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II: ZUR GESCHICHTE DER KIRCHENANLAGE VON ST.BLASIEN BEI BAD HALL.

 

1)    Antike Wurzeln? Die Theorie von der „Civitas Salis“.

Die Kirchenanlage von St.Blasien befindet sich neben der Straße von Bad Hall nach Waldneukirchen.

Die Kirchenanlage von St.Blasien:

Copyright: Elmar Oberegger

Von 1891 bis 1933 war diese Kirche auch per Eisenbahn erreichbar(Haltestelle „St.Blasien“ des Zweiges Pergern-Bad Hall der „Steyrtalbahn“).

Wir befinden uns hier auf „…uraltem, geweihtem Boden“(: 5), schreibt Pater Thomas Eckerstorfer im Jahr 1967 in einem Artikel für den „Bad Haller Kurier“.

Auf die Frage, wie alt diese „Heilige Stätte“ eigentlich wirklich ist, sollte und konnte in diesem kurzen Beitrag jedoch nicht genauer eingegangen werden.

Deshalb wollen wir hier nun einen kurzen Blick auf dieses Problem werfen.

Franz Harrer referiert uns in seinem faszinierenden Buch „Sagen und Legenden von Steyr“(1980: 143) u.a. den Mythos, dass „BAD HALL“ einst eine große Stadt(= „Civitas“?) gewesen sei. Doch diese sei durch „Krieg“ zerstört worden; bis auf die „Margaretenkirche“, die „Pfarrkirchner Kirche“ und die „St.Blasener Kirche“.

Nach landläufiger Meinung ist „HALL“ das keltische Wort für „SALZ“.

Und Mythen besitzen oft einen wahren Kern. Existierte in diesem Raum einst tatsächlich eine „HALL-STADT“, also eine „SALZ-STADT“(lat. „Civitas salis“) der Kelten?

Befand sich an der Stelle des Kirchenhauses von Waldneukirchen einst ein Wachtposten der Kelten gegen einen Feind, der sich im Tal unten zum Angriff aufstellen könnte?

Befanden sich dort, wo später obgenannte Kirchen entstanden, „Keltische Opferplätze“ dieser „CIVITAS SALIS“?

Welcher „Krieg“ könnte die Civitas Salis zerstört haben?

Hierbei kommen eigentlich nur die Römer in Frage, welche 16 BC das keltische Königreich „Noricum“ zur Provinz machten.

Doch diese knüpften ja immer gern an das Vorhandene an, warum sollten sie also gerade hier zerstört haben?

„Zerstörungen“ richteten die Römer immer nur dann an, wenn ihnen ein „System“ politisch widerwärtig war. Als Hauptbeispiel sei hier die Zerstörung des Tempels von Jerusalem genannt – Man erkannte darin eine „Ewige Brutstätte des politischen Aufstandes“.

Wurden etwa in der Civitas Salis u.a. „unsittliche Opfer“, d.h. „Menschen-Opfer“ dargebracht, welche im römischen System schon seit ca. 100 BC verpönt waren?

Sträubten sich die Bewohner nach der römischen Besetzung vehement, ihre alten Kulte aufzugeben und wurde deshalb ihre „Civitas“ samt „Opferstätten“ militärisch dem Erdboden gleichgemacht?

Und hielten manche nachher noch heimlich in den baulichen Ruinen dieser Kultstätten durch gewisse nächtlich-rituelle Versammlungen den „Alten Kult“ (auch ohne Menschenopfer) grundsätzlich am Leben, schufen somit also die Grundlage für eine neue religiös-rituelle Erfüllung dieser Stätten? Will uns obiger Mythos grundsätzlich dies metaphorisch mitteilen, wenn er von der „Verschonung dreier Kirchen“ handelt?

