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„GOTT SCHÜTZE DIE ÖBB“!

Warum der Eisenbahnfreund und Eisenbahnhistoriker Konsulent Dr.Elmar Oberegger im Jahre 2012
seine Vorteilscard nicht mehr verlängert hat. Dialog vom 22. Mai 2012.

 

I: Schauplatz „Welser Herminenhof“.

A: Herr Konsulent Doktor Oberegger, wir befinden uns hier im Welser Tierpark gleich neben dem „Herminenhof“. Sie sagen, das sei schon seit über einem Jahr ihr liebster Ort in ganz Österreich – Warum?

Der „Herminenhof“ vom Welser Tierpark aus gesehen:

Copyright: Elmar Oberegger

B: Ja, da hat die Stadt Wels ein wirklich gelungenes Ensemble hinbekommen. Im Herminenhof eine ganz wundervoll ausgestaltete Bibliothek mit Internetanschluss, im selben Gebäude Musikschule und Stadtarchiv, gleich daneben ein lauschiger und interessanter Tiergarten mit Buffet. Hält man sich hier mit allen Sinnen, das heißt ganz bewusst auf, so ist die Mischung ganz wunderbar. Man liest oder recherchiert, dort drüben leise eine kurze Musikprobe zu hören – was ja für mich das faszinierendste Moment an der Musik überhaupt ist! – dann plötzlich ein lauter Hahnenschrei aus dem Tiergarten. In meinen Pausen wandere ich immer wieder durch den Tiergarten. Die Affen sind ein hochinteressanter Kontrapunkt zu diesen „Menschlichen Äußerungen“, die oft im Internet zu lesen sind. Oder eine Ergänzung? Ich weiß nicht, wie ich sagen soll. Ich fühle mich hier jedesmal privilegiert, wie ein Adeliger. Ja, die Adeligen haben sich oft sowas aufgebaut, hatten dann aber gar keine Zeit, das zu nutzen. Die Nachkommen hatten dann den Ärger mit der Erhaltung. Ein Hoch also auf die Stadt Wels! Zumindest in diesem Bereich. Gleich neben dem Herminenhof die ÖBB-Zugstationen von und nach Sattledt. Entweder Lokalbahnhof oder Haltestelle „Wels Messe“ – Wirklich erstklassig! Fahrzeit: Nur ca. 15 Minuten! Einzelfahrt Euro 2, 70. Wochenkarte Euro 11,40. Auto brauche ich hier keines! Tja, aber wie lange wird es die Eisenbahn Sattledt-Wels noch geben?

Haltestelle Wels Messe gegen Sattledt hin:

Copyright: Elmar Oberegger

1993 gegründet. Wie lange wird es sie noch geben?

A: Ja, wie lange?

B: Weiß man eben nicht. Alles hängt in der Luft. Unangenehm, dieses Gefühl. Vielleicht ist 2016 Schluss, vielleicht schon früher. Die Eisenbahnpolitik in Österreich ist ja bekanntermaßen schon seit Jahren völlig bescheuert.

A: Wenn das die Bures hören würde!

B: Ach was!

 

II: Eine Aufforderung zur Schädigung der ÖBB? Nein!

A: Herr Konsulent Doktor Oberegger. Aufgrund ihrer Vor-Namen, wenn ich so sagen darf, sind sie doch eine gewichtige Persönlichkeit in Österreich. Und sie verlängern nun ihre ÖBB-Vorteilscard nicht mehr. Warum?

B: Gewichtig? Das stimmt. Aber ich bin nur kräftig, nicht dick.

A: Nein, ich meine das nicht so. Ich meine, sie sind doch ein berühmter Mann.

B: Wer sagt das?

A: Professor Dr. Roland Girtler hat sie unlängst als „Größten Eisenbahnhistoriker der Welt“ bezeichnet.

