112.

6) Vgl. dazu die Art. „Österreichische Eisenbahnen“, „Nordtiroler-Bahn“ und „Südtiroler-Bahn“ dieser Enzyklopädie.

7) Vgl. dazu Bernhard von WÜLLERSTORF-URBAIR: Ein Eisenbahnnetz für die österreichische Monarchie. In: Österreichische Revue 1866, S. 22 ff. (mit Karte)

8) Vgl. z.B. Hanns HAAS: Triest im altösterreichischen Verkehrssystem. Ein eisenbahngeschichtlicher Versuch. In: Festschrift Felix Kreissler. Hrsg. v. Rudolf Altmüller u.a. -München 1985, S. 91 ff. Hier: S. 95.

9) Vgl. den Art. „Eisenbahnhafen Triest“ dieser Enzyklopädie.

 

Copyright: Elmar Oberegger 2006.