Kurzum: Es gibt weder schriftliche noch archäologische Anhaltspunkte für obige Theorie.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das Wort „HALL“ gar nicht unmittelbar aus dem Keltischen stammt:

Nach einer fundierten Studie des DOPSCH-Schülers Johannes LANG handelt es sich hierbei um einen althochdeutschen Begriff aus der Welt des Bergbaus.

„HALL“ bedeutet nach LANG(2009: 88 f.) zunächst nur einen „BERGBAU AM HANG“. Gebräuchlich war dieser Name zuerst im Norden(Halle an der Saale, Halle in Westfalen) und wanderte sodann südwärts.

So kam es zur Umbenennung des Ortes „SALINAS“ in „(REICHEN-)HALL“. Und aufgrund der dominanten Stellung von Reichenhall wurde in der Folge die Bezeichnung „HALL“ auf fast alle süddeutschen Salinenstandorte übertragen.

In der Gegend BAD HALL gewann man schon in ältester Zeit Salz u.a. aus dem sogenannten „SULZBACH“(= „Salz-Bach“).

Doch diese „Saline“ war im Vergleich schon immer ziemlich unergiebig, wurde damit im Lauf der Zeit immer unbedeutender und schließlich im 14. Jahrhundert stillgelegt.

Einen „Historischen Namen“ machte sie sich in ihrer Geschichte nie. Später wurde das Wasser nur noch zu rein medizinischen Zwecken genutzt.

Dennoch war das im Jahre 777 gegründete Kloster Kremsmünster von Herzog Tassilo mit DIESER SALINE beschenkt worden. In der Stiftungsurkunde heißt es hierzu wörtlich:

„Tradimus quoque et Salinam, quiae ad Sulzibach est, et tres homines ibi habitantes selem coquentes“.

Wie die Gegend von Bad Hall damals wirklich hieß, können wir angesichts dieser Quelle also gar nicht feststellen, handelt es sich doch bezüglich „SULZBACH“ offenbar – wie im Falle von „HALL“ – um einen „TERMINUS TECHNO-ÖKONOMICUS“, der im deutschen Raum als Synonym für „SALZFÜHRENDER BACH ALS ROHSTOFFQUELLE“ weite Verbreitung gefunden hat.

Weit hinter der „Slawischen Ortsnamengrenze“(s.d. TOVORNIK 1988: 125) gelegen hat die Gegend damals vielleicht „SOLSKI POTOK“ geheißen…

Auch aus dieser Richtung ist also wie gesagt eine „Große Kontinuität von der Antike herauf“ keineswegs nachzuweisen.

Im Jahr 1145 ist uns für den Raum Bad Hall ein gewisser „Heinrich von Hall“ überliefert, ab 1160 hieß der Ort dann „Herzogen-Hall“.

Seit wann genau der Name „Hall“ in der Bezeichnung des Ortes eine Rolle spielte, bleibt vorerst unbekannt.

St.Blasien ist also mit größter Wahrscheinlichkeit kein Überrest einer keltischen „Civitas Salis“.

 

2)    Die „Ältere Kirche“ eines Rodungsgebietes?

Da die Kirchenanlage St.Blasien in nächster Nähe von Waldneukirchen gelegen ist, drängt sich für den oberflächlichen Beobachter sofort die Frage auf, ob diese nicht die „Erste Kirchenanlage“ innerhalb eines „Rodungs-Gebietes“ war. Denn woher sollte der Name „WALD-NEU-KIRCHEN“ sonst kommen?

Diese gedankliche Richtung ist allerdings ein Irrweg.

Der Waldneukirchner Historiker Ernest Ulbrich hat in seinem Aufsatz „Baugeschichte der gotischen Pfarrkirche von Waldneukirchen“(2011) in aller Klarheit herausgestellt, dass „Waldneukirchen“ ursprünglich – d.h. im 13. Jahrhundert – noch als „NEWKIRCHEN SUPER STYRA“(= Neukirchen ob der Steyr) bzw. einfach als „NIUNCHIRCHEN“(Neukirchen) in den Quellen aufscheint.(: 37) Von „Wald“ ist in dieser frühen Zeit also noch überhaupt keine Rede.

