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VI: DIE „ZWEITE PRIVATBAHNPHASE“ VON CA. 1854 BIS ZUM AUSBRUCH DER „GROSSEN WIRTSCHAFTSKRISE“(1873). 1) Allgemeines. Im Rückblick betrachtet ist die „Staatsbahnphase“ innerhalb der Altösterreichischen Eisenbahngeschichte mit Sicherheit als Erfolgsprojekt zu betrachten, denn: a) Es wurden wichtige Verbindungen hergestellt und die entsprechenden Bahnbauten waren „… in technischer Hinsicht mustergültig ausgeführt …“, wie Victor Röll mit Recht feststellt(1). b) Der Staatsbetrieb war durchaus (volks-)wirtschaftlich erfolgreich. c) Besonders für die priv. Ferdinands-Nordbahn wirkte sich die Verbindung nach Prag und Hamburg offenbar höchst positiv aus. Neuer Tatendrang wurde damit also geweckt(s. Statistik). Gütertransport auf der „k.k.priv. Kaiser Ferdinands-Nordbahn“(1840-1860):
Nach: Art. Kaiser Ferdinands-Nordbahn, in: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Berlin/Wien 1912 ff. Dennoch hatte man aufgrund des gestiegenen „Allgemeinen Geldbedarfs des Staates“ schließlich keine andere Wahl, als sich zur Entlastung des Staatsschatzes vom Projekt „Staatsbahn“ zu verabschieden. Man verkaufte in der Folge fast alle Staatsbahnen, und dies nicht einmal zu einem wirklich guten Preis. „Der Verkauf der Staatsbahnlinien bildet wohl eines der traurigsten Kapitel der österreichischen Eisenbahnpolitik…“(2), stellt Victor Röll völlig zutreffend fest. In der Folge sollte der Bahnbau mittels „Privat-Kapital“ gespeist werden - jedoch planmäßig; „US-amerikanischer Wildwuchs“ war (nach wie vor) unerwünscht. So wie der Staat einst mit seinem „Eisenbahn-Engagement“(1841-1854) ursprünglich nur ein „Positives Zeichen“ setzen wollte(s.o.), dann aber schließlich zum Hauptakteur(!) wurde, so wuchs sich auch das Modell der „Zins-Garantie“ von der Ausnahme zur Regel aus. Private Gesellschaften bauten also „Staatswichtige Bahnen“(denn andere wurden ja auch per Konzessionsgesetz 1854, s.o. gar nicht geduldet) und hatten mit einer vom Staat garantierten Verzinsung des aufgewendeten Kapitals zu rechnen. Auch mit günstigen Staats-Krediten für die Errichtung hatte man zu rechnen. Somit war „Das Kapital“ also bestens angelegt. Und noch dazu hatte jede „Privat-Gesellschaft“, die sich „Zum Wohle des Staates“ für den „Eisenbahnbau“ verwendete, naturgemäß beste Beziehungen zum Kaiser, und das war ja immer nützlich. Ferner wurden diese Gesellschaften in der Regel von Wirtschafts-Bossen dominiert, welche direkt von der neuen Bahn profitierten. Zunächst wurden die schon bestehenden oder i.Bau befindlichen Staatsbahnen auf verschiedene Privatgesellschaften übertragen. Als erste private Gesellschaft dieser Art wurde 1855 die „k.k.priv. Österreichische Staatseisenbahngesellschaft“ konzessioniert. Sie übernahm u.a. die „Staatliche Nordbahn Brünn/Olmütz-Prag-Bodenbach“(Verbindung Wien-Hamburg). Dass der Name höchst irreführend ist, liegt auf der Hand! Zunächst kam die Sache nicht so recht in Schwung. Dies hatte Memoranden zur Folge. 1866 verdeutlichte der damalige Handelsminister Kommodore Bernhard v.Wüllerstorf-Urbair in einem solchen nachdrücklich, wie wichtig für Österreich ein „Reichsbahn-System“ sei.(3) Und wer dieses nun konkret herstellt, der Privatier oder der Staat, sei im Grunde egal. Implizit wurde damit eigentlich schon für ein „Neues Staatsbahnsystem“ plädiert.(4) Das Netz 1864:
Copyright: Elmar Oberegger
Das Wüllerstorf-Urbairsche „Reichsbahnkonzept“(1866):
Copyright: Elmar Oberegger
Kommodore Bernhard v.Wüllerstorf-Urbair(1816-1883):
Aus: WIKI GEMEINFREI Mit seiner Fregatte „Novara“ umrundete er einst von Triest aus die Welt! Doch dann kam es ab 1867 zu einem großartigen Netzwachstum. Wirklich teure Projekte(sowohl in Errichtung als auch in Erhalt), wie etwa der „Arlberg-Tunnel“ wurden vom naturgemäß groschenzählerischen Privatier allerdings gemieden. Auch Projekte, welche zwar staatspolitisch notwendig gewesen wären, jedoch aber durch arme Gebiete(!) führten. Die Rede ist hier von Istrien(Hauptkriegshafen Pula) und Dalmatien(Häfen Split, Sibenik, Kotor). Kommodore Wüllerstorf-Urbair hat in seinem 1866er-Memorandum(s.o.) auf die „Erschließung der Adria-Küste“ besonderen Wert gelegt(5) Die These, dass dies nur deshalb geschah, weil er eben „Seemann“ war, erscheint geradezu grotesk.(6) Es handelte sich hier vielmehr um ein „Österreichisches National-Interesse“. Im übernächsten Abschnitt sollen die bedeutendsten „Österreichischen Privatbahngesellschaften“ – ländermäßig von West nach Ost – kurz vorgestellt werden. Vollständigkeit wird hier nicht beansprucht, vielmehr soll dem Leser ein deutlicher Eindruck von der Privattätigkeit gegeben werden. Der Beginn der „Wirtschaftskrise 1873“ setzte diesem System schließlich sukzessive ein Ende. Hinzuweisen ist darauf, dass das oben umrissene System in volkswirtschaftlicher Hinsicht nicht vorteilhaft war, produzierte es doch grundsätzlich einen Tarif-Dschungel, welcher auf dem Egoismus der einzelnen Bahngesellschaften fußte. August Lechner formulierte das Problem einmal sehr gelungen wie folgt: „So bildete jede Bahnverwaltung ein Königreich für sich und lebte ziemlich abgeschlossen von den anderen dahin“(7). Die Rückkehr zum Staatssystem soll einst wie ein wohltuender Befreiungsschlag empfunden werden!
