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CORNELIUS OBEREGGER JUN.: Das abenteuerliche Leben des Ersten Gemeindesekretärs von Sattledt(OÖ).
I: Geboren 1902 als Sohn des „Kremsmünsterer Stiftsförsters“ Cornelius Oberegger, Student im Stiftsgymnasium, sodann Soldat in Wels. Herr Cornelius OBEREGGER jun. wurde am 7. September des Jahres 1902 in KREMSMÜNSTER als Kind des stets „gut katholischen“ Stiftsförsters Cornelius OBEREGGER(geb. 1873 in Wildalpen/Stmk., gest. 1956 in Kremsmünster) geboren. Heuer wäre er also 110 Jahre alt geworden. Cornelius OBEREGGERjun.(1902-1976):
Aus: Heimatbuch Sattledt(= i. w. HS), Leoben 2000, 197. Nach der Volksschulzeit besuchte er ab 1909 die Unterstufe des Stifts-Gymnasiums, lernte also ab der 1. Klasse Latein, ab der 3. Klasse Griechisch. Diese „Humanistische Bildung“ soll nachhaltigen Einfluss auf ihn ausüben. Im Jahre 1913 schied er – der Sohn aus einfachen Verhältnissen, der nun einmal nicht „Priester“ werden wollte – aus, 1914 begann der Erste Weltkrieg. Oberegger war damals 12 Jahre alt. Nach dem Kriegseintritt Italiens 1915 wurde sein Vater – welcher vor seiner Zeit als Förster „Längerdienender Soldat“ gewesen war – als „Zugsführer“ eingezogen. Sein Einsatzgebiet war schließlich die „Isonzo-Front“. Cornelius Oberegger sen. als Soldat im Jahre 1915:
Sammlung Oberegger Es wird erzählt, dass der Sohn in dieser Krisen-Zeit beim Stift als „Einfache Hilfskraft“ mit Spezialgebiet „Kynologie“ beschäftigt war. Nach der Rückkehr des Vaters dürfte er diese bescheidene Stellung beibehalten haben. Der Vater blieb auch nach 1918 „katholisch“ und „kaisertreu“. Im Jahr 1921 starb seine Mutter, welche er über alles geliebt hat. Der Vater heiratete bald wieder. 1921 rückte nun auch Cornelius jun. zum Militär ein, konnte sich länger verpflichten(was damals ein gewisses Privileg war!) und rüstete sodann 1925 als „Unter-Offizier“ in Wels ab.
II: Die „Große Reise“ in den „Orient“(1925-1927). Um 1925 entstand die kühne Idee, gemeinsam mit einem Freund in den „Orient“ bzw. nach „Griechenland“ aufzubrechen. Man wollte in erster Linie der „Enge der (familiären) Verhältnisse“ entfliehen. Name und Herkunft des Freundes sind unbekannt. Die im Stiftsgymnasium erlebte „Humanistische Bildung“ war für Oberegger sicherlich ebenfalls ein starkes Motiv für diese Reise. Dazu trat dann noch die hoch-unglückliche Liebesbeziehung zu einer älteren Frau – so wollte er einfach „abhauen“… Man fasste schließlich den Plan, den Weg in den „Orient“ zunächst auf der Donau zurückzulegen. Aufgrund Geldmangels kam hier nur ein altes Ruderboot als Verkehrsmittel in Frage, welches in Linz an der Donau vor Anker lag… Wohl mit der Eisenbahn Kremsmünster-Linz begab sich Oberegger dann zum vereinbarten Treffpunkt… Um den 30. Oktober 1925 herum traf man in ISTANBUL ein. Das Linzer Ruderboot war unterwegs verkauft worden. Wie man nun konkret an den Bosporus gelangte, bleibt unklar. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit hat man in Ruse(Rustschuk) angelegt und ist dann bis zum Schwarzmeerhafen Warna(Varna) per Eisenbahn gefahren. Von dort aus gab es Schiffsverbindungen bis Istanbul. Wäre man bis hinauf zum Donaudelta gefahren, hätte dies einen beträchtlichen Umweg bedeutet(s. Karte). Orientierungskarte zur „Orient-Reise“ des Cornelius Oberegger:
