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SATIRE „NEUESTE WISSENSCHAFTLICHE ERKENNTNISSE ZU DEN HISTORISCHEN URSPRÜNGEN VON SATTLEDT(OÖ) UND DIE OBERÖSTERREICHISCHE LANDESAUSSTELLUNG 2018“:

Interview mit einem Fachmann(„Welser Beobachter“ v. 21.07.16).

 

WELSER BEOBACHTER: Also gemäß Lexikon geht man davon aus, dass der Ortsname „Sattledt“ von „Zeidelöde“, also „Bienenweide“ kommt, der Bahnhof wurde um 1900 errichtet, war die Grundlage für das heutige Zentrum, die Kirche dann 1937, dann kam Hitler und Sattledt wurde eigenständige Gemeinde. Die Autobahnen wurden dann in den Jahrzehnten nach 1945 langsam fertig…

FACHMANN: Also das mit der „Zeidelöde“, das ist eben ganz klar falsch, das ist eine Ente. Ebenso wurde die Kirche von Sattledt bereits in der Spätantike errichtet.

WELSER BEOBACHTER: In der Spätantike? Wann genau?

FACHMANN: Unter dem heiligen Severin, der ja in Sattledt, damals noch Vetonianis genannt, auch unter größten Mühen ein Stadion im griechischen Stil errichten ließ.

WELSER BEOBACHTER: Ach was! Vetonianis sei Voitsdorf, dachte ich.

FACHMANN: Nein, das war eindeutig Sattledt.

WELSER BEOBACHTER: Und woher weiß man das mit dem Stadion denn?

FACHMANN: Von Marcus Paterculus, einem spätantiken Schriftsteller. Er beschreibt auch ganz genau die Lage von Vetonianis anhand von Aiterbach und Donau, Enns, Traun und Sipbach.

WELSER BEOBACHTER: Marcus Paterculus? Noch nie gehört. Aber ich bin nun einmal auch kein Fachmann…

FACHMANN: Und ich habe ihn gefunden! Im Vatikanarchiv. Marcus Paterculus war so ein reiselustiger Senator, der gern in Krisenregionen weilte. Er glaubte daran, dass das Imperium nur eine Schwächephase durchmache, und dann wieder ganz groß erstehen würde. Rom hat sich ja in der Geschichte viel mitgemacht: Die Eroberung durch den Keltenkönig Brennus, Hannibal. Aber es war nicht totzukriegen und wurde sogar immer stärker. Diese angebliche Schwächephase wollte Paterculus also für die Nachwelt dokumentieren. Wir wissen heute, dass es in Wirklichkeit der Untergang war.

WELSER BEOBACHTER: Also wenn das mit dem Stadion wirklich stimmt, dann besitzt der Sattledter Sportplatz ja…spätantike Wurzeln! Welcher Sportplatz besitzt schon eine derartig große Tradition, besitzt antike Wurzeln?

FACHMANN: Ja, ganz genau. Und man sollte das vermarkten. Sattledt sollte unbedingt Teilstandort der Oberösterreichischen Landesausstellung 2018 sein. Gehen sie damit zum Bürgermeister.

WELSER BEOBACHTER: Und wo war das antike Stadion eigentlich?

FACHMANN: Genau dort, wo heute der Sportplatz ist, nur etwas mehr westlich.

WELSER BEOBACHTER: Zurück zur Frage des Ortsnamens. Warum ist die Herleitung von „Sattledt“ aus „Zeidelöde“ nun falsch?

FACHMANN: Interessanterweise hängt der Name „Sattledt“ sehr eng mit diesem Stadion zusammen. Bei der Sattledter Kirche fand ich Scherben einer spätantiken Tafel mit der Aufschrift „I.L.I.PAG.GERM.NAS.S.ATHLET.CAED.“. Da steckt der Ortsname bereits klar drinnen.

Scherben einer spätantiken Tafel, gefunden neben der Sattledter Kirche:

WELSER BEOBACHTER: Ach ja, ich sehe es! Was, wie? Wo bei der Sattledter Kirche?

FACHMANN: Im Gemüsegarten.

WELSER BEOBACHTER: Im Gemüsegarten? Warum ist da noch keine andere Person darauf gestoßen?

FACHMANN: Man muss eben nur gut schauen und sich für etwas interessieren. Die Inschrift jedenfalls besteht aus den üblichen römischen Kürzeln. In voller Länge lautet der Text „IN LOCO ISTO PAGANUS GERMANUS NASUM SEGIMUNDI ATHLETAE CAEDIT“.

