[ HOME ] [ INHALTSVERZEICHNIS ] | |
|
VERSCHÜTTETE MILCH… Wie man ein Eisenbahnjubiläum besser nicht begehen sollte – Fallbeispiel Gmunden 2011. |
Im Jahr 2010 kontaktierte mich Herr Kons.Manfred Reingruber und teilte mir mit, dass es 2011 das Jubiläum „175 Jahre Eisenbahn in Gmunden“ zu feiern gäbe. 1836 war der Abschnitt Linz-Gmunden der Budweiser Pferdeeisenbahn eröffnet worden. Und natürlich stellte er mir die Frage, ob ich hierbei mitwirken würde. Ich sagte gerne zu, hatte Herr Reingruber doch meine 2007 erschienene Arbeit „Eisenbahnstadt Gmunden“ mit größter Hingabe betreut. Er ist der bedeutendste Spezialist für die Gmundener Eisenbahngeschichte. Titelblatt der Broschüre „Eisenbahnstadt Gmunden“(E.Oberegger):
Copyright: Elmar Oberegger Die Tatsache anerkennend, dass es sich hierbei um ein echtes „Special-Interest-Thema“ handelt, arbeitete ich ein eher bescheidenes, themenmäßig jedoch breit gespanntes Konzept aus. Ein ganz besonderes Anliegen war mir ein Vortrag von Dr. Hermann Savernik, welcher 2009 ein großartiges Buch zur „Einführung des Dampfbetriebes auf der Pferdeeisenbahn“ publiziert hatte. Dieser stand diesem Projekt sogleich freudig gegenüber. Doch in der Folge tat sich nichts. Längere Zeit später hatte ich die Rede eines gewissen „Forst &. Waldmeisters“ aus Wien auf dem Anrufbeantworter, welcher zunächst mein „Eisenbahngeschichtliches Werk“ performativ in den Himmel hob und mich einlud, an einer „Eisenbahn-Jubiläumsfeier“ teilzunehmen. Ich solle zurückrufen. Als er dann um 10:30 Uhr noch immer nicht in seinem Büro war, rief ich ihn am Handy an. Ich erreichte ihn in der U-Bahn und beim folgenden Gespräch gab er seinem Hund einmal dieses, einmal jenes Kommando. Ich brauchte überhaupt längere Zeit, um herauszufinden, dass er mit seinem Hund redete. Das hätten ja auch Selbstgespräche sein können. Schließlich stellte sich heraus, dass er den „Holztransport auf der Pferdeeisenbahn“ zum Mittelpunkt seines „Jubiläums“ machen wollte. Ansonsten kein EU-Geld. Ich solle doch das Hauptreferat halten. Ich lehnte ab, denn der Holztransport spielte besonders im Südabschnitt der Budweiser Pferdeeisenbahn so gut wie keine Rolle. Der Transport von Baumstämmen wurde überhaupt nie durchgeführt. Doch der „Große Freund des Waldes“ beharrte darauf: Das sei die zentrale Frage! Schließlich verblieb ich mit diesem „Wald- und Forstmeister“ so: Er solle mir doch sein Konzept einmal schicken. Und dieses war sodann höchst fragwürdig. Ich rief dann Herrn Kons.Reingruber an und ging davon aus, dass er vom großen Plan des „Forst- und Waldmeisters“ schon wisse. Doch dem war nicht so: Nun wurde Herr Reingruber aktiv und ich stellte mich natürlich als Verbündeter zur Verfügung. Da in Österreich immer zu über 50% gequatscht und wenig getan wird, nahm ich an den folgenden „Gmundener Arbeitskreis-Sitzungen“ nicht teil. Ich glaube, dass schon die 150. Sitzung anstand und es gibt ja den (wahren) Spruch: „Wenn ich nicht mehr weiterweiß, dann gründ‘ ich einen Arbeitskreis“. Ich bat Herrn Reingruber, die Interessen des „Info-Büros“ auf den Sitzungen zu vertreten. Wider Erwarten gelang es Reingruber, einen imposanten Festakt in Gmunden auf die Beine zu stellen. Leider hielt er den Hauptvortrag nicht selbst, sondern engagierte hierfür Herrn DI Kleinhanns. Dieser hat vor Jahrzehnten einmal ein v.a. mit Fremdtexten angefülltes Kompendium zum Thema „Pferdeeisenbahn“ publiziert. Im Fototeil verwechselte er die Donau mit dem Traunsee. Insofern ist die Frage zu stellen, ob hier der richtige Mann am Werk war. Dienstlich wurde jedoch bekannt, dass er sich sehr bemüht hat. Weitere Vorträge zum Thema gab es damals leider nicht. Das „Info-Büro für österr. Eisenbahngeschichte“ und seine Verbündeten standen im Regen… Der Festakt war übrigens ein höchst gelungenes Volksfest: Die