B: Ach so? Naja, da wollte er mir wohl schmeicheln. Ich bin in Wirklichkeit nur ein ganz einfacher Arbeiter am großen Weinberg der Eisenbahngeschichte.

A: Aber bekannt sind sie doch, oder?

B: Nicht einmal „Weltberühmt in Österreich“.

A: Aber man kennt sie doch!

B: Der, der mich kennen will, der kennt mich. Ich bin eben „Non-Konformist“. Und das ganz bewusst. In Österreich heißt das „Nicht-Einmal-Ignorieren“. So die offizielle Formel gegenüber „Non-Konformisten“.

A: Das ist doch ein glatter Widerspruch!

B: Sicherlich.

A: Ja, worauf ich hinauswill ist, endlich zum eigentlichen Punkt dieses Gesprächs zu kommen – Wollen Sie mit ihrem historischen Schritt, ihre ÖBB-Vorteilscard…

B: Ausgelaufen mit 20. Mai 2012…

A: Ja, wollen sie mit der Nicht-Verlängerung ihrer Vorteilscard aufgrund ihres Gewichtes ein Zeichen setzen in dem Sinne, dass sie andere österreichische Konsumenten auffordern, ihre ÖBB-Vorteilscard ebenfalls nicht zu verlängern bzw. eine solche gar nicht zu kaufen? Wollen sie also mit ihrem Schritt die ÖBB schädigen?

B: Nein, das liegt mir völlig fern. Die ÖBB sind ein „Politikum“, genauso wie die ASFINAG. Beides scheinbar mächtige Systeme. Lässt man die politische Luft aber ab, dann bleibt eigentlich nichts übrig. Außer die sozio-ökonomische Grundaufgabe beider Systeme. Ich will also weder dünne noch dicke Menschen, also weder Menschen von leichtem oder schwerem Gewicht irgendwie beeinflussen. Die ÖBB sind auch viel zu mächtig…

A: Politisch?

B: Ja, ja. Sie sind viel zu mächtig, als dass sie sich überhaupt um solche Würmer wie mich kümmern würden. Und wenn man mich klagen sollte, dann wäre das ja ein Ausdruck von „Völliger Ohnmacht“. Und würde ich den Prozess gewinnen, dann würde mich auch dieser Verlust der ÖBB als Steuerzahler direkt oder indirekt treffen. Aber überhaupt möchte ich sagen „Gott schütze die ÖBB“! Ich bin im Grunde, ja, wirklich im Grunde ein großer Freund der ÖBB. Sie sind eben heute in einer besonderen Phase, die so ihre Probleme hat und die mir gar nicht gefällt. Aber gute Freunde verstößt man nicht. Man distanziert sich nur. Vielleicht nur für eine gewisse Zeit. Ich kenne aus den historischen Quellen nämlich eine ganz andere ÖBB. Ich erinnere nur an das „ÖBB-Journal“, welches mir der Eisenbahnarchivar Leopold K.Pernegger in weiten Teilen vererbt hat. Man war noch wirklich um den Menschen bemüht. Die „70er Jahre“! Viele bekannte Persönlichkeiten von Gewicht machten damals Werbung für die Eisenbahnreise. Marcel Prawy, der alte Paul Hörbiger, Maxi Böhm, Dagmar Koller. Legendär etwa auch der „Sonnenzug“

A: Also eine „Prinzipielle Gegnerschaft des Staatsbürgers zur ÖBB“ ist gleich „Ein dummer Köter kläfft den Vollmond an“.

B: Ja, sehr treffend gesagt! Bravo! Sehr viele Eisenbahnfreunde entsprechen leider diesem eher traurigen Bild. Im Internet. Nun, wie gesagt, ich mache aufgrund solcher Phänomene dann einmal eine längere Pause beim Affenkäfig…

A: Wo eigentlich liegt ihr eigentliches Problem mit der ÖBB-Vorteilscard?

