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„SATTLEDT“:

Zu Ursprung und Entstehung eines oberösterreichischen Gemeindenamens.

 

I: Vorbemerkung.

Die Gemeinde Sattledt wurde erst am 1. Oktober 1939 gegründet, 1999 wurde sie bereits zum „Markt“ erhoben.

Zum Ursprung ihres Namens existieren heute mehrere Theorien.(1) Besonders zwei sind es wert, näher betrachtet zu werden:

a)     Der Name ist von den „Zeidlern“ abgeleitet, den Ur-Ahnen des heutigen „Imkers“, welche im 10. Jahrhundert vom Stift Kremsmünster im Gebiet angesiedelt wurden und sodann Honig(Süßungsmittel) bzw. Wachs(Kerzenproduktion) abzuliefern hatten. Diese lebten in einer Ebene(Öde). Daher „Zeidler-Öde“.

b)    Der Name bezeichnet einen „Sattel in der Ebene“. Doch ein solcher existiert nicht. Könnte die Bezeichnung „Sattledt“ aber nicht doch irgendetwas mit „Sattel“ zu tun haben?

Vorerst ist jedenfalls Theorie a) zu favorisieren.

Hier soll nun in erster Linie konkret untersucht werden, wie aus der Bezeichnung „ZEIDLER-ÖDE“ der Name „SATTLEDT“ entstanden sein könnte. Die Zuhilfenahme der „Sprach-Wissenschaft“ ist hier unumgänglich.

Die Frage der „Entstehung“ des heutigen, also offiziellen Namens „Sattledt“ wird schlicht (und kurz) „bürokratie-geschichtlich“ abzuhandeln sein.

Forschungsfrage: Ab wann taucht in amtlichen Schreiben der Name „SATTLEDT“ erstmals auf?

Um hier vorzugreifen:

Der Name ist wirklich erstaunlich jung!

 

II: Die „Zeidler“ – Ihre Tätigkeit, ihr Name.

Die berufsmäßigen Ur-Ahnen des heutigen Imkers(von „Imme“, Biene) waren wie gesagt die sogenannten „Zeidler“.(2)

Im Gegensatz zu heute war früher die „Bienen-Wirtschaft“ wenig ausgefeilt.

Ganz am Anfang schnitt man die Waben ganz einfach brutal von den Bäumen, und presste sie dann in Tücher gehüllt aus. Das war natürlich Raubbau an der Natur. Später bediente man sich auch gewisser Gerätschaften, welche aber letzten Endes wohl „Bienen-Fallen“ gleichkamen. Dazu noch später.

„Zeidler“ bei der Arbeit und Hinweise auf ihre Instrumente(Darstellung):

WIKI GEMEINFREI

Die „Zeidler“ werden heute landläufig als „Honig-Schneider“ bezeichnet, was dem Namen jedoch – rein etymologisch betrachtet – sicherlich nicht gerecht wird. Überhaupt ist die Herkunft des Namens bis heute ungeklärt.(3)

Vielleicht kommt er von „seichen“, was ursprünglich „rinnen lassen“, „tröpfeln lassen“ bedeutet und erst später die Bedeutung von „Harn-Lassen“ bekam(s. „soachen“).

Wenn der Zeidler die Honigwabe ausdrückt bzw. dann auspresst, dann rinnt der Honig zunächst heraus, später tröpfelt er dann nur noch heraus – So wie wenn man ein nasses Tuch auswindet.

Dieses „Auspressen“, nicht das „Abschneiden der Wabe“, ist immerhin die eigentliche Arbeit des Zeidlers, so wie die eigentliche Arbeit des „Fleisch-Hauers“ nicht primär in der Tötung von Tieren, sondern in deren Zerteilung besteht.

Vielleicht kommt der Name „Zeidler“ aber auch von „sudeln“, welches u.a. mit „schmieren, unsaubere Arbeit machen“ zusammenhängt.