Noch heute entbehrt übrigens der umgangssprachliche Name für „Waldneukirchen“ des „Waldes“:

Die Bewohner nennen ihren Heimatort beharrlich „Neikiacha“ oder „Neikiri“, ganz im Sinne der alten Namengebung(s.o.).

Hat es überhaupt eine (frühmittelalterliche) Rodung in diesem Gebiet gegeben? Gegendnamen wie „Reith“, „Röd“, „Kreith“, „Kreuth“ oder „Gereuth“, welche alle auf „Rodung“ hindeuten, fehlen jedenfalls.

Der „Wald“ ist hier nachweislich eine spätere Zugabe zum Ortsnamen.

Wahrscheinlich wurde diese zwecks geographischer Präzisierung durchgeführt. Erst im Jahre 1420 erscheint der Name „Waldneukirchen“ in einem Stiftsurbar. Man stellte hierbei offenbar auf den „Hamet-Wald“(= kelt. „Grenzwald“?) ab, welcher aber bis heute eine eingrenzbare „Wald-Zone“ darstellt.

Überhaupt scheint der Name „Neu-Kirchen“ auch nicht direkt mit einem „Kolonisations-Vorgang“ in Zusammenhang zu stehen.

Er weist vielmehr auf eine Alte Vorgängerkirche hin, welche einst abgebaut wurde. Die dabei gewonnenen Bausteine wurden dann wieder in die „Neue Kirche“(eröffnet 1458) eingebaut. Zum Gutteil bestand die Alte Kirche aus Holz.

Die „Religiöse Geschichte“ von diesem „Wald-Neukirchen“ ist fürwahr sehr alt, werden doch, wie Ulbrich schreibt, schon gegen Ende des 12. Jahrhunderts „Seelsorger“ bezeugt.(s. 2001: 37)

Sicherlich gab es irgendwann auch eine (hölzerne) „Ur-Kirche“, denn die Seelsorger leisteten ihren Dienst wohl nicht auf Dauer unter dem freien Himmel, welcher durchaus feindlich gestimmt sein kann. Dazu kommt die Winterzeit als Aspekt.

Doch all‘ das sind Spekulationen!

Heute wird davon ausgegangen, dass die heutige Kirchenanlage von St.Blasien erst 1348 entstand.

Somit besitzt „Waldneukirchen“ eindeutig die ältere Tradition.

 

3)    Am Anfang stand in St.Blasien nur eine bescheidene Kapelle – Gegründet vom „Edlen Rittergeschlecht der Rohrer“. Selbige errichteten später auch die Kirche.

In St. Blasien befand sich ursprünglich nur eine Kapelle, welche dann demontiert und in den neuen Kirchenbau eingearbeitet wurde.

Johann Geistberger(1896: 93 ff.) führt zu diesem Zusammenhang aus:

„Kann man den Gründer der Kapelle in Paeizzerswanch(= ‚Paisserswang‘, ‚Prüherswang‘, Anm. d. Verf.) zwar aus Urkunden nicht angeben, so liegt doch die Vermuthung nahe, dass Jemand aus der Familie der ‚Edlen von Rohr‘ der Stifter derselben gewesen ist.

Diese Familie war bereits im 12.Jahrhundert durch die Freigebigkeit der Herzoge von Bayern in dieser Gegend sehr begütert. Einige dieser Güter übergab Fridrich de Ror, der um das Jahr 1138 gestorben ist, dem Kloster Ranshofen bei Braunau, als sein Sohn Richerus in dieses von einem Anverwandten der Familie, nämlich von Erzbischof Conrad von Salzburg, einem Grafen von Abendsberg, gegründete Canonicatstift eintrat.