WELSER BEOBACHTER: Und das heißt übersetzt nun was?

FACHMANN: „An diesem Ort hat ein germanischer Heide dem Athleten Sigmund die Nase abgehauen“.

WELSER BEOBACHTER: Soso, und das war ein Athlet aus dem Sattledter Stadion, oder?

FACHMANN: Offensichtlich. Und offensichtlich wurde er beim Heimgang von einer Faschingsfeier überfallen. Nach der Verstümmelung soll er übrigens vom selben Täter erschlagen worden sein. Offenbar war er Christ, sein Mörder aber noch Heide. Und Germane. Der Athlet Sigmund hat bei seinem Tod jedenfalls eine Faschings-Zipfelmütze aufgehabt.

WELSER BEOBACHTER: Also besitzt auch der berühmte Sattledter Fasching antike Wurzeln…

FACHMANN: Ja, genau, und man sollte auch das vermarkten. Sie wissen schon…

WELSER BEOBACHTER: Ja, ja. Also ein christlicher Athlet im Sattledter Stadion. Woher weiß man denn das alles so genau? Woher kennt man seinen Namen?

FACHMANN: Von Quintus Asinus, der in Rom aufgrund einer Intrige inhaftiert wurde und im Kerker aus Langeweile so manches niederschrieb, was er in seinem Leben so erlebt und gehört hat. Sein Nachlass befindet sich ebenfalls im Vatikanarchiv. Und dort erzählt er uns von einem „Nördlichen Menschen“ namens Segimundus, stolzer Athlet und einäugig.

WELSER BEOBACHTER: Einäugig? Also ein Invalide?

FACHMANN: Nein, ein „Zyklopen-Mischling“.

WELSER BEOBACHTER: Ein was?

FACHMANN: Ein Zyklopen-Mischling. Tacitus schreibt ja in seiner „Germania“, Kapitel drei Absatz zwei: „Ceterum et Ulixen quidam opinantur longo illo et fabuloso errore in hunc Oceanum delatum adisse Germaniae terras Asciburgiumque quod in ripa Rheni situm hodieque incolitur…“.

WELSER BEOBACHTER: Moment bitte, ich unterbreche nur ungern, aber was heißt das alles?

FACHMANN: Naja, dass Odysseus wahrscheinlich während seiner Irrfahrt bei den Germanen war. Bei Tacitus ist das aber nur Vermutung. Ganz anders bei Marcus Bibulus. Für ihn ist das Faktum, und er schreibt auch, dass Odysseus einen versklavten Zyklopen mitführte. Seine stattliche Körpergröße, seine Körperbehaarung und seine Wildheit, ferner seine Gabe, schöne griechische Lieder singen zu können, führten dazu, dass ihm die Germaninnen nur so nachliefen und es zu mehreren Paarungen kam. So seien dann – so Bibulus – in Germanien viele Kinder entstanden, die ihrem Vater ähnelten, so also mitunter nur ein Auge auf der Stirn hatten. Ich trage ihnen nun das Originalzitat vor…

WELSER BEOBACHTER: Nein, bitte nicht! Ich bitte nun wieder um die Herstellung des direkten Sattledt-Bezuges.

FACHMANN: Nun bitte. Der „Sattledter Sigmund“ war offensichtlich mit dem genannten Zyklopen verwandt. Weitschichtig natürlich. Er war, wie wiederum Asinus anmerkt, der Star im Sattledter Stadion, welches bei ihm im Text als „Stadion Vetium“ auftaucht. Er konnte 20 Meter weit und 10 Meter hoch springen, war Speerwerfer, Discuswerfer, Gewichtheber, Wagenlenker und Ringer.

WELSER BEOBACHTER: Sicher ein Mythos!

