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PATER THOMAS

Frömmigkeit und Gastfreundschaft in St. Blasien

Beitrag anlässlich seines 90. Geburtstages(30. April 2013)

 

Pater Thomas Eckerstorfer(1923-1998):

Sammlung Oberegger

Auf P.Thomas, ehemals Pater des Klosters Kremsmünster, wurde ich durch meinen edlen Freund Elmar Oberegger aufmerksam. Elmar ist der Neffe des in die himmlische Heimat uns bereits vorausgegangen P. Thomas, er verehrte seinen Onkel und er war auch mitunter sein Ministrant, wenn P. Thomas in der Wallfahrtskirche St. Blasien unweit von Pfarrkirchen Messen las. P. Thomas war Pfarrer von Pfarrkirchen, seine Liebe gehörte jedoch der alten Wallfahrtskirche St. Blasien, welche er wiederbelebte und zum „Event-Zentrum“ ausbaute.

Die Wiedereinführung der Sonntagsmesse in St. Blasien(1967) – Ein Werk des Pater Thomas!

PA Wolfslehner

Unmittelbar bei der Kirche wohnte in einem hübschen Haus die leider schon verstorbene Frau Wolfslehner, die Witwe des früheren Messners, die P. Thomas bei seinem Aufenthalt in St. Blasien im Stile einer Pfarrerköchin umsorgte.

Um mit Frau Wolfslehner über ihr Leben – ich arbeitete damals gerade an meinem Buch über Pfarrerköchinnen – zu sprechen, wanderte ich mit Elmar Oberegger von Kremsmünster zunächst durch das so genannte Tempetal zum Gustomair und dann weiter nach Pfarrkirchen und schließlich nach St. Blasien.

Wir waren im Stil der alten griechischen Philosophen, der Peripathetiker (peripathein = griech. „herumgehen“) diskutierend unterwegs. Das Tempetal hat seinen Namen vom griechischen FlussTempe, an dem ehedem griechische Philosophen spazierten. Nach diesem Vorbild benannten gebildete Patres von Kremsmünster dieses kleine Tal. In diesem Tempetal war also der Beginn unserer Wanderung nach St. Blasien.

Während unserer Wanderung erzählte mir Elmar einiges aus dem bewegten Leben seines Onkels P. Thomas, der u.a. während des Krieges als deutscher Soldat am Afrikafeldzug unter Rommel teilnehmen musste. Als Priester soll er segensreich gewirkt haben. Aber besonders liebte er im Stile des alten Symposions die katholische Gastfreundschaft, durchaus im Sinne der Aposteln. So lud er als Pfarrer regelmäßig Mitbrüder und Freunde in die liebevoll eingerichtete Blasiusstube, wie P. Thomas sie nannte. Diese befand sich in dem kleinen früheren Messner-Häuschen bei der Kirche von St. Blasien. In der von ihm so benannten Blasiusstube wusste P. Thomas mit seinen Gästen stilvoll zu feiern und Geistliches zu besprechen.

Frau Wolfslehner erzählte mir höchst spannende Geschichten, die ich in meinem Buch „Pfarrerköchinnen“ verarbeiten konnte. Nach unserem Gespräch mit Frau Wolfslehner, die uns auch Heiteres über P. Thomas erzählte, gingen Elmar und ich in die Wallfahrtskirche, die damals gerade renoviert wurde. Wir schauten auch hinter den Altar und entdeckten dort an der Wand geschriebene und eingeritzte Namen von früheren Besuchern. Wir schrieben unsere Namen dazu. Vielleicht sind sie dort noch zu lesen.

