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II: Präludium – Die „Römische Germanen-Politik“ bis Drusus Avidus(59-12 BC). Caesar, Agrippa, Augustus.

Unter dem Begriff „Römische Germanen-Politik“, wollen wir hier alle aktiven Unternehmungen verstehen, welche Rom zur Beeinflussung bzw. Steuerung der „Germanischen Frage“ gesetzt hat.(1) Der „Zug der Kimbern und Teutonen“, von dem Rom geradezu überrollt und somit in eine passive Rolle gedrängt wurde, soll also nicht betrachtet werden.(2)

Diese „Politik der Beeinflussung“ nimmt ihren Ausgang in der Ernennung des Germanenfürsten Ariovist vom Stammesverband der „Sueben“ zum „Amicus populi Romani“ und ferner sogar zum „König“ durch den Römischen Senat im Jahre 59 BC.

Ungefähr 10 Jahre zuvor – also um 49 BC – war dieser erstmals in Gallien eingedrungen und man erkannte dessen Eroberungen durch dieses „Beneficium“ auf beeindruckende Weise an. Dahinter steckte nach Cassius Dio(s. Hist. 38, 34, 3) Caesar, welcher seit diesem Jahr 59 BC im römischen Teil Galliens die Funktion des „Konsuls“ innehatte. Und somit war es nur eine Frage der Zeit, bis sich dieses Beneficium für Ariovist als Maleficium entpuppte.(3)

Julius Caesar:

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Die hier gezeigten Portraits stammen vorwiegend von antiken Büsten, welche von unbekannten Künstlern hergestellt wurden. Inwiefern diese die „Realität“ widerspiegeln, bleibt dahingestellt.

Caesar war nämlich in politischer Hinsicht dieselbe Kanaille wie Catilina, doch im Gegensatz zu diesem hatte er Fortune.(4) Sein Plan der Diktatorischen Machtergreifung soll bekanntlich aufgehen. Wie Catilina und andere Republikaner war Caesar finanziell ständig knapp, musste er doch seine Anhänger schmieren und zusätzliche Anhänger gewinnen. Und dies passierte in der Regel in Form von teuren Geschenken: Pferde und Hunde waren hier ganz besonders beliebt.

Und als Caesar vom „Gallischen Gold“ hörte, wusste er, wohin sein Weg ging. Als er dann mit seiner starken Armee im Jahre 58 BC in der Tat ins Freie Gallien einrückte, verlangte der Senat eben ständige „Berichte“, was er dort wie tat. Man traute ihm nicht über den Weg. Später wurden Gold und Armee in der Tat die Hauptstützen seiner Machtergreifung in Rom.

Der Sueben-König war also bezüglich Gallien ein Konkurrent Caesars, welchen es auf jeden Fall auszuschalten galt.

In seinem Bericht schildert Caesar den Germanenkönig als grausamen, haltlosen Barbar, welcher ständig Einfluss auf gallische Stämme nehmen würde und letztlich ganz Gallien an sich bringen wolle. Und hätte er dies einst vollbracht, wer könne ihn dann von einem „Marsch auf Rom“ abhalten?

Caesar spielte hier also ganz bewusst mit der alten, nicht zu 100% unbegründeten Römischen Angst gegenüber den Nordvölkern: Da war der mächtige Keltenkönig Brennus, welcher im Jahr 387 BC die Hauptstadt besetzt hatte; da war das Problem mit den Kimbern und Teutonen. Im Text selbst(s. 1, 33, 4) malte Caesar allerdings nicht gleich den Teufel an die Wand und formulierte vorsichtiger. Es erschien ihm als ausreichend, die Bedrohung Italiens durch die „Kimbern und Teutonen“ zu nennen.

Caesar wollte mit König Ariovist ein „Politisches Gespräch über die Zukunft“ führen. Immerhin war man ja „be-freundet“(s.o.), und so sollte dies doch möglich sein. In der Wahl des Ortes erwies sich Caesar zweifellos als sehr höflich, wenn er den „Freund“ aufforderte, für das Gespräch einen Ort zwischen(!) dem jeweiligen Standort beider Armeen auszusuchen. Ariovist stieg darauf aber von vorne herein nicht ein und ließ ausrichten: „Wenn er selbst etwas von Caesar wolle, würde er zu ihm kommen, wenn Caesar dagegen Wünsche an ihn habe, müsse er schon zu ihm kommen“(1, 34, 2).

