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I: Vorbemerkungen.

„Eine Sackbahn verknüpft Triest mit dem Reiche und mit der ganzen übrigen Welt; eine Sackbahn, die nur selten einen Reisenden in unsere Stadt führt, weil sie eben keinen Theil einer durchlaufenden Strecke bildet; eine Sackbahn, die eben nur das herführt, was für unsere Schiffe bestimmt ist und das wegführt, was von diesen gebracht wird. Einen Verkehr wie anderwärts, ein Kommen, Passiren und Gehen gibt es bei uns nicht, denn alles ist hier am Ziele oder Anfange seiner Reise und sucht nur so rasch als möglich den geschäftlichen Zweck zu erfüllen“, heißt es auf Seite 139 eines im Jahre 1881 erschienenen Memorandums der Triester Handelskammer.

Der „Erste Eisenbahnanschluss Triests“(1857):

Copyright: Elmar Oberegger

Man war also offenbar sehr, sehr unzufrieden mit dem Eisenbahnanschluss von 1857, welcher allerdings im Bereich Aurisina-Triest von vorn herein zweigleisig und auch sonst sehr luxuriös ausgestaltet war.

Und ausgerechnet ein Jahr vor dem großartigen Jubiläum „Triest – 500 Jahre bei Österreich(1882) verschaffte man seinem diesbezüglichen Ärger auf durchaus freche und ziemlich groteske Weise Luft.

Grotesk ist obige Aussage vor allem deshalb, weil sich die Frage aufdrängt, welcher Hafen auf der Welt denn nicht von einer solchen „Sackbahn-Struktur“ geprägt ist. Moderne Häfen sind nun einmal „Eisenbahn/Schiff-Terminals“ und die „Eisenbahn“ muss eben am Ufer enden, kann also nicht ins Meer hinausführen. Für den Meeres-Verkehr sind eben die Schiffe da. Eigentlich eine Binsen-Weisheit, allerdings offenbar nicht im Triest des Jahres 1881...

Hinsichtlich des Eisenbahnanschlusses hätte alles bekanntlich viel, viel schlimmer kommen können, wurde doch in der Planungsphase u.a. die Errichtung einer „Pferde-Eisenbahn“ zur Anbindung Triests an den hoch droben am Karstplateau liegenden und in Richtung Oberitalien orientierten Hauptstrang erwogen.(1)

Angesichts der oben geradezu performativ um nicht zu sagen „pathologisch“(!) dargestellten Unzufriedenheit erscheint es fast schon so, als ob es eigentlich(!) um die noch nicht vollständig verheilte „Wunde von 1851“ gehe –

Denn in diesem Jahr wurde Wien mit Hamburg nahtlos per Schienenstrang verbunden.

Triest aber wurde erst ca. 6 Jahre später(!) mit der Hauptstadt verbunden und man bildete sich fortan starr ein, dass man aufgrund dessen(!) als Hafen-Standort „Schaden genommen“ hätte, also u.a. deshalb die in den Jahren 1809/15 eingeleitete „Stagnations-Phase“ noch immer nicht beendet werden konnte.

Und schon 1858 war eine weitere Wunde entstanden:

Die Linie Wien-Triest wurde gemeinsam mit anderen Linien an die private „Südbahn-Gesellschaft“ verkauft, Triest damit dem staatlich-väterlichen Schoß entrissen. Auch das sei natürlich höchst schädlich für Triest gewesen…

Wie aber Franz X. v.Neumann-Spallart in einer faszinierenden Studie(1882) zeigte, lagen die Ursachen der Stagnation des Hafens Triest viel tiefer und waren vor allem vielschichtig gestaltet. So kam er – und dies mag an dieser konkreten Stelle möglicherweise ganz besonders von Relevanz sein – u.a. zum Schluss: „… auch das Nervensystem von Triest ist erschüttert“(2).

Denn hinsichtlich der „Eisenbahnmäßigen Erschließung Triests“ sprechen ganz einfach die „Hard Realities“ für sich:

1857: Anbindung von Triest an Wien, schon 1858 fiel u.a. diese Verbindung allerdings der privaten „Südbahn-Gesellschaft“ zu.(3)

1860: Anbindung von Triest an Venedig, Mailand u.a.