Dann suchten wir die Blasiusstube auf, die damals etwas heruntergekommen aussah. Es muss eine gemütliche Stube gewesen sein. Diese Blasiusstube ist mit einem prächtigen Kachelofen versehen, den Pater Thomas setzen ließ. Dem großen Gastfreund Pater Thomas, dem Pfarrer von Pfarrkirchen, war es ein großes Anliegen, die gotische Wallfahrtskirche St. Blasien, die am Verfall war, zu renovieren. In dieser Kirche erteilte Pater Thomas zu Lichtmess am Beginn des Februar jeweils mit zwei überkreuzten Kerzen den Blasiussegen, und hier las er gerne feierliche Messen, unter anderem auch für Jäger und Handwerker, die er in der Blasiusstube gastlich zu bewirten pflegte.

„Leonhardi-Feier“ in St. Blasien:

PA Wolfslehner

Frau Wolfslehner sorgte sich um das Wohlergehen von Pater Thomas und seine Gäste, sie dürfte eine fabelhafte Köchin gewesen sein. Sie war vor allem an den Wochenenden und an den Feiertage im Einsatz, denn an diesen Tagen las P. Thomas hier in St. Blasien. die Messen und empfing seine Gäste. Pater Thomas jedenfalls hat, wie es scheint, schöne Tage in St. Blasien und in der Blasiusstube, in der Frau Wolfslehner köstlichen Braten servierte, verbracht.

Hier in dieser frommen Absteige schrieb er seine Gedanken nieder, arbeitete an seinen Predigten und hortete seine Gästebücher. Fein säuberlich hielt er diese, versah sie mit Fotos und ließ die Gäste in diese schreiben. Unter den freundlichen Kommentaren der Bewirteten finden sich mitunter schöne und wohlklingende Trinksprüche. Er hinterließ zehn dieser Gästebücher, die für ihn wie ein Schatz waren und die jetzt Pater Wilhelm, der Nachfolger von P. Thomas in Pfarrkirchen, in Verwahrung hat.

Ein Gästebuch behielt jedoch Frau Wolfslehner, sie zeigte es uns und wir durften in diesem blättern. Wir sahen, dass P. Thomas in trefflicher Weise kirchliche Frömmigkeit mit katholischem Wohlergehen zu verbinden wusste. In einem der Gästebücher ist Pater Pius vom Stift Kremsmünster an einem Tisch der Blasiusstube zu sehen, vor ihm befindet sich ein Teller mit einem Truthahn darauf. Pater Pius hat Gabel und Messer in der Hand, er langt ordentlich zu.

Festessen in der Blasiusstube: Pater Pius und der Truthahnbraten.

Sammlung Oberegger

Links Frau Pfarrersköchin Cäcilia Wolfslehner.

An der anderen Seite des Tisches sitzt Pater Maximilian vom selben Kloster. Auch er genießt den Braten, hält heiter lächelnd einen Truthahnknochen in der Hand und blickt fröhlich in die Kamera.

Beide sympathische Herren kenne ich von meiner Zeit als Klosterschüler. Ich habe sie beide, die leider schon verstorben sind, sehr geschätzt. Frau Wolfslehner erzählt über ihr Leben als Köchin für Pater Thomas:

„Pater Thomas ist 1962 her gekommen. Er hat angefangen, die Kirche herzurichten, die Bänke sind heraus, es mußte alles geputzt und geweißnet werden. Das hat gedauert von 1962 bis 1969 bis alles renoviert war. Dann, 1969 ist es hier richtig losgegangen. Der Herr Pfarrer hat immer wieder Leute eingeladen. Dafür hat er die Stube eingerichtet. Ich habe für ihn und seine Gäste gekocht. Er hat mich gebraucht. Alleine hätte er nichts anfangen können. Als in der Kirche gearbeitet wurde, haben immer vier Leute in dieser gearbeitet. Für die habe ich auch gekocht. Mein Mann ist 1983 gestorben, er war der Messner bei der Kirche“.

