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>> ALBANISCHE EISENBAHNEN.

 

Das Eisenbahnnetz Albaniens war lange Zeit vom Ausland isoliert. Erst seit 1986 steht eine via Shkodra verlaufende Eisenbahnverbindung mit Podgorica(früher: Titograd) zur Verfügung. Da Durres kürzlich zum Freihafen Mazedoniens erklärt wurde, ist die Herstellung einer Verbindung mit dessen Netz geplant.

Man könnte glauben, daß diese langandauernde Isolation auf die eigenwillige Politik des kommunistischen Führers Enver Hoxha(1908-1985) zurückzuführen ist. Dies trifft jedoch nicht zu: Bereits im Jahre 1973 wollte Albanien einen Anschluß an das jugoslawische Netz erreichen(übrigens via Elbasan-Prenjasi), stieß jedoch auf taube Ohren. Erst nach dem Bruch mit China(1978) begann die Verwirklichung dieses Anliegens in greifbare Nähe zu rücken. Im Frühjahr 1979 wurde die Errichtung der „Titograd-Bahn“(s.o.) beschlossen.

Heute stellt sich das albanische Netz - nach leichter Beschneidung - wie folgt dar:

Das albanische Netz heute:

Copyright: Elmar Oberegger

Vgl. auch die Karte bei Gerhard Gürsch(Mit Bus und Bahn durchs Land der Skipetaren, München 1987) welche das Netz im Jahr 1985 zeigt.(S. 92)

In materieller Hinsicht ist dieses Netz in jeder Hinsicht unterentwickelt. Die jeweiligen Trassen waren unter primitivsten Voraussetzungen geschaffen worden. Gerhard Gürsch - der Pionier der Albanischen Eisenbahngeschichte - schrieb 1987:

„Der Neubau von Bahnstrecken erfolgt durch Jugendliche aus Schulen, Betrieben der Landwirtschaft, die sich jeweils für einen Monat, nach neueren Angaben für drei Monate freiwillig verpflichten ... Für Bahndamm und Oberbau verwendet man Material(Geröll und Sand) aus der näheren Umgebung ... Nur die Strecke Elbasan-Pogradec weist eine dünne Schotterschicht auf. Durch Wind und Regen verflüchtigt sich der Sand zwischen den Holzschwellen nach kurzer Zeit, so daß die Schienen ziemlich frei auf blankem Plenum liegen und die Dämme bald weitere Erosionsschäden zeigen. Entgleisungen sind deshalb häufig“.

Angesichts dessen leidet natürlich bis heute die Fahrgeschwindigkeit der Züge. Der Fahrpark konnte seit der Abkehr von China nur noch mittels „Gnaden-Spenden“ aus dem Ausland(bes. Italien) aufrecht erhalten werden.

Überhaupt scheint das Eisenbahnwesen Albaniens zu mehr als 50% von der „Kunst der Improvisation“ zu leben. Ein absoluter Kollaps trat jedoch trotz schwerer betrieblicher Beeinträchtigungen(Brückeneinsturz bei Tirana, 2005) bis heute nicht ein.

Hinsichtlich der bis Mitte der 1980er Jahre dauernden Hoxha-Herrschaft kann man verschiedener Meinung sein: Es stimmt zweifellos, daß er Albanien in die Isolation geführt hat. Es stimmt aber ebenso, daß er es war, welcher „Nation“, „Wirtschaft“ und „Verkehr“ nachhaltig aufgebaut hat.

Enver Hoxha(re.) mit einem Volks-Genossen:

Aus: Neues Albanien 5 (1972), 35.

Die erste - mittlerweile aufgelassene - Eisenbahn Albaniens war eine Schmalspur-Bahn, welche in den frühen 1920er Jahren von den Italienern errichtet wurde. Sie ging von der Hafenstadt Vlora aus und führte bis ins Bitumen-Gebiet von Selenice. Damit trägt diese den Charakter einer typischen „Kolonial-Bahn“: Interessant war nur der Bodenschatz, nicht aber die Entwicklung des Landes.

Erst unter Enver Hoxha nahm das albanische Eisenbahnnetz einen historisch bedeutenden Aufschwung.

Die Entfaltung des Netzes zwischen 1922/23 und 1985:

Nach: G.GÜRSCH, Mit Bus und Bahn durchs Land der Skipetaren, München 1987, 78 f.

Oben die Jahreszahlen(1922/23, 1947 ff.), unten die Anzahl der erreichten Kilometer. Die - ohnehin sehr gering ausgefallenen - Rückbauten wurden hier nicht berücksichtigt.

Eine nachhaltige Hebung des albanischen Eisenbahnwesens könnte heute nur mittels massiver ausländischer Hilfe herbeigeführt werden.

 

Fotos(sämtlich 1994):

Fahrkarte:

Int.Eisenbahnarchiv L.K.Pernegger

 

Bahnhof Tirana: Italienische Waggons.

Int.Eisenbahnarchiv L.K.Pernegger

 

Bahnhof Tirana: Abfahrt des Zuges nach Durres.

Int.Eisenbahnarchiv L.K.Pernegger

 

Bahnhof Elbasan:

Int.Eisenbahnarchiv L.K.Pernegger

 

Quellen:

Art. „Die Albanischen Eisenbahnen kollabieren“. In: Osservatori sui Balcani, 07-02-05. (Übersetzung P. Johann). Dieser Artikel wurde dem Verfasser von Herrn Mag. Markus Rabanser zur freien Verfügung überlassen.

Art. „Titograd-Bahn“ und „Eisenbahnhafen Durres“ dieser Enzyklopädie.

BLEIMUTH Wolfgang: Aufnahme des Güterverkehrs mit Albanien. In: Unsere Bahn 2 (1986), S. 20.

BOECKH Katrin: Von den Balkankriegen zum Ersten Weltkrieg. Kleinstaatenpolitik und ethnische Selbstbestimmung auf dem Balkan. -München 1996.

Die ÖBB in Wort und Bild 11+12 (1973), S. 39.

GÜRSCH Gerhard: Mit Bus und Bahn durchs Land der Skipetaren. -München 1987, S. 88.

Int.Eisenbahnarchiv L.K.Pernegger

 

Copyright: Elmar Oberegger 2006.