Man war ja immerhin „König“

Was für ein Skandal! Umsomehr, als der Suebe dem noch hinzusetzte: „Außerdem wage er nicht, ohne Heer in den von Caesar besetzten Teil Galliens zu kommen … Es sei ihm zudem unklar, was Caesar oder gar das römische Volk in Gallien … zu schaffen hätten“.

Spricht so ein „Freund“? Sicherlich nicht! Jedem römischen Politiker, der Caesars Bericht las, musste klar sein, dass man sich in „Freund Ariovist“ – den man immerhin auch noch zum „König“ ernannt habe(!) – getäuscht haben musste. „Freund“ zu sein, bedeutet nicht nur, im Besitz gewisser „Rechte“ zu sein, sondern auch, sich gewisser „Pflichten“ fügen zu müssen. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Besonders bei der Mafia nicht. Und Caesar zog aus Ariovists Verhalten – mit dem er vielleicht schon gerechnet hatte(?) – nun die gnadenlose Konsequenz: Wenn nicht „Freund“, dann eben „Feind“. So wurde das „Römische Beneficium“ eben zum „Maleficium“ für Ariovist.(5)

Das „System Ariovist“ funktionierte offenbar wie folgt:

a)     Er selbst saß mit Heer und (zahlreichem) Gefolge in Gallien.

b)    Die Verbindung zum germanischen Raum jenseits des Rheins blieb dabei erhalten und Ariovist fungierte als eine Art „Grundstücks-Makler“.

Zu b) heißt es bei Caesar(1, 31, 10) einmal wörtlich:

„Den siegreichen Sequanern sei jedoch noch Schlimmeres zugestoßen als den besiegten Haeduern, denn Ariovist … habe sich in ihrem Land niedergelassen und ein Drittel des Gebietes besetzt, das fruchtbarste in ganz Gallien. Nun habe er angeordnet, dass die Sequaner noch ein weiteres Drittel aufgäben, weil vor wenigen Monaten 24.000 Haruden zu ihm gekommen seien, für die er Land und Wohnsitze beschaffen müsse“.

Ariovist war also schon jetzt König eines „Germano-gallischen Reiches“, welches sich ganz offensichtlich innerhalb seiner Expansions-Phase befand. Die genauen Grenzen dieses sind jedoch nicht überliefert.

Bekanntlich kam es in der Folge zur Schlacht zwischen den „Ehemaligen Freunden“. Sie ging für Ariovist schließlich höchst tragisch bzw. sogar peinlich aus. Caesar berichtet darüber u.a.(1, 55, 1):

„Da wandten die Feinde in ihrer Gesamtheit den Rücken und hielten in ihrer Flucht nicht eher ein, als bis sie zum Rhein gelangt waren, etwa 5 Meilen vom Schlachtfeld entfernt. Nur wenige versuchten dort, im Vertrauen auf ihre Körperkräfte, den Rhein zu durchschwimmen, andere fanden Boote und konnten sich retten. Unter diesen war Ariovist, der ein am Ufer angebundenes Boot fand und damit floh. Die übrigen holte unsere Reiterei ein und tötete sie … Als die Nachricht von dieser Schlacht auf die andere Seite des Rheins zu den Sueben drang, die bis an das Ufer nachgekommen waren, begannen sie den Rückzug in die Heimat. Sobald die Bewohner der an den Rhein grenzenden Gebiete jedoch merkten, von welcher Furcht die Sueben ergriffen waren, verfolgten sie sie und töteten eine große Anzahl von ihnen“.

König Ariovist fand vor obigem Hintergrund offenbar den Tod, seine Heeresmacht war einerseits durch die Römer, andererseits durch die Feinde der machthungrigen Sueben innerhalb Germaniens, wenn schon nicht gänzlich vernichtet, so doch immerhin stark geschwächt worden.

