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>> EISENBAHNHAFEN BAR.

 

Der bis zum Jahr 1983 endgültig vollendete Eisenbahnhafen Bar ist über die „serbisch-montenegrinische Donau-Adria-Bahn“ einerseits mit dem wichtigen Knoten Beograd(Rumänien, Ungarn, Save-Korridor) verknüpft und andererseits mit Pozega, von wo aus eine Verbindung nach Bulgarien besteht.

Die Verbindungen mit dem Hinterland:

Copyright: Elmar Oberegger

Der Hafen selbst ist modern ausgebaut und besitzt u.a. folgende Einrichtungen:

1) Kaianlagen für Generalladung.

2) Kaianlagen für Schüttgut.

3) Containerterminal.

4) Ro-Ro-Terminal.

5) Umschlagkapazitäten für PKWs.

6) Silotürme.

Die Errichtung dieses Hafenplatzes geht auf das Bestreben zurück, die Bedeutung Jugoslawiens innerhalb des europäischen Transitgeschehens zu vermehren. Der erste jugoslawische Staat entbehrte noch leistungsfähiger Eisenbahnhäfen an der Adriaküste. Erst im Titoismus besaß man die finanziellen Möglichkeiten, diese zum Nutzen der Volkswirtschaft gehörig zu erschließen. Auch die Errichtung bzw. der Ausbau der übrigen jugoslawischen Seehäfen wäre grundsätzlich vor diesem Hintergrund zu betrachten. Von dieser großen Erschließungs-Leistung wird Montenegro auch in Zukunft profitieren.

Den Urvater des Eisenbahnhafens Bar stellt unbestritten der montenegrinische König Nikola I. dar. Dieser kluge und weitblickende Mann wurde von den europäischen Großmächten zu Unrecht mit „Zaunkönig“ betitelt. Bereits im Jahre 1906 leitete er den Ausbau des Hafens ein. Zwei Jahre später wurde die schmalspurige(75 cm) und 42 Kilometer lange „Antivari-Bahn“(= „Bar-Bahn“) von Bar nach Virpazar eröffnet. Ein bescheidener Anfang zwar, aber immerhin ein Anfang.

Im Jahre 1944 zogen sich die deutschen Besatzer aus dem Raum Bar zurück und versäumten es dabei nicht, das Hafengebiet zu zerstören und zu verminen. Sechs Jahre später wurde einerseits dessen Instandsetzung und andererseits dessen Ausbau grundsätzlich beschlossen. Zwischendurch spekulierte man allerdings damit, nicht Bar, sondern die Bucht von Kotor zum Eisenbahnhafen auszubauen. Doch dieser Plan mußte schließlich fallengelassen werden.

Im Jahre 1965 wurde in Bar die „Ausbaustufe I“ vollendet. Bereits 1952 war mit der Herstellung der oben bereits genannten „Donau-Adria-Bahn“ begonnen worden, welche heute das Bindeglied zwischen dem Hafen und dem europäischen Eisenbahnnetz darstellt. Aufgrund der Finanznot des Staates konnte diese wichtige Linie(Kapazität: 80 Züge pro Tag) jedoch erst bis 1976 fertiggestellt werden.

Kritisiert wurde das Bahnprojekt in erster Linie von den Vertretern der Republik Slowenien, welche danach trachteten, den Hafen Koper eisenbahnmäßig zu erschließen. Ihr Projekt sei billig, das Projekt der Serben und Montenegriner jedoch allzu teuer. Vor allem sei es nicht einzusehen, daß der Staat eine Bahn durchs „Niemandsland“ errichte, wo doch der Hafen Koper ein ideales Sprungbrett in Richtung Deutschland und Österreich darstelle. So bekam Slowenien bereits bis 1967 seine „Koper-Bahn“(Koper-Presnica).

1979 wurde in Bar die „Ausbaustufe II“ vollendet. Tragischerweise wurde die Region im selben Jahr von einem verheerenden Erdbeben erschüttert: Die Hafenanlagen wurden zu 50 % zerstört. Der Wiederaufbau begann zwei Jahre später. Im Jahr 1983 war der Hafen Bar sowohl unbeschränkt funktionsfähig als auch vollständig ausgebaut. Nun erst konnte er der jugoslawischen Volkswirtschaft in vollem Umfang von Nutzen sein.

Mit nur einem Prozent war aber der Hafen Bar im Jahr 1986 allerdings in sehr beschränktem Umfang am gesamten jugoslawischen Hafentransit beteiligt. An erster Stelle stand damals Rijeka(inkl. Bakar) mit 60 %, gefolgt von Koper mit 30 % und Ploce mit 4 %. Folgende Länder wickelten in diesem Jahr ihren Verkehr via Bar ab: Ungarn(5 %), Bulgarien(9 %) und „Andere“(96 %). Es ist davon auszugehen, daß die USA den Großteil dieser „Anderen“ ausmachten, bezogen diese doch in den 1980er Jahren massenhaft PKWs(„Yugo“) aus dem Kragujevacer Werk(s.Karte).

Der Hafenplatz Bar hat unter dem Zerfall Jugoslawiens nicht unwesentlich gelitten. Seine weitere Zukunft hängt grundsätzlich von der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung des Balkanraumes ab. Hinsichtlich Infrastruktur und Verkehrsanbindung besitzt er längst die besten Voraussetzungen für eine erste große Blütezeit.

 

Exzellente Fotographien zum Thema unter:

http://www.lukabar.cg.yu/eng/Port_of_Bar.htm

 

Quellen:

Art. „Montenegro“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor RÖLL. -Berlin/Wien 1912 ff.

Int.Eisenbahnarchiv L.K. Pernegger.

MATKOVIC Drago: Jugoslawiens Seeschiffahrt und Seeschiffahrts-Politik. In: Der Donauraum 6 (1961), S. 133 ff.

DERS.: Der neue Überseehafen Koper. In: Der Donauraum 8 (1963), S. 301 f.

VASILJEVIC Sava: Der Transitverkehr durch Jugoslawien und jugoslawische Seehäfen. -Beograd 1980 ff.

 

Copyright: Elmar Oberegger 2006.