Copyright: Elmar Oberegger Die Eisenbahn „Rustschuk-Varna“ wurde 1866 unter der Ägide des Osmanischen Reiches eröffnet. Man wollte die Donau gegen Istanbul hin verkürzen. Von 1883 bis 1888 war diese Bahn Teil der „Ersten Orient-Express-Relation“, welche also z.T. auf dem Wasser abgewickelt wurde. Nach den vorliegenden Quellen scheint festzustehen, dass die zwei Freunde möglichst schnell in den Orient wollten: Oberegger legte nämlich während der Reise immer Ansichtskarten mit persönlichen Vermerken zum weiteren privaten Gebrauch, also fürs „Privat-Archiv“ an. Wir finden hier aber keinerlei Karten etwa aus Budapest oder Belgrad. Das waren also offenbar nur Durchgangs-Stationen der Fahrt. Die erste Karte ist erst aus Istanbul überliefert. Und weitere Karten sollen folgen. Hier nun ein paar zahlenmäßige Angaben zu einer Boots-Reise Linz-Istanbul(Hyp. Ausgangspunkt = Fließgeschwindigkeit der Donau durchschnittl. 10km/h, also ca. Schritt-Geschwindigkeit): a) Abschnitt Linz-Wien: ca. 200 Kilometer = Reisedauer bei 10km/h Schnitt = 20 Stunden, also ca. 2 TAGESFAHRTEN. b) Abschnitt Wien-Budapest: ca. 250 Kilometer = Reisedauer ca. 2 TAGESFAHRTEN. c) Abschnitt Budapest-Belgrad: ca. 400 Kilometer = Reisedauer ca. 4 TAGESFAHRTEN. d) Abschnitt Belgrad-Raum Bukarest(Ruse): ca. 600 Kilometer = ca. 6 TAGESFAHRTEN. Es waren demnach also insgesamt 14 TAGES-FAHRTEN von LINZ allein bis in den RAUM BUKAREST nötig. Was bedeutete das nun rein proviantmäßig? Mit BROT gerechnet bedeutete dies – rein theoretisch! – für zwei Personen 1 Kilogramm pro Tag. Man musste also 14 KILOGRAMM BROT mitnehmen. Wie man sich konkret ernährte, bleibt unklar, vielleicht hat man auch zeitweise gehungert. Getrunken hat man letzten Endes wohl aus der Donau selbst, ebendorthin die Notdurft abgelassen. Auch die Körperpflege wurde wohl mittels Donauwasser erledigt. Hat man das Donauwasser vor dem Genuss sicherheitshalber auch abgekocht? Hatte man überhaupt die Mittel dazu? Wir wissen es nicht. Vom 30.Oktober 1925 datiert jedenfalls die „Erste Ansichtskarte für den priv. Gebrauch Obereggers“ für ISTANBUL. Istanbul(Konstantinopel):
Sammlung Inge Oberegger Auf der Rückseite vermerkt Cornelius Oberegger die Dauer seines Aufenthaltes:
Die „DEUTSCHEN“ waren in der „TÜRKEI“ hochgeachtet, weil sie als „intelligent und vielseitig“ galten und bekamen immer sofort „ARBEIT“. Die Unterscheidung „ÖSTERREICHER“/„DEUTSCHE“ gab es damals in der Türkei noch nicht. ATATÜRK – welchen Oberegger übrigens zeitlebens sehr hoch schätzen soll – wollte das Land „verwestlichen“ und damit von der „orientalischen Lethargie“ des „Ancièn Regime“ befreien. Mustafa Kemal Pascha, Kampfname „ATATÜRK“(= „Der Vater der Türken“):