Mit dem „Germano-gallischen Reich“ war es jedenfalls vorbei, Caesar hat den „Germanischen Drang nach Westen“ – welcher um 800 BC ursprünglich begonnen hatte – vorerst aufgehalten.(6) Dauerhaft aufhalten konnten die Römer diesen – wie die weitere Geschichte zeigt – jedoch nicht, denn ansonsten gäbe es z.B. den Namen „Frank-Reich“ heute nicht. Durch diese Liquidierung des Ariovist wurden aber sicherlich auch die Machtverhältnisse im germanischen Raum beeinflusst. Caesars Einfluss soll hier aber bald noch weiter gehen.

Vor dem Hintergrund des obgenannten „Germanischen Drangs nach Westen“ ist darauf zu verweisen, dass es offenbar schon lange vor Caesar zur „Germanischen Besiedlung“ nordostgallischer Gebiete gekommen ist. So erfuhr er im Zuge seines Krieges z.B.,

„ …dass die meisten Belger von den Germanen abstammten und in der Vergangenheit über den Rhein gekommen waren. Sie hätten sich wegen der Fruchtbarkeit des Bodens dort angesiedelt und die Gallier, die dort lebten, vertrieben. Zur Zeit unserer Väter seien sie die einzigen gewesen, die die Cimbern und Teutonen daran gehindert hätten, in ihr Gebiet einzudringen, als diese das gesamte übrige Gallien verheert hätten“ (2, 4, 1).

Wann genau diese „Übersiedlung des Stammesverbandes der Belger“ erfolgt ist, kann heute nicht mehr festgestellt werden. Auszugehen ist lediglich davon, dass der Grad der „Keltisierung“ dieser „Germanen“ sich naturgemäß umso stärker hätte entfalten müssen, je länger sie mit bzw. unter Kelten lebten. Inwiefern dieser Stammesverband also zur Zeit Caesars „noch germanisch“ oder „schon keltisch“ bzw. überhaupt je „germanisch“(!) war, lässt sich aufgrund des Fehlens der nötigen völkerkundlichen Quellen nicht mehr nachvollziehen.(7)

Das belgische Siedlungsgebiet zur Zeit Caesars:

Copyright: Elmar Oberegger

Aber warum sollte man die Information an Caesar(s.o.) als völlig haltloses Gerücht abtun? Auch Tacitus referiert in Kapitel 3 seines Werkes „Germania“ immerhin zum Thema „Germanische Kolonisation in Gallien“:

„Die Bezeichnung Germanien dagegen sei noch neu und erst kürzlich gegeben worden, denn es seien ursprünglich nur diejenigen, die als erste den Rhein überschritten und dann die Gallier verdrängten, die jetzigen Tungrer, Germanen genannt worden. Der Name dieses Einzelstammes, nicht der des Gesamtvolkes habe nach und nach weitere Geltung erlangt in der Weise, dass alle zuerst vom Sieger wegen der Furcht (die sich mit dem Namen verband), dann, nachdem der Name einmal aufgekommen war, auch von ihnen selber Germanen genannt wurden“.

Offenbar waren es also die Gallier, welche – aus welchem Grund auch immer – diese „Tungrer“ mit der Bezeichnung „Germanen“ versahen.(8) Inwiefern diese nun „belgisch“ waren, bleibt völlig unklar. Die „Belger“ – der Name bedeutet übrigens wohl soviel wie „Die Starken“ – bildeten nämlich wie gesagt einen „Stammes-Verband“ aus. Und in diesem Zusammenhang behielten die einzelnen Stämme naturgemäß sowohl Name als auch Identität. Ein Faktor, der übrigens auch Caesars Bericht ganz klar zu entnehmen ist.

Was nun die Formulierung „kürzlich“ im taciteischen Text im weltgeschichtlichen Kontext bedeuten soll, ist übrigens unklar. Fest steht hier nur: Es gab die „Germanen“ schon lange vor ihrer Bezeichnung als „Germanen“.