Exkurs: Der „Ausgleich“ mit Ungarn(1867). Weitere Entwicklung des ungarischen Eisenbahnwesens in Grundzügen. Im Jahre 1867 kam es zum „Ausgleich“ zwischen Österreich und Ungarn, d.h. Ungarn wurde staatsrechtlich von „Österreich“ getrennt. Damit wurde auch das dortige Eisenbahnwesen unabhängig, „… doch sollte die Verwaltung laut den bezüglichen Vertragsbestimmungen nach mit der westlichen Reichshälfte übereinstimmenden Grundsätze geführt werden und es wurden sohin die Eisenbahnen in Ungarn im Jahre 1868 unter eine eigene Zentralbehörde gestellt“(8). Wachstum des Netzes in der ungarischen Reichshälfte(rückwirkend bis 1840):
Nach: Art. „Ungarische Eisenbahnen“, in: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, hrsg.V.Röll, Berlin/Wien 1912 ff. Die „Tyrnauer Pferdeeisenbahn“(s.o.) ist als Erste Eisenbahn des späteren ungarischen Reichsteiles zu betrachten. Folgende „Privatbahnen“ wurden in Ungarn bis 1867 noch gegründet: „Kaiser Franz Joseph-Orientbahn“(kam später zur „Südbahn-Gesellschaft“), „Theissbahn“, „Siebenbürgerbahn“, „Ungarische Nordbahn“ und m.E. „Alföldbahn“. Das ungarische Netz um 1914:
Nach: Art. „Ungarische Eisenbahnen“, in: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, hrsg.V.Röll, Berlin/Wien 1912 ff. Signifikant ist für die weitere Entwicklung des ungarischen Eisenbahnwesens ab 1867 ist eine starke und nachhaltige Hinwendung zum Staatsbahnprinzip. 1867 war das Verhältnis Gesamtnetz : Staatsbahn noch 2283km : 125 km, 1870 bereits 3474km : 354km, 1872 schließlich 5359km : 603km. Folgende Statistik zeigt die gesamte Entwicklung bis 1910. Staatsbahn und Staatsbetrieb(re.) in Ungarn seit 1867(Statistik rückwirkend bis 1860):
Nach: Art. „Ungarische Eisenbahnen“, in: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, hrsg.V.Röll, Berlin/Wien 1912 ff. In Österreich tritt diese Tendenz erst später ein(s. entspr. Statistik).
2) Die bedeutenden „Österreichischen Privatbahngesellschaften“ von West nach Ost im groben Überblick.
Die österreichischen Länder:
Copyright: Elmar Oberegger
„k.k. priv. Vorarlbergerbahn-Gesellschaft“.(9) Erste Konzession: 1869 Zum Netz: Ziel war die Erschließung Vorarlbergs und dessen Anbindung ans Ausland. Die Verbindung nach Wien kam erst nach Errichtung des „Arlbergtunnels“(1884) zustande. Das Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1885
„k.k. priv. Südliche Staats-, lombardisch-venetianische und zentral-italienische Eisenbahngesellschaft“(später: „Südbahn-Gesellschaft“) Erste Konzession: 1858 Zum Netz: Diese Gesellschaft wurde 1858 ursprünglich unter dem Namen „k.k. priv. südliche Staats- lombardisch-venezianische und zentral-italienische Eisenbahngesellschaft“ gegründet und brachte es teils durch Neubau, teils durch die Übernahme und Vollendung fremder Bahnprojekte zu einem höchst stattlichen Netz. Das Netz um 1900:
Copyright: Elmar Oberegger 1875 war das italienische Netz weggefallen(„Baseler Konvention“). Die Linien der ersten Konzession waren: Wien-Triest samt Zweiglinien, Marburg-Villach, Steindrück-Agram-Sissek/Karlstadt, Verona-Bozen-Innsbruck-Kufstein. Danach kam es zur Fusion mit der „Lombardisch-venezianischen Eisenbahngesellschaft“ und der „Franz Josephs-Orientbahn“. Im Jahr 1867 wurde die berühmte „Brenner-Bahn“ dem Verkehr übergeben. Mittels „Baseler Konvention“(1875) wurden die Linien im 1859/66 verlorenen „Lombardo-Venetien“ vom Stammnetz getrennt und dem italienischen Staat zugeführt. In der Folge trug das Unternehmen nur noch den Namen „k.k. priv. Südbahn-Gesellschaft“. Verstaatlichung: Vor 1918 nicht erfolgt.
„k.k. priv. Kaiserin Elisabethbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1856 Zum Netz: Zunächst sollte diese Gesellschaft nur die Linien Wien-Salzburg/Passau errichten(eröff. 1860/61). Im Zuge dessen fielen ihr jedoch durch „Zwangs-Aufkauf“(1857) auch die schmalspurigen Linien Budweis-Linz und Linz-Zizlau/Gmunden der „Ersten Eisenbahngesellschaft“ zu. Diese wurden in der Folge normalspurig ausgebaut und um den Zweig Gaisbach-Wartberg – St.Valentin vermehrt(1872/73). 1870 kaufte sie die private „Braunauer-Bahn“ auf. Dadurch entstand die „Direttissima“ Wien-München, welche eine zeitlang auch benutzt wurde(„Orient-Express“). Später errichtete die Gesellschaft noch die „Salzburg-Tiroler-Bahn“(Salzburg-Hallein per Einlösung, Rest Neubau). Das Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1884
„k.k. priv. Kronprinz Rudolfsbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1866 Zum Netz: Diese Gesellschaft wollte v.a. zwei Zwecken dienen: Erstens der Hebung der österreichischen Eisenindustrie, zweitens sollte eine „Donau-Adria-Bahn“ hergestellt werden. 1868 wurde der Abschnitt St.Valentin-Steyr eröffnet. Eigentlich gingen beide Ziele nicht in Erfüllung. Die Linie Schärding-Stainach war ein Kind der Wirtschaftskrise von 1873, also ein vom Staat bezahlter „Notstandsbau“. Das Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1887
„k.k. priv. Aussig-Teplitzer Eisenbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1856 als „Aussig-Teplitzer-Eisenbahn- und Bergbaugesellschaft“, 1858 geändert in „k.k. priv. Aussig-Teplitzer-Eisenbahngesellschaft“. Zum Netz: Am Anfang stand nur die Idee, eine Eisenbahn vom Elbhafen Aussig nach Teplitz zu errichten. Vollendet wurde der Bau 1858. Trotz zunächst ungünstigen Betriebsergebnissen wuchs das Netz über die Jahre immer mehr an. Das Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: Vor 1918 nicht erfolgt.