WIKI GEMEINFREI Geboren 1880 in Thessaloniki(heute Griechenland), gestorben 1938 in Istanbul. Er stellte sich 1919 an die Spitze der „Nationalen Erhebung“ und schuf das heutige „SYSTEM TÜRKEI“. Folgendes Foto entstand während Obereggers Tätigkeit in ISTANBUL. Drei fesche Burschen in Istanbul, links Cornelius Oberegger:
Sammlung Inge Oberegger Die nächste Station war die Insel KRETA, wo er vom 29. Dezember 1925 bis zum 5. Januar 1926 blieb. Dann ging es nach ATHEN. Nur eine Karte vom 7. Januar 1926 ist überliefert. Die nächste Karte wurde in AIGION am 18. Januar 1926 abgezeichnet. Dann ging es nach PATRAS, wo Oberegger sodann plötzlich der Typhus ereilen soll. Patras mit Festung:
Sammlung Inge Oberegger Die Rückseite:
Diese schwere Krankheit kommt nicht sofort zum Ausbruch, somit stellt sich die Frage, wo Oberegger sich infiziert hat. Schon während der Reise auf der Donau? Oder erst später? Der griechische Arzt teilte seinem Patienten jedenfalls mit, dass er wohl nicht mehr lange zu leben habe. Doch Oberegger wollte leben! Er sprach – wie mir Tochter Inge am 6. November 2012 in Gallspach mitteilte – im familiären Kreis nie viel: Aber diesen „Überlebens-Willen“ im Zuge dieser „Ewigen Fieber-Schübe“ betonte er von Zeit zu Zeit immer wieder mit gewisser Nachdenklichkeit. Er überlebte mit besonders einem schweren Folgeschaden: Thrombose im linken Bein. Doch dies dürfte nur die vielzitierte „Spitze des Eisberges“ gewesen sein. Von PATRAS aus reiste er dann Ende 1926 heim. Sein Halbbruder Rudolf erwähnte, dass er wohl per Schiff nach Italien und von dort aus sodann per Eisenbahn bis Österreich fuhr. Oftmals hätte er ihm von dieser Reise erzählt. Doch nur noch dunkel könne er sich heute daran erinnern.
III: Die Heimkehr des „Verlorenen Sohnes“(1927). Konsequente Hinwendung zur „Österreichischen Beamtenlaufbahn“. 1927 kam er beim Vater an, welchem vom Stift erst kurz zuvor in Allhaming eine neue Dienststelle als Förster und Gastwirt zugewiesen worden war. Das dortige „FORSTHAUS“ – direkt an der A1 gelegen – existiert bis heute. Dort lernte er noch im selben Jahr seine spätere Frau Katharina – genannt „Kathi“ – kennen, welche ihn zunächst nur als „armen, dünnen, ausgezehrten Burschen“ wahrnahm. Am 28. Juni 1928 erreichte ihn dann ein – in Stil und Inhalt höchst eigenartig gehaltener – Brief aus ISTANBUL: Ein „Alter Freund“ – damals tätig bei der „TÜRK./DT. WURSTFABRIK ‚HAYAT‘(Minaret Sokak 15)“ – stellte ihm einen Posten als „Forstarbeiter“ in ANATOLIEN in Aussicht. Er blieb lieber in OBER-ÖSTERREICH. Bis 1929 war er in der Wirtschaft des Vaters tätig. Sodann nahm ihn der Bad Haller Gemeindesekretär Hölzl als Praktikant in den „Gemeinde-Dienst“. Dieser „Dienst“ bestand anfangs übrigens nur darin, den Kurpark zu „bewachen“. Eigentlich keine adäquate Aufgabe für einen „Österr. Unteroffizier“ – Aber das war ja zu dieser Zeit besser als nichts! Und der Gemeindesekretär Hölzl meinte es nicht böse mit ihm: Oberegger wurde die Möglichkeit zur „Weiterbildung“ gegeben und 1931 bestand er die „Prüfung für Gemeindebeamte“ mit „Sehr gutem Erfolg“.