FACHMANN: Naja, Asinus schreibt, er habe das alles selbst gesehen. Und das schreibt er nicht oft. Und dann schreibt er noch, dass Sigmund heimtückisch erschlagen worden sei und es sei am Ort seines Todes ein „sakrosanktes Gebäude“, also wohl eine „Kirche“, errichtet worden. Von seinem Tod wissen wir also nur über Asinus. Auf der aufgefundenen Tafel war aber nur vom Verlust seiner Nase die Rede. Vielleicht gab es eine Zusatztafel, die auch seinen Tod erwähnte und vielleicht wird diese auch irgendwann aufgefunden. Also wir dürfen uns alles so vorstellen: Sigmund geht, wohl betrunken, von einer Faschingsfeier heim. Dann stellt sich ihm der Übeltäter in den Weg. Zuerst haut er ihm die Nase ab und dann erschlägt er ihn. Dort wurde dann eine Kirche errichtet, die baulich an den traurigen Verlust seiner Nase erinnern sollte und bis heute erinnert. Wahrscheinlich hat man damit auch das Gesamtereignis verarbeitet. Die bauliche Struktur der Kirche sozusagen als „Pars pro toto“.

WELSER BEOBACHTER: Die Kirche zeigt also gleichzeitig Verstümmelung und Mord? Ja, und offenbar gab es Zeugen, die den Übeltäter erwischt haben…

FACHMANN: Zeugen gab es offenbar, aber ob man den Übeltäter auch erwischt und bezwungen hat, darüber geben die Quellen keine Auskunft.

WELSER BEOBACHTER: Aber was wurde hier nun baulich verewigt? Ich sehe es nicht.

FACHMANN: Schauen sie doch dieses Foto einmal ganz genau an. Ein Zyklop mit Zipfelmütze ohne Nase und mit wehklagendem Gesicht.

Die Kirche von Sattledt:

WELSER BEOBACHTER: Da schau‘ her! Faszinierend! Jetzt sehe ich es!

FACHMANN: Na sehen sie. Also wenn das kein schlagender Beweis ist!

WELSER BEOBACHTER: Ja, und mit dem Ortsnamen „Sattledt“, um zurückzukommen, hat das nun was genau zu tun?

FACHMANN: Nun, der Teil „S.ATHLET“ der aufgefundenen Inschrift ging, warum auch immer, ins Schrifttum ein. Den Anfang machte der mittelalterliche Chronist Maximilian von Enns, welcher eine Kirche „in der Nähe der Traun“ erwähnt, welche er, warum auch immer, „Ecclesia S.Athletae“ nennt. Darauf konnten sich die Historiker bis jetzt keinen Reim machen. Was hat ein „Athlet“ mit einer Kirche zu tun? Alle waren sie überfordert. Erst meine Forschungen zeigen ganz deutlich, worum es hier geht. Und Sattledt liegt ja „in der Nähe der Traun“, oder?

WELSER BEOBACHTER: Ja, ja. Also eine „Kirche für Sigmund“. Warum bürgerte sich eigentlich nicht „Sigmundskirchen“ ein?

FACHMANN: Zur Zeit der Errichtung der Kirche war noch das Latein bzw. das Vulgärlatein in der Gegend üblich. Die alte Form fand einfach nahtlos Eingang ins Schrifttum der späteren Zeit. Man hat da nicht viel hinterfragt. Auch der Name „Ostarrichi“ war eine Bezeichnung, die aus der Volkssprache in eine Urkunde übernommen wurde. „Vulgari vocabulo“. Nicht wahr?

WELSER BEOBACHTER: Ja, ich verstehe. „Vulgaris“

FACHMANN: Man sollte das vermarkten, ein Maskottchen für Sattledt schaffen, genannt „Sigmund“, „Sigi“ oder einfach „Sattledto“. „Sattledti“ gab’s ja schon einmal, zumindest meinen Recherchen zufolge.

WELSER BEOBACHTER: Ja, so mag es sein.

FACHMANN: Also ich wäre für „Sattledto“, das klingt irgendwie zugkräftiger und interessanter als etwa Sigmund. Sattledto, ein Maskottchen, wie ich gezeigt habe, mit großer historischer Bedeutung und Tradition. Will Sattledt bei der nächsten oberösterreichischen Landesausstellung zum Thema „Römer in Oberösterreich“ eine gewichtige Rolle spielen, dann muss es sich entsprechend vermarkten. So ein Maskottchen wäre ein wichtiges Fundament hierfür.

WELSER BEOBACHTER: Gibt es dazu schon einen Entwurf?

FACHMANN: Zwei Entwürfe, es gibt zwei Entwürfe eines Freundes von mir, der Künstler ist. Da sehen sie!

Der „Sattledto“ – Zwei Entwürfe:

WELSER BEOBACHTER: Ja, und soll man da nun den Sattledto mit Nase oder den Sattledto ohne Nase nehmen?

FACHMANN: Das ist natürlich reine Geschmackssache

 

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