Dass es also zur Zeit Caesars in Gallien bereits „(Keltisierte) Germanen“ gab, ist jedenfalls sehr wahrscheinlich. Der „Germanische Drang nach Westen“ war natürlich kein koordiniertes, modernes politisch-militärisches Programm, aber er wirkte sich in der Geschichte massiv aus. Die beigegebene Karte zeigt deutlich, dass in alter Zeit weite Teile „Germaniens“ einst „keltisch“ waren und von „Germanen“ sukzessive in Besitz genommen wurden. Zur ersten wirklich relevanten geographischen Barriere wurde schließlich der Rhein.

Das einst keltische Siedlungsgebiet in Kontinentaleuropa:

Copyright: Elmar Oberegger

Die Kämpfe zwischen Kelten und Germanen begannen um 800 BC.

Bereits die oberwähnte problematische Flucht des Ariovist zeigt uns die trennende Wirkung dieses Stromes. Aber vor allem am Beispiel der traurigen Geschichte der germanischen „Usipeter und Tencterer“ in Gallien lassen sich Dimension und Bedeutung dieser Barriere ablesen:

Nachdem diese Stämme in der Heimat durch Feinde bedrückt wurden, rückten die Usipeter und Tencterer zur Zeit Caesars im Gebiet der Nordseemündung des Rheins in Gallien ein.(9) Er berichtet darüber(4, 4, 1):

„In dieser Gegend lebten die Menapier, die zu beiden Seiten des Flusses Felder, Dörfer und Gehöfte besaßen. Die Ankunft einer derartig großen Zahl von Menschen hatte sie jedoch so in Schrecken versetzt, dass sie ihre Gehöfte jenseits des Flusses verließen und Wachtposten verteilten, die die Germanen am Übergang hinderten. Obwohl die Usipeter und Tencterer alles versuchten, gelang es ihnen nicht, den Übergang mit Gewalt zu erzwingen, da sie zu wenig Schiffe hatten. Wegen der Wachtposten der Menapier konnten sie auch nicht heimlich hinüberkommen“.

Die oben angesprochene, trennende Wirkung des Rheins lässt sich hier also in aller Deutlichkeit ablesen. Man musste also zu einer List greifen. Caesar schreibt:

„Daher gaben sie vor, den Rückzug in ihre heimatlichen Wohnsitze anzutreten, kehrten jedoch nach drei Tagen Wegs wieder um und ließen ihre Reiterei die ganze Strecke in einer Nacht zurückreiten. So überwältigten sie die völlig ahnungslosen Menapier. Diese hatten von Spähern die Nachricht vom Abzug der Germanen erhalten und waren ohne Bedenken wieder auf das jenseitige Ufer des Rheins in ihre Dörfer zurückgekehrt. Die Germanen töteten sie und brachten sich in den Besitz ihrer Schiffe, so dass sie über den Fluss kamen, ehe der Teil der Menapier, der auf dem diesseitigen Ufer des Rheins lebte, etwas erfuhr“.

Und am Ende galt dann sozusagen das vielzitierte „Vae Victis“! Im Bericht heißt es gleich im Anschluss wörtlich: „Sie beschlagnahmten alle Gehöfte der Menapier und lebten für den Rest des Winters von deren Vorräten“. Und da diese Vorräte nicht un-erschöpflich waren, litten die Menapier selber wahrscheinlich Hunger.

Caesar beschäftigte nun aber nicht die Notlage der Menapier, sondern die Information, dass gallische Stammesführer bei den Germanen gewesen sind und gemeinsam mit diesen „Politik“ machen wollten. Offenbar gegen ihn. So begann er damit, gegen diese neuen Feinde vorzurücken. Gesandte teilten ihm während des Marsches sodann mit(4, 7, 3 ff.):

„Die Germanen fingen zwar nicht als erste mit einem Krieg gegen das römische Volk an, seien jedoch bereit, zu kämpfen, wenn man sie dazu reize, weil sie von ihren Ahnen den Brauch übernommen hätten, sobald sie jemand angreife, sich zu wehren und nicht um Gnade zu flehen. Sie wollten jedoch noch folgendes dazu bemerken: Sie seien nicht aus eigenen Stücken gekommen, sondern weil sie aus der Heimat vertrieben worden seien. Wenn die Römer auf ein gutes Verhältnis mit ihnen Wert legten, könnten sie nützliche Freunde sein. In diesem Fall möchten sie ihnen entweder Land zuweisen oder zulassen, dass sie das behielten, was sie sich mit Waffen erkämpft hätten. Allein den Sueben müssten sie nachgeben, denen im Ernstfall nicht einmal die unsterblichen Götter gewachsen seien; sonst gebe es aber niemanden auf der Erde, den sie nicht bezwingen könnten“.

