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ÜBER DIE RENOVIERUNG DER „WEINGARTSHOFKAPELLE“ AN DER PYHRNBAHN IM JAHRE 2009:

 
 
 

Die sogenannte „Weingartshofkapelle“ befindet sich im Gemeindegebiet von Wartberg an der Krems, und zwar – ausgehend von der Fahrtrichtung Linz-Selzthal – rechts der Pyhrnbahntrasse, gleich nach den großen Öltanks der RAG.

Um diese Kapelle rankt sich ein interessanter Mythos, welcher vielleicht sogar der Wahrheit entspricht:

Der Seniorbauer des Weingartshofes hätte diese 1878/79 errichten lassen, um gegen den Bau der Lokalbahn Linz-Kremsmünster-Kirchdorf/Krems(= „Kremstalbahn“, später bis Selzthal verlängert und in „Pyhrnbahn“ umbenannt) zu protestieren. Denn diese sollte durch den Grund seines Bauerngutes angelegt werden. Der Weingartshof befindet sich übrigens gleich gegenüber der Kapelle auf einer Anhöhe. Dort soll früher einmal Wein angebaut worden sein.

Das Zusammentreffen zwischen Bauer und Eisenbahn-Trasseuren muss sehr unangenehm verlaufen sein: Dieser beharrte auf seinem uralten Recht, die anderen auf dem „Neuen Recht“, welches aus dem im Februar 1878 erlassenen „Eisenbahn-Enteignungsgesetz“ abzuleiten war.

Solche „Trassierungen“ waren grundsätzlich unverbindlich; man wollte nur geländemäßige Daten für den später eventuell stattfindenden Bahnbau sammeln. U.a. diese Daten mussten dem Konzessionsgesuch beigelegt werden. Erst wenn der Staat die Konzession erteilte, dann durfte mit dem Bau begonnen werden.

Doch so lange wartete der Bauer gar nicht: Ursprünglich wollte er eine Mahnkapelle mit der klaren Aufschrift „DU SOLLST NICHT STEHLEN“ errichten. Auf geistlichen Rat hin kam es jedoch zu einer Modifikation dieses Planes. Nun sollte ein Bildnis hergestellt werden, welches Moses zeigt, wie er auf das 7. Gebot(= „Du sollst nicht stehlen“) hindeutet. Damit wurde der bäuerlichen Botschaft, dass die „Kremstalbahn-Gesellschaft“ sozusagen eine „Räuberbande“ sei, etwas die Schärfe genommen. Dennoch aber war diese 1879 vollendete Kapelle letzten Endes eine Freak-Kapelle.

Der Bahnbau im Bereich der Kapelle begann übrigens erst Jahre später: Erst 1883 war die Strecke Linz-Kirchdorf/Krems-Micheldorf vollendet.

Die tragikomische Vorgeschichte dieser sonderbaren Kapelle setzte sich offenbar im Volk zunächst tief fest. Später wurde das prekäre Bildnis mit einer Tafel verdeckt, welche ihrerseits ein Bild aufwies. Irgendwann fiel diese sodann herunter und das ursprüngliche Bildnis kam wieder zum Vorschein. Im Zuge der Renovierungsarbeiten(„Verein Weingartshofkapelle“ 2009) fand man übrigens diese alte Tafel hinter der Kapelle. Doch das Bildnis war aufgrund von Verwitterung nicht mehr erkennbar. Auch das ursprüngliche Bild war 2009 bereits stark verwittert.

Das verwitterte Bildnis auf der Kapelle 2009:

Copyright: Elmar Oberegger

Historisch konserviert wurde der oben dargestellte Gründungsmythos der Kapelle u.a. vom bereits 1982 verstorbenen P.Altman Kellner(OSB, Kremsmünster). Er erzählte diesen seinen Schülern sozusagen als „Bon Mot“. Doch historisch untersucht wurde die Angelegenheit offenbar nie. Nicht einmal Exkursionen zur Kapelle wurden veranstaltet. Dies hatte zur Folge, dass zwei ehemalige Schüler Pater Kellners 2009 gegenüber dem Verfasser zugeben mussten, dass sie nie gewusst hätten, wo sich die Kapelle genau(!) befände. Es wäre immer nur von „südlich von Kremsmünster“ die Rede gewesen.

Obwohl hier ohnehin immer nur eine Kapelle, nämlich die Weingartshofkapelle, in Frage kam, so ist dennoch darauf hinzuweisen, dass die Verdeckung des ursprünglichen Bildnisses(s.o.) die Identifizierung zumindest längere Zeit erschwerte.

Traurig verlief schließlich die Renovierung der Kapelle:

Niemand wollte sich – trotz Information durch den Autor der vorliegenden Studie – auf den oben dargestellten Gründungsmythos beziehen. Im Hintergrund waren hier sicher auch wieder diese Linzer Vertreter der „Austrian Blockhead-Society“(= Wiener Schule) am Werk. Heraus kam schließlich ein Bildnis, unter das man auch schreiben hätte können:

„Mutter, wenn Dich das nächste Mal der Hl. Geist heimsucht, dann nehmt‘ den. Ich dulde keine Konkurrenz“.(Kapelle „Maria Verhütung“)

Das renovierte Bildnis seit 2009:

Copyright: Elmar Oberegger

Zum Abschluss der Rekonstruktionsversuch nach Oberegger, welcher mit dem Gründungsmythos(s.o.) in Einklang steht.

Verfallenes Bild und Rekonstruktionsversuch nach Oberegger(2009):

Verfallenes Bild

Rekonstruktion

Copyright: Elmar Oberegger

Links Moses, in der Mitte die „Gesetzestafel“, wo die einzelnen Gebote aus Platzgründen nur als Nummern erscheinen(diese Darstellung war üblich!), rechts die „Göttliche Weisheit“, dargestellt als feminine Engelsfigur.

Der geneigte Leser möge sich nun sein eigenes Bild von der gesamten Sachlage „Renovierung der Weingartshofkapelle“ machen.

 

Quelle:

OBEREGGER Elmar: Die „Weingartshofkapelle“ an der Pyhrnbahn. Symbol bäuerlichen Widerstandes gegen das österreichische „Eisenbahn-Enteignungsgesetz“ vom 18. Februar 1878. –Sattledt 2009.

 

Copyright: Elmar Oberegger 2010.