Friedrich von Ror theilte damals seine Güter unter seine zwei Söhne, Otto und Richer. Otto erhielt die Stammburg Ror(Unterrohr) mit der daselbst befindlichen Kapelle, die damals dem heiligen Bartholomäus zu Ehren geweiht war, sowie jene Güter im Sulzbachthale und Umgebung, welche später der Herrschaft Hall (eigentlich Steyr) zufielen.

Richer erhielt als Mitgift in das Kloster Ranshofen die Kirche und das praedium Oberrohr und mehrere Güter am Sulzbache; unter diesen jene zwei Güter, welche noch heutzutage wegen ihrer Zugehörigkeit zum Kloster Ranshofen den Namen Groß- und Kleinranshofen führen. –

Die Gegend von Beißerswang mit den daselbft gelegenen Gütern verblieben dem Otto von Rohr(= Hervorhebungen d. Verf.), der das Geschlecht der Edlen von Rohr fortpflanzte. Solche Güter waren: das Gut, auf dessen Grund und Boden die Kirche St. Blasien erbaut wurde, die Wimm bei St. Blasien unmittelbar neben der Kirche bestehend; ferner die sogenannten Wimmerhäuser in der Nähe von St.Blasien, die jedoch bereits zur Pfarre Waldneukirchen gehören. Alle diese Güter blieben bei der Stammburg Rohr(Unterrohr) bis selbe von einem Mitgliede der Familie an die Pfarrkirche Pfarrkirchen zur Stiftung von heiligen Messen übergeben wurden.

Wilhelm von Rohr bestätigte und bekräftigte diese Stiftung am 25.Jänner 1403. Aus dem noch bekannten Inhalte und Wortlaute dieses Stiftbriefes ersieht man, dass die Umgebung von St. Blasien gänzlich Eigenthum der Edlen von Rohr einst gewesen ist. Aus diesem Umstande kann man mit gutem Grunde schließen, dass die Kapelle St.Blasien, die auf dem der Familie der Rohrer seit dem Anfange des 12.Jahrhunderts eigenthümlichen Grund und Boden errichtet wurde, Niemand anderen als ein Mitglied dieser Familie zum ersten Gründer hatte.

Bestätigt wird diese Ansicht dadurch, dass die Edlen von Rohr sich das Vogteirecht über diese Kirche vorbehalten und dasselbe auch von Leonstein aus, so lange dieselben im Besitze dieser Feste waren, stets ausgeübt haben. Selbst ihre Nachfolger auf der Feste Leonstein besassen noch dieses Recht; bis endlich Abt Alexander de Laon die Kirche St. Blasien von aller fremden Jurisdiction befreite“.

Und weiter:

„Wird nun die Gründung einer Kapelle zu Paeizzerswanch zu Ehren des heiligen Blasius mit vieler Wahrscheinlichkeit den Edlen von Rohr zugeschrieben, so bezeichnet auch die bis auf unsere Zeiten herab erhaltene Volkssage einen Herrn von Rohr als den Stifter und Erbauer des jetzt noch bestehenden schönen Gotteshaufes St.Blasien.

Ein Ritter, so erzählt die Volkssage, flüchtete sich vor seinen Feinden und verbarg sich in der Gegend von St.Blasien bei seinen Freunden. Derselbe machte das Gelübde, er wolle, wenn er den Verfolgungen seiner Feinde glücklich entgienge, auf dem Platze, wo er Schutz gefunden habe, Gott zum Danke, eine Kirche bauen. Sein Wunsch wurde erfüllt, und so wurde dem Gelübde gemäß das jetzt bestehende Gotteshaus errichtet. Liegt dieser Sage, wie kaum zu bezweifeln ist, eine Wahrheit zugrunde, so lässt sich an Niemand anderen denken als an jenen Ritter von Rohr, der um das Jahr 1380 die Feste Leonstein inne hatte, den Namen feiner edlen Familie durch Raub befleckte, unter andern die Gesandten des Erzbischofs von Salzburg, den Goldegger und den Felber gefangen nahm und darum von Herzog Albrecht mit Krieg überzogen wurde.