IV: Als Gemeindesekretär in Gallspach. Die „Straf-Versetzung“ aus politischen Gründen(1938). Oberegger wurde Gemeindesekretär im weltbekannten oberösterreichischen Kurort Gallspach. Der oberösterreichische Kurort Gallspach:
WIKI GEMEINFREI 1933 ergriff Hitler in „Deutschland“ die Macht, im selben Jahr ehelichte Cornelius Oberegger seine „Kathi“. Beide Ereignisse, welche keineswegs zusammenhingen, sollen interessanterweise in größtem Maß prägend für sein weiteres Leben sein. Gemeindesekretär Cornelius Oberegger blieb in den folgenden Jahren in Gallspach „sachlich“. Das Aufkommen des Nationalsozialismus in Gallspach blieb ihm jedoch keineswegs verborgen. Besonders unter der damaligen Jugend fand er damals viele Freunde und Anhänger, da er nicht zuletzt über seine „Orient-Reise“ viel zu erzählen wusste. Man soll ihn damals liebevoll „ONKEL OBEREGGER“ genannt haben. Diese „Jugendlichen“ waren bereits „überzeugte Nazis“, doch sie respektierten den „ONKEL OBEREGGER“ als Mensch, als „Kerl“, der sich etwas getraut hat. Er selbst blieb aber „KATHOLIK“, v.a. aber „BEAMTER“; den geltenden Gesetzen stets treu. Von den Politischen Opportunisten wurde er zunehmend als Mann gehandelt, „mit dem man im Fall des Falles nicht rechnen könne“ – CORNELIUS OBEREGGER als „Außenseiter“, als „Feindbild“… Als dann 1938 „DER HITLER KAM“ wurde auch Gem.Sekr. Oberegger irgendwann um ca. 04:00h in der Früh brutal aus dem Bett gezerrt, verhaftet und im Keller des Gallspacher Gemeindehauses eingesperrt… Verdroschen jedoch wurde er im Gegensatz zu den anderen Regime-Gegnern nicht – Die „NS-Jugendtruppe Gallspach“ hatte dafür gesorgt, dass der „ONKEL OBEREGGER“ nicht verdroschen wird … Aber er war auf jeden Fall „FÜR GALLSPACH POLITISCH NICHT MEHR TRAGBAR“, wie es offiziell hieß. „Versetzung aus politischen Gründen“, also „STRAF-VERSETZUNG“: Nach GRÜNBACH BEI FREISTADT… Dort Wohnung beim Bauern über dem stinkenden Saustall, auch sonst ab-normale Zustände… Hilfe-Rufe nach weiterer Versetzung… „Militärisch untauglich“ war er – obwohl grundsätzlich im Rang eines „ÖSTERR. UNTEROFFIZIERS“ stehend – aufgrund der Spätfolgen seiner Typhuserkrankung so oder so…
V: 1939 - Erster Gemeindesekretär von Sattledt. 1939, 1. Oktober: Gründung der „GEMEINDE SATTLEDT“. Niederschrift zu: „Aussprache über die Errichtung einer selbständigen Gemeinde Sattledt mit den Vertretern der davon betroffenen Nachbargemeinden“(17. Feb. 1939):
Copyright: Gemeinde Sattledt Er wurde dort „Erster Gemeinde-Sekretär“. Die diesbezügliche „Konkrete Beziehung“(denn man braucht ja immer „Beziehungen“): Die alte „Kumpel &. Sauf/Kartenspiel-Freundschaft“ zwischen einem hohen Sattledter Bauern-Nazi und einem Katholiken aus dem „DUNSTKREIS DER FAMILIE OBEREGGER“. Unter den Sattledter Bauern war man ja nie so genau bzw. radikal: „Hauptsach‘ ein ruhiger und ordentlicher Mensch…“. „GEMEINDE SATTLEDT“ – Sowas ist ja schnell behördlich verfügt! Doch nichts war am Anfang da, nichts „bürokratisch festgehalten“ – Ein „Weiter Ozean von Aufgaben“ stand vor dem „Ersten Gemeindesekretär“! Ortsdurchfahrt von Sattledt 1937:
Aus: HS, 85. Seinen alten Vater spannte er damals öfters als „Vertrags-Bediensteten“ ein. Und dieser liebte es, einmal wieder aus der familiären Enge hinaus-zukommen… So trug auch der Senior maßgeblich zum Aufbau der „Gemeinde Sattledt“ bei. Stundenlang legte er Kartei-Karten an etc. Der „Sekretär“ hatte damals in Sattledt kein „Gemeinde-Haus“, nicht einmal eine Wohnung. Er musste zunächst zwischen Kremsmünster und Sattledt pendeln. Das „Gemeinde-Amt“ war ab 1939 im ersten Stock des Hauses Wimmer untergebracht. Das „Haus Wimmer“, vor Einführung der Straßen-Bezeichnungen „Sattledt No. 53“(an der Ortsdurchfahrt):
Aus: HS, 103. Im ersten Stock war ab 1939 das Gemeindeamt untergebracht. So musste er anfangs zwischen seinem damaligen Wohnort Kremsmünster und Sattledt pendeln. In der Winterzeit war ihm das Haus Maxwald an der Ortsdurchfahrt stets eine freundliche Lab- und Zufluchtsstätte: Wenn er auf den Zug warten musste, begab er sich dorthin, wurde immer freundlich aufgenommen und erhielt einen Teller Suppe. Hin- und wieder verkehrte der Zug aufgrund extremer Schneeverhältnisse gar nicht mehr und so durfte er in diesem gastfreundlichen Haus sogar auf der „Ofenbank“ schlafen… Später konnte er dann in ein Haus an der heutigen „Haupt-Strasse“(ggü. Friseur Fuchs) einziehen. Er hatte mit seiner Kathi übrigens zwei Kinder: Inge(heute in Gallspach) und Werner(heute in Kanada).
VI: 5. Mai 1945 – Gem.Sekr. Cornelius Oberegger empfängt die „US-Army“ in Sattledt. Die Lage von SATTLEDT war im Jahr 1945 durchaus prekär, lagerten doch im Gemeindegebiet bedeutende Kontingente der „Deutschen Wehrmacht“. Detail am Rande: In Sattledt stand damals auch – vor den Fliegerbomben geschützt – der „Noble Hofzug“ des Hermann Göring. Er soll kurz nach dem US-Einmarsch vom Volk geplündert werden – Dies berichtete mir der ÖBB-Beamte i.R. Johann Höbling kurz vor seinem überraschenden Tod im Jahr 2012. Ebenso prekär war die Lage in KREMSMÜNSTER, wo sich die SS zunächst dazu entschlossen hatte, das STIFT ALS FESTUNG zu verteidigen. Die US-Army, welche sich bereits in WELS befand, schickte von Unterhart aus zunächst „Späh-Trupps“ gegen Sattledt, um zu erkunden, ob dort noch mit „WIDERSTAND“ zu rechnen sei. Das Ergebnis war negativ. Ansonsten hätte man Sattledt ganz einfach PER ARTILLERIE in Schutt und Asche gelegt. So fuhren am 5. Mai 1945, um 09:02h, die ersten US-Truppen in Sattledt ein und sogleich weiter gegen KREMSMÜNSTER – Schriftlich festgehalten wurde dieser historische Moment durch Gem.Sekr. Cornelius Oberegger. KREMSMÜNSTER ergab sich sodann umgehend. Denn ansonsten hätte man es ebenfalls ganz einfach per Artillerie ausgelöscht. Herr Bürgermeister Herwerthner fuhr mit seinem von wehenden weißen Leintüchern umgebenen Dienstfahrzeug gegen Sattledt – Eine KLARE BOTSCHAFT! Heinrich Herwerthner: 1943-1945 Bürgermeister von Kremsmünster.