Und ganz zweifellos waren die damaligen Tücher, mit denen der Zeidler die Waben ausdrückte, nicht wasserdicht, wodurch der Honig naturgemäß mit den Händen in Berührung kam.

Möglich ist auch, dass sich der Name sowohl aus „seichen“ als auch aus „sudeln“ herausbildete.

Wie auch immer – Nachzuweisen ist, dass die Geschichte „Sattledts“ von den „Zeidlern“ maßgeblich gekennzeichnet ist.

 

III: Dr. Otto Meloun und die „Zeidler-Theorie“. Sein Aufsatz aus dem Jahre 1976.

Bereits der altehrwürdige Sattledter Heimatforscher Dr. Otto Meloun lehnte die Theorie vom „Sattel in der Ebene“ kategorisch ab und verfolgte somit die „Zeidler-Theorie“.

In seiner bemerkenswerten Arbeit „Geschichte der Gemeinde Sattledt – Besiedlung und Entstehung“(1976) hielt er dazu fest:

„Eine Deutung gab ein Zeitungsartikel, welcher anläßlich einer kirchlichen Feier in Sattledt, entweder bei der Einweihung des Kirchturmes oder bei der Glockenweihe, in der Welserzeitung oder in der damaligen Linzer Tagespost von zwei Patres des Stiftes Kremsmünster verfaßt worden war. Leider ist dieser Artikel abhanden gekommen. In dieser Abhandlung wurde die Besiedelung von Sattledt im Mittelalter geschildert. Da heißt es, daß Kaiser Otto – es handelt sich wahrscheinlich um Otto I., der 936-973, als deutscher Kaiser von 962-973 regierte – dem Stift Kremsmünster die neu erfundenen Bienenkörbe schenkte. Denn bisher wurden die Produkte der wild lebenden Bienen, Honig und Wachs, nur aus hohlen Baumstämmen gewonnen. Später benützte man noch sogenannte Klotzbeuten, Holzstülper, Rauchfangstöcke und Rutenstülper – Dinge, deren Aussehen und Verwendungsmöglichkeit der Laie nur aus der Wortbildung erraten kann. Durch die Bienenkörbe aber war nun eine rationelle Bienenzucht möglich. Der Schenker sandte zugleich auch die Imker, auch ‚Zeidler‘ genannt, mit, und diese wurden vom Stift Kremsmünster in der ‚Zeidleröde‘, also Zeidlerwildnis angesiedelt. Daran erinnern noch die Hofnamen ‚Großzeidelhub‘, ‚Kleinzeidelhub‘, ‚Zeidelöder‘(Sattledter)“.(4)

Obwohl damit also ein großer Schritt in Richtung der professionellen Imkerei vollzogen war, blieb der alte Name „Zeidler“ dennoch erhalten.

Meloun unternimmt es in seinem Aufsatz jedoch nicht, sich Gedanken darüber zu machen, wie der sprachliche Übergang von „ZEIDLER-EDT(Zeidleröde)“ zu „SATTL-EDT“ vonstatten gegangen sein könnte.

Dies soll hier nun geschehen.

 

IV: Von „Zeidler-Öde“ zu „Sattl-Edt“ – Sprachwissenschaftliche und historische Erörterungen.

Kennzeichnend für den (mittel-)bairischen Dialekt – der natürlich auch im Raum Sattledt üblich war und noch ist – ist der Umstand, dass aufgrund von Mundfaulheit aus einem „ei“ ein „oa“ gemacht wird.

Spricht man „ei“ aus, so müssen die Wangen hochgezogen werden, im Falle von „oa“ jedoch nicht.

Dazu einige Beispiele:

1)    KREIS = KROAS.

2)    HÜHNEREI = HEANAOA.

3)    KLEID = KLOAD(L).

4)    ZWEI = ZWOA.

5)    GEISS = GOASS.

6)    KEINE = KOA.

7)    REISE = ROAS‘.

