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RIED IM INNKREIS: Die erste oberösterreichische Stadt, welche einen vollständigen Hauptbahn-Knoten beherbergte(1877). Zu Geschichte und Zukunft. |
Am 23. Oktober des Jahres 1877 war es soweit: Der Abschnitt Schärding – Ried im Innkreis – Attnang-Puchheim – Stainach-Irdning der k.k.priv. Kronprinz Rudolfsbahn war fertiggestellt. Damit wurde Ried im Innkreis zur ersten oberösterreichischen Stadt, welche einen vollständigen Hauptbahnknoten beherbergte. Wels und Steyr etwa wurden überhaupt nie vollständige Hauptbahnknoten, die Landeshauptstadt Linz erst sehr spät, nämlich 1906 durch die Vollendung der Pyhrnbahn(Linz-Klaus-Selzthal). Der Rieder Hauptbahnknoten(volkstümlich „Rieder Kreuz“):
Copyright: Elmar Oberegger Dies erschien als sehr positives Zeichen für die Zukunft: Schon die bisherige Geschichte von Ried war sehr erfolgreich gewesen. Im 18. Jahrhundert war es noch ein Nest im bayerischen Grenzland. Nach der Eingliederung in das Territorium Oberösterreichs aber lag es zentral, stieg sodann wirtschaftlich auf und durfte sich ab 1857 „Stadt“ nennen. Bahnhof Ried im Innkreis:
Copyright: Elmar Oberegger Hier soll nun kurz die Entstehung dieses „Rieder Hauptbahn-Knotens“ nachgezeichnet werden. Ferner soll ein entsprechender Blick auf Gegenwart und Zukunft geworfen werden. Die erste Eisenbahn, welche Ried im Innkreis berührte, war die bis 1870 hergestellte „Braunauer-Bahn“ von Neumarkt-Kallham(= Station der Elisabethbahn Wels-Passau) nach Braunau am Inn. 1871 wurde diese mittels Inn-Brücke bis zum bayerischen Simbach verlängert. Als geistiger Ur-Vater dieser Strecke ist Anton Wurmb(1811-1866) zu betrachten. Schon 1844 hatte er ein ähnliches Projekt verfolgt – allerdings völlig erfolglos. Die Geschichte dieser Bahn beginnt im engeren Sinne erst 1862: Damals trat ein Konsortium unter Graf Max zu Arco-Valley für deren Realisierung ein. In der Relation Wien-München bedeutete diese neue Strecke gegenüber der seit 1860 existierenden Linie Wien-Salzburg-München(Elisabethbahn) immerhin eine Verkürzung von ca. 65 Kilometern, weshalb sowohl Wien als auch Bayern an deren Errichtung hochinteressiert waren. Im österreichischen Eisenbahnplan von 1864 ist die Linie bereits klar und deutlich als Plan eingezeichnet. 1868 konstituierte sich die „k.k.priv. Neumarkt-Ried-Braunauerbahn-Gesellschaft“, schon ein Jahr darauf begannen die Bauarbeiten. Da die k.k.priv. Elisabethbahn-Gesellschaft diese neue, kürzere Konkurrenz-Linie fürchtete, kaufte sie diese 1870 kurzerhand auf. Am 20. Dezember d.J. wurde sodann der Betrieb aufgenommen. Interessant ist, dass auf dieser neuen Linie bis 1897 der berühmte „Orient-Express“ verkehrte. Sodann aber verschwenkte man dessen Lauf hinüber nach Salzburg, wo bessere Verbindungen(siehe „Ischler-Bahn“!) in Richtung Salzkammergut existierten. Die Rieder Linie wurde regionalisiert, eine Elektrifizierung blieb somit in der Folge aus. Angesichts der Einführung der schließlich weltberühmten „Salzburger Festspiele“ nach dem Ersten Weltkrieg konnte Salzburg – trotz Auflassung der touristisch hochbedeutenden Ischler-Bahn Ende der 1950er Jahre – seine Position im Ost-West-Verkehr behaupten. Doch eines steht bis heute fest: Die Linie über Ried ist und bleibt in der Relation Wien-München bedeutend kürzer, weshalb ein Ausbau zur Hochleistungsstrecke längst in Planung ist. 2009 wurde der Schnellzug Garsten-Linz-Wels-Ried-München &. Retour eingeführt. Man kann diesen entweder als Nachfahr‘ des berühmten Orient-Express betrachten oder als Symbol der Zukunft. Der D 966 Garsten-Linz-Ried im Innkreis-München in Wels Hbf.(2010):