Die Feste Leonstein musste sich ergeben; der Rorer gieng, wie Haselbach in feiner Chronik erzählt, heimlich von der Feste. Wohin er gieng, wird nicht gesagt. Dass er in eine Gegend sich flüchtete, wo er Unterthanen, Freunde hatte, ist sicher anzunehmen.

Keine lag ihm näher, keine war von Wäldern so umgeben, keine so geschützt, wie die vom Walde ‚dem Thanschuchen‘ umgebene Gegend von Peußerswang.

Bemerkenswert ist, dass der Sonn dieses Ritters von Rohr den oben erwähnten Stiftbrief ausgestellt hat, in welchem von der Kirche St. Blasien und den um selbe befindlichen Gütern besonders Meldung geschieht.

Ueber die Zeit der Erbauung des jetzt bestehenden Gotteshauses St.Blasien gibt weder eine Inschrift oder Jahreszahl am Gebäude selbst noch irgend eine Urkunde eine Nachricht. Der Bau selbst deutet in seinen Bauformen auf die Zeit des Ueberganges vom 14. in das 15. Jahrhundert“(94 f.).

Heute geht man wie gesagt davon aus, dass die Errichtung der heutigen St.Blasener Kirche auf das Jahr 1348 zurückgeht.(Vgl. ECKERSTORFER 1967: 5)

 

4)    Das „Mesner-Häusl“ ist eindeutig älter als die heutige Kirche. Zur Frage der Entfernung eines Haus-Ecks.

Im obigen Abschnitt war die Rede von einer „Wimm bei St. Blasien“, welche sich neben der Kirche befindet.

Gemeint ist damit ganz offenbar das heutige Mesnerhäusl, über dessen ursprüngliches Aussehen(!) jedoch nichts berichtet wird. Wurde auch diese „Wimm“ im Zuge des Kirchenbaus ausgebaut?

Betrachtet man nun die Kirchenanlage von St.Blasien mit offenen Augen, so fällt auf, dass an jener Stelle, wo sich Gotteshaus und heutiges Mesnerhäusl am nächsten sind, offenbar die rechtwinkelige Spitze des Profanbaus (kunstvoll) entschärft wurde, sodass noch z.B. ein PKW hindurchpasst. Das beigegebene Illustrationsmaterial erhellt diesen Umstand.

Das „Entschärfte Hauseck“ in St.Blasien(Foto):

Copyright: Elmar Oberegger

Das „Entschärfte Hauseck“ in St.Blasien(Schemat. Illustration):

Copyright: Elmar Oberegger

Johann Geistberger(1896) schreibt hierzu:

„Ungünstig für die Südansicht der Kirche ist auch, dass die … ‚Wimm‘, ein überländartiges Haus, so nahe an der Südwestecke der Kirche steht, dass zwischen beiden nur ein Heuwagen durchfahren kann, obwohl am alten Gehöfte hier ohnehin die Ecke abgenommen worden ist. Das erklärt sich wohl daher, dass die ursprüngliche ‚Kapelle‘ des hl. Blasius viel kleiner war, als die dermalige, doch bereits mittelgroße Kirche, welche vor c. 400 Jahren nach damaligem Gebrauch um die alte Kapelle herumgebaut und so dem Wohnhause näher gerückt worden sein dürfte“(: 106).

Der große Aufwand, den man hier trieb, kann aber wohl kaum ausschließlich damit erklärt werden, dass man eben aufgrund der Tradition um den Kern einer Kapelle herumgebaut hat. Vielmehr wäre auch auf den Abhang auf der gegenüberliegenden Seite zu verweisen, welchem man nicht allzu nahe kommen wollte.