8)    GEISS‘ = GOASS‘

9)    SEIFE = SOAFM‘.

10)           „seichen“ = „soachen“(für harnlassen, s.o.).

Wenn wir diesen Mechanismus nun auf das (hist. mehrmals) schriftlich überlieferte(!) „ZEIDLER“ anwenden, so ergibt sich:

„ZOADLA“

Bzw.

„SOADLA“.

Slawische Einflüsse dürfte es hierbei nicht gegeben haben, obwohl SATTLEDT im Frühmittelalter „Slawo-germanisches Grenzgebiet“ darstellte.

Der Raum Sattledt und die slawische Kultur im frühen Mittelalter:

Nach: V.Tovornik, Die Slawen, in: Die Bajuwaren. Hrsg. v. H.Dannheimer und H.Dopsch. –München/Salzburg 1988, 118 ff.

Die der Schriftlichkeit stark verbundenen Kremsmünsterer Mönche mögen also noch gesagt haben „ZEIDLER“ und haben die Mitglieder dieses Berufsstandes auch noch offen so angesprochen.

Doch in deren Umgangssprache dürfte es sehr schnell zu obiger Verballhornung gekommen sein.

Die „Ebene der Zeidler“ wird vor dem Hintergrund obiger Feststellungen vorerst also zu „SOADLA-EDT“, welches offenbar eine weitere Entwicklung erfuhr:

Wieder hat hier offenbar die Mundfaulheit, das Streben nach „Verflüssigung der Sprache“, eine Rolle gespielt.

Zu konstatieren sind zwei „Elisionen“(5), also Weglassungen:

1)    SOADLA-EDT: Das „oa“ wird wohl zum „o“.

2)    SOADLA-EDT: Der Zusammenstoß von „a“ und „e“, welcher in der Aussprache einen Mehraufwand bedeutet, wird durch Weglassung des „a“ beseitigt, die Aussprache damit verflüssigt.

So gelangen wir also zu:

„SODLEDT“

Interessant ist, dass „SATTLEDT“ bis heute im bäuerlichen Dialekt des Ortes ganz genauso ausgesprochen wird. „Sprache“ abseits der „Hochsprache“ ist „langlebig“!

Hinzu tritt noch eine Form, welche aus noch weiterer Elision hervorging, nämlich „SOLED“.

Der Bauer sagt üblicherweise einerseits „In Sodledt“, andererseits „I‘ da Soled“(= in der Zeidleröde).

Leider wird besonders die zweite Form zunehmend als „g’schert“ abgelehnt und stirbt somit immer mehr aus.

Hierbei spielt leider die Schule, wo man den Kindern bekanntlich „ordentliches Sprechen“ beizubringen hat, eine große Rolle.

Nur ein „Aufgeklärter, lebensnaher Geschichts-Unterricht“ kann über diesen großen Mangel hinweghelfen!

 

V: 1467 – Der Name „SATELÖD“ taucht erstmals quellenmäßig auf. Also doch ein „Sattel in der Ebene“? Der Name im Kontext des bürokratischen Systems(18./19. Jh).

Der Name „SATELÖD“ bzw. „SATELOD“ tritt quellenmäßig erstmals 1467 in Erscheinung, und zwar in einem Zehent-Verzeichnis des Stiftes Kremsmünster.(6)

Wohlgemerkt handelt es sich hier um kein „kultur-wissenschaftliches“ oder gar „kultur-anthropologisches Werk“, sondern um ein Verzeichnis von rein wirtschaftlicher(!) Bedeutung.

Damals wurde vom Stift Kremsmünster aus in Sattledt ein Bauerngut gegründet, welches eben benannt werden musste.

Lage des „Sattledter-Gutes“ in Sattledt:

Copyright: Elmar Oberegger

Solche „Administrative Benennungen“ erfolgten früher in der Regel aufgrund der „Umgangs-Sprache“.