„k.k. priv. Österreichische Staatseisenbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1855 Zum Netz: Diese Eisenbahngesellschaft war die erste, welche aufgrund des „Neuen Konzessionsgesetzes“(1854) ins Leben gerufen wurde. Sie übernahm weite Teile des ehemaligen Staats-Netzes und erhielt vor diesem Hintergrund ihren Namen, welcher für eine Privatbahn etwas eigenartig anmutet. Folgende Linien gingen auf die neue Gesellschaft über: Brünn/Olmütz-Prag-Bodenbach Grenze, Marchegg-Budapest-Szolnok/Szegedin, Szegedin-Temesvar(i.Bau) und Lissava-Oravicza-Bazias. Das Netz im Jahre 1855(gem. Konzession) und die wichtige Verbindung Marchegg-Wien-Laa/T.-Brünn(1870):
Copyright: Elmar Oberegger Die Linie Wien-Bruck/L.(Raaberbahn) wurde noch 1855 aufgekauft. Mitkonzessioniert wurde damals auch die Verbindung Temesvar-Donau, welche noch zu errichten war. Da dieses Netz keinen inneren Zusammenhang, besonders aber keinen Wiener Bahnhof besaß, wurde noch 1855 die „Wien-Raaberbahn“ aufgekauft. Damit wurde der „Raaber-Bahnhof“ zum Hauptbahnhof der Gesellschaft. Er wurde in der Folge durch ein neues Gebäude(„Staatsbahnhof“) ersetzt. Daneben wurde ein „Geheim-Abkommen“ mit dem Staat bezüglich der Errichtung eines „Ergänzungsnetzes“ geschlossen, welches beide Netzteile verbinden sollte. Denn bisher war die Staatsbahngesellschaft hinsichtlich des Verkehrs zwischen dem westlichen und dem östlichen Netzteil auf die Ferdinands-Nordbahn angewiesen. Dieses sah vor: Herstellung einer neuen Linie Marchegg-Wien Staatsbahnhof und Herstellung einer Verbindungsbahn zum Westnetz(naheliegend war hier eine neue Brünner Linie). Bis 1870/79 wurde dieses Projekt vollendet: Für die Einfahrt nach Brünn benutzte man zunächst die Linie Brünn-Strelitz der „Brünn-Rossitzer-Eisenbahngesellschaft“. Erst 1879 erfolgte der Aufkauf. Im Jahre 1882 kam es zu diversen Spezialabkommen mit Ungarn. Österreich fühlte sich daraufhin benachteiligt und pochte auf das Prinzip der Gleichbehandlung. Noch im selben Jahr wurde die Gesellschaft sodann in „k.k.priv. österreichisch-ungarische Staatseisenbahn-Gesellschaft“ umbenannt. Das Unternehmen hatte sich auch am Balkan engagiert, jedoch nur mit mäßigem Erfolg. Verstaatlichung: 1891 ungarische Linien, 1908 österreichische Linien.
„k.k. priv. Kaiser Franz Josephsbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1866 Zum Netz: Diese Gesellschaft hatte den Zweck, weite Teile Böhmens an das Zentrum des Staates anzubinden. 1870 wurde die Strecke Wien-Gmünd eröffnet. Daneben sollte sie mithelfen, eine Direktverbindung Prag-Triest(Verbindungslinie Budweis-Wessely, eröff. 1874) herzustellen. In finanzieller Hinsicht war das Unternehmen ein Fehlschlag. Das Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1884
„k.k. priv. Böhmische Westbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1859 Zum Netz: Diese Gesellschaft stand im Dienste einer internationalen Transitverbindung zwischen Österreich und Bayern. Das Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1894
„k.k. priv. Pilsen-Priesener Eisenbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1870 Zum Netz: Der hauptsächliche Sinn der Gesellschaft bestand darin, die direkteste Verbindung München-Prag/Nordböhmen(Kohlebergbau) herzustellen. Grundstrukturen des Netzes:
Copyright: Elmar Oberegger Die Priesener Verbindung existierte nur von 1873 bis 1879. Verstaatlichung: 1884
„k.k. priv. Dux-Bodenbacher-Eisenbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1869 Zum Netz: Diese Gesellschaft war vor allem ein Konkurrenzunternehmen zur „Aussig-Teplitzer-Bahn“. Die Kohle wurde jedoch via Bodenbach, nicht via Aussig verschifft. 1872 wurde die Linie Dux-Bodenbach vollendet. Grundstruktur des Netzes:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1892
„k.k. priv. Prag-Duxer Eisenbahngesellschaft“. Erste Konzession: 1870 Zum Netz: Das Ziel war die Verbindung Prag-nordböhm. Braunkohlerevier. Das Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1892
„k.k. priv. Böhmische Nordbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1863 Zum Netz: Das Bestreben dieser Gesellschaft lag in der weiträumigen Erschließung Nordböhmens. Grundstrukturen des Netzes:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1909
„k.k. priv. Buschtehrader-Eisenbahngesellschaft“. Erste Konzession: 1855 Zum Netz: Diese Gesellschaft war zuerst nur auf den Kohletransport spezialisiert und betrieb somit zunächst nur die Kohlenbahn von Alt-Kladno bis zur Moldau bei Kralup. Sie erledigte später den Umbau der „Lanaer Pferdeeisenbahn“ in eine moderne Lokomotivbahn. In der Folge kam es zur ständigen Erweiterung des Netzes(Zucker-, Hopfen-, Kohletransport). Technisch beachtlich ist die Linie von Komotau auf den Kamm des Erzgebirges. Das Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: Vor 1918 nicht erfolgt.