Kirchenanlage St.Blasien 1882 – Ausschnitt aus dem Gemälde des Malers und Dichters Josef Moser(1813-1890):

Copyright: Pfarrarchiv Pfarrkirchen/Bad Hall

Gut zu erkennen das Mesnerhäusl und der „Abhang“ auf der gegenüberliegenden Seite.

Festzuhalten ist jedenfalls:

Die grundsätzliche bauliche Gestalt des „Mesnerhäusls“ bestand interessanterweise schon lange vor dem Kirchenbau(1348).

 

5)    Zu „Geistlichem Leben“ und baulichem Zustand von St.Blasien. Die Reformationszeit als absoluter Tiefpunkt. Bedeutung des Ehepaars Wolfslehner. Leistung des Pater Thomas.

Das abgeschiedene St.Blasien war nie ein „Gotteshaus der Massen“, sondern eine „Einschichtkirche“:

Für die Zeit um 1300 berichtet uns Geistberger(1896), dass nur jeden Mittwoch eine Messe gefeiert wurde.(Vgl.: 93)

Noch um 1900 galt die Kirche als „sehr wenig benützt“(a.a.O.: 118). Die damaligen Feiern:

Am 16. Oktober, 6. November und 3. Februar je eine Messe und am folgenden Sonntag Frühmesse und Amt.

Der bauliche Zustand war damals noch einwandfrei.(Vgl. a.a.O.: 94)

Den absoluten Tiefpunkt ihrer Geschichte hatte die Kirche in der Zeit der „Reformation“(16. Jh) erlebt – Es fanden keine Messen mehr statt, schließlich wurde sie zu einem Lagerraum der Landwirtschaft(Heu etc.) umgestaltet.

Erst im 17. Jahrhundert wurde dieser schmähliche Zustand durch den Kremsmünsterer Abt Placidus Buechauer(1611-1669) beendet. Er gab ferner den Befehl zur neuerlichen Zelebrierung von Messen. Drei Mal am Tag sei ferner der Läutdienst zu verrichten.(Vgl. a.a.O.: 95)

Vor allem im 18. und 19. Jahrhundert wurden noch vielerlei Verschönerungs- und Restaurierungsmaßnahmen durchgeführt. 1715 wurde etwa der barocke Altar aufgestellt. Die Glocke an der Sakristeitür stammt aus 1795.

Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde der Kirchturm noch neu eingedeckt(1911).

Nach 1918 begann dann die Notzeit, dann der National-Sozialismus, dann die „Besatzungszeit“, dann die „Zweite Republik“

Summa summarum viel zuwenig Zeit, Interesse und Ressourcen für St.Blasien!

Im Jahr 1939 zog das Ehepaar Karl und Cäcilia Wolfslehner(Hochzeit am 18. März d.J.) in das „Mesnerhäusl“ neben der Kirche ein, welches damals offiziell nur das Auszugs-Haus des Großbauern „Mayr i. Haag(Feyregg)“ war.

Es ist überliefert, dass beide einen, wenngleich höchst reduzierten, „Mesner-Dienst“ erledigten. Dieser bestand in:

a)     Verrichtung des „Läut-Dienstes“ um 06:00h und um 12:00h.

b)    Schmückung der Kirche und Speisung der Geistlichkeit(Kaffee und Kuchen) anlässlich des „Blasn’Tages“.

Im Grunde war damit das religiöse Leben also noch nicht völlig erloschen. Doch die Kirche von St.Blasien war in baulicher Hinsicht schon längst „lebensgefährlich“ geworden.

Vor diesem Hintergrund ist folgende Geschichte interessant, welche die Waldneukirchner Historikerin Katharina Ulbrich dem Verfasser erzählte:

Nach Kriegsausbruch(1. Sept. 1939) wurde vom Regime eine Metall-Sammlung durchgeführt, d.h. es wurden auch Kirchenglocken abmontiert und eingezogen. Nur wenige kehrten nach 1945 in ihr angestammtes Gotteshaus zurück.