Der Name „OSTARRICHI“ ist das beste Beispiel hierfür. Der Urkundenschreiber vermerkte 996 einst klar:

„VULGARI VOCABULO OSTARRICHI“.

Ausschnitt aus der berühmten „Österreich-Urkunde“(996):

Aus: O.Kronsteiner, Bedeutet Ostarrichi wirklich „Ostreich“?, in: DSS 50 (1996), 134.

Ein Gebiet, in der Umgangssprache „Ostarrichi“ genannt…

Der Salzburger Slawist Otto Kronsteiner kann sich nun aber zurecht nicht vorstellen, dass hiervon ein „REICH“, ein „ÖSTER-REICH“ abzuleiten ist.

Im Jahre 1996 stellte er – übrigens zur Empörung des „Offiziellen Österreich“ – seine These vor, dass „Ostarrichi“ wahrscheinlich von slaw. „Ostarik“ bzw. „Ostrik“ kommt.(7) In der Tat wäre es höchst absurd, wenn die einfachen Bewohner ihr Gebiet mit „Reich“ bezeichnet hätten…

Einen Rekurs auf die Umgangssprache finden wir auch hinsichtlich des Namens „KRAIN“(= Gutteil des heutigen Slowenien).

In der Schenkungsurkunde König Ottos II. für den Freisinger Bischof aus 973 lesen wir über ein Gebiet

„…quod Carniola vocatur et quod vulgo Creina marcha appellatur“.

Es handelt sich also um ein Gebiet, welches offiziell “CARNIOLA” heißt, im Volksmund aber “CREINA MARCHA”(= Krainermark) genannt wird.

Die Frage ist hier nun, woher der Name „KRAIN“ genau kommt. Von slawisch „KRAJINA“(= Grenze) oder vom vor-slawischen „CARNIOLA“.

Ganz offenbar haben wir es hier mit dem Phänomen der „Liquida-Metathese“ zu tun(8), d.h. es wurden zur Verflüssigung der Aussprache Buchstaben umgestellt, nämlich das „R“ und das „A“.

So passierte es etwa auch im Falle des Wortes „KARST“, welches slowenisch „KRAS“ lautet. Noch weitere Beispiele könnten genannt werden.

Dies alles führt also zu Miss-Verständnissen.

Und wer in Slowenien heute wohlgelitten sein will, der bestreite nicht die (historisch falsche) These, dass „KRAIN“ von slaw. „KRAJINA“, also „Grenze“ abgeleitet ist.

Tatsächlich kommt der Name aber von „CAR-NIOLA“: „KAR“ bzw. „KARN“ ist ein uraltes, also vor-slawisches Wort für „Fels“ oder „Stein“. Diese Erklärung ist in geographischer Hinsicht auch weitaus plausibler.

Aber auch dem Urkundenschreiber von 973 ging es im Endeffekt nicht um kulturanthropologische Forschung, sondern nur um „Administrative Feststellung“.

Zurück zum Problem „Sattledt“:

Betrachten wir nun den Namen „SATEL-ÖD“, wie er uns 1467 schriftlich(!) überliefert wurde, so dürfte ebenfalls ein Missverständnis passiert sein, ist doch hier offenbar explizit von einem „SATTEL IN DER ÖDE“ oder einer „ÖDE AUF DEM SATTEL“ die Rede. Dazu muss man übrigens wissen, dass man früher „SATTEL“ mit nur einem „T“ schrieb.(9)

Ein Gesandter des Stiftes ging wohl in die Gegend, fragte Bewohner wie dieses Gebiet denn bezeichnet werde, und erhielt eben Antworten.

So wurde „SODL-EDT“ fälschlich mit einem „SATTEL“ in Verbindung gebracht. Dem Stift war das aber überhaupt nicht wichtig. Wirtschaftliche Belange(!) gingen vor – Es ging v.a. um die Zahlung des „Zehents“.

Interessant ist nun, dass sich diese einen „SATTEL“ andeutende Form über die Jahrhunderte gar nicht lückenlos hielt.