Aus: Markt Kremsmünster 1489-1989, Kremsmünster 1989, 20. Frau Maria List(1933-1998), welche damals mit ihrer Familie im Kremsmünsterer Haus „Welserstrasse 8“ wohnte, sah dies mit eigenen Augen. Auch der damalige Sattledter Pfarrer bemühte damals das „Weiße Leintuch“, und zog den Amis mit den „Besten Schafen“ seiner „Schönen Herde“ bis zum Bäck im Holz entgegen… Bei der Ankunft der US-Army in Sattledt selbst waren alle Nazis, samt dem „Bürgermeister“, naturgemäß in tiefste Deckung gegangen. Allein der „Ewige Katholik“ Gem.Sekr. Cornelius Oberegger trat ihrem Befehlshaber – einem „CAPTAIN“(= Hauptmann) – als Vertreter des „OFFIZIELLEN SATTLEDT“ kühn und voll Haltung gegenüber, begrüßte ihn höflich und lud ihn und seine Offizierskollegen sodann zum „Schnitzel-Essen“ in seine Privatwohnung ein. Zum Schnitzel gab es Bier und Most. Man griff freudig zu. Seiner Frau Kathi hatte er zuvor aufgetragen, das alles zu „organisieren“. In dieser Zeit eine wirklich große Aufgabe! Die „Schnitzel-Königin von Sattledt“ – Frau Kathi Oberegger im Jahr 1982:
Sammlung Oberegger Frau Kathi Oberegger war nicht nur eine sehr gute Köchin, sondern auch begeisterte „Hobby-Schneiderin“. In dieser Disziplin brachte sie es so weit, dass sie bald zur bestgekleidetsten Sattledterin(wenn nicht zur bestgekleidetsten Frau im Bezirk Wels-Land!) wurde. Das brachte ihr viel Neid ein. Ihr Traum, all‘ das vielleicht irgendwann berufsmäßig ausüben zu können, ging aufgrund der Ungunst der Zeitverhältnisse nie in Erfüllung. Frau Kathi man sich in der Tat als „Modeschöpferin“ etwa in New York vorstellen können! Mit ihrem Schicksal, „angepasst“ bleiben zu müssen, haderte sie eigentlich bis zu ihrem Tod im Jahr 1994. Er war überzeugt davon – und sicherlich hat er auch das im „Orient“ gelernt – dass diejenigen, die Speis‘ und Trank miteinander teilen, nicht mehr Todfeind sein können… Erwidert wurde diese „OBEREGGERISCH-SATTLEDTERISCH(-ORIENTALISCHE) GAST-FREUNDSCHAFT“ schließlich durch eine „Abend-Veranstaltung der US-Army“ in SATTLEDT, wo Gemeindesekretär Oberegger folgende, bemerkenswerte Rede v.a. an den „US-Hauptmann(Captain)“ hielt(Der US-Dolmetscher hat sie schriftlich festgehalten und sodann auch zusammenfassend ins Englische übersetzt): Der deutsche Text der Rede von Gem.Sekr. Cornelius Oberegger v.a. ggü. dem US-Oberbefehlshaber in Sattledt(1945), schriftl. festgehalten vom US-Dolmetscher:
Aus: Sammlung Inge Oberegger Im Falle dieses Oberbefehlshabers handelte es sich um einen „Captain“, also einen „Hauptmann“. Vom US-Dolmetscher schlicht mit „Kapitän“ übersetzt. Auch ansonsten einige grammatikalische Mängel. Ohne irgendein politisches Mandat innezuhaben, sogar ohne irgendeiner Partei anzugehören hatte es Gem.Sekr. Cornelius Oberegger also verstanden, schon im ersten Moment(!) ein freundschaftliches Verhältnis zu den USA aufzubauen und zu fördern – In seinem Interesse, v.a. aber im Interesse Sattledts! Erst viel später soll diese „Freundschaft“ zum „Großen Politischen Programm Österreichs“ werden.