„k.k. priv. Österreichische Nordwestbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1868 Zum Netz: Diese Gesellschaft stellte vor allem wichtige Transitlinien zwischen Wien, Berlin und dem Nordseeraum her. Bedeutendste Privatbahn in Böhmen. Das Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1908
„k.k. priv. Südnorddeutsche Verbindungsbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1856 Zum Netz: Der Zweck dieser Gesellschaft bestand darin, die direkteste und somit bequemste Linie Berlin-Wien herzustellen. Aufgrund der geographischen Lage konnte man diesem Ziel jedoch nicht gerecht werden. Grundstrukturen des Netzes:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1908
„k.k. priv. Mährisch-Schlesische Centralbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1867, Ableger der „Kaiser Ferdinands-Nordbahn“. Zum Netz: Dieses Unternehmen sollte vor allem Westschlesien an das Zentrum des Staates anbinden. Das Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1895
„k.k. priv. Galizische Carl Ludwig-Bahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1857 Zum Netz: Diese Bahn war vor allem für den Ost-West-Transit wichtig und übernahm zunächst die östliche Fortsetzung der „Myslowitzer-Bahn“ vom Staat. Es folgte die Errichtung zweier Anschlüsse zum Russischen Netz. Die Gesellschaft baute und betrieb auch mehrere Zweig- und Lokalbahnen. Grundstruktur des Netzes:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1892
„k.k. priv. Lemberg-Czernowitz Eisenbahngesellschaft“. Erste Konzession: 1864 Zum Netz: Ursprünglich sollte die Gesellschaft nur die Verlängerungsstrecke Lemberg(Ludwigsbahn)-Czernowitz herstellen. Dies geschah bis 1866. Sodann dehnte sie sich jedoch bis nach Rumänien hinein aus. Vor diesem Hintergrund nahm sie den neuen Namen „k.k. priv. Lemberg-Czernowitz-Jassy Eisenbahngesellschaft“ an. Die österreichische Linie: Lemberg-Czernowitz(Bukowina)-Grenze.
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: Vor 1918 offenbar nicht erfolgt, lediglich staatliche Betriebsübernahme 1889.
„k.k. priv. Erste Ungarisch-Galizische-Eisenbahngesellschaft“. Erste Konzession: 1869 Zum Netz: Diese Gesellschaft errichtete kein Netz, sondern nur die Strecke von Przemysl nach Ungarn hinein. Als Nadelöhr erwies sich hierbei der Karpathentunnel, welcher nur mit staatlicher Unterstützung vollendet werden konnte. Die österreichische Linie der „k.k. priv. Ersten Ungarisch-Galizischen-Eisenbahngesellschaft“:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1905
„k.k. priv. Erzherzog Albrechtbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1871 Zum Netz: Das Unternehmen wollte den Bereich „Lemberg Süd“ erschließen und eine Verbindung mit Ungarn herstellen. 1873 wurde die erste Linie eröffnet. Doch bald wurde die Gesellschaft finanziell marode und der Staat übernahm den Betrieb. Die Linie Stryi-ung.Grenze wurde bereits als „Staatsbahn“ errichtet und 1887 eröffnet. Das Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung: 1892
„k.k. priv. Dniesterbahn-Gesellschaft“. Erste Konzession: 1871 Zum Netz: Diese kurzlebige Gesellschaft half an der Verdichtung des Netzes südlich von Lemberg mit. Das Netz:
Copyright: Elmar Oberegger Verstaatlichung:1876
3) Vorgeschichte und Struktur der „Brenner-Bahn“(eröff. 1867). Die Idee, den Brennerpass zu überschienen, tauchte bereits in den 1830er Jahren auf und fand sodann auch Eingang in den Rieplschen Eisenbahnplan von 1836.(s.o.) Dies wurde von den Tirolern, besonders aber von den Innsbruckern sehr begrüßt und man hatte große Hoffnungen und Zukunftsvisionen. Allgemein ging man lange Zeit davon aus, dass der Brenner nur mittels „Pferdebahn“ bewältigt werden könne.(10) Verlauf der Brennerbahn heute:
Copyright: Elmar Oberegger Die Anlage einer „Brennerbahn“ war im „Ersten Staatseisenbahnplan“(s.o.) noch nicht vorgesehen. Dennoch wurde das Gelände studiert. Auch im „Ersten österreichisch-bayerischen Eisenbahnstaatsvertrag“ von 1851(s. RGBl 31/1852) wurde Österreich lediglich dazu verpflichtet „…die eingeleiteten Vorarbeiten zu der beabsichtigten Verbindung der Puncte Bozen und Innsbruck fortzusetzen“(I/4). Schließlich endete die erste Staatsbahnphase. In der Zweiten Privatbahnphase bekam sodann die „Südbahngesellschaft“ 1858 u.a. die Konzession für die Linie Verona-Bozen-Brenner-Innsbruck-Kufstein. 1861 wurde die „Brenner-Bahn“ trassiert. Die private Gesellschaft strebte grundsätzlich einen sparsamen Bahnbau an. Das war die Hauptvorgabe für Karl v.Etzel(1812-1865) und sein Team. 1864 wurde das Große Werk in Angriff genommen. Die Ghegasche Semmeringbahn(s.o.) mit ihren vielen schönen Kunstbauten stellt zwar eine „herrliche Anlage“ dar, löste jedoch schon immer bei jenen Kopfschütteln aus, „... denen die Sparsamkeit mit Geldmitteln beim Eisenbahnbau als eine der wichtigsten Bedingungen gelten muss“(11), schreibt Hermann Strach. Franz v.Rziha schreibt 1867: „Die Semmeringbahn hat uns die Möglichkeit der Uebersteigung der Alpen gelehrt, die Brennerbahn hat uns gelehrt, dass diese Möglichkeit auf einem billigeren Wege, als zuerst, zu erreichen sei“(12). In der Tat: Wenn es darum ging, sich und seinen angeblichen Genius zu inszenieren, war Ghega nicht zimperlich; egal, ob es nun um Geld oder um Menschenleben ging. In Wahrheit hat er seine Großartige Gebirgseisenbahntechnik nur abgeschrieben und verhielt sich angesichts der vielen Todesopfer auf seiner Baustelle als widerwärtiger Zyniker. Maßgeblich drücken konnte v.Etzel die Baukosten v.a. durch die Anlage von sogenannten „Kehrtunnels“, mit denen man sich die Errichtung großer Kunstbauten ersparte. Diese Methode wurde hier zum ersten Mal(!) angewandt und fand sodann internationale Verbreitung. Quintessenz: Man fährt zum Zwecke der Höhegewinnung Seitentäler aus, am Ende der Schleife ist sodann ein Tunnel angebracht. Beigegebene Karten zeigen die Kehrtunnelanlagen auf der (alten) Brennerbahn: St. Jodoker-Kehrtunnelanlage:
Copyright: Elmar Oberegger Güterzug bei St. Jodok:
Aus: Die ÖBB in Wort und Bild 3/71, 5. Sic: Die Trasse im linken und rechten Bildrand. Seit 1934 ist die Brennerbahn durchgängig elektrisch befahrbar.