Anders in St.Blasien: Dort befand sich immerhin die Frau Wolfslehner, welche darauf hinwies, dass man sich die Glocke schon holen könne, man dabei aber aufgrund der Baufälligkeit der Kirche damit rechnen müsse, dass der ganze Turm einstürze. Eine wahrlich „lebensgefährliche Aufgabe“ sei das also…

So blieb die „St.Blasener Glocke“ vom Regime unberührt, der letzte Lebensnerv der religiösen Stätte also erhalten. Und dies nur dank Frau Wolfslehner, welche weiterhin ihren Läutdienst verrichtete.

Doch schon längst war die Kirche keine „RELIGIÖSE BEGEGNUNGSSTÄTTE“ im eigentlichen Sinn mehr.

Im selben Jahr 1939 wurde Herr Karl Wolfslehner zum Militär eingezogen. Nach dem Zweiten Weltkrieg bauten die Wolfslehners dann unweit des Mesnerhäusls ihr eigenes Haus. Im August 1954 zog man ein. Die obgenannten Dienste wurden auch weiterhin verrichtet.

Das Ehepaar Karl und Cäcilia Wolfslehner im Sommer 1969:

PA Wolfslehner

Beide hatten besonders in ihrer Jugend ein schweres Leben: Am 18. März 1939 fand die Hochzeit statt. Sodann Gründung eines „Haushaltes“ im St.Blasener Mesnerhäusl, welches damals nur ein Auszugshaus des „Mair i. Haag“(Feyregg) war. Bis Mitte der 1950er Jahre war dieses nur mit Stroh gedeckt und teils sogar undicht. 1954 Umzug in das mühevoll errichtete Einfamilienhaus. Endlich konnte man in „normalen Verhältnissen“ gemeinsam leben. Es befindet sich neben dem Mesnerhäusl, direkt an der Straße Bad Hall-Waldneukirchen. Ihre Dienste für die Kirche konnten beide also auch weiterhin problemlos wahrnehmen.

Schon 1946 hatte Pater Karl Hochhuber in der Pfarrkirchner Pfarrchronik mit gewisser Verbitterung festgehalten:

„Vereinsamt steht diese Kirche nun da, nur mehr ein Baudenkmal aus alter Zeit…“.

Doch was tun? Pater Hochhuber – ab 1936 ganze 26 Jahre Pfarrer von Pfarrkirchen – war schließlich zu krank, um eine Renovierung dieser Filialkirche zu beginnen und zu leiten.

Im Jahr 1962 wurde Pater Thomas Eckerstorfer – noch nicht einmal 40 Jahre alt – sein Nachfolger und publizierte als stets geschichts- und kulturbewusster Mensch umgehend seinen Kirchenführer „Pfarrkirchen bei Bad Hall“, welcher sodann mehrere Auflagen erleben soll. Die Pfarrkirchner Filialkirche St.Blasien war ihm übrigens schon seit Jahren ein großes Anliegen.

Der Altarbereich von St.Blasien 2013:

Copyright: Elmar Oberegger

Man darf es wirklich nie vergessen – Auch die Geschichte von St.Blasien ist von „Blood, Sweat &. Tears“(W.Churchill) gekennzeichnet!

Nach längeren Planungen und Vorstudien begannen im Februar 1967 die konkreten Renovierungsarbeiten. Darüber berichtete Pater Thomas in einem Artikel des Bad Haller Kuriers. Eine neue Glocke musste – Frau Wolfslehner sei Dank! – nicht angeschafft werden!(s.o.) Im selben Jahr wurde in St.Blasien die regelmäßige Sonntagsmesse eingeführt. Sein Artikel war also wahrscheinlich nicht nur als sachlicher Bericht gedacht, sondern auch als Werbe-Maßnahme gegenüber den Bad Haller Kurgästen. Ein längerer sonntäglicher Fußmarsch tut gut; um so mehr, wenn man zu einem glänzenden Prediger wie Pater Thomas geht. Und ihre Zahl wurde immer größer…

Dem „Sozialismus“ bzw. „Liberalismus“ der damaligen Zeit entsprach er in seinen Predigten nie. Vielmehr hatte er immer ganz klare moralische Vorstellungen und bemühte besonders am Anfang der 1970er-Jahre immer wieder den Begriff „Weltanschaulicher Misch-Masch“.