B: Im Bereich „Preis-Leistung“, ganz einfach. Als Konsument steht es mir zu, dieses Problem zu haben und Konsequenzen zu ziehen. Vorerst. Oft stelle ich mir vor, es könnte doch noch alles ins Lot kommen…

 

III: Das aktuelle „Preis-Leistungs-Problem“ der ÖBB-Vorteilscard aus der Sicht eines alten Sattledter Bahnfahrers. Aspekt 1; „Graz und der Süden“.

A: Sie sind also aus Sattledt…

B: Soweit allgemein bekannt schon. Und nur daraus erklärt sich das „Preis-Leistungs-Problem“ bezüglich ÖBB-Vorteilscard.

A: Man bittet nun um mehr Details.

B: Naja, früher, in der „NAT’91-Zeit“, da gab es einen IC Linz-Graz, der in Kremsmünster um 07:05 Uhr hielt und von Sattledt aus mit dem Bus leicht erreichbar war. Und alle zwei Stunden gab es damals einen IC von Linz aus. Von 06:40h bis 20:40h. Letztlich Weggestrichen! Dann gab es zwei IC-Züge Linz-Graz, die in Kremsmünster gar nicht mehr hielten. Umsteigen in Kirchdorf an der Krems angesagt. Die Busverbindungen von Sattledt aus passten nicht mehr, der oö.Verkehrslandesrat tat aufgrund meiner Anfrage vorerst nichts. Erst nach einer Beschimpfung meinerseits kam dann etwas in Gange. Und heute jeglicher Schnellzugverkehr auf der Pyhrnbahn, also Linz-Selzthal gestrichen. Fast wie im Krieg.

A: Fast wie im Krieg?

B: Ja, fast schon so. Früher, da konnte man als Eisenbahnfreund von Kremsmünster aus eine „Tages-Lustfahrt“ bis an die Staatsgrenze bei Ehrenhausen, also bis zum Tor des „Südsteirischen Weinlandes“ machen. Ich erinnere mich noch an den Ausflug von 1993. Abfahrt Kremsmünster 07:05h, Ankunft Ehrenhausen 11:15h, nur mit Umsteigen in Graz. Dann gleich gutes Mittagessen beim „Halbwirt“ in Ehrenhausen, sodann Ausflug ins Weinland. Dann Abfahrt Ehrenhausen 19:09h, Ankunft Kremsmünster 22:55h mit Umsteigen in Graz. Alles war damals noch so vernetzt. Die Entfernungen quasi ein „Nichts“. Österreichische Städte und Österreichische Genuß-Regionen lagen so knapp beieinander. Wunderbar. Alles per Eisenbahn.

Als auf der Pyhrnbahn die Welt noch in Ordnung war: IC „Bosruck“(Graz-Linz) vor Hinterstoder(1994).

Copyright: Elmar Oberegger

A: Und heute?

B: Ja, da wäre das alles nicht möglich. In zeitlicher Form nicht und schon gar nicht in Form der damaligen Bequemlichkeit. Das „Umsteigen“ gab’s damals nur in Graz. Sodann glitt man auf Schienen per IC hinauf nach Kremsmünster. Die Verbindungen von Kremsmünster nach Graz sind heute überhaupt so geschaffen, dass man in Graz eine Nacht einlegen muss, um an einem Kongress teilnehmen zu können, der dort am Vormittag beginnt. Also Auto.

 

IV: Aspekt 2; Die „Obereggersche Meditation-Railroad“ – Der quasi stillgelegte Personenverkehr im „Gesäuse“.

A: Im Vorfeld zu diesem Gespräch sprachen sie auch kurz über ihre „Liebe zur Gesäuse-Bahn“.