Caesar sagte dazu grundsätzlich(4, 8, 1 f.):

„Er könne keinen Freundschaftsvertrag mit ihnen schließen, wenn sie weiter in Gallien blieben. Es sei nicht rich­tig, dass Leute, die ihr eigenes Gebiet nicht wirksam ver­teidigen könnten, fremdes besetzten“.

In dieser Aussage spiegelt sich sozusagen die „Politische Doktrin“ Caesars deutlich wider: Keine Germanen in Gallien, solange er nicht endgültig gesiegt habe. Denn diese könnten von den Galliern gegen ihn instrumentalisiert werden. Etwa ein „Rassisches Problem“ hatte Caesar hinsichtlich der Germanen wohlgemerkt nicht, bediente er sich doch selber germanischer Söldner. Diese waren aber an seine Macht gebunden. Mittels Geld.

Wie sehr Caesar übrigens seit dem Sieg über Ariovist auch schon innerhalb Germaniens als „Macht-Faktor“ gehandelt wurde, zeigt der Umstand, dass die Ubier Gesandte zu ihm geschickt hatten, um sich über die Bedrückung durch die Sueben zu beklagen und ihn zu bitten, sie militärisch zu unterstützen.(s. 4, 8, 3) Der Einfluss Roms wuchs ständig.

Caesar schlug die Usipeter und Tencterer schließlich vernichtend, drängte sie sodann zum Rhein hin. Und wie schon im Falle der Schlacht gegen Ariovist ertranken dort viele Feinde.

In der Folge entschloss sich Caesar dazu, den Rhein zu überschreiten, um die dortigen Stämme zu beeindrucken und einzuschüchtern.(s. 4, 16 ff.)

Betrachtet man die historische Bedeutung des Rheins als Barriere(s.o.), so kann man wohl ungefähr ermessen, welchen Eindruck schon die Errichtung der „Rhein-Brücke“ auf die Eingeborenen gehabt haben musste.(10) Während der Germane im schaukelnden Boot von einem Ufer zum andern musste, so gelangte der römische Soldat nun trockenen Fußes hinüber!

Nachdem Caesar in Germanien alle seine Ziele erreicht hatte, ließ er die Brücke natürlich wieder abreißen, da er keinen Zustrom von Germanen nach Gallien auslösen wollte. Etwas später überschritt er den Rhein ein zweites Mal. Die dabei angelegte Brücke wurde sodann als Verkehrsweg unbrauchbar gemacht.(s. 6, 9 ff.)

Die „Caesar-Doktrin“ bezüglich der „Germanischen Frage“(s.o.) blieb lange aufrecht:

a)     Keine Ansiedlung von Germanen auf Reichsgebiet.

b)    Einschüchterung der Germanen jenseits des Rheins.

Längere Zeit nach Caesars Fortgang aus Gallien(51 BC) überschritt jedoch – wie Cassius Dio berichtet(s. 48, 49, 3) – Agrippa, alter politischer Weggefährte und „Right-hand man of Caesar Augustus“(L. Powell), vor dem Hintergrund eines Aufstandes in Gallien als zweiter Römer den Rhein.(11) Strabo berichtet(s. Geogr. 4, 194), dass er in diesem Zusammenhang die Ubier freundschaftlich an der römischen Seite der Rheingrenze angesiedelt hat. In der neuen Heimat wurde übrigens auch ein „Oppidum“ errichtet, welche die Keimzelle der Stadt Köln darstellte.(12)

Agrippa, „Right-hand man of Caesar Augustus“(Powell):

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Agrippa verfolgte mit diesem Schritt überhaupt eine ganz neue Doktrin: Errichtung eines „Puffers“ entlang der Rheingrenze. Auf römischem Gebiet Ansiedlung loyaler Germanen, Bindung der Germanen am jenseitigen Rheinufer durch Verträge. Kulturell hätte dies bedeutet: „Kontrollierte Germanisierung Ostgalliens“ im Kontext der „Romanisierung“. Der „Germanische Drang nach Westen“ – welcher dann in der Zeit der Völkerwanderung zur vollen Entfaltung kommen soll – hätte damit gewissermaßen abgefangen werden sollen.