Elmar wirft ein: „Sie haben sich für das körperliche Wohl gesorgt und Ihr Mann für das geistliche“. Sie nickt und fährt fort:

„Ja, wir waren ein Team. Aber als mein Mann starb, also ab 1983, war ich beides: Köchin und Messnerin des Pater Thomas. Gewohnt hat der Pater Thomas in Pfarrkirchen. Hierher hat er sich zurückgezogen in seine Stube, die hat er sich schön hergerichtet. Auch mit einem Teppich, damit es schön warm ist. Die Leute haben auch etwas gebracht, damit die Stube etwas gleichsieht. Sehr war der Pater Thomas an der Kirche interessiert, die ist ihm am Herzen gelegen. Wenn er nicht gewesen wäre, wäre die Kirche St. Blasius nicht renoviert worden. Er hat sich eingebildet, wenn er einmal in der Rente ist, dass er für dauernd hierher in die Blasiusstube zieht. Pater Thomas war zu mir ein guter Freund. Wir sind zusammen gewachsen, weil eins das andere gebraucht haben. Wir haben auch eine kleine Mostpresse gehabt. Die geistlichen Schwester in Pfarrkirchen haben für ihn das Obst zusammen geklaubt. Er hat das Obst hergeführt und wir haben gemeinsam Most gepresst. 25 Eimer Most haben wir gehabt. 5 Eimer hat er für sich gebraucht, die anderen Eimer waren für seine Freunde und für uns. Er war den Most gewöhnt. So haben wir uns gegenseitig geholfen. Er war ein wenig ein Schleuderer, er war nicht so genau“.

Elmar, der Neffe, bestätigte dies und erzählt:

„Ein genauer Mensch war der Pater Thomas nicht. Er hat mir am Meer das Schwimmen gelehrt. Er war ein großer Schwimmer. Am Meer, da habe ich auch gesehen, dass er es nicht so genau nimmt. Damals hat er mir einen Rotwein zu trinken gegeben. So ist auch etwas aus mir geworden, sehn‘ Sie.“

Pater Thomas mit seinem Neffen Elmar an der Bar des „Hotel Splendid“(Lovran/YU):

Sammlung Oberegger

Elmar zeigt Bilder, die er mitgenommen hat, von der Blasiusstube, von einem gedeckten Tisch, von Menschen, die hier waren, unter ihnen ist sogar der frühere Landeshauptmann Gleißner zu sehen. Ein Bild zeigt Frau Wolfslehner vor dem Backrohr mit großem Truthahn. Elmar erinnert sich, zum Geburtstag von P. Thomas habe Frau Wolfslehner stets Kitz gebraten : “Dazu waren wir oft eingeladen , denn meine Mutter war die Halbschwester von Pater Thomas“. Frau Wolfslehner erzählt weiter:

„In Pfarrkirchen hat er als Pfarrersköchin eine Ordensschwester gehabt, die Schwester Hedwig. Bei ihr hat es ihm nicht so geschmeckt wie bei mir. Bei mir war Abwechslung, bei mir hat er eine gebackene Leber bekommen, das war seine Leibspeise. Er hat immer gesagt, von der Schwester Hedwig wird er nicht so gut verpflegt, da bekommt er Palatschinken, Baunzerln und das Zeug. Bei der Frau Wolfslehner bekommt er gute Sachen, daher fährt er lieber hierher. Zum Würstelstand in Bad Hall ist er auch gerne gefahren. Krapfen haben ich ihm auch gebacken, die haben ihm auch geschmeckt“.

Für ihre Dienste erhielt Frau Wolfslehner vom Pater stets etwas Geld aus seiner eigenen Kassa. Sogar bäuerlich werkte die gute Frau, damit auf dem Tisch des Pfarrherrn zur Freude der Gäste Gutes lande. Sie schildert dazu weiter:

„Hier und da haben uns die Bauern ein Fleisch gebracht. Früher haben wir sogar eine Sau gefüttert. Das Futter haben wir vom Sonnenheim bekommen, es waren die Speiseabfälle dieses Hauses. Er, der Pfarrer, hat mir das Saufutter oft mit dem Auto hierher geführt. Wir hatten auch Geißen. Der Pater und ich haben zusammen geholfen. Eine Hand wäscht die andere.“