B: Ja, die Gesäuse-Linie, das war eben meine „Meditation-Railroad“. Dort habe ich bei einem guten Glas Wein und einem Mundschmack immer viel nachgedacht, die Natur bestaunt und viel geschrieben. Alles als Proviant mitgenommen, ich war mir selbst der „Speisewagen“. Die Züge waren von „Göttlicher Leere“ erfüllt, nur dann und wann stiegen so verschrobene, für mich hochinteressante Gebirgsgestalten ein. Ich stamme väterlicherseits ja aus dem steirischen Gebirge. Mein Urgroßvater war einst Bahnwächter an der „Kummer-Brücke“. Das Häuschen steht heute noch dort. Soll heute einem Eisenbahner gehören.

A: Das war nun wann?

B: In der Rudolfsbahnzeit noch. Früher war mein Ur-Großvater in Eisenerz im Bergwerk gewesen. Ich fühlte mich während dieser Fahrten jedenfalls hoch-privilegiert, spürte aber insgeheim schon, dass alles bald ein trauriges Ende finden würde. Bald würde sich „Österreich“ aus „Spargründen“ dazu entschließen, diese Linie aufzugeben. Und das war dann auch so. Ich meine, heute ist noch so ein Züglein erhalten, zu dem ich aber von Sattledt aus keine guten Anschlüsse habe. Also gut, nun also auch das quasi weg…

A: Und…

B: Da war diese charmante alte Frau, die im Bahnhof von Landl gewohnt hat. Immer, wenn ein Personenzug ankam, hat sie aus dem Fenster geschaut. Ich habe ihr jedesmal zu-gewunken, sie hat immer zurück-gewunken. Ein „Stahlpakt“ quasi unter uns beiden. Ihren „Charme“ lernte ich erst kennen, als ich einmal mit dem Auto dorthin aufbrach. Die Pyhrnstrecke war damals wegen Bauarbeiten gesperrt, also vermehrter Güterverkehr im Gesäuse. Ich wollte ein gutes Titel-Foto für meine Publikation zur „Geschichte der Rudolfsbahn“ und wartete. Da kam sie plötzlich herab und gab mir freundlich die Hand. Sie erkannte mich, den „Gesäuse-Reisenden“, sofort. Dann plötzlich der Klang der heranrollenden Züge, die erhoffte „Zug-Kreuzung in Landl“ fand statt und mit größter Freude habe ich die soeben aufgehängte Wäsche der Frau links daneben mit-fotographiert. Das wurde das Titelbild für meine Rudolfbahn-Publikation von 2007. Ein wirklich uriges „Gebirgs-Eisenbahn-Bild“! Bravo! Sozusagen mitten aus dem Leben! Ich bin gegen vorher konstruierte Szenen! Die Hände der Frau waren bei der Begrüßung etwas kalt gewesen. Sie sagte, das sei immer so. Erst kürzlich erfuhr ich, dass sie einst zusammengebrochen ist, zwei Tage und Nächte in der Wohnung lag, dann aber gerettet wurde. Heute soll sie irgendwo in einem Altenheim sein und sich rundum wohlfühlen – Hoffentlich stimmt das auch! Hat mir jedenfalls kürzlich ein steirischer Lokführer erzählt. Er stammt aus dem Wächterhaus neben dem Landler Bahnhof.

Das Titelbild der Veröffentlichung zur „Kronprinz Rudolf-Bahn“(2007):

Copyright: Elmar Oberegger

A: Zwei „Zusammenbrüche“ waren also quasi zeitgleich? Die der Meditation-Railroad  und die dieser Alten Frau.

B: Ja, ja – beides höchst wichtige Institutionen für mich. Ich spürte wie gesagt den Zusammenbruch dieser Kultur schon länger.

A: Und diese Frau hat dann sozusagen von ihrem Fenster aus nicht nur die Züge gesehen, sondern auch dieses Relikt aus der Nazizeit.

B: Gewissermaßen.

A: Was sagen sie dazu?

B: Naja, wenn die ÖBB das aus irgendeiner politischen Überzeugung dortlassen, dann gilt eben wieder dieses „Gott schütze die ÖBB!“. Davon gehe ich aber nicht aus. Eher „Totale Gleichgültigkeit“ dürfte der Hintergrund sein. Ein Kleinod ist das zumindest für mich nicht. Und es sollte auch für andere kein Kleinod sein. Ich vermisse die gänzliche Abtragung. Oder zumindest sollte man das alles mit einer kritisch-historischen Gedenktafel versehen.