Copyright: Elmar Oberegger Die 1877 eröffnete Linie Schärding – Stainach-Irdning(Rudolfsbahn) ist ein Kind der „Wirtschaftskrise von 1873 ff.“: Um die Gründungstätigkeit auf dem Eisenbahnsektor damals nicht völlig stagnieren zu lassen, baute der Staat entweder selbst Linien(z.B. Pula-Bahn) oder begünstigte den Bahnbau privater Gesellschaften massiv finanziell. Das zweite Moment trifft in unserem Zusammenhang zu. Abgesehen von dieser Wirtschaftskrise wollte man die nördlichen Kohlevorkommen mit den Salinen des Südens in Berührung bringen. Dazu kam noch die Hoffnung eines „Triester Verkehrs“: Der Abschnitt Stainach-Irdning – Selzthal wurde somit von der Elisabethbahn angemietet. Damit existierte also eine durchgängige Rudolfsbahn-Linie von Schärding bis Selzthal. Doch leider wurde die Hoffnung auf einen größeren Transitverkehr herb enttäuscht! Ab 1924 war der Abschnitt Attnang-Puchheim – Stainach-Irdning elektrifiziert, und damit betrieblich vom Nordabschnitt getrennt. Positiv war das für die Gesamtlinie nicht. Dennoch gab es einst von Passau ausgehende Direkt-Verbindungen ins Salzkammergut. Heute sind diese jedoch passé. Zuletzt hatten die ÖBB sogar laut über eine Auflassung des Nordabschnitts nachgedacht. Doch auch dieses unheilvolle Konzept ist mittlerweile wieder passé. Heute fahren dort nur Züge von regionaler Bedeutung. Obwohl Ried im Innkreis historisch relativ früh zu einem „Eisenbahnknoten von strukturell europäischer Bedeutung“(s. Karte) aufgestiegen ist, so kam dieser bis heute nicht richtig zur Geltung – Das „Rieder Kreuz“ wurde und wird im Bereich des Transitverkehrs umfahren. Eine große Zukunftshoffnung ist freilich der oben bereits angesprochene Ausbau der Neumarkt-Ried-Braunau-Bayern-Bahn zur Hochleistungsstrecke. Vor diesem Hintergrund wäre dann auch der Verkehr Schärding – Stainach-Irdning neu zu bewerten. Schon heute aber müsste v.a. Bad Aussee an einer guten Zugverbindung gegen Passau interessiert sein. Doch in der heutigen Zeit sind die Kassen bekanntlich leer und in Österreich glaubt man ganz offensichtlich daran, die kostenintensive und relativ sinnlose „Koralmbahn“ gegenüber dem „Rieder Hochleistungsstrecken-Projekt“ bevorzugen zu müssen. Die konkrete Zukunft der „Eisenbahnstadt Ried“ ist zum heutigen Zeitpunkt noch völlig ungewiß.
Quellen: ASCHAUER Franz: Oberösterreichs Eisenbahnen. –Wels 1964. HAGER Christian: Die Bahnen im Innviertel. –Wien 1995. OBEREGGER Elmar: Grundlinien der Eisenbahngeschichte Oberösterreichs. –Sattledt 2008. OBEREGGER Elmar: Zur Vorgeschichte der „Westbahn“ von Wien nach Salzburg. –Sattledt 2008. OBEREGGER Elmar: Zur Geschichte der Kronprinz Rudolf-Bahn. –Sattledt 2007. OBEREGGER Elmar: Zur Geschichte der Kaiserin Elisabeth-Bahn. –Sattledt 2007. SÖLCH Werner: Orient-Express. Glanzzeit und Niedergang eines Luxuszuges. –Reinbek 1980.
Copyright: Elmar Oberegger 2010. |
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