Pflerschtaler-Kehrtunnelanlage(Gossensaß):
Copyright: Elmar Oberegger
Längenprofil der alten Brennerbahn:
Aus: Art. Brennerbahn, in: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, hrsg. v. V.Röll, Berlin/Wien 1912ff. Maximale Steigung: 25 Promill
Die Kosten wurden schließlich dennoch in die Höhe getrieben, und zwar durch unvorhergesehene Ereignisse im Gelände. Auch nach der Eröffnung 1867 blieb die Frage der Bahnerhaltung noch längere Zeit prekär. Karl v.Etzel erlebte die Vollendung seines Lebenswerkes leider nicht mehr. Karl v.Etzel(1812-1865) – Der Erbauer der Brennerbahn.
Aus: Die ÖBB in Wort und Bild 2/73, 57 „Die Semmeringbahn hat uns die Möglichkeit der Uebersteigung der Alpen gelehrt, die Brennerbahn hat uns gelehrt, dass diese Möglichkeit auf einem billigeren Wege, als zuerst, zu erreichen sei“( v.Rziha 1867).
4) Das Projekt „Braunauer-Bahn“ – Teil der Direttissima Wien-München(eröff. 1870/71). Noch 1844 war der oberösterreichische Kaufmann Anton Wurmb – wie oben bereits berichtet – mit seinem Plan einer Eisenbahn von Linz bis nach Braunau/I. beim Staat abgeblitzt. Dieses Projekt wurde zu einer ungünstigen Zeit geäußert, wollte man doch offenbar hinsichtlich des Westverkehrs vorerst die Frage „Privilegium Linz-Lambach“ der „Ersten Eisenbahngesellschaft“ lösen. Dies gelang aber erst über die Einschaltung der „k.k.priv. Kaiserin Elisabethbahn-Gesellschaft“: Sie erwarb schließlich dieses Privilegium(1857) und baute bis 1860 die Linie „Wien-Linz-Lambach-Salzburg“.(s. dazu den Abschnitt „Vorgeschichte der Westbahn“) Doch danach bestand sehr wohl der lebhafte Wunsch nach einer „Braunauer-Bahn“ und damit einer „Direttissima“ Wien-München“. Der Eisenbahnplan von 1864 spricht eine ganz eindeutige Sprache(s. Karte). Wüllerstorf-Urbair(s.o.) erkannte diese Linie jedoch in seinem Memorandum aus 1866 nicht als „Reichsbahn“, sondern nur als „Landesbahn“ an.(13) Die „Direttissima Wien-München“ – Ein Wunsch im Eisenbahnprogramm von 1864:
Copyright: Elmar Oberegger Schon 1865 erhielten Graf Max zu Arco-Valley &. Co. vom Staat die Konzession für eine „Braunauer-Bahn“ von Neumarkt-Kallham(Elisabethbahn) bis Braunau am Inn.(s. Karte) Eine Fortsetzung bis München war in Bayern bereits ernsthaft vorgesehen.(14) 1868 kam es zur Konstituierung der „k.k. priv. Neumarkt-Ried-Braunauerbahn-Gesellschaft“. Die „k.k.priv. Kaiserin Elisabethbahn“ – im Besitz der Linie Wien-Linz-Salzburg(s. Karte) – erkannte sofort, dass durch dieses Projekt eine „Direttissima München-Wien“, also eine transitäre Konkurrenzlinie entstehen würde und versuchte Einfluss zu nehmen. Doch sie konnte den eigenständigen Bau nicht verhindern: Im März 1869 fand in Braunau am Inn der feierliche Spatenstich statt und schon kurze Zeit später war die Strecke vollendet. Nun konnte die Elisabethbahn die neue Strecke nur noch käuflich erwerben. Dies geschah noch im Jahr 1870 - Und erneut hatte die Elisabethbahngesellschaft die hässliche Seite des „Privatbahnsystems“ kennengelernt.(15) 1871 wurde mittels Errichtung der Innbrücke zwischen Braunau und Simbach der Kontakt zu Bayern hergestellt. Legendär wurde diese „Direttissima München-Wien“ schließlich durch den „Orient-Express“, welcher bis 1897 dort verkehrte.(16) Sodann aber wurde er aus Rücksicht auf den Salzkammergut-Tourismus via Salzburg und Attnang-Puchheim geführt. Die Braunauer-Bahn machte in der Folgezeit eine „Regionalisierung“ durch – Bis heute wurde sie nicht ausgebaut, ja, nicht einmal elektrifiziert. Braunauer-Bahn: Trasse bei Wendling heute.