Ohne seinen Konservativismus grundsätzlich loben zu wollen: Blickt man heute auf manche Figur der „GRÜNEN PARTEI“, so muss man zugeben, dass seine Kritiken und Warnungen berechtigt waren.

St.Blasien wurde immer mehr zum „Event-Zentrum“: 1970 kam es zur Eröffnung der „Blasn’Stub’n im Mesnerhäusl“. Alles war einfach; dennoch aber von einer Atmosphäre der Gemütlichkeit geprägt. Die Renovierungsarbeiten an und in der Kirche gingen weiter. 1970 wurde zusätzlich zum „Blas’n-Tag“ noch der „Leonhardi-Tag“ eingeführt.

Renovierung der Kirche: Einbringung von Stahlträgern ins alte Gemäuer.

Sammlung Oberegger

LKW und Kran wurden vom oö.Landeshauptmann(!) zur Verfügung gestellt.

„Event-Zentrum St.Blasien“ 1981: „Fahrzeug-Weihe“ durch Pater Thomas für die Familien Oberegger und Rückart.

Copyright: Elmar Oberegger

Oben links der heutige Konsulent Dr. Elmar Oberegger als „Laien- und Aushilfs-Ministrant“. Es bestand schon immer ein gewisser Unterschied zwischen ihm und seinen „Katholisch-Braven Cousins“. Auch im Zuge regulärer Messen in St. Blasien setzte Pater Thomas seinen Neffen Elmar gerne spontan als „Ministrant“ ein.

Ohne das Ehepaar Wolfslehner, welches auch in dunkler Zeit unbeirrt zur Kirche von St.Blasien gestanden war(s.o.), wäre Pater Thomas wohl nie weitergekommen:

ER brachte bei den Renovierungsarbeiten sowohl sein fachliches Wissen als auch seine Muskelkraft ein. Vor allem aber fungierte er als Mesner.

Herr Mesner Karl Wolfslehner(1896-1978) bei einer der ersten Sonntagsmessen, welche seit 1967 regelmäßig stattfanden:

PA Wolfslehner

SIE verkörperte immer diese „Liebe, die durch den (Gäste-)Magen geht“:

Ihre Imbisse und Speisen, welche in der „Blas’n Stub’n“ im Mesnerhäusl serviert wurden, wurden legendär. Erinnern wir uns nur an ihre Bauernkrapfen! Man spürte immer ganz klar, dass diese Frau einst Köchin werden wollte!

Frau Pfarrersköchin Cäcilia Wolfslehner(1913-2004) serviert einen Truthahn:

Nachlass Theodor Eckerstorfer

Alle fühlten sich immer wohl: „Große Leute“, „Kleine Leute“; und alle spendeten sie am Ende zum Wohle von St.Blasien!

Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1978 übernahm Frau Wolfslehner auch den Mesnerdienst.

In der Zeit nach der Ablösung des Pater Thomas im Jahr 1990 wurde St.Blasien zu einer Art „Hochzeits-Disney-Land“ umgestaltet und dabei das Mesnerhäusl grundlegend renoviert.

Heute wird dort sonntags nur noch ein „Wortgottesdienst“ gefeiert. Grund: Priestermangel.

Unbestreitbar begann also ab 1990 eine neuerliche Phase des (schleichenden) Niedergangs, dessen weiterer Verlauf noch nicht abzusehen ist.

Das „Charmante Regime“ des Pater Thomas und der Familie Wolfslehner ist heute jedenfalls längst dahin –

Mit dieser Festschrift wollen wir diesem gedenken!