Nazi-Relief an der Stützmauer gegenüber des Bahnhofsgebäudes von Landl(aufgen. 02-07-12):

Copyright: Elmar Oberegger

A: Und wer sollte die machen?

B: Professor Rathkolb aus Wien, wer sonst? Er ist der absolute Experte. Niemand sonst außer Professor Oliver Rathkolb.

A: Ich kenne ihn nicht.

B: Das ist ihr Problem!

A: Rathkolb, Rathkolb… Ein Eisenbahnhistoriker?

B: Lassen sie mich bitte noch sagen, dass das Bahnhofs-Restaurant in Selzthal früher ganz großartig war. Dort liefen die alten „Gesäusezüge“ immer ein. Ein uriges Gasthaus. Legendär der Leberkäse, von den jeweiligen Zugchefs in der kurzen Pause in einer Semmel verspeist. Die alten Eisenbahner von Selzthal dort drüben rauchend beim Kartenspiel. Der Wirt hatte den Zapfhahn ständig in der Hand. Ein Knotenbahnhof-Resti im Gebirge. Dort drüben wieder eine Dame von Niveau, ein paar Würstel verspeisend. Auch von Graz herauf machte ich dort gern Station. Echt wunderbar! Aber schon längst zu. Auch der Fahrkartenverkauf in Selzthal. Schrecklich…

 

IV: Die „Ehrenwerte Westbahn-Gesellschaft“ als Alternative auf der Westbahn.

A: Also gut. Graz, der Süden, das Gesäuse unattraktiv bzw. weg. Dann bleibt für den Sattledter noch der Weg nach Westen, Osten und Norden.

B: Also beginnen wir beim Norden. Da kann ich auch mit dem „Donau-Moldau-Ticket“ zu gutem Preis fahren. Wenn ich Lust und Zeit habe, dann mache ich eine „Meditations-Fahrt“ nach Budweis, um 18 Euro. Wenn jemand aber keine Zeit zur „Meditation“ hat, dann fährt er eben mit dem Auto. Das Angebot Linz-Budweis-Prag grenzt an Frechheit, besonders innerhalb der EU. Wo ist der 2-Stunden-IC-Takt Linz-Prag?

A: Die ÖBB sind hier aber völlig unschuldig.

B: Ja, das wissen wir. Wo aber ein Wille, da ein Weg. Meine Kritik bezieht sich nun auf die EU insgesamt. Die „US-AMTRAK“ erhält heute – wenngleich mit Mühe – die wichtigsten Fernverbindungen in den Vereinigten Staaten. Und die sind für ein System durchaus wichtig. Wir in der EU aber zerstörten die Linie des „Orient-Express“ sukzessive. Heute gibt es ihn gar nicht mehr. Wo ist die Direkt-Linie Wien-Brüssel, Bukarest-Brüssel? Et Cetera! Wo ist die „EU-AMTRAK“?

A: Der Norden also auch völlig unattraktiv. Und die „Westbahn“?

B: Ja, und da fährt ja schon eine „Ehrenwerte Gesellschaft“ mit viel besseren Preisen, als sie die ÖBB anbieten können. 50% grundsätzlich für jeden! Die letzte Aktion war 1000 Kilometer um 59 Euro in Form der „Kilometerbank“.

A: Eine Alternative für sie?

B: Ja, wenn der Weg nach Süden nicht attraktiv ist, auch der Weg nach Norden nicht, dann bleibt eben die „Westbahn“ zur Eisenbahn-Fahrt übrig. Alles andere eben dann zukünftig per Auto. Und ich als Konsument entscheide mich halt so, wie ich will, d.h. für die günstigste Variante. Das ist mein Recht als Konsument! Nichts Anderes gibt es an dieser Stelle zu sagen!