Copyright: Elmar Oberegger Die Herstellung einer Hochleistungsverbindung München-Braunau-Wien ist allerdings längst in Planung, und damit natürlich ein grundlegender Ausbau der Braunauer-Bahn.(17) 2009 wurde der Schnellzug Garsten-Linz-Braunau/I.-München eingeführt – Zu betrachten als Nachfahr‘ des Orient-Express oder als Symbol der Zukunft.
5) Vorgeschichte und Struktur der „Salzburg-Tiroler-Bahn“(eröff. 1875). Besonders die Länder Salzburg und Tirol waren unglücklich darüber, dass die 1860 hergestellte Verbindung Wien-Salzburg-Innsbruck vor allem über ausländisches Gebiet, d.h. via Rosenheim(Bayern) führte.(18) Eine inner-österreichische Verbindung über das Salzburger Land erschien als volkswirtschaftlich günstiger. Doch es soll noch bis 1875 dauern, bis eine solche Linie(Salzburg-Bischofshofen-Zell am See-Wörgl; mit zusätzlichem Zweig Bischofshofen-Selzthal) endlich errichtet war. Die Verbindungen Wien-Innsbruck 1860/1875:
Copyright: Elmar Oberegger Die Unzufriedenheit mit der 1860 hergestellten Verbindung Salzburg-Tirol fand zum ersten Mal wirksamen Niederschlag im Jahre 1864: In einer Denkschrift des Handelsministeriums wurde die Errichtung einer Linie Salzburg-Hallein-Gerlos-Rattenberg propagiert(Veranschlagte Baukosten: 15,000.000 Gulden österr. Währung in Silber). „Priority-Status“ erhielt das Projekt jedoch erst im legendären Eisenbahn-Memorandum(1866) von Wüllerstorf-Urbair(s.o.): Dort wurde es ganz klar als „Reichsbahn“ begriffen. Doch auch das nützte vor der Hand nichts: Länderproteste folgten. Die „Salzburg-Tiroler-Bahn“ nach Wüllerstorf-Urbair(1866):
Copyright: Elmar Oberegger Bereits mit einem „Selzthaler Zweig“ ausgestattet, ansonsten gleicht es dem Projekt aus 1864. Der Plan einer Bahn via Mittersill/Gerlospass war – v.a. in der damaligen Zeit - technisch höchst gewagt. Erst 1867 trat das Handelsministerium überhaupt in eher lockere Verhandlungen über eine „Salzburg-Tiroler-Bahn“ ein, und zwar mit der k.k.priv. Kaiserin Elisabethbahn-Gesellschaft, welche 1860 von Wien aus Salzburg erreicht hatte und damit geradezu dazu berufen war, ihr Netz weiter in Richtung Tirol auszudehnen. Den Zankapfel stellten bei diesen Verhandlungen nun die Halleiner Sudöfen dar, welche mit Holz aus dem „k.k.Staatsforst“ befeuert wurden. Für den Staat war dieses System also ein sehr gutes Geschäft. Die Elisabethbahn jedoch stellte sich vor: a) Umstellung der Sudöfen auf Kohle, welche sie heranbringen würde. b) Abtransport des Salzes. Dadurch wären also „Leerfahrten“ vermieden worden, das Konzept war also durchaus modern und zukunftsträchtig, letztlich vom „Industriellen Geist“ durchzogen. Der Staat gab jedoch nicht nach und die Verhandlungen scheiterten. Nun bediente man sich eines Mannes, der schon in anderer Hinsicht(u.a. kostengünstige Regulierung der Salzach in der Stadt Salzburg) von größtem Nutzen gewesen war: Karl Freiherr von Schwarz(1817-1898). Er stammte aus dem fortschrittlichen Mähren. Dieser errichtete nun eine Bahn von Salzburg nach Hallein ohne dabei das „Staatsinteresse“(s.o.) zu tangieren. Die Eröffnung fand 1871 statt. Hervorzuheben ist, dass der Staat im Zuge des Konzessionsverfahrens viel juristische Energie darauf verwandte, die „Einlösungs-Bestimmungen“ günstig zu regeln – Ein „Linz-Lambacher-Szenario“ wie im Falle der Errichtung der Westbahn(s.o.) wollte man also von vorne herein vermeiden: Schwarz sollte zukünftig nicht auf ein „Privilegium Salzburg-Hallein“ pochen und damit Probleme verursachen können. Man hatte also aus der Geschichte durchaus gelernt. Trotzdem aber wurde Schwarz gleichzeitig performativ als „Mann der Stunde“ betrachtet: Er werde einst mit einer eigenen Gesellschaft die „Salzburg-Tiroler-Bahn“ errichten. Diese sollte „k.k.priv. Erzherzogin Giselabahn-Gesellschaft“ heißen. Bis heute hält sich dieser Name übrigens als „Giselabahn“ im Volksmund. Die Elisabethbahn-Gesellschaft nahm dies schließlich nicht hin und verstärkte ihr Engagement. Mit Erfolg: 1872 wurde ihr das Projekt konzessioniert, in der Folge kaufte man die „Halleiner-Bahn“ ohne Probleme auf. Vom alten – bisher immer zur Diskussion gestandenen – Projekt Salzburg-Mittersill-Gerlospass-Rattenberg(s.o.) hatte man allerdings Abstand genommen, da die Errichtung eines adäquaten Gerlos-Tunnels größte Kosten verursacht hätte.(s. Skizze Längenprofil) Man wählte die Trasse via Kitzbühel und schlängelte sich – einmal bergauf, einmal bergab – durchs Gebirge(s. Skizze Längenprofil). Der höchste Punkt wurde in Hochfilzen(958m) erreicht. Wörgl(Südbahn) wurde als Endpunkt bestimmt. Skizze zum Längenprofil der heutigen „Salzburg-Tiroler-Bahn“ im Bereich Bischofshofen-Wörgl:
Copyright: Elmar Oberegger Skizze zum Längenprofil der Gerlos/Mittersill-Variante(Bereich Zell am See-Zell am Ziller):
Copyright: Elmar Oberegger Es galt hier grundsätzlich: Je länger der Tunnel, desto günstiger die Steigungsverhältnisse auf den Zufahrtsrampen. Und was wurde aus dem „Gerlosbahn-Projekt“? Aktuell wurde es später noch einmal hinsichtlich der Frage der Verbindung von „Pinzgauer-„ und „Zillertaler-Lokalbahn“(beide 76cm).(s. Karte) Doch auch in diesem Kontext scheute man schließlich vor einer Realisierung zurück. Pinzgauerbahn(Zell am See-Krimml), Zillertalbahn und das Verbindungsprojekt via Gerlos:
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6) Die „k.k.priv. Kärntner-Bahn“ – Anfang und Ende einer Eisenbahngesellschaft in der Privatbahnzeit. Nicht jede Unternehmung innerhalb der Zweiten Privatbahnphase war erfolgreich. Hierzu soll nun das Beispiel der „k.k. priv. Kärntner-Bahn“ näher betrachtet werden.(19) Die Vertreter des Landes Kärnten hätten es wirklich sehr gerne gesehen, wenn der staatliche Schienenstrang Wien-Oberitalien über ihr Gebiet angelegt worden wäre. Doch das mächtige Konzept von Erzherzog Johann, nämlich die Steiermark einerseits an die Nordsee, andererseits an die Adria anzubinden, war stärker. Vor diesem Hintergrund entstand 1843 im Lande die Idee, eine Zweigbahn von der steirischen Stadt Marburg a.d. Drau(= zukünftiger Bahnhof der Wien-Oberitalien-Bahn) bis nach Klagenfurt zu propagieren. Der Staat - welcher damals Hauptakteur im Eisenbahnbereich war(s.o.) - betrachtete jedoch andere Projekte als vordringlicher. Im Jahr darauf sprach man dann von einer (technisch wohl wenig zukunftsträchtigen) Pferdeeisenbahn Marburg-Klagenfurt-Villach. Doch auch daraus wurde nichts. Besonders für Klagenfurt war eine nachhaltige verkehrstechnische Verbesserung wichtig: Vom Drau-Wasserweg war die Stadt immerhin ausgeschlossen und dieser Mangel konnte auf lange Sicht nur durch einen Schienenweg behoben werden. Villach dagegen war traditioneller Ausgangspunkt dieser Wasserstraße: Bis ins Banat hinunter wurde Handel getrieben. Letzten Endes aber galt es im „Eisenbahnzeitalter“ ohnehin grundsätzlich, eine Modernisierung und Verbesserung der „Alten Wege“ und somit auch des „Drau-Korridors“ zu realisieren. Marburg/D.-Klagenfurt: Das „Ur-Projekt“(1843) und die spätere Eisenbahn.
Copyright: Elmar Oberegger Vor Klagenfurt wendet sich die Drau in Richtung Südwest. Die Sache ruhte sodann bis 1851: Und der Staat verhielt sich wiederum abweisend. Dennoch aber bekam man in Kärnten in den Folgejahren zumindest das Geld für eine „Trassierung“ zusammen. 1854 trat sodann das „Neue Konzessionsgesetz“ in Kraft(s.o.), mit dem sich der Staat grundsätzlich vom aktiven Eisenbahnbau verabschiedete. Fortan vergab er v.a. „Konzessionen“, welche als vernünftig erschienen. So erhielten die Kärntner Eisenbahninteressenten 1856 die Konzession für die Linie Marburg/D.-Klagenfurt-Villach-Brixen „… nebst einer Zweigbahn von Villach zum Anschlusse bei Görz an die von Verona nach Triest führende Eisenbahn“(20). Letztere Strecke war damals übrigens noch unvollendet(s. Karte). Die Konzession der „Kärntner-Bahn“(1856) im Kontext:
Copyright: Elmar Oberegger Interessant ist, warum die Zweiglinie nicht via Tarvis bis Udine konzessioniert worden ist. Die Forderung nach einer solchen Bahn gab es damals bereits und das Terrain wäre günstig gewesen. Eine „Villach-Predil-Isonzo-Görzer-Bahn“, und keine andere Variante ist eigentlich angesichts der Konzession denkbar, hätte jedoch mindestens die Anlage eines teuren „Predil-Tunnels“ erforderlich gemacht. Am 18. Juli 1857 erfolgte in der Ebenthaler Allee in Klagenfurt feierlich der „Erste Spatenstich“. Hermann Strach schreibt dazu: „Aus diesem Anlasse fand am 18. Juli 1857 ein förmliches Volksfest in Klagenfurt statt. Als der Statthalter mit silbernem Spaten den ersten Stich ausführte, folgten ihm die Notabilitäten und Begeisterung ergriff die umstehende Menge. Angehörige jedes Standes, ja selbst zarte Damenhände griffen nach den Karren und führten Erde herbei und immer grösser wurde die Zahl jener, die sich die Erinnerung sichern wollten, zum ersten Damme der kärntnerschen Eisenbahn ein Schärflein beigetragen zu haben. Ehe man sichs versah, war das erste Stück des Dammes von den Festgästen ausgeführt“(21). 1858 wurde die „k.k. priv. Kärntnerbahn-Gesellschaft“ offiziell gegründet. Dieses Projekt hätte Kärnten und besonders Klagenfurt fürwahr große Möglichkeiten eröffnet: a) Verbindung nach Wien und Triest via Marburg/D.(ab 1857). b) Verbindung in Richtung Innsbruck, München und Salzburg(ab 1867, Vollendung der längst geplanten „Brenner-Bahn“). c) Verbindung in Richtung Italien(Seehafen Venedig), ebenfalls über die „Brenner-Bahn“. d) Dazu kam die Perspektive, auch via Villach den Seehafen Triest erreichen zu können(Hier grüßt übrigens bereits die Frage „Zweite Eisenbahnverbindung mit Triest“ herüber). Das Projekt „Kärntnerbahn“ soll aber scheitern, offiziell aus finanziellen Gründen: Es blieb beim „Klagenfurter Spatenstich“(1857) – Historisch betrachtet wirklich ein fast tragikomischer Schlusspunkt für eine Privatbahngesellschaft! Schon 1858 wurde die Konzession an die Wiener Creditanstalt abgetreten und die „Südbahn-Gesellschaft“ übernahm davon zunächst nur den Abschnitt Marburg/D.-Villach(Marburg-Klagenfurt, eröff. 1863; Klagenfurt-Villach, eröff. 1864). Kärntner-Bahn: Stoppargraben-Viadukt bei Prävali(Prevalje):
Int. Eisenbahnarchiv LKP Die Errichtung der Linie Villach-Lienz-Brixen blieb allerdings dennoch als allgemeiner Wunsch erhalten(s. Eisenbahnprogramm 1864). Mit dem Wegfall der Lombardei(1859) und Venetiens(1866) bekam die Frage jedoch eine ganz neue Bedeutung: Nun forcierte der Staat in der Folge die Errichtung der Bahn von Villach bis nach Südtirol zur Arrondierung des südlichen Eisenbahnnetzes. Schließlich auch finanziell: Im Jahre 1871 wurde schließlich unter der offiziellen Ägide der „Südbahngesellschaft“ die Linie Villach-Franzensfeste eröffnet. Vom ursprünglichen Endpunkt Brixen hatte man mittlerweile Abstand genommen.