VII: „Wiedergutmachung“ – Gem.Sekr. Oberegger darf 1947 nach Gallspach zurückkehren. Seine Bedeutung für den Aufbau der Gemeinde Sattledt und seine Rolle im Jahr 1945 blieben bisher offiziell völlig unbeachtet! Der Anruf aus Gallspach kam plötzlich und unerwartet: Der Bürgermeister aus der Zeit vor 1938 hatte die Kriegszeit gut überlebt und war unter dem Titel „Wiedergutmachung“ wieder eingesetzt worden. Mit ihm hatte sich Cornelius Oberegger schon immer sehr gut verstanden. „Herr Sekretär Oberegger, bitte kommen sie zu uns zurück“, sagte sein alter Chef am Telefon. Offizieller Titel dieses Projektes: Ebenfalls „Wiedergutmachung“. Im Jahre 1947 kehrte er somit in sein geliebtes Gallspach zurück, an jenen Dienstposten, den man ihm einst brutal genommen hatte. 1976 verschied er im Krankenhaus von Grieskirchen aufgrund von Altersschwäche. Trauerparte Cornelius Oberegger 1976:
Nicht wenige Sattledterinnen und Sattledter haben ihren „Ersten Gemeindesekretär“ noch in lebhafter Erinnerung: „Ein fescher, freundlicher Mann mit Umgangsformen“, sagte mir eine Zeitzeugin im Zuge der Recherche. Wieder andere sollen ihn aufgrund seiner politischen Rolle im Jahr 1945 schlicht als „Wichtigtuer“ betrachtet haben. Das ist eben „Die Politik“… Viele, die Herrn Gem.Sekr. Cornelius Oberegger noch persönlich kannten, sind heute ebenfalls schon verschieden. Die „Zeit“ schreitet eben fort – „Killing Time“ nannte der aus Wien stammende Philosoph Paul K. Feyerabend seine Autobiographie treffend zweideutig. Es gibt wohl keinen besseren Titel für eine Autobiographie… Das OFFIZIELLE SATTLEDT jedenfalls hat seinen „Ersten Sekretär“, der mit größtem Pflichtbewusstsein zum konkreten bürokratischen Aufbau dieser Gemeinde beigetragen hat, der 1945 mutig auf die Vertreter der US-Army zuging und diese zu „Freunden von Sattledt“ machte, weitgehend vergessen. Der Verfasser hofft, dass mit der Publikation des vorliegenden Aufsatzes eine Änderung dieser traurigen Situation eintritt.
Quellen: Ero-Epische Gespräche(Methode nach Univ.-Prof. Dr. Roland Girtler) mit: Tochter Inge Oberegger(Gallspach), Halbbruder Otto Oberegger(Sattledt), Halbbruder Rudolf Oberegger(Hörsching), Johann Höbling(Sattledt), Othmar Rückart(Neuhofen/Kr.), Rosa Brummer(Sattledt) in den Jahren 2011/12. Ferner mit Maria Oberegger, geb. List(Kremsmünster/Sattledt) im Jahr 1998. Privatsammlung(Fotos und Dokumente) Inge OBEREGGER(Gallspach)
Literatur: BACHMAYR Walter(Red.): Sattledt 1939-1989. –Sattledt 1989. BRUMMER Walter(Red.): Heimatbuch Sattledt. –Leoben 2000. FEYERABEND Paul K.: Killing Time(1994), dt. völlig unzureichend übersetzt mit: “Zeitverschwendung”, Frankfurt/M. 1995. OBEREGGER Elmar: Zur Eisenbahngeschichte des Alpen-Donau-Adria-Raumes I. –Sattledt 2007.
Copyright: Elmar Oberegger 2012. |
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