Wir betrachten nun einmal den Namen jenes Bauerngutes, welches 1467 aufgrund des Gegend-Namens bezeichnet wurde:(10)

1467: SATELÖD

1570, ca. 100 Jahre später: SADTLEDER

1600: SATLEDER

1702, ca. 100 Jahre später: SADLEDT

1726: SATLEDT

1750: SATLÖD

1788: SADLÖDER

Im selben Jahr taucht übrigens die (bürokratische) Bezeichnung „SADLOEDT“ für die Katastralgemeinde Sattledt auf.(11)

1830: Das Bauerngut wird „SADLEDER“ genannt, heutige Bezeichnung: „SATTLEDTER“.

Das „Sattledter-Gut“ im Jahre 2012:

Copyright: Elmar Oberegger

Seit 1570 gab es einen „Ober-„ und einen „Untersattledter“. Das Haus „Untersattledter“ wurde in den 1930er Jahren weitestgehend abgetragen.

In bürokratischer Hinsicht wich man in der Zeit nach 1788(s.o.) erstaunlicherweise ebenfalls wieder vom Namen „SADLOEDT“ ab:

In einem amtlichen Brief vom 31. Juli 1851 – also schon ca. 60 Jahre später – finden wir den Namen „SADTLÖDT“ vor.(12)

Noch im selben Jahr kam es aber zur „Großen Umstellung“:

In einem Amts-Schreiben vom 22. Oktober 1851 wird schließlich der Name „SATTLEDT“ in der bis heute gültigen Schreibweise verwendet.(13)

Damit hat die „SATTL-FORM“, welche im Jahre 1467 zum ersten Mal quellenmäßig aufgetaucht ist, und fälschlich auf einen „Sattel“ hindeutet(s.o.), ganz eindeutig und wohl für immer gesiegt; zumindest in bürokratischer Hinsicht.

 

VI: „Sattledt“ und „Zeitlhub“ – Zwei ganz verschiedene Namens-Geschichten.

Eine wichtige Frage, welche Meloun(1976) ebenfalls ausspart, bedarf nun noch einer Klärung. Er schreibt zur „Zeidler-Vergangenheit“ von Sattledt:

„Daran erinnern noch die Hofnamen ‚Großzeidelhub‘, ‚Kleinzeidelhub‘, ‚Zeidelöder‘(Sattledter)“(14).

Die Frage ist nun aber, warum sich der Name „ZEITL-HUB“ bis heute in ziemlich reiner Form erhalten hat, während der Name „ZEIDLER-ÖDE“ der sprachlichen Verballhornung anheimgefallen ist, also zu „SATTLEDT“ wurde(s.o.).

Die „Zeitlhub“ im Jahre 2012:

Copyright: Elmar Oberegger

Seit 1570 gibt es einen „Großzeitlhuber“(li.) und einen „Kleinzeitlhuber“.

Im Gegensatz zu einer „Gegend“ stellt eine „Hube“(Hufe) einen zentralen Ort, also ein Bauerngut, dar.(15)

Im vorliegenden Fall hatte diese Hube ganz offensichtlich mit der „Zeidlerei“ zu tun, was somit natürlich auch urkundlich festgehalten wurde.

Lage der „Zeitlhub“ in Sattledt:

Copyright: Elmar Oberegger

So scheint die „Zeitlhub“ bereits in einem landesfürstlichen Urbar von ca. 1216 als „CYDELHUBE“ auf.(16)

Nennung der „Cydelhube“ in einem landesfüstlichen Urbar von ca. 1216:

Aus: Sattledter Heimatbuch, Leoben 2000, 40.

Wir finden hier zwar mit Sicherheit bereits eine Variation der (unbekannten) „Ur-Bezeichnung“ vor, der Bezug zum Ursprung dieser Hube ist jedoch zu 100% erhalten.