7) Anmerkungen. 1) Victor RÖLL: Eisenbahngeschichte Österreichs in Grundzügen(1915). –Sattledt 2009, S. 9. 2) RÖLL a.a.O., S. 11. 3) Vgl. Bernhard v.WÜLLERSTORF-URBAIR: Ein Eisenbahnnetz für die österreichische Monarchie. In: Österreichische Revue 1886, S. 22 ff. 4) Siehe Elmar OBEREGGER: Wüllerstorf-Urbair und die Eisenbahn. Sein Memorandum aus dem Jahre 1866. –Sattledt 2008, S. 6 ff. 5) Siehe zur Pula-Bahn Elmar OBEREGGER: Zur Eisenbahngeschichte des Alpen-Donau-Adria-Raumes III. –Sattledt 2007, S. 40 ff. 6) Dies suggeriert Hanns HAAS: Triest im altösterreichischen Verkehrssystem. Ein eisenbahngeschichtlicher Versuch. In: Festschrift Felix Kreissler. Hrsg. v. Rudolf Altmüller u.a. –München 1985, S. 91 ff. Hier: S. 94.(„Den Adriahäfen widmete der Marineoffizier Wüllerstorf seine besondere Aufmerksamkeit, in dem er sie untereinander durch Bahnlinien verbunden wissen wollte…“.) 7) August LECHNER: Die Entwicklung des Personenverkehrs im neuen Oesterreich. In: Verkehrswirtschaftliche Rundschau 5 (1934), S. 11 ff. Hier: S. 11. 8) Art. „Ungarische Eisenbahnen“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor Röll. –Berlin/Wien 1912.; Siehe zur ungarischen Eisenbahngeschichte Elmar OBEREGGER: Zur Eisenbahngeschichte des Alpen-Donau-Adria-Raumes I. –Sattledt 2007, S. 35 ff.; Laszlo KOVACS: Geschichte der ungarischen Eisenbahnen. 1846-2000. –Budapest 2000. 9) Die Ausführungen in diesem Abschnitt fußen auf den Angaben in Enzyklopädie des Eisenbahnwesens a.a.O. und Enzyklopädie zur Eisenbahngeschichte des Alpen-Donau-Adria-Raumes. –Internet 2006 ff. 10) Siehe zu diesem Abschnitt grundlegend Gerhard DULTINGER: Die Brennerbahn. Gestern-heute-morgen. 2 Bde. –Thaur 1989(2).; OBEREGGER, Alpen-Donau-Adria III a.a.O., S. 9 ff. 11) Hermann STRACH: Geschichte der Eisenbahnen Oesterreich-Ungarns von den ersten Anfängen bis zum Jahre 1867. In: GdÖU I/1, S. 73 ff. Hier: S. 416. 12) Zit.b. STRACH a.a.O., S. 419. 13) Siehe Karte bei WÜLLERSTORF-URBAIR a.a.O. 14) Siehe zum folgenden Abschnitt etwa Franz ASCHAUER: Oberösterreichs Eisenbahnen. Geschichte des Schienenverkehrs im ältesten Eisenbahnland Österreichs. –Wels 1964, S. 44 f. 15) Siehe dazu den Beitrag Elmar OBEREGGER: Die „k.k.priv. Kaiserin Elisabethbahn-Gesellschaft“ – Der „Depp vom Dienst“ unter den alt-österreichischen Privatbahngesellschaften. In: Zum Problem „Erste Eisenbahn Deutschlands“. Und andere Beiträge zur Eisenbahngeschichte. –Sattledt 2010, S. 22ff. 16) Vgl. Elmar OBEREGGER: Eisenbahntransit in Oberösterreich. In: Kohle &. Dampf, Katalog der oö.Landesausstellung. –Linz 2006, S. 202 ff. Hier: S. 205. 17) Siehe Elmar OBEREGGER: Ried im Innkreis. Die erste oberösterreichische Stadt, welche einen vollständigen Hauptbahn-Knoten beherbergte(1877). Zu Geschichte und Zukunft. In: Erste Eisenbahn Deutschlands a.a.O., S. 18ff. 18) Siehe zu diesem Abschnitt Elmar OBEREGGER: Zur Vorgeschichte der „Salzburg-Tiroler-Bahn“ von Salzburg nach Wörgl. 1836-1872. –Sattledt 2011. 19) Folgende Ausführungen fußen v.a. auf Herbert DIETRICH u.a.: Die Südbahn und ihre Vorläufer. –Wien 1994, S. 30; Peter WEGENSTEIN: Kärntner Eisenbahnpotpourri. –Wien 2001, S. 3 f. 20) STRACH a.a.O., S. 336. 21) STRACH a.a.O., S. 336.
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