Trachtenkapelle marschierte auf, es wurde auch mit dem Schifferl gefahren etc. Eine tiefgehende öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema in Form von weiteren Vorträgen wurde jedoch ausgespart. Es gab ein Büchlein zum Thema. Allerdings nur für die, die dieses teuer kaufen wollten. Und es gab eine Ausstellung, doch nur für jene, die diese wirklich besuchen wollten. Alles das, was wirklich wichtig gewesen wäre, wurde also an den Rand des Geschehens verbannt. Aber im Zuge dieses Volksfestes schlug immerhin die „Große Stunde“ des Herrn Kons. Reingruber: Endlich konnte er sein Thema in der Öffentlichkeit platzieren. Es sei ihm dies von ganzem Herzen gegönnt! Der „Forst- und Waldmeister“ blieb weiterhin aktiv: Am 14. Oktober 2011 veranstaltete er „Sein Symposium“: Herr Kons. Reingruber wurde – wie er mir am 8. Oktober 2011 telefonisch mitteilte – ohne sein Wissen auf die Liste der Vortragenden gesetzt und schon deshalb würde er diese Veranstaltung boykottieren. Das tat er, der Gmundener Gentleman, aber dann – wie dienstlich bekannt wurde – schließlich doch nicht… Wirklich wichtige Themen wurden auf diesem Symposium nicht behandelt, wirklich bedeutende Spezialisten wurden nicht zum Vortrag gebeten. Und interessant ist, dass es keinen Vortrag zum Thema „Holztransport auf der Pferdeeisenbahn“ gab. Es ist völlig ungewiss und letzten Endes auch völlig belanglos, ob der Herr „Wald- und Forstmeister“ dennoch EU-Geld bekommen hat. Besonders schmerzlich war, dass das wichtige Thema „Einführung des Dampfbetriebes“ völlig ignoriert wurde. Hier das Vortrags-Programm:(Anm. d. Verf. fettgedruckt) „Gmundener Bemühungen rund um die Pferdebahn“(Reingruber). „Zeitreise in die Pferdebahnzeit“(Kiessling). „Die Pferdebahn als europäisches Kulturerbe“(Jeschke). „Pferdeeisenbahn als… Neue Forschungsergebnisse aus den Archivbeständen“(Nussbaumer). „Holztransport zur Pferdebahnzeit(SIC!)“(Jirikowski). „In der Zizlau im Hafen und wie ging’s weiter“(GRAMMATIK!)(Nothnagl). „Pferdebahn als regionaler Motor für Gmunden in der Biedermeierzeit“(Nussbaumer). „Pferdebahn-Aktivitäten als Motor einer Region im 21. Jahrhundert – ein Beispiel“(Mayr). Dienstlich wurde bekannt, dass nur ca. 10 Leute zu diesem Symposium hingingen, es sohin als völlig gescheitert zu betrachten ist. Wenn wir zusammenfassen, dann kommen wir zum Schluss, dass das Gmundener Eisenbahnjubiläum summa summarum nichts als eine Farce darstellte. Das Negative überwiegt eindeutig gegenüber dem Positiven – Verschüttete Milch! Es wäre wohl besser gewesen, die Sache von vorn herein im kleinen Rahmen abzuwickeln. Genauso habe ich es einst vorgeschlagen. Man wäre der „Special-Interest-Struktur“ des Themas gerecht geworden und es hätte dann auch interessante und bedeutende Vorträge gegeben. Über eine „Internet-Homepage“ zum Thema, welche als „Gmundener Eisenbahnmuseum“ weiterleben hätte können, hätte man genügend „Öffentlichkeit“ erlangen können. Das wäre sozusagen eine „Ausstellung auf Dauer“ geworden! On demand und für die Bibliotheken hätte man auch Print-Publikationen anfertigen können. Die Publikation des obgenannten Büchleins(Auflage immerhin 1000 Stück!) hätte sich sodann erübrigt. Wer wird diese große Menge (auf-)kaufen? Warten wir ab und wünschen eben das Beste! Billiger und auch effizienter wäre die Sache auf jeden Fall geworden, wenn man nicht „General Interest“ und „Special Interest“ auf unheilvolle Weise vermengt hätte. Für die Zukunft gilt es, die „Struktur der Neuen Öffentlichkeit“ endlich zur Kenntnis zu nehmen und daraus die richtigen Schlüsse für eine adäquate Vorgangsweise zu ziehen. „Special Interest“ bleibt „Special Interest“! Je billiger und je effizienter man arbeitet, desto weniger braucht man auch dieses „EU-Geld“, um erfolgreich zu sein!
Copyright: Elmar Oberegger 2011. |
|