1861: Anbindung von Triest an Budapest(über die Pragerhofer Abzweigung von der Hauptlinie Wien-Triest).

1874: Triest ist im Prinzip gut an das Eisenbahnnetz der Monarchie angeschlossen, ferner an das Deutsche Netz.

Die Verbindung Aurisina-Oberitalien:

Copyright: Elmar Oberegger

Das „Eisenbahn-Einzugsgebiet“ Triests ab 1874:

Copyright: Elmar Oberegger

Angesichts dieser Struktur konnte sich „an sich“ in der Tat niemand wirklich beklagen.

Doch diese blieb unfruchtbar, was folgende Gründe hatte:

a)     Die Triester Zugangslinien(s. Karte) zerfielen in mehrere Privat-Eisenbahngesellschaften(Franz Joseph-Bahn, Elisabethbahn, Rudolfsbahn und Südbahn), welche – sich jeweils als „Klein-Königreich“ empfindend – nicht auf „Kooperation“ aus waren.

b)    Zwischen Triest und den einst revolutionären oberitalienischen Städten(1848/49) herrschte ein politisches Klima, welches mindestens von Verachtung geprägt war. Triest, die „Urbs Fidelissima“(1819) war tatsächlich höchst treu(!) zum reaktionären „Wiener Regime“ gestanden, während sich etwa Venedig für die „Italienische Sache“ aufgeopfert hatte. Hier scheint die „Politik“ die „gegenseitigen Wirtschaftsinteressen“ bemerkenswerterweise in der Tat trockengelegt zu haben. Triest hatte also gar nichts vom Kontakt zu Oberitalien. Italien versuchte hingegen ab 1866, als es Venetien erhielt, den Hafen Venedig gegenüber Triest aufzubauen. Mit großem Erfolg, wie wir wissen.

c)     Im Jahre 1867 kam es zum „Ausgleich“ zwischen Österreich und Ungarn, der politische Gegensatz zwischen beiden Entitäten wurde damit verschlimmert. Es war somit nur in der Natur der Sache, dass Budapest in der Folge das auf seinem Territorium gelegene Rijeka(Fiume) als „seinen Seehafen“ betrachtete und Triest ignorierte bzw. sogar konkurrenzierte.

Vor obigem Hintergrund erscheint es nun gar nicht mehr als völlig verwunderlich, dass das Triester Establishment eine Hand an seiner Kehle fühlte, sich als „eingeengt“ sah und somit auch eine an sich nicht ungünstige Eisenbahnstruktur als „Sack-Bahn“ interpretierte.

Ferner wurde die – eigentlich schon aus Eigeninteresse(!) auf „Symbiose“ ausgelegte – „Südbahn-Gesellschaft“ (offiziell) als übles System beschrieben, welches Triest nur einenge und v.a. eine Überwindung der Stagnation verhindere. Sie war nun einmal – wie oben bereits angemerkt – seit 1858 im Besitz der „Ersten(und einzigen) Eisenbahnverbindung mit Triest“.(4)

Der Ruf nach einer neuen, unter staatlicher Kontrolle(!) stehenden, „Zweiten Eisenbahnverbindung mit Triest“ erklang somit früh, die „Neue Eisenbahn“ wurde immerzu als „Wundermittel“ zur Bekämpfung der Stagnation betrachtet.

Im Lauf der Zeit wurden verschiedene Varianten ausgearbeitet, von denen das im Jahre 1870 in Laibach vorgestellte „Laaker Projekt“(= Bischoflaak-Sairach-Divaca-Servola-Triest) für unseren Zusammenhang vorrangige Bedeutung besitzt. Es sollte die Südbahn ganz einfach westlich umschiffen.(s.d. die Karte unter II.)

Anlässlich des legendären Jubiläums „Triest – 500 Jahre bei Österreich(1382-1882)“(s.o.) besuchte nun Kaiser Franz Joseph I. selbst Stadt und Hafen. Er besah sich die allgemeine Lage und tat sodann den historisch bedeutenden Satz:

„Es muss etwas für Triest geschehen“!

Der neue „Porto Nuovo“(Baubeginn: 1867) befand sich damals bereits kurz vor seiner Fertigstellung und somit kam in der Tat nur die Errichtung einer „Neuen Eisenbahn“ als „Hilfsdienst für Triest“ in Frage.