D-Zug der „Westbahn-Gesellschaft“ in Wels Hbf. am Tag der Einführung:

Copyright: Elmar Oberegger

A: Und Tirol, Vorarlberg und Kärnten?

B: Nach Vorarlberg und Tirol kam und komme ich ohnehin nur selten. Leider!

A: Und Kärnten, Klagenfurt?

B: Dorthin mit dem Auto via Liezen und Triebener Tauern. Direttissima! Nicht via Salzburg mit dem Zug. Ich verstehe ohnehin nicht, warum es nicht schon in der NAT-Zeit von Linz aus einen „SuperCity“, so sagte man damals, sowohl nach Graz und Klagenfurt gegeben hat. Abfahrt Linz Hbf. 06:00h, zwei 4010er-Triebwägen zusammengespannt, dann in St.Michael getrennt. So ein „SuperCity“ hätte der Relation Linz-Graz gut getan. Eine nahtlose Verbindung Linz-Selzthal-Klagenfurt wäre eben ein ganz besonderer Service gewesen.

A: Und heute ist auch dieser Zug abgefahren? Metaphorisch gesprochen…

B: Ja, ja, sieht so aus.

Tempi passati: Ein „4010er“ im Jahre 1980.

Aus: ÖBB-Journal 10/80

„Die Fenster waren noch zu öffnen, der Fahrgast war noch nicht vakuumiert, noch nicht ins Tupper-Töpferl verbannt“(Oberegger).

 

V: Wie der „Eisenbahnverkehr“ bzw. der „Öffentliche Verkehr“ in Österreich sein sollte. Dalai Lama versus Dschinggis Khan.

A: Wie sollte der Eisenbahnverkehr in Österreich ihrer Meinung nach sein?

B: Nun, man sollte endlich einmal dauerhaft klären, was eine „Staats-Bahn“ eigentlich ist, und was eine „Privat-Bahn“ eigentlich ist. Vermischt man beides, dann kommt so ein Phänomen nach der Art heraus, dass jemand einen Karpfen aus dem Wasser nimmt, dann an der Leine „Gassi“ führt, und sich wundert, dass der kleine Kerl so unruhig ist. Man gibt dann vielleicht noch „Beruhigungsmittel“ zur Beseitigung dieser „Zappelei“. Und natürlich wird der Karpfen dabei früher oder später krepieren. Auch der Dackel, dem man den Kopf unters Wasser drückt, wird krepieren. Wie Ludwig Wittgenstein schon sagte: Wenn irgendetwas oder irgendjemand nicht in „seinem Element“ ist, dann führt das zur Groteskheit, zu Krankheit, Tod.

A: Sie reden in Rätseln, bitte konkreter!

B: Naja, die ÖBB sind im Grunde eine „Staatsbahn“, man will sie aber unbedingt als „Privatbahn“ bzw. „Unternehmen“ sehen. Eine Staatsbahn aber ist kein Würstelstand. Als Staatsbahn sind die ÖBB eine „Soziale Institution“, dazu berufen, mittels günstiger Tarife die Wirtschaft zu fördern, und den Staatsbürger auf günstige und bequeme Art zu be-fördern. Das Defizit, das dabei naturgemäß entsteht, ist nicht negativ, sondern volkswirtschaftlich positiv. Die Einnahmen, die dem Staat etwa zufließen, wenn er das Glücksspiel fördert, sind allerdings auf lange Sicht negativ – Das Glücksspiel kann Familien, ganze Existenzen total ruinieren. Und wer hat sich dann darum zu kümmern? Natürlich der Staat. Wo bleibt da dann ein „volkswirtschaftlicher Gewinn“? Jedenfalls ist es nicht die „Ur-Aufgabe“ einer Staatsbahn, Lokalbahnen aufzulassen. Doch gerade das erleben wir heute!