Den Gästen dürfte es geschmeckt haben. Aber auch für die Gläubige, auf deren Wunsch der Pfarrer in St. Blasien eine Messe las, sorgte er freundlich, wie sich Frau Wolfslehner erinnerte:

„Die Leute, für die er eine Messe gelesen hat, wurden nachher in die Blasiusstube gebeten. Auf einen Umtrunk ist zum Beispiel der Bürgermeister mit der Familie in die Blasiusstube nach der Messe eingeladen worden.“

Pater Thomas(von hinten) mit Gästen in der Blasiusstube:

Sammlung Oberegger

Der Pfarrer wusste also, wie es auch das Gästebuch zeigt, in einer von ihm geschaffenen kleinen Welt fromm und fröhlich bei gutem Trunk und guten Speisen zu leben. Deswegen, meinte seine Köchin, dürften Mönche des Klosters Kremsmünster missgünstig gewesen sein:

„Es gab auch welche im Stift, die es ihm geneidet haben, dass er es hier sich schön eingerichtet hat. Er ist 1998 im Stift gestorben. Beim Begräbnis hat der Abt gesagt, dass ihn nicht einmal seine Mitbrüder besucht haben. Sie haben einen Neid gehabt, weil er ein gescheiter Mensch war. Es war einfach aber herzlich hier.“

Der Herr Pfarrer Pater Thomas war also ein geselliger Herr, der auch zu leben wusste und hier gerne für fromme feine Leute Messen las.

Die Tochter von Frau Wolfslehner, die dem Gespräch beiwohnte, erzählte dazu noch:

„Meine Mutter hat ein schweres Leben hinter sich. Durch P.Thomas hat sie Kontakte nach außen bekommen. Es waren freundschaftliche Kontakte. Wie der Vater gestorben ist, sind die beiden sogar gemeinsam einkaufen gefahren. Für die Oma war das nach ihrem harten Leben schön hier mit Pater Thomas.“

Frau Wolfslehner bringt uns das bereits erwähnte Gästebuch. Wir sehen feiernde Gäste und auf einem Bild einen Truthahnbraten, von dem Frau Wolfslehner stolz meint, er habe 13 Kilo gewogen und sei beinahe nicht in das Rohr gegangen. In einem der Gästebücher lese ich auch einen Trinkspruch der alten Vaganten des Mittelalters :

„Meum es praepositum in taberna mori,"

(Mir ist es voraus bestimmt, im Gasthaus zu sterben).

Ich lese auch diesen Spruch:

„Nach dem Schnitzel, Most und Kraut sind wir alle sehr erbaut.

Doch bevor wir noch mehr schwanken,

wollen wir dir herzlich danken“.

Frau Wolfslehner sagt traurig: „Mir geht der Pater Thomas sehr ab, es gab kein Habsein(Bösesein) mit ihm, wir haben uns gut vertragen Er war ein guter, hilfsbereiter Mensch.“

Jedenfalls war Pater Thomas beliebt. Bei ihm zeigt sich beste katholische Tradition, zu der das Feiern von Gottesdiensten in der Wallfahrtskirche St. Blasien gehörten, ebenso wie apostolische Gastfreundschaft in der Blasiusstube gleich bei der Kirche.

Es ist zu hoffen, dass die Kirche St. Blasius aber auch die Blasiusstube weiterhin bestehen, und deren Bedeutung zukünftig noch vermehrt werden wird –

Vielleicht durch fromme Pilgersleute und Freunde einer alten katholischen Kultur.

PA Wolfslehner

 

Literatur.:

R. Girtler, Pfarrersköchinnen – Edle Frauen bei frommen Herren, Wien(Böhlau) 2005.

E. Oberegger, Pater Thomas Eckerstorfer – Ein Mensch und sein Lebenswerk. Kleine Festschrift zu seinem 90. Geburtstag. –Sattledt 2013.

 

Copyright: Univ.-Prof. Dr. Roland Girtler 2013.