Doch wo und wie sollte die „Zweite Eisenbahnverbindung mit Triest“ hergestellt werden?

Österreich befand sich seit 1873 innerhalb einer Wirtschaftskrise, die noch bis ca. 1896 dauern sollte. Die zu setzende Maßnahme musste also billig und wirksam zugleich sein.

So wurde die Idee geboren, eine neue (Staats-)Bahn von der Muggiabucht-Gegend bis hinauf nach Hrpelje zu führen, einer Station der 1876 eröffneten Divaca-Pulaer Staatsbahn. Diese neue Bahn sollte über eine „Riva-Bahn“ mit dem neuen Porto Nuovo verbunden werden.

Das Projekt einer „Triest-Hrpelje-Bahn“:

Copyright: Elmar Oberegger

Bis Divaca war also die staatliche Kontrolle gesichert, doch wie sollte es von dort aus bis Laibach weitergehen? Hier existierte das private Geleise der k.k.priv. Südbahn, welches man ja mittels „Laaker-Bahn“ umschiffen wollte.(s.o.) War die teure Errichtung dieser Bahn wirklich unumgänglich?

Man entschloss sich schließlich kurzerhand dazu, die „Südbahngesellschaft“ per Gesetz dazu zu zwingen, dieses Geleise an den Staat zu vermieten.(5) Die Aktion war von Erfolg gekrönt.(s.d. die Karte unter II.)

Im Jahre 1883 wurde der Bau der Hrpeljebahn zum Gesetz und nach einigen Schwierigkeiten konnte sie am 6. Juli 1887 feierlich eröffnet werden. Aufgrund der Verstaatlichung der Nordlinien ab Laibach(Rudolfsbahn, Elisabethbahn und Franz Joseph-Bahn) im Jahre 1884 konnte schließlich die Staats-Linie „(Porto Nuovo-Riva-)Triest St. Andrä-Hrpelje-Laibach-Kastenreith-Prag/Wien“ problemlos dem Verkehr übergeben werden.(s.d. die Karten unter II.)

Damit existierte sozusagen die historisch erste „Zweite Eisenbahnverbindung mit Triest“.

Doch angesichts der weiter anhaltenden Stagnation blieb dieses Schlagwort von der „Zweiten Eisenbahnverbindung“ auch weiterhin lebendig: Erst die Errichtung der „Neuen Alpenbahnen“(Tauern/Pyhrn-Triest, 1906/09) brachte dieses zum verschwinden.

Heuer werden es 130 Jahre, dass die Hrpelje-Bahn als zentraler Bestandteil der „Triester Staatsverbindung von 1887“ ins Leben gerufen wurde. Diesem Umstand wollen wir mit der vorliegenden, bescheidenen Festschrift gedenken, obwohl die Linie bereits 1960 stillgelegt wurde. Heute fungiert ihr Unterbau übrigens als Radweg.

Am Beginn soll eine Chronologie stehen, in der auch die Strukurgeschichte der Bahn zusammenfassend skizziert werden soll.

Sodann soll eine historische, auf mehreren Quellen fußende(s.d. die Angaben unter III.) Reisebeschreibung folgen, welche den Abschnitt Villach-Hrpelje-Triest, also den Südteil der Staatsverbindung von 1887, umfasst. Dort werden sowohl alte als auch neuere Fotos eingearbeitet werden.

Elmar Oberegger, Herausgeber.

Rakek, 6. Juli 2017

 

Anmerkungen:

1)    Siehe dazu Zur Erinnerung an die Eröffnung der Staats-Eisenbahn von Laibach bis Triest“(Wien 1857).

2)    Siehe Franz X. v.Neumann-Spallart: Oesterreichs maritime Entwicklung und die Hebung von Triest. -Stuttgart 1882, S. 41.

3)    Siehe zum Gesamtnetz der Südbahngesellschaft Elmar Oberegger: Die Südbahngesellschaft und ihr Netz. 1858-1982. –Sattledt 2007.

4)    Siehe zur Geschichte des Eisenbahnhafens Triest Elmar Oberegger: Zur Eisenbahngeschichte des Alpen-Donau-Adriaraumes II. –Sattledt 2007, S. 6 ff.

5)    Siehe Jgnaz KONTA: Zur Eisenbahngeschichte Österreichs II(1893). -Sattledt 2017, S. 25.