Auch in weiterer Folge fand keine Verballhornung des Namens statt, war doch der Name der Hube wie gesagt schriftlich fixiert worden.

Im Jahre 1467, also ca. 250 Jahre(!) nach der ersten urkundlichen Nennung(s.o.), finden wir die Variation „ZEIDELHUEB“ vor(17), welche ebenfalls ganz klar auf die ursprüngliche Bedeutung des Gutes hinweist.

Wie die einfachen Bewohner die „Zeitlhub“ über die Jahrhunderte jeweils genannt haben, bleibt uns naturgemäß verborgen…

 

VII: Anmerkungen.

1)    Siehe dazu Walter BRUMMER(Red.): Heimatbuch Sattledt. Von der Gegend bis zum Markt. -Leoben 2000, S.34 ff.

2)    Vgl. Eva CRANE: The world history of beekeeping and honey hunting. –London 2000.; Richard B.HILF: Der Wald. Wald und Weidwerk in Geschichte und Gegenwart I. –Wiebelsheim 2003.

3)    Siehe dazu den APPENDIX dieser Arbeit.

4)    Otto MELOUN: Geschichte der Gemeinde Sattledt – Besiedlung und Entstehung. In: Dr. Otto Meloun zur Geschichte von Sattledt. Sein Text aus  1976. Hrsg. v. Elmar Oberegger. –Sattledt 2012(Historisches Sattledt 2/12), S. 3 ff. Hier: S. 8 f.

5)    Siehe dazu Jörg MEIBAUER u.a.: Einführung in die germanische Linguistik. –Stuttgart u.a. 2007(2), S.98.

6)    Vgl. BRUMMER a.a.o., S. 496; Walter BACHMAYR: Sattledt 1939-1989. –Sattledt 1989, S.20.

7)    Vgl. Otto KRONSTEINER: Bedeutet Ostarrichi wirklich „Ostreich“? Unzeitgemäße Anmerkungen zu europäischen Millenniums-Mythen à la „996-1996“. In: Die Slawischen Sprachen 50 (1996), S.127 ff.

8)    Siehe dazu Otto GRÜNENTHAL:  Zur Liqidametathese. In: Zeitschrift für slavische Philologie 19 (1947), S. 323 ff.

9)    Siehe dazu Friedrich KLUGE: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. –Berlin/New York 1989(22), S. 618; „Sattel“, mhd. „SATEL“, ahd. „SATUL“, „SATIL“, mndd. „SADEL“, „SEDEL“.

10)           Vgl. dazu BRUMMER a.a.O. S. 479.

11)           Vgl. BRUMMER a.a.O., S. 10. Wir befinden uns hier nun bereits in der „Geburtsphase der ordentlichen österr. Bürokratie“.

12)           Vgl. Wendelin HUJBER: Aus der Geschichte der Ortsgemeinden von Kremsmünster. In: Markt Kremsmünster 1489-1989. -Kremsmünster 1989, S. 37 ff. Hier: S.64.

13)           Vgl. HUJBER a.a.O., S.72.

14)           MELOUN a.a.O., S.8.

15)           Vgl. etwa August MEITZEN: Volkshufe und Königshufe in ihren alten Maßverhältnissen. -Tübingen 1889.; Johann F. KRÜGER: Vollständiges Handbuch der Münzen, Maße und Gewichte aller Länder der Erde. –Quedlinburg/Leipzig 1830, S. 126 f.

16)           Vgl. BRUMMER a.a.O., S. 40.

17)           Vgl. BRUMMER a.a.O, S. 454f.

 

o o o

 

APPENDIX:

Zur etymologischen Herkunft von „Zeidler“, „Zeidel“, „zeideln“.

Die „ZEIDLER“ werden heute landläufig mit „HONIG-SCHNEIDER“ bezeichnet.

