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II: QUANTITATIVE UND STRUKTURELLE ANGABEN ZUM NETZ UM 1914. Um 1914 besaß das österreichische Netz eine Ausdehnung von ca. 23.000 Kilometern.(1) Das quantitative Wachstum des österreichischen Netzes(1840-1910):
Nach: V.Röll, Eisenbahngeschichte Österreichs in Grundzügen(1915), Sattledt 2009. Der größte Wachstumsschub fand zwischen 1867 und 1876 statt. Ab 1880 machte sich auch der Lokalbahnbau bemerkbar. Zunächst war hier die Normalspur die Norm, später wurde auch die Schmalspur zugelassen. Durch den „Ausgleich mit Ungarn“(1867) war es in einen „Nordteil“ und einen „Südteil“(= Dalmatien) zerrissen worden. „Bosnien-Herzegowina“(Okkupation 1878/Annexion 1908) ist hier nur sehr bedingt hinzuzurechnen, war es doch ein „Kondominium“ von Österreich und Ungarn. Das österreichische Netz um 1914(Nordteil):
Aus: V.Röll, Eisenbahngeschichte Österreichs in Grundzügen(1915), Sattledt 2009, 4.
Das österreichische Netz um 1914(Südteil und Bosnien-Herzegowina):
Aus: V.Röll, Eisenbahngeschichte Österreichs in Grundzügen(1915), Sattledt 2009, 4 f. Es soll bis 1918 nicht mehr gelingen, beide Teile per Eisenbahn zu vereinigen. Die zu diesem Zweck vor 1914 in Angriff genommene „Lika-Bahn“ soll erst in jugoslawischer Zeit vollendet werden. Dazu später genauer, soviel nur an dieser Stelle: Diese Sachlage ist letzten Endes auf den „Österreichisch-ungarischen Antagonismus“ zurückzuführen. Victor Röll hat völlig recht, wenn er das Nord-Netz als fächerförmig beschreibt. Wien war seit 1867(s.o.) nicht mehr das „Absolute Zentrum des Staates“. Grob gesprochen gingen von dort folgende Haupt-Verbindungen aus: a) Wien-Pula. b) Wien-Bregenz/Staatsgrenze. c) Wien-Bodenbach/Staatsgrenze. d) Wien-Troppau/Staatsgrenze. e) Wien-Czernowitz/Staatsgrenze. In der Tat ergibt das eine „Fächerform“(s. Karte). Wenn wir auf obige Karte blicken, so fällt eine netzmäßige Verdichtungszone im Raum Böhmen-Mähren-Schlesien auf und dort wiederum die Zone „Nordböhmen“. Verdichtungszonen finden wir auch in Oberösterreich und im Wiener Raum. Das Verhältnis „Eisenbahn-Industrialisierung“ wäre hierbei allerdings historisch genauer zu untersuchen. Sicherlich ist von einer „Affinität“ zwischen beiden Momenten auszugehen, jedoch aber nicht von einem „Absoluten Interdependenzverhältnis“.(2) Zu zeigen ist nämlich, dass in Böhmen das „Eisenbahnsystem“ bereits auf ein solides „Straßensystem“ aufbauen konnte, welches der dortigen Wirtschaft bereits sehr gut getan hatte.(3) Triest ist das wohl beste Beispiel dafür, dass die „Interdependenz-Hypothese“ grundsätzlich falsch ist. „Eisenbahn“ bewirkt nicht automatisch(!) „Industrialisierung“.(4) Dazu später. Als schütter präsentiert sich das Netz im klassischen Alpenraum und in Istrien, vor allem aber in Galizien und der Bukowina. In den Alpen stand v.a. die Geographie dem Eisenbahnbau dauerhaft entgegen, in Galizien wurde jedoch zuletzt der Eisenbahnbau mit Nachdruck forciert.