A: Naja, maßvolles Glücksspiel ist ja nicht schlimm, oder?

B: Die maßvolle Einnahme von Drogen auch nicht. Warum werden also die Drogen bei uns nicht legalisiert und der Staat verdient daran mit? Die Raucher sagen bei uns immer: „Was täte der Finanzminister nur ohne uns“? Das aber ist reiner Selbstbetrug eines Systems.

A: Sie übertreiben.

B: Ja, natürlich, weil ich folgenden Punkt klarmachen will. Was bringt dem Staat denn ein Benutzer eines „Öffentlichen Verkehrssystems“ finanziell vor der Hand ein? Gar nichts. Scheinbar. Was aber bringt ihm der Autofahrer ein? Sehr viel, ich gebe hier nur das Stichwort Mineralölsteuer. Aber auch nur scheinbar. Denn das Autofahren ist ein völliger volkswirtschaftlicher Unsinn und zerstört noch dazu die Umwelt. Österreich hat bekanntlich ein ganz markantes CO2-Problem! Das kostet auch! Das Autofahren verbraucht Platz. Zunächst einmal verweise ich hier auf die Parkplatzfrage in den Städten. Im Auto selbst sitzt – wenn man sich die morgendlichen Staus an den Stadteinfahrten anschaut – eine Person, der Rest der Plätze frei, also Luft. Um den „Stau“ – der also eigentlich kein „Auto-Stau“, sondern ein „Luft-Stau“ ist – zu bekämpfen, baut man dann die Straßen aus. Um teures Geld. Leere Autos machen dem österreichischen Politiker also offenbar gar nichts aus, er fördert das Phänomen sogar noch. Fährt aber um etwa 22:30h ein leerer Regionalzug durch die Gegend, dann wird plötzlich kleinkrämerisch gerechnet, gegen die Eisenbahn hergezogen. Von „Geister-Zügen“ ist dann die Rede.

A: Im Grunde also beidemale ein „Luft-Phänomen“.

B: Ja, schon. Nur werde ich halt auch durch einen vollen Zug schnell an meinen Bestimmungsort gebracht. Im Auto-Stau aber herrscht Stillstand. Man verliert Zeit. Abgase werden für nichts in die Luft geblasen.

A: Sind sie für volle Züge?

B: Nein. Man braucht eben ein umfassendes System, um Unbequemlichkeiten wie volle Züge zu verhindern. Und wenn man etwa um 05:00h in der Früh etwa in Steyr eine Zuggarnitur für die Fahrt nach Linz braucht, dann stellt man diese eben noch um 22:30h dorthin zu. Warum soll der eine oder andere Fahrgast hier nicht profitieren und mitfahren können?

A: Na, gut schaut das aber trotzdem nicht aus. So ein leerer Zug…

B: Da sind wir wieder beim Problem des „An-Scheins“. Es geht darum, welches System volkswirtschaftlich mehr bringt. Auto oder Öffis. Die „Zeit“ ist in der Industriegesellschaft der absolute Wert schlechthin. Und wie gesagt. Auto-Stau bedeutet in erster Linie Zeit-Verlust.

A: Ihr Vorschlag für die Zukunft.

B: Sehen sie mich irgendwie als Phantasten?

A: Nein, nein.