Von „schneiden“ ist der Name aber sicherlich nicht abzuleiten.(Vgl. „schneiden“ = mhd. „sniden“ = ahd. „snidan“ = gt. „sneipan“; so bei F.KLUGE, Etymolog. Wörterbuch der dt. Sprache, Berlin/New York 1989/22. Dort übrigens für „Zeidler“ keine taugliche Erklärung.)

Wolfgang MITTWOCH, ein Fachexperte zu Thema aus der BRD, verwies jedoch darauf, dass „zeideln“ vom lat. Wort für „schneiden“, nämlich „cidere“(bzw. „accidere“) kommen könnte(siehe e-mail an den Verfasser vom 10-12-12; zeidler123@googlemail.com).

In GRIMMS WÖRTERBUCH(Berlin 1854) wird „Zeidel“ zunächst mit „Kunigunden-Kraut“ übersetzt. Hierbei handelt es sich um eine aromatische, stark ölhältige Pflanze.

Davon dürfte „Zeidel“ als „Wabe“ abgeleitet sein(s. a.a.O.), welche zwar kein Öl, dafür aber Honig enthält, welcher ebenso zäh wie Öl rinnt oder tropft.

„Zeidel“ bedeutet ebendort interessanterweise aber auch „Biene“, wenngleich davon auszugehen ist, dass die Bedeutung „Wabe“ zuerst gängig war.

Hier passierte wohl dasselbe wie mit dem Wort „WEIN“:

Hört man dieses, so ist a priori nicht klar, ob es sich hier nun um einen „Weinstock“, einen „Weingarten“ oder das „Getränk Wein“ handelt.

Dasselbe gilt für das Wort „WEIN-BAUER“: Hier werden sowohl „Weingarten“ als auch „Weinkeller“ assoziiert.

So wie „Weinstock“, „Getränk Wein“ und „Weinbauer“ eng zusammenhängen, so hängen eben auch „Wabe“, „Biene“ und „Zeidler“ eng zusammen.

Nach MITTWOCH(s.o.) kann „Zeidel“ übrigens auch „Honig“ bedeuten, welcher früher zum Verkauf in 0,3 Liter-Gefäßen abgefüllt wurde. Daher die Maßeinheit „Seidel“, noch heute für den Bierfreund von Bedeutung.

Nach MITTWOCH fand „zeideln“ in Niederbayern und Österreich auch Anwendung für andere Bereiche der Landwirtschaft:

a)     Man „zeidelt“ die Hühner, d.h. entnimmt ihre Eier aus dem Nest.

b)    Man „zeidelt“ die Kühe, d.h. man melkt sie.

„Zeideln“ hat also anscheinend letzten Endes mehr mit „entnehmen“ zu tun, als mit „(ab-)schneiden“. Immerhin schneidet niemand der Kuh das Euter ab, wenn er sie melken will. Auch dreht er den Hennen nicht den Kragen um, um an ihre Eier zu kommen.

Fest steht, dass die „Zeidler“ in der Frühzeit die Waben „ab-schnitten“, um sodann an den Honig zu kommen.(s. Text) Doch hier dürfte letzten Endes nicht der Ursprung ihrer Bezeichnung liegen.

Auch „FLEISCH-HAUER“ deutet immerhin nicht primär auf die „TÖTUNG VON TIEREN“ hin, sondern vielmehr auf deren Zerteilung und Weiterverarbeitung.

Der „ZEIDLER“ drückte vor allem gewonnene Waben in Tüchern aus, um HONIG zu gewinnen, er „zeidelte“:

„Zeideln“ also von „seihen“ bzw. „sudeln“; von „rinnen“, „tröpfeln“ einerseits und von „sudeln“, also „sich die Hände schmierig machen“, andererseits.(s.d. KLUGE a.a.O.)

„Grundsätzliche Aufklärung“ kann hinsichtlich der zur Diskussion stehenden Frage nur ein größeres Forschungsprojekt bringen. Dies wurde dem Verfasser von allen germanistischen Universitäts-Instituten Österreichs mitgeteilt.

 

Copyright: Elmar Oberegger 2013.