Strukturmodell des „Agrippinischen Puffers“ an der Rheingrenze:

Copyright: Elmar Oberegger

Für eine „Eroberung Germaniens“ interessierte man sich damals jedenfalls überhaupt nicht. Man wollte vielmehr nachhaltig Ruhe und Frieden an der Rhein-Grenze erzeugen. Das war offenbar zunächst auch ganz im Sinne von Kaiser Augustus.

Kaiser Augustus:

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Mit der feindlichen Überquerung des Rheins durch die Sugambrer im Jahre 12 BC wurde sodann ein völlig neues, langandauerndes Kapitel der Römisch-germanischen Geschichte aufgeschlagen –

Drusus Avidus kommt ins Spiel!

 

Anmerkungen:

1)    Die vorliegende Darstellung fußt auf WOLTERS, Römer in Germanien. Siehe zum Thema ferner die in der Bibliographie(s. Band 3/1) unter 1) verzeichnete Literatur. Siehe als guten Überblick zur Quellenlage CAPELLE(Hrsg.), Das alte Germanien. Die Nachrichten der griechischen und römischen Schriftsteller. Ferner GOETZ(Hrsg.), Altes Germanien. Auszüge aus den antiken Quellen über die Germanen und ihre Beziehungen zum römischen Reich.

2)    Siehe dazu etwa POHL, Germanen, S. 11 f.; LIEBHARDT, Der Zug der Kimbern und Teutonen.; ROHRSCHNEIDER, Der Krieg gegen Kimbern und Teutonen.

3)    Siehe zu König Ariovist und sein Verhältnis zu Caesar AUSBÜTTEL, Germanische Herrscher, S. 14 ff.; CALLIES, Ariovist.; CHRIST, Caesar und Ariovist.; FISCHER, Caesar und Ariovist.; GUTENBRUNNER, Ariovist und Caesar.; KOESTERMANN, Caesar und Ariovist.; WALSER, Caesar und die Germanen.

4)    Siehe zu Julius Caesar etwa WILL, Julius Caesar.; CANFORA, Giulio Cesare. Il dittatore democratico. Siehe zu Catilina etwa MAES, Catilina.

5)    Dass Caesar auf jeden Fall einen für die römische Öffentlichkeit nachvollziehbaren Kriegsgrund gegen Ariovist suchte, ihn also im Grunde provozieren wollte, steht für Cassius Dio(s. Hist. 38, 34, 3) fest.

6)    Siehe dazu BIRKHAN, Germanen und Kelten bis zum Ausgang der Römerzeit.; SEEBOLD, Die frühen Germanen und ihre Nachbarn.

7)    Siehe zu den Belgern etwa WIGHTMAN, Gallia Belgica.; TOURNEUR, Les Belges avant César.; IHM, Belgae.

8)    Siehe zu den Tungrern HEESCH/ZIMMER, Tungrer/Tungri.

9)    Siehe zu diesen Stämmen HEINRICHS/ZIMMER, Usipeten/Usipier und Tenkterer. Siehe zum Thema ferner LEE, Caesar’s Encounter with the Usipetes and the Tencteri.

10)           Siehe zur Rheinbrücke NEBEL: Julius Caesars Brücke über den Rhein.; SCOLARI, Il ponte di Cesare sul Reno secondo Palladio.; BELTRAMINI/GROS, Cesar’s Bridge on the Rhine.

11)           Siehe zu Agrippa POWELL, Marcus Agrippa. Right-hand man of Caesar Augustus.; ECK, Marcus Agrippa.; MEYER, Marcus Agrippa. A biography.; RODDAZ, Marcus Agrippa.

12)           Siehe dazu ECK, Köln in römischer Zeit.; STELZMANN/FROHN, Illustrierte Geschichte der Stadt Köln.

 

Copyright: Elmar Oberegger 2016.