B: Einführung des „Schweizer Systems“ bei uns, ganz klar. Ein Projekt, welches für Jahrzehnte geplant werden muss. So war es in der Schweiz immerhin auch. Jene volkswirtschaftlichen Früchte, welche man dort heute durch den „Nationaltakt“ täglich einheimst, mussten erst über lange Zeit verdient werden. Österreich begann Mitte der 1970er Jahre gemeinsam mit der Schweiz, Zugverbindungen zu vertakten. Die Schweiz ging ihren Weg aber konsequent weiter. Aus kühler Berechnung. Die Schweizer sind keine Phantasten! In Österreich hinkte man aber hinterher. Dann kam der Übleis mit seinem „NAT‘91“ – Ein hoffnungsvolles Projekt! Und schon zwei Jahre später begann man mit dem Rückbau, der schließlich in der völligen Auflassung der IC-Linie Linz-Graz im Jahr 2010 endete. Für mich endet hier die Geschichte des NAT’91. Dem Projekt wurde nie wirklich eine Chance gegeben. Traurig. Ein Politikum. Was wir aber brauchen, das ist eine inter- und intra-systemische Vernetzung des Verkehrs. Also erstens völlige Vertaktung des Eisenbahnverkehrs. „Schienenersatzverkehr“ dorthin, wo kein Zug fährt. Anpassung anderer Systeme wie Bergbahnen oder auch Schiffe. Jedes System könnte jeweils davon profitieren. Denn der Fahrgast-Zuwachs würde sich mit Sicherheit einstellen, wenn der Fahrgast einst seinen klaren Vorteil erkannt hat. Werbemaßnahmen könnten hier unterstützend wirken. Das Stichwort ist „Verkehrs-Umerziehung“. Nichts geht hier von heute auf morgen!

A: „Verkehrs-Umerziehung“, das klingt faschistoid.

B: Für sie vielleicht. „Er-Ziehung“ und auch „Um-Erziehung“, das sind positive soziale Prozesse, wenn man alles auf gute Argumente, nicht auf „Gewalt“ aufbaut. Gewalt bringt gar nichts. Es lebe die Überzeugung-Arbeit!

A: Und wer setzt nun alles konkret um?

B: Sicherlich nicht jene „Gurus“ oder „Möchtegern-Gurus“ die heute obergescheit über den „Öffentlichen Verkehr“ daherquatschen und ihren angeblich so großen politischen Einfluss zur Schau stellen. Die Mitgliedschaft oder sogar Obmannschaft im „Verkehrs-Verein X oder Y“ als politisches Karriere-Sprungbrett, oder missbraucht zur Erhöhung des Sozialstatus. In Wien zum Beispiel, da gibt es ja so einen hoch-interessanten Menschen, den ich immer wieder als „Dalai Lama des öffentlichen Verkehrs“ bezeichne. Schon seit Jahrzehnten summa summarum erfolglos, dabei aber immer dieses überlegene Lächeln auf den Lippen. Irgendwie pervers. Fast schon be-ängstigend. Aber auch ein solches „Dalai Lama-Image“ muss man sich eben erst erkämpfen. Fest steht aber, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Österreich in nächster Zukunft ein ordentliches Öffentliches Verkehrsnetz bekommt, genauso groß ist wie die Wahrscheinlichkeit, dass Tibet bald unabhängig wird.

A: Wie ist der bürgerliche Name dieses „Dalai Lama“?

B: Na, schauen sie doch ins Fernsehen hinein. Dort ist er oftmals zu sehen, dort fühlt er sich offenbar so richtig wohl. Der Name ist unten immer eingeblendet. Ich habe diese Person schon einmal unabsichtlich beschimpft. Deshalb kein Name mehr.

A: Ist der Name zufällig Knoflacher?

B: Streichen sie bitte diese Frage endlich!

Prof.Knoflacher(Mitte) – „Dalai Lama“ des öffentlichen Verkehrs?

WIKI GEMEINFREI

A: Von wo aber soll denn ihrer Meinung nach dann die „Veränderung“ herkommen?!

B: Tja, im von der „Kaffee-Tunten-Kultur der Geschwätzigkeit“ völlig verseuchten Österreich, da kann wohl nur ein Politiker den Anstoß geben, der zumindest einen Tropfen Blut des Dschinggis Khan in den Adern hat; weil wir ja gerade bei einem fernöstlichen Beispiel waren.

A: Aber, mit Verlaub, Dschinggis Khan war doch ein ganz übler Faschist!

B: Gott schütze Österreich!

 

Copyright: HistKomm 22-05-2012.