(5) Dalmatien(s. Karte) litt v.a. unter seiner Geographie und der nicht vorhandenen Verbindung zum Nordteil. Wir gegenwärtigen hier also einen „Inselbetrieb“. Der Großteil der österreichischen Bahnen sind „Gebirgsbahnen“: Prof.Franz Anton v.Gerstner(1796-1840) hat einst im Zusammenhang mit der Errichtung der „Budweiser Pferdeeisenbahn“ das technische Prinzip „Möglichst sanfte Steigung bis zum Hochpunkt, sodann möglichst sanftes Gefälle“ entwickelt(s.d. den entsprechenden Abschnitt), welches zum ersten Mal in großartiger Weise am Semmering(Ghega) Anwendung fand. Auch andere Bahnen - zu nennen wäre hier in erster Linie die „Brenner-Bahn“ - sind von diesem Prinzip gekennzeichnet.(5) Diese Technik – welche auch internationale Verbreitung fand(s. zuletzt Tibet-Bahn) – blieb in Österreich konstant vorhanden, jedoch aber musste man in der Folge auch dazu übergehen, nach ausländischem Vorbild(bes. „Mont Cenis-Bahn“) „Groß-Tunnels“ zu errichten, so zunächst am Arlberg, später im Zuge der „Neuen Alpenbahnen“(Pyhrn/Tauern/Karawanken/Wochein, 1900/01-1906/09). Quantitative Angaben zum Problem gibt Röll: „Die Steigungs- und Richtungsverhältnisse sind mit Rücksicht auf den gebirgigen Charakter der österreichischen Eisenbahnen nicht günstig. Nur 4878km = 21,32% liegen in der Wagrechten. In Steigungen von 1-10 Promill, von 10-25 Promill und in größeren Steigungen liegen 12.257 bzw. 5160 und 579 km. In der Geraden liegen 13.942km(61, 21%). Kleinere Krümmungshalbmesser z.B. von 300-200, von 200-100 und noch weniger, haben 2401 bzw. 708 und 102km“(7). Diese Verhältnisse wirkten sich natürlich allgemein auf die Frage der Geschwindigkeit der Schnellzüge aus. Allgemein betrachtet stand Österreich aber hinsichtlich der Höchstgeschwindigkeit im Vergleich mit seinen Nachbarländern um 1900 gar nicht so schlecht da.(8) Hier eine entsprechende Zusammenstellung: Deutschland: ca. 82 km/h „Österreich-Ungarn“: ca. 73 km/h(exakt 73, 2 km/h, und zwar auf der Strecke Göpfritz-Wien/Franz Josef-Bahn. Der höchste km/h-Wert Österreich-Ungarns wurde also im österreichischen Reichsteil gemessen!) Italien: ca. 67 km/h Russland: ca. 62 km/h Rumänien: ca. 58 km/h Schweiz: ca. 56 km/h Serbien: ca. 51 km/h Zum Abschluss ein kurzer Blick auf das Eisenbahnsystem in der Hauptstadt: Das Wiener Eisenbahnsystem um 1914:
Aus: V.Röll, Eisenbahngeschichte Österreichs in Grundzügen(1915), Sattledt 2009.
Anmerkungen: 1) Vgl. zu den folgenden Ausführungen grundlegend Victor RÖLL: Eisenbahngeschichte Österreichs in Grundzügen(1915). –Sattledt 2009. 2) Siehe Elmar OBEREGGER: Das Fach Eisenbahngeschichte. Spezifik und Methode(n) im Grundriss. –Sattledt 2009, S. 16 ff. 3) Vgl. Elmar OBEREGGER: Zum Problem „Erste Lokalbahn Böhmens“. –Sattledt 2010, S. 2 ff. 4) Siehe OBEREGGER, Eisenbahngeschichte a.a.O. 5) Siehe Elmar OBEREGGER: Kurze Eisenbahngeschichte Galiziens. –Sattledt 2010. 6) Siehe dazu Bruno ENDERES: Die „Holz- und Eisenbahn“ Budweis-Linz. Das erste Werk deutscher Eisenbahnbaukunst. –Berlin 1926.(Hier zitiert nach der Ausgabe 2007) 7) RÖLL a.a.O., S. 26 f. 8) Folgende Daten stammen aus Oskar HOFFMANN: Erfindungen und Entdeckungen auf allen Gebieten der Wissenschaft und Technik. –Leipzig 1900, S. 350. Europamäßig betrachtet war hier Frankreich Spitzenreiter(ca. 94 km/h), gefolgt von Großbritannien(ca. 88 km/h) und Deutschland(ca. 82 km/h).
Copyright: Elmar Oberegger 2011. |
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